TE UVS Wien 2003/12/10 03/P/34/7637/2003

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Veröffentlicht am 10.12.2003
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien entscheidet durch sein Mitglied Dr. Osinger aufgrund der Berufung von Herrn Dr. Helmut K, N, R-Straße, als Masseverwalter im Konkurs der B-KEG zu 11S 67/03v des LG N, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gerhard S, N, B-gasse, als Masseverwalterstellvertreter im obgenannten Konkurs des LG N, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Floridsdorf vom 1.9.2003, Zl. S 95.435-Fd/03, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 Kraftfahrgesetz 1967:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG die Verfahrenseinstellung verfügt.

Gemäß § 65 VStG hat der Berufungswerber keinen Berufungskostenbeitrag zu zahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Floridsdorf vom 1.9.2003, GZ S 95435/Fd/03, ist der Berufungswerber als Masseverwalter der B-KEG wegen unterlassener Lenkerauskunft bestraft worden.

Der Spruch des Straferkenntnisses lautet wie folgt:

?Sie haben als Masseverwalter und somit zur Vertretung des Zulassungsbesitzers des Kfz mit dem Kennz. WB-8, der Fa. B-KEG nach außen Berufener unterlassen, der Behörde auf Ihr schriftliches Verlangen vom 3.6.03, zugestellt am 6.6.03, innerhalb der Frist von 2 Wochen Auskunft zu erteilen, wer dieses Kfz am 7.4.03 um 21.06 Uhr in Wien, A 22 Rtg. A 23 gelenkt hat.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 103/2 KFG i.V.m. § 9 Abs 1 VStG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende

Strafe verhängt:

Geldstrafe von Euro ? 70,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 70 Stunden gemäß § 134 KFG Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

7,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 77,00 Euro. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

Der Beschuldigte sei als Masseverwalter einer in Folge Konkurseröffnung aufgelösten Gesellschaft im Sinne der Bestimmung des § 103 Abs 9 KFG gesetzlicher Vertreter der Zulassungsbesitzerin. Das erstbehördliche Auskunftsersuchen sei an ihn weitergeleitet und von einem seiner Arbeitsnehmer übernommen worden. Da die Auskunft nicht fristgerecht erteilt worden sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Mit Berufung wird eingewendet, dass die erstbehördliche Gleichsetzung zwischen ihm als Masseverwalter und dem im § 103 Abs 9 lit c KFG 1967 geregelten ?Abwickler" (Liquidator) verfehlt sei. Ein Liquidator vertrete uneingeschränkt die Interessen der in Liquidation befindlichen Firma. Im Gegensatz dazu obliege dem Masseverwalter die Vertretung der gemeinschuldnerischen Firma lediglich hinsichtlich der dem Konkurs unterliegenden Konkursmasse. Zur Vertretungsbefugnis des Masseverwalters im Zusammenhang mit Lenkerauskunftsersuchen nach § 103 Abs 2 KFG 1967 habe der VwGH festgestellt, dass der Masseverwalter fälschlich an den Gemeinschuldner gerichtete Anfragen nicht beantworten müsse.

Laut Auskunft aus dem Kraftfahrzeug-Zentralregister des Bundesministers für Inneres vom 9.7.2003 war die B-KEG im Zeitraum von 14.6.2002 bis 1.5.2003 Besitzer des Probefahrtkennzeichens WB-8. Über ihr Vermögen ist mit Beschluss des Landesgerichtes N vom 20.2.2003, GZ 11S67/03v der Konkurs eröffnet worden. Mit Wirksamkeit vom 21.2.2003 ist der Berufungswerber zum Masseverwalter der betreffenden Gesellschaft bestellt worden. Am 7.4.2003 ist ein mit dem Probefahrtkennzeichen der Gemeinschuldnerin B-KEG versehenes Fahrzeug wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit angezeigt worden. Das daraufhin an die B-KEG als ?Zulassungsbesitzer" des Kfz mit dem Kennzeichen WB-8 gerichtete erstbehördliche Aufforderungsschreiben nach § 103 Abs 2 KFG 1967 (?Lenkeranfrage") ist aufgrund der ?Postsperre" an den Berufungswerber als Masseverwalter weitergeleitet und dort am 6.6.2003 von einer Arbeitnehmerin des Berufungswerbers übernommen worden. Eine Lenkerauskunft ist aber nicht erteilt worden.

Dieser Sachverhalt ist zwischen den Verfahrensparteien völlig unstrittig. Auf dieser Grundlage war die rechtliche Beurteilung vorzunehmen.

Es wurde erwogen:

Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Der Masseverwalter ist hinsichtlich des zur Konkursmasse gehörigen Vermögens des Gemeinschuldners, das dessen freier Verfügung entzogen ist, gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners. Kraft seiner Bestellung hat er alle jene Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen mit Wirkung für die Masse und die Konkursgläubiger vorzunehmen, die der Gemeinschuldner nicht vornehmen kann. Gehört ein Kfz zur Konkursmasse, vertritt der Masseverwalter den Gemeinschuldner auch in kraftfahrrechtlicher Hinsicht. Als gesetzlichen Vertreter im Sinn des

§ 9 Abs 1 VStG treffen ihn die Pflichten des Gemeinschuldners zur Auskunftserteilung (vgl. VwGH vom 26.1.1998, 97/17/0410). In kraftfahrrechtlicher Hinsicht ist die Auskunftsverpflichtung an den

aufrechten Bestand einer Zulassung oder den aufrechten Besitz einer Probefahrt- oder Überstellungsfahrtbewilligung geknüpft. Adressat einer auf § 103 Abs 2 KFG 1967 gestützten behördlichen Lenkeranfrage ist entweder der Zulassungsbesitzer oder der Besitzer der Probefahrt- bzw. Überstellungsfahrtbewilligung oder der von ihnen genannte ?Auskunftspflichtige". Die (richtige) Bezeichnung des Adressaten der Anfrage als entweder ?Zulassungsbesitzer" oder ?Besitzer der Probefahrt- bzw. Überstellungsfahrtbewilligung" oder ?Auskunftspflichtiger" ist Wirksamkeitsvoraussetzung für eine auf § 103 Abs 2 KFG 1967 gestützte Lenkeranfrage ebenso wie für eine allfällige nachfolgende Verfolgungshandlung. Analog dazu hat die Behörde weiters auch zwischen den - je nach Lage des Falles alternativen - Adressaten ?Masseverwalter" (ab dessen Einführung als Vertreter der Gemeinschuldnerin hinsichtlich der zur Konkursmasse gehörigen Kfz) und ?Gemeinschuldnerin" zu unterscheiden.

Eine fälschlich an den Gemeinschuldner gerichtete Lenkeranfrage nach § 103 Abs 2 KFG 1967, die infolge ?Postsperre" an den Masseverwalter weitergeleitet und dort zugestellt wird, kann deswegen nicht im Sinne des § 9 Abs 1 zweiter Satz Zustellgesetz ?heilen" (wie sonst bei Weiterleitung eines Schriftstückes an den nicht formell als Empfänger bezeichneten Zustellungsbevollmächtigten bzw. gesetzlichen Vertreter), weil es nicht Sache des Masseverwalters sein kann, darüber zu entscheiden, ob die Anfrage allenfalls nicht (auch) für ihn, sondern ausschließlich für die Gemeinschuldnerin bestimmt (gewesen) ist. Solche Lenkeranfragen müssen daher ? zumindest - vom Masseverwalter nicht beantwortet werden (so etwa VwGH vom 26.1.1998, 97/17/0410, zur diesbezüglich vergleichbaren Bestimmung des § 1a Wiener Parkometergesetz).

Im gegenständlichen Verfahren ist die Gemeinschuldnerin B-KEG nicht nur unrichtigerweise als ?Zulassungsbesitzerin" des gegenständlichen Kfz bezeichnet worden, sondern war die zugrundeliegende erstbehördliche Lenkeranfrage vom 3.6.2003 darüber hinaus deswegen unwirksam, weil sie nicht an den gesetzlichen Vertreter der Gemeinschuldnerin, sondern an die Gemeinschuldnerin selbst gerichtet und adressiert worden ist. Auf das zustellrechtliche Faktum der Übergabe an eine Arbeitnehmerin des Masseverwalters kam es deswegen nicht an.

Der Berufung war daher mangels einer rechtwirksamen Lenkeranfrage Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG die Verfahrenseinstellung zu verfügen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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