TE UVS Steiermark 2003/12/10 30.15-32/2003

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.12.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn J T, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H C, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 30.06.2003, GZ.: 15.1 2229/2001, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung hinsichtlich beider Punkte Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden dem Berufungswerber in seiner Funktion als verantwortlicher Beauftragter der Firma L, diese wiederum persönlich haftender Gesellschafter der Firma L (im Folgenden Firma L) mit dem Sitz in W, nachstehende Verwaltungsübertretungen am 22.03.2001 auf der Baustelle Einkaufszentrum T in P, zur Last gelegt:

1. Der Arbeiter O stürzte bei der Montage von Deckenabhängedrähten im Gebäudeteil F 1 von einem fahrbaren Standgerüst, welches nicht gemäß § 55 Abs 1 und 2 BauV in dem für die Arbeiten und den Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Umfang nach fachmännischen Grundsätzen errichtet worden war (der Tatvorwurf enthält eine nähere Beschreibung der anlässlich der Unfallserhebung festgestellten Gerüstmängel).

2. Es lag kein Vermerk gemäß § 61 Abs 5 iVm § 159 Abs 2 BauV hinsichtlich der Überprüfung dieses Gerüstes auf der Baustelle zum Tatzeitpunkt zur Einsichtnahme auf.

Im Punkt 1.) wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von ?

580,--, im Punkt 2.) von ? 145,-- verhängt.

Da somit die verhängten Strafen in beiden Spruchpunkten weniger als ? 2.000,-- betrugen, ist zur Entscheidung über die Berufung das umseitig angeführte Einzelmitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark berufen.

In seiner dagegen eingebrachten Berufung wandte der Bestrafte ein, die belangte Behörde habe den verunglückten Arbeitnehmer C O zu Unrecht als überlassene Arbeitskraft der Firma des Berufungswerbers zugeordnet. In Wahrheit sei Herr O bei der Firma G beschäftigt gewesen und diese habe als selbstständiges Unternehmen mit der L einen Werkvertrag über die Durchführung von Trockenbauarbeiten abgeschlossen. Die bloße Zur-Verfügung-Stellung des verwendeten Materials des Werkbestellers reiche alleine nicht aus, um das Vorliegen von Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des AÜG zu bejahen. Da somit Herr O nicht als Arbeitnehmer der Firma des Berufungswerbers anzusehen sei, treffe diesen auch keine Verantwortung für die festgestellten Gerüstmängel bzw fehlenden Vormerke über eine Gerüstüberprüfung. Nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung am 19.11.2003 in welcher neben dem Berufungswerber die Zeugen B W, E B, C O, Ing. A K und Ing. F M einvernommen wurden, wird unter Verwertung der in der Verhandlung vorgekommenen Urkunden, insbesondere der Verträge und Abrechnungen sowie der Tatortfotos, nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Der Berufungswerber ist seit dem Jahr 1990 Bauleiter bei der L und wurde per 01.12.2000 zum verantwortlichen Beauftragten für die Trockenbauarbeiten im Einkaufszentrum T bestellt.

Die L übernahm mit Vertrag vom 24.11.2000 von der T, W vertreten durch die E, W, den Auftrag für die Durchführung der Position 439 Trockenbau Wände und Decken beim Bauvorhaben P, Zu- und Umbau T mit einem Auftragsvolumen von ca. S 7 Mio. (? 508.709,84) (Beilage ./A zur Verhandlungsschrift). Die L beabsichtigte von vornherein die gesamten Trockenbauarbeiten an die Subfirma G, W, weiterzugeben. Mit dieser Firma bestand zum damaligen Zeitpunkt bereits eine ca. halbjährliche Kooperation, welche bis dahin problemlos verlaufen war. Der Berufungswerber hatte sich seinerzeit von der G als Referenzen den Firmenbuchauszug und den Gewerbeauszug zeigen lassen. Der Subauftrag mit der G wurde vom Berufungswerber ausverhandelt und am 04.12.2000 von ihm firmenseitig unterschrieben. Gemäß Punkt 18 des Subauftrages verpflichtete sich die G das Material für das genannte Bauvorhaben bei sonstigem Pönale bei der Firma L, W, zu kaufen. Dieser Punkt kam jedoch in der Praxis nicht zur Anwendung. Die Abwicklung des Auftrages erfolgte folgendermaßen: Das gesamte Material wurde von der L auf die Baustelle geliefert und dort vom ständig anwesenden Vertreter der L, Herrn B, nach Bedarf an die Arbeiter der Subfirma ausgegeben. Die L stellte auch zumindest ein fahrbares Standgerüst sowie Leitern zur Verfügung, welche von den Arbeitern der Subfirma bei Bedarf (zB bei Arbeiten im Deckenbereich) verwendet werden konnten. B fungierte auf der Baustelle als Kontaktperson zwischen dem Vertreter des Bauherrn, Herrn Ing. M und den anderen Firmen vor Ort. Er nahm in dieser Funktion auch an den Baubesprechungen teil. Herrn B Aufgabe bestand darin, die Pläne zu zeichnen und die Trockenbauarbeiten zwischen dem Bauherrn und den diversen ausführenden Firmen zu koordinieren. B besprach die am jeweiligen Arbeitstag durchzuführenden Arbeiten mit dem Partieführer der G, einem gewissen V, welcher die Trockenbauerpartie teilweise auch auf die Baustelle brachte. V war nicht ständig anwesend. In seiner Abwesenheit fungierte ein gewisser P von der G als Vorarbeiter. Das Handwerkszeug, die Arbeitskleidung, etc. hatten die Trockenbauer selbst mit. Die Arbeitszeiten der Trockenbauer wurden von V vorgegeben. Jeder Arbeiter führte selbst Stundenaufzeichnungen und wurden diese dann von V bzw dem Vorarbeiter P bestätigt. Herr B überprüfte die fachgerechte Ausführung und die Termineinhaltung der Trockenbauarbeiten und besprach allfällige Mängel mit V. Bei den Baubesprechungen war V nicht anwesend, die örtliche Bauaufsicht der W, Baumeister Ing. M, wusste bis zum Arbeitsunfall des O nicht, dass die L eine Subfirma für die Durchführung der Trockenbauarbeiten beauftragt hatte. Der Schwarzafrikaner O ist schon seit mehreren Jahren als Trockenbauer für diverse Baufirmen vor allem im Raum W tätig und war dem Vorarbeiter der L, Herrn B als Mitarbeiter wechselnder Baufirmen vom Sehen bekannt, da er sich aufgrund seiner Hautfarbe von der Masse der übrigen Bauarbeiter abhob. Im Jahr 2000 war O erst kurze Zeit bei der Firma G beschäftigt, welche ihn auch per 20.03.2001 als vollbeschäftigten Baumonteur zur Sozialversicherung angemeldet hatte. O hatte vor dem verfahrensgegenständlichen Unfall erst seit ca. ein bis zwei Wochen für die G als Trockenbauer auf der verfahrensgegenständlichen Baustelle gearbeitet. Seine Arbeitsanweisungen hatte er bis zum Unfall immer von V oder P erhalten, nur ein oder zwei Mal direkt von Herrn B, wenn keiner der beiden Vorgesetzten der G auf der Baustelle war. Am 22.03.2001 war V nicht auf der Baustelle. O erhielt von B den Auftrag, im Gebäudeteil F 1 für die Rigipsdecken Deckenabhängedrähte zu montieren. Diese Arbeit sollte O alleine durchführen. Die übrige Partie der G arbeitete in einem anderen Teil des weitläufigen Bauvorhabens. Für die Arbeiten im Deckenbereich benötigte O ein Gerüst. Er verwendete hiefür aus eigenem Antrieb ein zufällig in der Nähe stehendes fahrbares Standgerüst der Elektrofirma K & M, welches er in der Eile mit dem ihm und seinen Kollegen von der L zur Verfügung gestellten Standgerüst verwechselte. Hiebei fiel ihm nicht auf, dass dieses Gerüst augenscheinlich in einem schlechten Zustand war. Die beiden Rohrelemente, die für die Aufnahme der stirnseitigen Absturzsicherung dienten, waren abgebrochen und seitenverkehrt um 180 Grad gestürzt in die Gerüstrohre eingebracht worden. Durch diese provisorische Maßnahme betrug die Überschubweite für die Aufnahme der stirnseitigen Absturzsicherung lediglich 2 cm anstatt der üblichen 12 cm. Dadurch konnten auch die Steckbolzen nicht eingebracht werden. Aufgrund dieser Beschädigung, welche am gegenständlichen Gerüst schon vor dem Arbeitsunfall vorhanden war, stürzten, als Herr O auf der in ca. 2,25 m Höhe befindlichen Plattform arbeitete, zwei Längswehren und der stirnseitige Seitenteil zu Boden. O erlitt beim Sturz eine Gehirnerschütterung und einen Schlüsselbeinbruch, welcher bleibende Schäden nach sich zog. Anlässlich der Unfallserhebung, welche zunächst von zwei Beamten der kriminalpolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion P und in weiterer Folge von dem hinzugekommenen Arbeitsinspektor W vom Arbeitsinspektorat P durchgeführt wurde, bezeichnete Herr B den verunglückten O sinngemäß als Leiharbeiter, welcher von der Firma L schon seit ca. fünf bis sechs Jahren vom Subunternehmer der Firma G angemietet worden sei. Diese Angaben von Herrn B anlässlich der Kontrolle veranlassten den meldungslegenden Arbeitsinspektor und in weiterer Folge die Strafbehörde erster Instanz O als überlassene Arbeitskraft der L anzusehen und somit die Verantwortlichkeit für die beiden verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretungen den Berufungswerber als verantwortlichen Beauftragten des Arbeitgebers anzulasten. Beweiswürdigung: Die Feststellungen betreffend die Bereitstellung von Material, Handwerkszeug, Leitern, Gerüsten, Arbeitskleidung und Schutzausrüstung beruhen auf den übereinstimmenden Angaben sämtlicher befragter Zeugen sowie den vorgelegten Verträgen und Abrechnungen. Gleiches gilt für die Feststellung, dass die gesamten Trockenbauarbeiten von der G durchgeführt wurden und die L somit keine eigene Arbeiterpartie auf dieser Baustelle hatte. Bezüglich der vom Berufungswerber behaupteten Meldung der Subauftragsvergabe an den Bauherrn war der Aussage der zuständigen Bauaufsicht Ing. M zu folgen, wonach zumindest ihm bis zum Unfallstag die Subauftragsvergabe nicht gemeldet wurde, zumal auch der Zeuge B bestätigte, von einer Meldung an den Bauherrn nichts zu wissen und V als Vertreter des Subunternehmers bei den Baubesprechungen auch nicht anwesend war. Hinsichtlich der entscheidungswesentlichen Frage, ob Herr B gegenüber der Trockenbaupartie der G eine Dienst- und Fachaufsicht ausübte, war im Ergebnis aufgrund der übereinstimmenden Angaben von B und O doch anzunehmen, dass dem nicht so war und B die Arbeiten lediglich koordinierte sowie eine Termin- und Qualitätskontrolle durchführte. Die den Berufungswerber belastende, im Polizeibericht sinngemäß wiedergegebene Aussage von Herrn B, wonach O schon seit ca. fünf bis sechs Jahren als von der Firma G überlassener Leiharbeiter für die L arbeite, konnte als Missverständnis aufgeklärt werden. O und B gaben übereinstimmend an, einander zwar schon seit fünf bis sechs Jahren zu kennen, jedoch nicht aufgrund der im Polizeibericht wiedergegebenen Kooperation. Dies deckt sich auch mit dem Firmenbuchauszug, wonach die G erst im Jahr 2000 gegründet wurde. Für den Kontrolltag war allerdings aufgrund der Aussage von O, der sich wohl am besten an diesen für ihn so folgenschweren Tag erinnern kann, als erwiesen anzunehmen, dass V nicht auf der Baustelle war und O seine Arbeitsanweisungen für diesen Tag direkt von Herrn B erhielt. Hiebei war jedoch im Zweifel für den Beschuldigten aufgrund der übereinstimmenden Aussagen von B und dem diesbezüglich unverdächtigen, weil nicht wirtschaftlich vom Berufungswerber abhängigen Zeugen O als erwiesen anzunehmen, dass dies wirklich nur ausnahmsweise und nicht öfter als insgesamt ein oder zwei Mal während der gesamten Bauzeit vorkam. Die weiters befragten Zeugen Ing. M und Ing. K konnten verständlicherweise aufgrund ihrer jeweiligen Funktion zu den näheren Vorgängen im Verhältnis zwischen Herrn B und den Arbeitern der G aus eigener Wahrnehmung keine zweckdienlichen Angaben machen. Seitens der G standen leider außer Herrn O keine weiteren Zeugen zur Verfügung, da die Namen der übrigen Arbeiter unbekannt sind, von den angeblichen Vorgesetzten V und P nicht einmal der Nachname, geschweige denn die ladungsfähige Adresse bekannt war und der damalige handelsrechtliche Geschäftsführer der kurz nach dem gegenständlichen Arbeitsunfall in Konkurs gegangenen G, Herr C unbekannt verzogen ist. Rechtliche Beurteilung: Aufgrund der Rechtfertigungsangaben des Berufungswerbers war zunächst als Vorfrage zu prüfen, ob die Prämisse der belangten Behörde, dass Herr O als überlassene Arbeitskraft der Firma L anzusehen ist und die beiden verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretungen demnach dem Berufungswerber als verantwortlichen Beauftragten des Beschäftigers gemäß § 6 Abs 1 AÜG anzulasten sind, überhaupt zutrifft. Im Anlassfall war daher zu prüfen, ob die konkrete Durchführung der Trockenbauarbeiten auf der verfahrensgegenständlichen Baustelle durch die Firma G nach ihrem wahren wirtlichen Gehalt als echter Werkvertrag oder als Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte anzusehen ist. Folgende Rechtsgrundlagen und von der Rechtsprechung entwickelte Prüfkriterien sind ausschlaggebend: Nach § 2 Abs 2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung a.) in einem Arbeitsverhältnis, b.) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, c.) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs 5, d.) nach den Bestimmungen des § 18 oder e.) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs 4 des Arbeitskräfte-Überlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988. Nach Abs 3 sind den Arbeitgebern gleichzuhalten a) in den Fällen des Abs 2 lit b die inländischen Vertragspartner jeder Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist, b) in den Fällen des Abs 2 lit c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, sofern nicht lit d gilt, oder der Veranstalter, c) in den Fällen des Abs 2 lit e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs 3 des Arbeitskräfte-Überlassungsgesetzes und d) der ausländische Dienstleistungserbringer, dem eine EU-Entsendebestätigung nach Maßgabe des § 18 Abs 12 bis 16 auszustellen ist. Hinsichtlich der hier in Rede stehenden Abgrenzung zwischen echtem Werkvertrag und Arbeitskräfteüberlassung ist von nachstehender Sach- und Rechtslage auszugehen: Als Beschäftigung im Sinne des AuslBG gilt ua nach § 2 Abs 2 lit e AuslBG die Verwendung überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs 4 AÜG, BGBl Nr. 196/1988. Nach § 2 Abs 3 lit c AuslBG sind in den Fällen des Abs 2 lit e AuslBG auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs 3 AÜG den Arbeitgebern gleichzuhalten. Gemäß § 3 Abs 3 AÜG ist Beschäftiger, wer Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt. Für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, ist zu Folge § 4 Abs 1 AÜG der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen aber 1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes unterscheidbares und den Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder 2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder 3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder 4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat (vgl. die Erkenntnisse vom 17.11.1994, Zl 94/09/0223; vom 21.3.1995, Zl 94/09/0097 u.a.) ist für die Abgrenzung zwischen Werkverträgen, deren Erfüllung im Wege einer Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes stattfindet und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung der Unterscheidungsmerkmale notwendig. Das Vorliegen einzelner, auch für das Vorliegen eines Werkvertrages sprechender Sachverhaltselemente ist in diesem Sinne nicht ausreichend, wenn sich aus den Gesamtumständen unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessenlage Gegenteiliges ergibt. Wesentlich ist hiebei vor allem die ausreichende Abgrenzbarkeit der weitergegebenen Leistungen und die Unterscheidbarkeit. Hiebei kommt es im Zusammenhang mit dem Abgrenzungskriterium im § 4 Abs 2 Z 1 AÜG besonders darauf an, welche Betriebsergebnisse (Produkte, Dienstleistungen, etc.) üblicherweise im Betrieb (in der betrieblichen Sphäre) des Auftraggebers angestrebt werden, ob die Belegschaft im Normalfall diese Betriebsergebnisse selbst herstellt oder der Werkschuldner klar im kooperativen Zusammenwirken mit den Stammarbeitskräften des Werkbestellers tätig ist. Handelt es sich um idente, nicht unterscheidbare Arbeitsergebnisse, deutet dies darauf, dass der Auftraggeber lediglich kurzfristig den eigenen Personalstand aufstocken wollte, der wirtschaftliche Wille also auf Überlassung von Arbeitskräften gerichtet war (Bachler, Einsatz von Werkverträgen im Ausländerbeschäftigungsrecht - dargestellt vom Beispiel von Eisenarmierungsarbeiten, ZAS 1/2002, Seite 4). Im Anlassfall ist aus folgenden Gründen davon auszugehen, dass die Firma G tatsächlich ein selbstständiges Werk geliefert hat: 1. Die Firma L hatte von vornherein vor, die gesamten Trockenbauarbeiten in Sub weiterzugeben. Auf der Baustelle befand sich keine eigene Arbeiterpartie der L, eine Vermengung von Arbeitsleistungen der Subfirma mit jenen von Stammarbeitskräften der L kann somit ausgeschlossen werden. Die Abgrenzbarkeit der Leistungen der G ist damit gegeben. Die Arbeiter der G führten keineswegs nur einfache Hilfsarbeiten durch. Gegenstand des Auftrags waren die gesamten Trockenbauarbeiten, unter anderem die Aufstellung von Ständerwänden, die Herstellung von Deckenverkleidungen und Verkleidungen der Sanitärkonstruktion (vgl. Abrechnungen Beilage ./B), welche jedenfalls auch gewisse Fachkenntnisse erforderten. Auch der verunglückte Arbeiter O, in der Sozialversicherungsanmeldung als Baumonteur bezeichnet, verfügte über eine langjährige Berufspraxis als Trockenbauer. Die Partie der Firma G arbeitete selbstständig unter ihrem Vorarbeiter V bzw dessen Vertreter P. Die Dienst- und Fachaufsicht wurde nicht von Mitarbeitern der L durchgeführt. Der ständig anwesende Vertreter der Firma L fungierte lediglich als Kontaktperson zwischen der Subfirma, der örtlichen Bauleitung und den anderen ausführenden Firmen. Hinsichtlich der G führte B nur eine Kontrolle der Termineinhaltung sowie die Abnahme der Arbeiten durch. Die Arbeiter der G hatten das gesamte Handwerkzeug von ihrer Firma zur Verfügung gestellt erhalten. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur, unter anderem in den Erkenntnissen Zl. 95/08/0345 vom 10.03.1998 und Zl. 94/08/0178 vom 22.10.1996 zu den Abgrenzungskriterien des § 4 Abs 2 AÜG ausgeführt, dass es ausreicht, wenn einer der vier Punkte erfüllt ist (Arg. oder). Wenn jedoch, wie im vorliegenden Fall, lediglich als gesichert gelten kann, dass die Arbeiten ausschließlich mit Material des Werkbestellers durchgeführt wurden, rechtfertigt die bloße Zur-Verfügung-Stellung des Materials für sich alleine genommen noch nicht die Annahme einer Arbeitskräfteüberlassung, weil § 4 Abs 2 Z 2 AÜG verlangt, dass die Arbeiten vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers geleistet werden (vgl. das oben wiedergegebene Erkenntnis vom 10.03.1998). Selbst dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, zusätzlich zum Material noch ein Teil des Werkzeugs, nämlich Gerüste und Leitern vom Werkbesteller zur Verfügung gestellt werden, ist Z 2 leg cit nur dann als erfüllt anzusehen, wenn das Werkzeug vorwiegend vom Werkbesteller beigestellt wurde (vgl. dazu die oben wiedergegebene Entscheidung vom 22.10.1996). Dies ist im Anlassfall zu verneinen, da die Arbeiter der G das gesamte Handwerkzeug und somit das Werkzeug im engeren Sinn mit hatten. Die Beistellung stationärer Anlagen (wie Baukräne oder Gerüste) ist jedenfalls auf größeren Baustellen, auf denen arbeitsteilig vorgegangen wird, eine übliche ergänzende Werkzeugbeistellung durch den Generalunternehmer bzw das erstbeauftragte Bauunternehmen. Das Mitbenützen einer solchen Baustelleneinrichtung durch den Subunternehmer steht somit der Annahme eines echten Werkvertrages nicht entgegen (in diesem Sinne auch Bachler, Einsatz von Werkverträgen, Seite 5). Zusammenfassend ist demnach davon auszugehen, dass keines der vier Abgrenzungskriterien des § 4 Abs 2 AÜG mit einer für eine Bestrafung ausreichenden Sicherheit als erfüllt anzusehen ist. Hinsichtlich der Z 3 (Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht durch den Werkbesteller) wird hiebei ausdrücklich bemerkt, dass dies nur im Zweifel für den Beschuldigten gilt, weil gewisse Indizien, zB die mangelnde Meldung des Subunternehmers gegenüber dem Vertreter des Bauherrn, das Nicht-in-Erscheinung-treten von V bei den Baustellenbesprechungen sowie anlässlich der Kontrolle und der Umstand, dass Herr B zumindest am Kontrolltag Herrn O unmittelbare Arbeitsanweisungen erteilte, darauf hindeuten, dass vielleicht doch eine stärkere unmittelbare Einflussnahme von Herrn B auf die Arbeiter der Subfirma stattfand, wie von B und O anlässlich ihrer Zeugeneinvernahme zugegeben. Da O somit nicht erwiesenermaßen als überlassene Arbeitskraft der L anzusehen ist, ist der Berufungswerber als verantwortlicher Beauftragter dieser Firma auch nicht als Beschäftigter im Sinne des § 6 Abs 1 AÜG und somit als Arbeitgeber für die verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretungen verantwortlich, weshalb das Verfahren in beiden Punkten im Zweifel für den Beschuldigten einzustellen war.

Schlagworte
Arbeitskräfteüberlassung Werkvertrag Werkzeug vorwiegend Subunternehmer Trockenbauarbeiten
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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