Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag. Eder über die Berufung des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in SK***, vertreten durch die *** Rechtsanwälte *** in ***, vom 12 11 2003, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 29 10 2003, Zl 300-8513-2003, wegen Bestrafung nach dem Kraftfahrgesetz zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See legte dem Berufungswerber im Straferkenntnis vom 29 10 2003, Zl 300-8513-2003, Folgendes zur Last:
"Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5t übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Es wurde festgestellt, dass Sie die Fahrt mit einem defekten Kontrollgerät angetreten bzw fortgesetzt haben, obwohl das Kontrollgerät schon länger als 1 Woche defekt war und eine Reparatur unterwegs nicht durchgeführt wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre.
Tatort und Tatzeit: Gemeindegebiet Kittsee, B50, Strkm 203,0,
Freiland 18 06 2003, 11 25 Uhr
Fahrzeug: LKW ***"
Der Berufungswerber habe dadurch § 134 Abs 1 KFG verletzt, weshalb gemäß § 134 Abs 1 KFG über ihn eine Geldstrafe von 179,- Euro (im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden) verhängt wurde.
In seiner rechtzeitig erhobenen Berufung brachte der Berufungswerber vor, dass im Straferkenntnis vom 29 10 2003 lediglich eine Scheinbegründung ohne Inhalt vorhanden wäre. Es seien lediglich die Angaben des Berufungswerbers, ohne sich damit auseinander zu setzen, wiedergegeben worden. Am 16 06 2003 habe die Tachographenscheibe aufgehört, Daten aufzunehmen, weshalb der Berufungswerber in der Folge auf der Rückseite die Daten manuell aufzeichnete. Eine Reparatur sei vor dem 18 06 2003 aus näher angeführten Gründen nicht möglich gewesen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat erwogen:
Der Berufungswerber stellte sich am 18 06 2003 um 11 25 Uhr bei der Grenzkontrollstelle Kittsee der Einreisekontrolle. Der Berufungswerber ist slowakischer Staatsangehöriger. Er lenkte zu dieser Zeit den LKW der Marke Iveco mit dem slowakischen Kennzeichen ***. Im Zuge der Einreisekontrolle wurde der Berufungswerber von VB/S ***, der die Grenzkontrolle durchführte, aufgefordert, ihm die Diagrammscheiben der laufenden Woche sowie die letzte Scheibe der Vorwoche vorzuweisen. Der Berufungswerber entnahm die zu dieser Zeit im EG-Kontrollgerät eingelegte Diagrammscheibe und übergab sie an VB/S ***. Im LKW mit dem slowakischen Kennzeichen *** war ein Kontrollgerät gemäß der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 des Rates vom 20 Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr eingebaut. Dieses Gerät war zum Zeitpunkt der Kontrolle am 18 06 2003 defekt. Auf die Frage von VB/S ***, weshalb der Berufungswerber nicht alle 24 Stunden die Scheibe wechsle, gab der Berufungswerber an, dass das Gerät seit dem 14 06 2003 defekt wäre. Er sei am 14 06 2003 mit dem LKW in Holland gewesen. Dort sei das Gerät kaputt gegangen. Daraufhin habe der Berufungswerber die Diagrammscheiben auf dem dafür vorgesehenen Platz auf der Rückseite händisch ausgefüllt und die Fahrt von Holland retour in die Slowakei fortgesetzt. In der Slowakei sei das Gerät jedoch nicht repariert worden. Der LKW sei trotz defektem EG-Kontrollgerät weiter verwendet worden.
Der Berufungswerber war zur Tatzeit nicht Zulassungsbesitzer des verfahrensgegenständlichen LKW. Der LKW wurde in der Slowakei auf *** zugelassen. Dieser war auch Unternehmer des Transportunternehmens, für das der LKW im Güterverkehr verwendet wurde.
Die Feststellungen konnten aufgrund der Angaben von VB/S *** in der Anzeige sowie den vorliegenden Kopien der Diagrammscheiben im Zusammenhalt mit den Ausführungen des Berufungswerbers getroffen werden. Der Berufungswerber bestritt nicht, dass am 18 06 2003 um 11 25 Uhr das EG-Kontrollgerät defekt war. Weiters steht unbestritten fest, dass sich der Berufungswerber zu diesem Zeitpunkt der Einreisekontrolle stellte. Weiters ist unbestritten und aufgrund der vorliegenden Kopie des Zulassungsscheines erwiesen, dass das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug nicht auf den Berufungswerber, sondern auf *** zugelassen war. Bereits aus den glaubhaften von VB/S *** in der Anzeige wiedergegebenen Ausführungen des Berufungswerbers ergab sich, dass nicht der Berufungswerber, sondern der Zulassungsbesitzer *** der Unternehmer war, für welches der LKW verwendet wurde. Dass der Berufungswerber slowakischer Staatsangehöriger war, konnte der vorliegenden Kopie seines Reisepasses entnommen werden.
Nicht festgestellt wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland, seit wann das im LKW angebrachte EG-Kontrollgerät defekt war, weil dies (wie unten näher dargelegt wird) letztlich nicht verfahrenswesentlich war. Diesbezüglich wurden lediglich die vom Berufungswerber gegenüber VB/S *** getätigten Äußerungen zum besseren Verständnis der Sach- und Rechtslage wiedergegeben. Die Angaben von VB/S *** hinsichtlich des im Zuge der Einreisekontrolle durchgeführten Wortwechsels erwiesen sich als schlüssig, nachvollziehbar und glaubhaft, zumal diese vom Berufungswerber gemachten Angaben ganz offensichtlich der Grund für die Anzeigeerstattung waren. Gründe oder Anhaltspunkte dafür, dass VB/S *** diese Angaben wahrheitswidrig wiedergegeben hätte, waren nicht ersichtlich. Es war jedoch aus rechtlichen Gründen nicht erforderlich festzustellen, zu welcher Zeit das Kontrollgerät nun tatsächlich defekt wurde. Ebensowenig war es erforderlich festzustellen, ob die gegenüber VB/S *** gemachten und oben wiedergegebenen Äußerungen des Berufungswerbers nun den Tatsachen entsprachen oder nicht.
§ 134 Abs 1 und Abs 1a KFG lauten:
"(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl Nr L 370 vom 31 Dezember 1985, S 1 sowie der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl Nr L 370 vom 31 Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr 3572/90, ABl Nr L 353 vom 17 Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.
(1a) Übertretungen der Artikel 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl Nr L 370 vom 31 Dezember 1985, S 1 sowie der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABl Nr L 370 vom 31 Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr 3572/90, ABl Nr L 353 vom 17 Dezember 1990, S 12, sind auch dann als Verwaltungsübertretung strafbar, wenn die Übertretung nicht im Inland, sondern auf einer Fahrtstrecke innerhalb des Geltungsbereiches dieser Bestimmungen begangen worden ist (Art 2 der Verordnung 3820/85). Als Ort der Übertretung gilt in diesem Falle der Ort der Betretung im Inland, bei der die Übertretung festgestellt worden ist. Von einer Bestrafung ist jedoch abzusehen, wenn die Übertretung im Bundesgebiet nicht mehr andauert und der Lenker nachweist, dass er wegen dieses Deliktes bereits im Ausland bestraft worden ist."
§ 102 Abs 1 KFG lautet:
"(1) Der Kraftfahrzeuglenker darf ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen; die Überprüfung der Wirksamkeit der Vorrichtungen zum Abgeben von akustischen Warnzeichen darf jedoch nur erfolgen, sofern nicht ein Verbot gemäß § 43 Abs 2 lit a StVO 1960 besteht. Berufskraftfahrer haben bei Lastkraftwagen, Omnibussen oder Anhängern unverzüglich den Zulassungsbesitzer nachweisbar zu verständigen, wenn das Fahrzeug diesen Vorschriften nicht entspricht. Lenker von Lastkraftwagen und Sattelzugfahrzeugen mit einem Eigengewicht von mehr als 3500 kg oder von Omnibussen haben dafür zu sorgen, daß der Wegstreckenmesser und der Fahrtschreiber auf Fahrten in Betrieb sind und daß im Fahrtschreiber ein der Verordnung gemäß Abs 13 entsprechendes, ordnungsgemäß ausgefülltes Schaublatt eingelegt ist; es darf pro Person und pro Einsatzzeit im Sinne des § 16 AZG, BGBl Nr 461/1969, in der Fassung BGBl Nr 473/1992, nur ein Schaublatt im Fahrtschreiber eingelegt sein, in das der Name des Lenkers einzutragen ist; die Schaublätter der laufenden Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, sind mitzuführen; die Lenker haben auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht diesen das Schaublatt des Fahrtschreibers oder des Kontrollgerätes gemäß der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr sowie die mitgeführten Schaublätter auszuhändigen. Hierüber ist dem Lenker eine Bestätigung auszustellen. Auf Verlangen des Lenkers ist, wenn dieser das zum Öffnen des Fahrtschreibers erforderliche Gerät (Schlüssel) unter Verschluß mitgeführt hat, zutreffendenfalls in der Bestätigung festzuhalten, daß der Verschluß unverletzt war. Für das Kontrollgerät gemäß Verordnung (EWG) Nr 3821/85 dürfen ebenfalls nur Schaublätter verwendet werden, die der Verordnung gemäß Abs 13 entsprechen."
Artikel 16 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 des Rates vom 20 Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr lautet:
"Bei einer Betriebsstörung oder bei mangelhaftem Funktionieren des Gerätes muss der Unternehmer die Reparatur, sobald die Umstände dies gestatten, von einem zugelassenen Installateur oder einer zugelassenen Werkstatt durchführen lassen. Kann die Rückkehr zum Sitz des Unternehmens erst nach mehr als einer Woche nach dem Tag des Eintritts der Störung oder der Feststellung des mangelhaften Funktionierens erfolgen, so ist die Reparatur unterwegs vorzunehmen. Die Mitgliedsstaaten können im Rahmen des Artikel 19 vorsehen, dass die zuständigen Behörden die Benutzung des Fahrzeuges verbieten können, wenn eine Betriebsstörung oder ein mangelhaftes Funktionieren nicht gemäß den Unterabsätzen 1 und 2 des vorliegenden Artikels behoben wird."
Artikel 13 der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 des Rates vom 20 Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr lautet:
"Der Unternehmer und die Fahrer sorgen für das einwandfreie Funktionieren und die ordnungsgemäße Benutzung des Kontrollgerätes sowie der Fahrerkarte, wenn der Fahrer ein Fahrzeug benutzt, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I B ausgerüstet ist."
§ 1 Abs 1 VStG lautet:
"Als Verwaltungsübertretung kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war."
Aufgrund der im Straferkenntnis vom 29 10 2003 angeführten Tatanlastung im Zusammenhalt mit der angeführten verletzten Rechtsvorschrift war es dem Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland vorerst nicht möglich, eindeutig und zweifelsfrei zu erkennen, weshalb die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See den Berufungswerber bestrafte. Die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See warf dem Berufungswerber alternativ vor, eine Fahrt "angetreten bzw. fortgesetzt" zu haben, obwohl derartige alternative Tatvorwürfe nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht dem Gebot der Konkretisierung eines einem Beschuldigten vorgeworfenen Handelns entsprechen. Die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See warf dem Berufungswerber weiter vor, die Reparatur des Kontrollgerätes nicht unterwegs durchgeführt zu haben, obwohl dieses bereits länger als eine Woche defekt gewesen wäre. Gleichzeitig nimmt die erstinstanzliche Behörde dabei auf § 134 Abs 1 KFG Bezug. § 134 Abs 1 KFG enthält jedoch als sog. Blankettstrafnorm zahlreiche Tatbestände, die sich erst in Verbindung mit anderen Rechtsvorschriften konkretisieren, so dass allein durch die Zitierung des ersten Absatzes des § 134 KFG nicht festgestellt werden konnte, welche konkrete Rechtsvorschrift die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See der Bestrafung zugrunde legte. Die Textierung des Tatvorwurfes ließ allerdings vermuten, dass die erstinstanzliche Behörde der Ansicht war, dass der Berufungswerber Artikel 16 Abs 1 zweiter Satz der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 des Rates vom 20 Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr übertreten habe. Auch eine Übertretung des Art 13 dieser EG-Verordnung könnte von der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See angenommen worden sein.
Die Verpflichtung, der in Art 16 Abs 1 der EG-Verordnung 3821/85 aufgetragenen Reparatur innerhalb einer bestimmten Frist nachzukommen, trifft allerdings nach dem Inhalt dieser Bestimmung den Unternehmer und nicht den Fahrer (vgl dazu auch Grundtner/Pürstl, MGA KFG, 6 Aufl, 2003, § 134, Tabelle in Anm 2 auf Seite 457). Art 13 der EG-Verordnung 3821/85 hat der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zufolge nur ankündigenden Charakter und stellt keinen Verwaltungsstraftatbestand dar (VwGH v 25 06 1996, Zl 96/11/0062, VwGH v 08 08 1996, Zl 96/11/0113, VwGH v 05 08 1997, Zl 97/11/0025). Das "Nichtfunktionieren" des in der EG-Verordnung 3821/85 vorgesehenen Kontrollgerätes ist somit nicht unter Strafe gestellt, weil es dafür in dieser EG-Verordnung keinen entsprechenden Tatbestand gibt, auf den § 134 Abs 1 KFG verweisen könnte (sh dazu auch die oben angeführte Tabelle in Grundtner/Pürstl, S 453).
§ 102 Abs 1 dritter Satz erster Halbsatz KFG nimmt ausdrücklich nur auf den Wegstreckenmesser und den Fahrtschreiber Bezug. Dass es sich beim EG-Kontrollgerät aber nicht um einen Fahrtschreiber im Sinne des KFG handelt, ist aus § 24 Abs 2 und 2a KFG deutlich ersichtlich, weil dort hinsichtlich der Ausstattung bzw des Einbaus oder der Reparatur deutlich zwischen diesen Geräten unterschieden wird. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23 02 2001, Zl 99/02/0057, ausgesprochen, dass, wenn ein Fahrzeug dem Art 3 Abs 1 der EG-Verordnung 3821/85 unterliegt (was hier der Fall ist), die Bestimmungen dieser EG-Verordnung unmittelbar Anwendung finden und § 102 Abs 1 dritter Satz KFG insoweit in seiner Geltung verdrängt wird, was auch der Grund sein mag, weshalb diese Bestimmung nur auf den Fahrtschreiber und den Wegstreckenmesser, nicht aber auf das EG-Kontrollgerät Bezug nimmt.
Der von der erstinstanzlichen Behörde abgefasste Tatvorwurf vermischte unzulässigerweise Elemente des § 102 Abs 1 KFG mit Tatbestandselementen des zweiten Satzes des Artikel 16 Abs 1 (und dem Inhalt des Tatvorwurfes zufolge möglicherweise auch mit Elementen des Art 13) der EG-Verordnung 3821/85. Durch diese unzulässige Vermischung von Tatbestandselementen unterschiedlicher miteinander nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehender Normen verstieß die erstinstanzliche Behörde gegen das im Strafrecht bestehende Analogieverbot und konstruierte aus eigenem einen gesetzlich nicht vorgesehenen Straftatbestand. Dadurch verletzte sie das Gebot des § 1 Abs 1 VStG.
Da ein Tatbild, wie es von der erstinstanzlichen Behörde dem Berufungswerber vorgehalten wurde, nicht existierte, und somit das dem Berufungswerber vorgeworfene Verhalten keine Verwaltungsübertretung bildete, war das Straferkenntnis zu beheben und das zugrunde liegende Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Selbst wenn der Lenker im vorliegenden Fall gleichzeitig Unternehmer gewesen und als solcher zur Einhaltung des Art 16 Abs 1 der EG-Verordnung 3821/85 verpflichtet gewesen wäre, so wäre die erstinstanzliche Behörde darauf hinzuweisen, dass bereits den Sachverhaltsangaben in der Anzeige und den Beweisergebnissen des erstinstanzlichen Verfahrens zufolge keinesfalls eine Bestrafung wegen Verletzung des Art 16 Abs 1 zweiter Satz der EG-Verordnung 3821/85 in Betracht gekommen wäre, sondern diesfalls eine Verletzung des Art 16 Abs 1 erster Satz EG-Verordnung 3821/85 vorliegen würde. Die Anlastung dieser (ebenfalls den Unternehmer nicht aber den Lenker treffenden) Verpflichtung widersprechenden Handlungen oder Unterlassungen wurde aber von der erstinstanzlichen Behörde zu keiner Zeit vorgenommen.
Lediglich der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass im Straferkenntnis im hinsichtlich beabsichtigter Aufrechnung angeführten Hinweis unrichtig von einer eingehobenen Sicherheitsleistung von 179,- Euro ausgegangen wurde. Der im Verwaltungsstrafakt erliegenden Bescheinigung über die vorläufige Sicherheit Block Nr 047345 (fortlaufende Zahl 06) war zweifelsfrei zu entnehmen, dass ein Betrag von 180,- Euro gemäß § 37a Abs 2 Z 2 VStG als vorläufige Sicherheitsleistung eingehoben wurde. Dass bei der von der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vorgenommenen unbaren Weiterbearbeitung des eingehobenen Betrages eine Manipulationsgebühr anfiel, lag in ihrem Bereich und kann mangels Rechtsgrundlage zur Einbehaltung dem Berufungswerber wohl nicht zum Nachteil gereichen.
Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, war die gegenständliche Entscheidung ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG zu fällen.