TE UVS Wien 2004/01/07 03/P/34/3081/2003

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Veröffentlicht am 07.01.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Osinger in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 3.12.2003 auf Grund der Berufung von Herrn Wolfgang W, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Koat. O, vom 27.1.2003, S 109.390-Hn/02, betreffend Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs 2 Straßenverkehrsordnung 1960, § 102 Abs 5 lit b Kraftfahrgesetz 1967 und § 14 Abs 1 Z 2 Führerscheingesetz, entschieden wie folgt:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Spruchpunkt 1) keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu den Spruchpunkten

2) und 3) Folge gegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher zu Spruchpunkt 1) gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 232,04 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Gemäß § 65 VStG hat der Berufungswerber zu den Spruchpunkten

2) und 3) keinen Berufungskostenbeitrag zu bezahlen.

Text

Der Berufungswerber ist als Lenker des Mofa Aprilia mit dem Kennzeichen W-65 wegen Verweigerung der Alkomatuntersuchung, Nichtmitführen des Zulassungsscheines sowie der zum Lenken des Mopeds erforderlichen persönlichen Dokumente bestraft worden. Der Spruch des Straferkenntnisses lautet wie folgt:

?Sie haben am 01.07.2002 um 00.40 Uhr in Wien, H-gasse das KFZ Mofa APRILIA, blau lackiert, mit dem Kennzeichen W-65 gelenkt, somit in Betrieb gehabt,

1.) obwohl Sie sich am 01.07.2002 um 0040 Uhr in Wien, H-gasse geweigert haben, sich einer Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomat von einem dafür besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht zu unterziehen,

2.) obwohl Sie auf dieser Fahrt den Zulassungsschein nicht mitgeführt haben und

3.) obwohl Sie auf dieser Fahrt weder einen Mopedausweis noch einen amtlichen Lichtbildausweis oder einen Führerschein mitgeführt haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.)

§ 5 Abs 2 StVO, 2.) § 102 Abs 5 lit b KFG,

3.)

§ 14 Abs 1 Z 2 FSG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe    falls diese uneinbringlich ist,   Gemäß

von ?  Ersatzfreiheitsstrafe von

1.162,00      42 Tage    § 99 Abs 1

lit b StVO

72,00  72 Std.    § 134 KFG

72,00  72 Std.    § 37 FSG

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) und gemäß § 5a Abs 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) zu zahlen:

130,60 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe [je einem Tag Freiheitsstrafe werden gleich 15,00 ?

angerechnet],

als Ersatz der Barauslagen für

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen)

beträgt daher 1.436,60 ?"

Der Berufungswerber wendet dagegen ein, es habe ihm damals seine Lebensgefährtin in einem Lokal in der H-gasse ein Ultimatum gestellt, die gemeinsame Wohnung zu verlassen. Dies sei auch der Grund für seinen tatsächlichen Alkoholkonsum gewesen. Nach einem Streit zwischen ihm und seiner Lebensgefährtin sei die Polizei gerufen worden. Seine Lebensgefährtin habe sich grundlos bedroht gefühlt. Er habe nach mehrmaligen Aufforderungen der Polizei das Lokal verlassen, sei zum Mofa gegangen und habe seinen Sturzhelm unter der Ablage verstaut. In Betrieb genommen habe er das Mofa nicht. Die Beamten hätten den Fahrzeugschlüssel in Verwahrung und ihn auf das nächste Kommissariat mitgenommen. Er sei nicht aufgefordert worden, einen Alkomattest zu machen. Die Fahrzeugpapiere und den Lichtbildausweis habe er bei sich gehabt.

In der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 3.12.2003 hat der Berufungswerber als Partei vernommen Folgendes angegeben:

Ungefähr eine Stunde vor dem Verlassen des Lokals gab es Streit mit meiner Lebensgefährtin und wurde ich da von den - durch die Wirtin des Lokals, in dem wir gesessen sind - herbeigerufenen Polizisten zum Verlassen des Lokals aufgefordert. Meine Lebensgefährtin ist ungefähr eine halbe Stunde vor mir aus dem Lokal gegangen. Genau genommen kann ich mich nur an einen Polizeieinsatz erinnern. Ich wurde da aufgefordert, das Lokal zu verlassen. Die beiden Zeugen erkenne ich heute nicht wieder. Da ich meinen Sturzhelm bei mir hatte (ich war mit dem Motorroller zum Lokal gekommen), wollte ich bloß den Sturzhelm unter der Sitzbank (im sogenannten Helmfach) verstauen. Nach Hause fahren wollte ich nicht, weil ich etwas getrunken hatte. Ich wohne nur eine Gasse entfernt vom Lokal. Befragt, warum ich dann vorher mit dem Mofa zum Lokal hingefahren bin: Ich bin nicht von meiner Wohnung, sondern von einem Freund im 16. Bezirk zum Lokal hingefahren und habe ich deswegen das Mofa zum Hinfahren gebraucht, zum Nachhausekommen jedoch nicht mehr.

Befragt, wem die Wohnung nur eine Gasse vom Lokal entfernt gehört: Es war die Wohnung der Lebensgefährtin. Wenn ich diesbezüglich gefragt werde, warum ich in die Wohnung der Lebensgefährtin zurück konnte, wenn diese mich kurz zuvor bei der Polizei wegen Streitigkeiten angezeigt hat: Eigentlich wollte ich gar

nicht in die Wohnung der Lebensgefährtin, sondern in die Wohnung eines Freundes. Das ist Herr Richard P, der in der R-gasse 65 wohnt. Herr P wohnt alleine und konnte ich jederzeit zu ihm gehen, um dort zu nächtigen. Es ist ein guter Freund von mir, ein Jugendfreund.

Wie ich gerade den Helm verstaut habe, standen plötzlich die Polizisten hinter mir, sie hätten alles gesehen und ich sollte mitkommen. Dort auf dem Wachzimmer war meine Lebensgefährtin und wurde ich von ihr beschuldigt, sie bedroht zu haben. Das war eine Lüge. Die Polizisten nahmen mir Wohnungs- und Fahrzeugschlüssel ab. Einer der Polizisten meinte zum anderen, ich habe den Alkotest verweigert. Das war bloß eine Feststellung, jedoch eine falsche. Auch der Polizist sagte die Unwahrheit. Ich bin niemals zum Alkotest aufgefordert worden.

Es gibt dort auf dem Wachzimmer einen älteren mir bekannten Polizisten. Der hat damals beruhigend auf mich eingeredet und bin ich dann ganz ruhig zu Hrn. P gegangen. Gewohnt habe ich damals bei meiner Lebensgefährtin in der R-gasse 16 und musste ich mir aber nach dem Streit mit der Lebensgefährtin eine andere Wohnung suchen.

Über Vorhalt der Anzeige: Es stimmt, dass ich damals etwas getrunken hatte. Ich war aber noch voll orientiert. Ich habe den Ablauf den Geschehens anders in Erinnerung, als ihn die Polizisten in der Anzeige dargestellt haben. Ich kann das Moped gar nicht gestartet haben, weil die Zündkerze kaputt war. Das war schon am Nachmittag so. Die neue Zündkerze hatte ich nur eingesteckt, aber noch nicht eingebaut. Ich hatte öfters Schwierigkeiten beim Anstarten. Ich war schon in einem erregten Zustand und alkoholisiert, aber ich hatte sicher nicht die Absicht zu fahren. Der Anzeigeleger, RvI. Patrick Ha, hat folgende Zeugenaussage gemacht:

Ich habe den Vorfall auch heute noch in Erinnerung. Ich bin seit Anfang 2000 als Sicherheitswachebeamter im 17. Bezirk tätig. Ich kenne das gegenständliche Lokal ?H". Dort hatten wir rund eine halbe Stunde vor der gegenständlichen Amtshandlung bereits ein Zusammentreffen mit dem Bw. Wir wurden als Assistenz wegen einer Körperverletzung angefordert. Der Verdächtige war der Bw und hat der federführende Kollege ihm gegenüber eine Wegweisung und ein Betretungsverbot ausgesprochen. Wer der Verletzte war weiß ich nicht. Ob der Bw das Lokal tatsächlich verlassen hat, weiß ich nicht, weil wir schon vorher gegangen sind. Genau genommen weiß ich eigentlich gar nicht, ob eine halbe Stunde zwischen der ersten und zweiten Amtshandlung gelegen ist. Wir waren jedenfalls schon auf dem Weg zum WZ, als wir gehört haben, dass jemand ein Moped startet. Nach dem Umdrehen konnten wir den Bw sehen, wie er bereits auf dem Moped gesessen ist und sich gerade den Helm aufgesetzt hat. Weggefahren ist er aber nicht. Wir wussten von der vorigen Amtshandlung, dass er alkoholisiert ist, weil er das selbst zugegeben hat. Deswegen sind wir zu ihm hingegangen und haben ihn zum Abstellen des Motors aufgefordert, was er auch gemacht hat. Noch beim Moped haben wir ihn aufgefordert, die Papiere vorzuweisen (Lichtbildausweis und Zulassungsschein). Zulassungsschein hatte er möglicherweise, Ausweis sicher nicht. Die Daten von ihm haben wir uns nachher vom Kollegen der ersten Amtshandlung besorgt. Der Kollege war dann nämlich so wie wir am WZ.

Befragt, wann ich die Alkomataufforderung ausgesprochen habe:

Um 0.40 Uhr. Wenn ich gefragt werde, warum ich das heute noch so genau weiß, wenn ich angegeben habe, die Anzeige vor der Verhandlung nicht durchgelesen zu haben: Ich habe mir die Anzeige nicht unmittelbar vor der Verhandlung durchgelesen, nach Erhalt der Ladung aber schon. Ohne die Anzeige könnte ich mich heute an die Einzelheiten der Amtshandlung nicht mehr erinnern.

Über Vorhalt der Anzeige: Vielleicht habe ich manches Detail der Amtshandlung nach Erhalt der Ladung bereits wieder vergessen. Es stimmt natürlich das, was in der Anzeige steht. Wir waren demnach tatsächlich das zweite Mal im Lokal und hat sich der gegenständlichen Vorfall nicht [unmittelbar] im Anschluss an unsere erste Assistenzleistung, sondern getrennt davon abgespielt. Sicher haben wir zuerst die Papiere verlangt und dann zum Alkotest aufgefordert. Der Alkotest hätte im WZ stattfinden sollen. In meinem Beisein ist der Bw nicht ins WZ gegangen. Über Vorhalt der Aussage des Bw, wonach er das Moped nicht angestartet habe: Wie hätten wir uns denn nach ihm umdrehen sollen, wenn wir nicht das Moped gehört hätten. Außerdem bin ich mir sicher, dass er den Helm am Kopf und nicht unter dem Arm hatte. Gefahren ist er mit dem Moped nicht.

Über Befragen des Bw: Vielleicht hatte er die Papiere dabei, aber vorweisen konnte er sie uns nicht.

Sein Kollege Insp. Walter Ho hat folgende Zeugenaussage zu

Protokoll gegeben:

Das Mofa hat der Bw nicht gelenkt. Ich weiß heute nicht mehr, ob der Kollege oder ich den Bw zum Alkomattest aufgefordert haben. Meines Erachtens war der Bw alkoholbeeinträchtigt. Das wusste ich von der vorangegangenen Amtshandlung. Als wir dann nach dem Verlassen des Lokals das Anstarten des Mopeds gehört und den Bw am Moped sitzend gesehen haben, haben wir deswegen sofort eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle durchgeführt. Deswegen haben wir den Bw auch zum Alkomattest aufgefordert. Ich verwende da immer die Worte: ?Ich fordere Sie zum Alkomattest auf". Der Alkomat war im in der Nähe abgestellten Streifenwagen bzw. hätten wir auch das WZ gleich in der Nähe gehabt. Zum Test kam es aber nicht, weil der Bw nicht bereit war, zum Alkomaten zu gehen.

Sicher haben wir den Bw auf die Folgen einer Verweigerung aufmerksam gemacht und werden wir schon erwähnt haben, dass sein Verhalten eine Verweigerung darstellt, nachdem er unserer Aufforderung nicht gefolgt ist.

Daraufhin ist der aus dem Spruch ersichtliche Berufungsbescheid

mündlich verkündet worden.

Zur Sachverhaltsfeststellung:

Die vernommenen Sicherheitswachebeamten hatten noch in Erinnerung, es sei beim Berufungswerber bereits bei einer vorangegangen Amtshandlung eine gewisse Alkoholbeeinträchtigung festzustellen gewesen. Nach einer weiteren, von ihnen selbst durchgeführten Amtshandlung seien sie bereits wieder im Gehen gewesen, als sie das Anstarten eines Mopeds hörten. Beim Umdrehen erkannten sie den Berufungswerber, der auf dem noch stillstehenden Moped saß und bereits den Helm auf hatte. Zum Alkomattest aufgefordert, habe er nicht reagiert. Der Anzeigeleger erinnerte sich, dass der Berufungswerber von den ihm abverlangten Dokumenten zumindest den Identitätsausweis nicht bei sich hatte. Der Berufungswerber hatte bloß eine einzige Amtshandlung in Erinnerung, die im Zusammenhang mit einem Streit mit seiner Lebensgefährtin gestanden ist. Dabei sei er zum Verlassen des Lokals aufgefordert worden. Danach habe er bloß seinen Sturzhelm im Moped verstauen wollen, keinesfalls aber die Absicht gehabt, den Weg zu einem in der Nähe wohnenden Jugendfreund, bei dem er nach dem Streit mit seiner Lebensgefährtin ?jederzeit" habe schlafen können, mit dem Moped zu fahren. Das Moped habe er schon deswegen nicht starten können, weil die Zündkerze kaputt gewesen sei. Eine neue Zündkerze habe er zwar eingesteckt, aber noch nicht eingebaut gehabt. Die Schwierigkeiten mit der Zündkerze habe er schon am Nachmittag gehabt. Trotzdem sei er mit dem Moped zum Lokal gefahren. Die Polizisten hätten ihn aufs Wachzimmer mitgenommen, wo ihn seine Lebensgefährtin beschuldigt habe, sie bedroht zu haben. Das sei eine Lüge gewesen. Es stimme auch nicht, dass er zum Alkotest aufgefordert worden sei. Ein ihm bekannter älterer Polizist habe ihn schließlich überredet nach Hause zu gehen.

Die Verantwortung des Berufungswerbers ist völlig unglaubwürdig. Es liegt zunächst auf der Hand, dass der Berufungswerber mit einer ?kaputten" Zündkerze, mit der er zum Lokal hinfahren konnte, auch wieder hätte wegfahren können. Völlig unglaubwürdig ist auch, wenn der Berufungswerber im Ergebnis anführt, die Polizisten hätten sich nach dem Lokalverweis zurückgezogen und ihn allein zum Moped gehen lassen, um ihn dann ?plötzlich" zum Mitkommen aufs Wachzimmer aufzufordern, wo ihn seine Lebensgefährtin zu Unrecht der Drohung beschuldigt habe. Der von den beiden Polizisten geschilderte Ablauf der Amtshandlung ist demgegenüber nicht unschlüssig und stimmt auch im Wesentlichen mit der verfahrenseinleitenden Anzeige überein. Daraus geht hervor, dass ihnen die Identität des Berufungswerbers durch zwei andere Sicherheitswachebeamte bestätigt worden ist und stimmt das damit überein, dass es sich bei der gegenständlichen Amtshandlung nicht um um die erste den Berufungswerber betreffende in der gegenständlichen Nacht gehandelt hat. Es scheint naheliegend, dass der Berufungswerber nach dem vorangegangen Streit mit seiner Lebensgefährtin, wodurch er laut eigener Angabe seine Unterkunft verlor, (weiter) Alkohol zu sich genommen hat, was offenbar ein neuerliches Einschreiten von Sicherheitswachebeamten erforderlich machte. Der Berufungswerber selbst gesteht zu, auf Grund seines Alkoholkonsums bzw. der Streitigkeiten mit seiner Lebensgefährtin ?erregt" gewesen zu sein und ist es naheliegend, dass er die konkreten Abläufe deswegen etwas durcheinander brachte. Ein Bewegen des Mopeds haben die Polizisten ohnehin nie angezeigt. Es erscheint glaubwürdig, dass die Polizisten nur durch das Anstarten des Mopeds neuerlich auf den Berufungswerber aufmerksam wurden, wodurch die betreffende Amtshandlung dann zustande kam. Wenn der Berufungswerber selbst zugesteht, Alkohol zu sich genommen zu haben, ist es nicht verwunderlich, dass er von den Polizisten, die davon wussten, zur Alkomatuntersuchung aufgefordert worden ist. Diesbezüglich spielt es keine Rolle, ob die Polizisten das Alkomatgerät im Streifenwagen dabei hatten oder am nahegelegen WZ. Die in der Anzeige wiedergegebene Äußerung des Berufungswerbers auf die Aufforderung zur Alkomatuntersuchung ?Alkotest brauche ich keinen, es ist mir sowieso schon alles scheißegal. Ich fahre jetzt nach Hause" kann mit dem als unstrittig festgestellten Ablauf des Geschehens (Schwierigkeiten mit der Lebensgefährtin und der Polizei, Alkoholkonsum, Verlust der Wohnung) durchaus in Übereinstimmung gebracht werden. Dass der Berufungswerber weder Zulassungsschein noch Identitätsdokumente vorgewiesen hat, hat er nicht bestritten. Ob daraus folgt, dass er sie wie angelastet nicht mithatte, ist hier nicht bedeutsam. Es wird somit als erwiesen festgestellt, dass der Berufungswerber am 1.7.2002 gegen 00.40 Uhr nach Alkoholkonsum das auf seine Mutter zugelassene Moped mit dem behördlichen Kennzeichen W-65 angestartet, jedoch nicht in Bewegung gesetzt hat, und danach der Aufforderung durch die hiezu befugten Sicherheitswachebeamten, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, unter Hinweis darauf, keinen Alkotest zu brauchen, nicht nachgekommen ist.

Es wurde erwogen:

Zu Spruchpunkt 1):

Gemäß § 99 Abs 1 lit b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.162 Euro bis 5.813 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe von 2 bis 6 Wochen zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

Gemäß § 5 Abs 2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen. Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Berufungswerber vor der Aufforderung zur Alkomatuntersuchung den Motor seines Fahrzeug gestartet hat. Dadurch wird ein Fahrzeug in Betrieb genommen (etwa VwGH vom 17.1.1995, 94/11/0409).

Unter einer ?Verweigerung" einer Atemluftuntersuchung im Sinne des § 99 Abs 1 lit b StVO 1960 ist jedes Verhalten des Probanden nach vorangegangener (rechtmäßiger) Aufforderung zu einer solchen Untersuchung zu verstehen, das abstrakt geeignet ist, das Zustandekommen eines entsprechenden (verwertbaren) Messergebnisses zu verhindern, gleichgültig ob das Messgerät geeicht oder überhaupt funktionstüchtig ist. Die Ablehnung, sich zum Alkomatgerät zu begeben, um dort aufforderungsgemäß der erforderlichen Untersuchung nachzukommen, ist als ?Verweigerung" der Atemluftuntersuchung strafbar, wenn nicht noch im Rahmen derselben Amtshandlung einer (neuen) Aufforderung hiezu ordnungsgemäß nachgekommen wird. Als eine solche ?Verweigerung" wäre auch die Behauptung eines sogenannten ?Nachtrunks" zwischen Aufforderung und Beginn der Untersuchung (Eintreffen des bzw. beim Alkomaten) zu beurteilen. Im Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass der Berufungswerber etwa auf Grund gesundheitlicher Umstände zur Vornahme der Atemluftuntersuchung im Sinne des Gesetzes nicht in der Lage bzw. ihm dies nicht zumutbar gewesen wäre. Auch sonst sind Anhaltspunkte für sein mangelndes Verschulden im Sinne des § 5 Abs 1 2. Satz VStG nicht hervorgekommen. Der Berufungswerber durfte daher zu Recht bestraft werden.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass über den Berufungswerber ohnedies der gesetzliche Mindeststrafbetrag verhängt worden ist. Die Voraussetzungen für eine Unterschreitung des Mindeststrafbetrages (gemäß § 20 VStG Überwiegen der Milderungsgründe oder jugendliches Alter) liegen nicht vor, da der Berufungswerber keineswegs unbescholten ist (gerichtliche Strafen sind im gegenständlichen Zusammenhang zu berücksichtigten) und auch sonst keine Milderungsgründe offenkundig geworden sind. Der Berufungswerber war im Tatzeitpunkt auch keinesfalls Jugendlicher. Die Verhängung der Mindeststrafe war somit gerechtfertigt und kam eine Herabsetzung nicht in Betracht.

Zu den Spruchpunkten 2) und 3):

Gemäß § 102 Abs 5 lit b KFG 1967 hat der Lenker auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen den Zulassungsschein oder Heereszulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug und einen mit diesem gezogenen Anhänger.

Gemäß § 14 Abs 1 Z 2 FSG hat jeder Lenker eines Kraftfahrzeuges unbeschadet der Bestimmungen des § 102 Abs 5 KFG 1967 auf Fahrten mitzuführen beim Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen den Mopedausweis oder Heeresmopedausweis oder, falls ein solcher nicht erforderlich ist, einen amtlichen Lichtbildausweis, einen Führerschein, und auf Verlangen die entsprechenden Dokumente den gemäß § 35 Abs 2 zuständigen Organen zur Überprüfung auszuhändigen.

Soweit der Berufungswerber einwendet, er habe die geforderten Dokumente ohnedies bei sich gehabt und nur allenfalls nicht gefunden, sodass sie den Organen nicht vorgewiesen werden konnten, ist er darauf hinzuweisen, dass das Nichtmitführen und das Nicht-zur-Überprüfung-Aushändigen zwar selbstständig zu verwirklichende Tatbestände sind (etwa VwGH vom 24.3.1993, 92/03/0246), andererseits aber ein Mitführen der Papiere im Sinne des § 102 Abs 5 lit b KFG 1967 bzw. § 14 Abs 1 Z 2 FSG das Bewusstsein des Lenkers voraussetzt, wo sich die Papiere befinden, damit er sie im Falle der Aufforderung vorzeigen kann. Andernfalls kann nicht von einem ?Mitführen" der Papiere im Sinne der oben genannten Bestimmungen gesprochen werden (vgl. VwGH vom 3.7.1991, 90/03/0233).

Es ist somit nicht rechtswidrig, wenn eine Behörde das Nichtaushändigen der Papiere im Sinne des § 102 Abs 5 lit b KFG 1967 bzw. § 14 Abs 1 Z 2 FSG unter dem Gesichtspunkt des Nichtmitführens abhandelt und den Tatbestand des Nichtaushändigens auf jene Fälle beschränkt, bei denen ein Kraftfahrzeuglenker den Organen seine (erkennbar) mitgeführten Papiere zwar aushändigen könnte, dazu aber - aus welchem Grund immer - nicht bereit ist.

Eine Rechtswidrigkeit der Spruchpunkte 2) und 3) liegt im gegenständlichen Fall aber darin, dass der Berufungswerber nach dem Akteninhalt sein Fahrzeug zwar in Betrieb genommen, jedoch nicht ?gelenkt" hat.

Schon nach dem bloßen Gesetzestext der §§ 102 Abs 5 lit b KFG 1967, 14 Abs 1 Z 2 FSG ist notwendige Voraussetzung der diesbezügliche Verpflichtung zum Mitführen bzw. Aushändigen der betreffenden Papiere das Lenken des Fahrzeuges. Wer ein Kraftfahrzeug bloß in Betrieb nimmt, ohne es zu ?lenken", ist hingegen nicht verpflichtet, die in § 102 Abs 5 KFG 1967 bzw. § 14 Abs 1 FSG angeführten Dokumente ?mitzuführen" (vgl. VwGH vom 15.9.1982, 82/03/0049).

Da in § 102 KFG 1967 ebenso wie in § 5 Abs 1 StVO 1960 zwischen dem ?Lenken" und dem ?In Betrieb nehmen" eines Fahrzeuges unterschieden wird, ist von der Identität der Begriffe des ?Lenkens" gemäß § 5 Abs 1 StVO 1960 einerseits und § 102 Abs 5 lit b KFG 1967 bzw. § 14 Abs 1 Z 2 FSG andererseits auszugehen. Es ist daher die Definition des Lenkens gemäß § 5 Abs 1 StVO 1960 auf die Tatbestände nach § 102 Abs 5 lit b KFG 1967 bzw. § 14 Abs 1 Z 2 FSG übertragbar.

Unter dem Begriff des ?Lenkens" im Sinne des § 5 Abs 1 StVO 1960 ist eine aktive Handlung, nämlich die Betätigung der hiefür vorgesehenen Einrichtung eines in Bewegung befindlichen Fahrzeuges, zu verstehen (VwGH vom 14.11.1997, 97/02/0453). Zum Mitführen der in § 102 Abs 5 lit b KFG 1967 bzw. § 14 Abs 1 Z 2 FSG genannten Dokumente bzw. zu deren Aushändigung ist daher nur jene Person verpflichtet, die bei einem in Bewegung befindlichen Kraftfahrzeug die vorgesehene Lenkeinrichtung betätigt und das Fahrzeug dadurch ?lenkt", wobei die Verpflichtung des Lenkers zum Vorweisen der genannten Dokumente im zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem

vorangegangenen Lenken auch trotz bereits erfolgter Entfernung vom Fahrzeug besteht (zu letzterem etwa VwGH vom 28.1.1981, 3032/80).

Die vorgesehene Lenkeinrichtung eines in Bewegung befindlichen Kraftfahrzeugs hat der Berufungswerber im gegenständlichen Fall nicht betätigt. Er war daher nach den angelasteten Bestimmungen weder verpflichtet, die entsprechenden Dokumenten im Fahrzeug mitzuführen noch sie (allenfalls auch noch nach der Entfernung vom Fahrzeug) auszuhändigen. Seiner Berufung gegen die Spruchpunkte 2) und 3) war daher Folge zu geben und das Straferkenntnis diesbezüglich zu beheben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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