TE UVS Steiermark 2004/01/22 30.7-112/2003

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.01.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erik Hanel über die Berufung des K R, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. G F, Dr. G K, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 22.10.2003, GZ.: 15.1 4981/2003, wie folgt entschieden:

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Gleichzeitig wird die Erklärung der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur, dass die beschlagnahmte Waffe sowie 13 Stück Patronen verfallen seien, behoben.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 22.10.2003, GZ: 15.1 4981/2003, wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 07.05.2003, um 20.35 Uhr, in P, im Obergeschoss des Wohnhauses eine genehmigungspflichtige Schusswaffe gemäß § 19 Abs 1 Waffengesetz 1996 (halbautomatisches Repetiergewehr Kat B, Langwaffe Marke VOERE, Nr 305786, Kaliber 22 LR, mit Zielfernrohr TASCO 4x32) besessen, obwohl er nicht im Besitze eines Waffenpasses gewesen sei, der ihn dazu berechtigt hätte, eine derartige Schusswaffe zu besitzen (Punkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses). Gleichzeitig wurde gemäß § 52 Abs 1 Waffengesetz 1996 diese beschlagnahmte Waffe sowie 13 Stück Patronen, Marke RS Vollmantel, für verfallen erklärt. Des Weiteren wurde ihm zur Last gelegt, er habe im Obergeschoss des Wohnhauses Göritz Nr 16 die gegenständliche Waffe sowie die 13 Stück Patronen nicht ordnungsgemäß verwahrt (Punkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses).

Über den Berufungswerber wurden hiefür wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 20 Abs 1 Waffengesetz 1996, sowie des § 8 Abs 1 Z 2 Waffengesetz iVm § 51 Abs 2 leg cit, zwei Geldstrafen im Ausmaß von ? 100,--, im Uneinbringlichkeitsfall jeweils einen Tag Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

In der rechtzeitig eingebrachten Berufung gegen dieses Straferkenntnis bringt der Berufungswerber durch seinen Rechtsvertreter zusammenfassend vor, dass der Schuldspruch im angefochtenen Straferkenntnis nicht dem Gesetz entspreche. Es sei ihm vorgeworfen worden, er habe eine genehmigungspflichtige Waffe besessen, obwohl er nicht im Besitze eines Waffenpasses war. Ein Waffenpass sei jedoch lediglich für das Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen erforderlich und nach § 20 Abs 1 Waffengesetz sei die Bewilligung zum Erwerb und zum Besitz genehmigungspflichtiger Schusswaffen von der Behörde durch Ausstellen einer Waffenbesitzkarte zu erteilen. Es sei im Strafverfahren nicht festgestellt worden, ob er eine Waffenbesitzkarte besitze, sondern wurde ihm vorgeworfen, er hätte ohne Waffenpass die Waffe besessen. Dadurch habe die Behörde erster Instanz die Begriffe "Besitz" und "Führen" rechtlich nicht richtig qualifiziert, sodass das Strafverfahren einzustellen sei, ebenso der erklärte Verfall ersatzlos zu beheben sei. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aus nachstehenden Gründen zu beheben ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die Berufungsausführungen und konnte gemäß § 51 e Abs 2 VStG auch von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden. Dem gegenständlichen Verfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Auf Grund einer Anzeige der Mutter des Berufungswerbers begaben sich zwei Gendarmeriebeamte des Gendarmeriepostens St. Marein im Mürztal nach P, wo ihnen die Mutter des Berufungswerbers mitteilte, dass es seit der Übergabe der Landwirtschaft an ihren Sohn K R immer wieder zu Streitigkeiten zwischen ihr und ihrem Sohn komme. Ihr Sohn und auch ihr Enkel sprächen stark dem Alkohol zu und mache sie sich Sorgen, dass sie in einem Streitfalle einmal die von ihrem Mann vererbten Waffen gegen sie richten könnten. Die Beamten begaben sich ins Wohnhaus des Berufungswerbers, trafen dort aber nur seinen Sohn R R und dessen Freundin an. In weiterer Folge wurde im Wohnhaus des Berufungswerbers und von R R eine freiwillig gestattete Nachschau geführt und stellten die Beamten die verfahrensgegenständliche Langwaffe der Marke VOERE im Kleiderschrank des Sohnes des Berufungswerbers sicher. Die Waffe sowie 13 Stück Patronen wurden vorläufig beschlagnahmt. Nach Erstattung der Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur erließ diese am 19.05.2003 eine Strafverfügung, indem sie dem Berufungswerber eine Übertretung des § 20 Abs 1 Waffengesetz, sowie eine des § 8 Abs 1 Z 2 Waffengesetz vorwarf und gleichzeitig die beschlagnahmte Waffe für verfallen erklärte. In dieser Strafverfügung legte die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur dem Berufungswerber zur Last, er habe eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geführt, obwohl er nicht im Besitze eines Waffenpasses gewesen sei. Gegen diese Strafverfügung erhob der Berufungswerber, mittlerweile rechtsfreundlich vertreten, Einspruch und leitete sodann die Behörde erster Instanz das Ermittlungsverfahren ein, in dem unter anderem der Sohn des Berufungswerbers einvernommen wurde. Nach Wahrung des Parteiengehörs erstattete der Rechtsvertreter des Berufungswerbers mehrere Äußerungen und wurde schlussendlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 22.10.2003 erlassen.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Punkt 1.) des angefochtenen Straferkenntnisses und zum Verfall

der vorläufig beschlagnahmten Waffe:

Unstrittig ist im gegenständlichen Verfahren, dass es sich bei der beschlagnahmten Waffe laut Auskunft eines Büchsenmachermeisters aus Bruck an der Mur um ein halbautomatisches Repetiergewehr der Kategorie B, Marke VOERE, Kufstein Austria Nr 305786, Kaliber 22 handelt.

Gemäß § 2 Waffengesetz 1996 sind Schusswaffen Waffen mit denen feste Körper (Geschosse) durch einen Lauf in eine bestimmbare Richtung verschossen werden können; diese Bestimmung unterscheidet verbotene Schusswaffen und Schusswaffen die Kriegsmaterial sind (Kategorie A), genehmigungspflichtige Schusswaffen (Kategorie B), meldepflichtige Schusswaffen (Kategorie C) und sonstige Schusswaffen (Kategorie D).

Im § 20 Waffengesetz 1996 ist geregelt, wann der Erwerb, der Besitz und das Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen zulässig ist. Zum Erwerb, Besitz und zum Führen dieser Waffen ist die Bewilligung durch die Ausstellung eines Waffenpasses zu erteilen, zum Erwerb und zum Besitz dieser Waffen ist die Bewilligung durch die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte von der Behörde zu erteilen.

Im vorliegenden Fall war der Berufungswerber weder Inhaber eines Waffenpasses, noch einer Waffenbesitzkarte, noch eines europäischen Feuerwaffenpasses.

Die Bestrafung des Berufungswerbers nach § 20 Abs 1 iVm § 51 Abs 2 Waffengesetz geht jedoch trotzdem fehl, da § 51 Abs 1 und 2 Waffengesetz klar und deutlich regelt, dass eine Verwaltungsübertretung nur dann vorliegt, wenn das Verhalten nicht nach § 50 Waffengesetz zu ahnden ist. Im konkreten Fall jedoch besaß oder führte der Berufungswerber unbefugt eine genehmigungspflichtige Schusswaffe. Diese Übertretung ist jedoch entsprechend der Bestimmung des § 50 Abs 1 Z 1 Waffengesetz eine gerichtlich strafbare Handlung und ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Der Berufungswerber beging demzufolge keine Verwaltungsübertretung, sondern eine gerichtlich strafbare Übertretung und ging daher die Verfolgung des Berufungswerbers durch die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz fehl. Vor diesem Hintergrund war auch die Verfallserklärung nach § 52 Abs 1 Waffengesetz ungerechtfertigt, da Voraussetzung für eine solche Verfallserklärung wiederum eine strafbare Handlung nach § 51 Waffengesetz ist. Zu Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses:

In diesem Punkt warf die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz dem Berufungswerber vor, er habe die gegenständliche Schusswaffe nicht ordnungsgemäß verwahrt und subsumierte dieses Verhalten unter die Bestimmung des § 8 Abs 1 Z 2 Waffengesetz. Auch diese Bestrafung ging fehl:

§ 8 Waffengesetz regelt bzw definiert den waffenpolizeilichen Begriff "verlässlich". Diese Bestimmung führt in demonstrativer Weise Umstände an, bei deren Vorliegen die waffenrechtliche Verlässlichkeit einer Person ohne weitere Prüfung als nicht gegeben anzusehen ist. Die Bestimmung führt weiters hiezu eine Anzahl aus waffenpolizeilicher Sicht besonders gravierender Delikte bzw Deliktsgruppen an, wobei der Verlust der Verlässlichkeit dann eintritt, wenn rechtskräftige Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Monaten oder öfter als zwei Mal zu geringeren Strafen vorliegen. In Abs 3 dieser Bestimmung wird festgelegt, dass bei Vorliegen bestimmter Verurteilungen oder Bestrafungen ein Mensch keinesfalls als verlässlich gilt. Die von der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz herangezogene Bestimmung des § 8 Abs 1 Z 2 Waffengesetz normiert (lediglich), dass ein Mensch verlässlich ist, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird. Die Folge einer nicht sorgfältigen Verwahrung einer Waffe (wie offenbar hier) ist der Verlust der Verlässlichkeit, was wiederum eine Entziehung der Waffenbesitzkarte oder des Waffenpasses nach sich zieht. Eine Bestrafung nach dieser Bestimmung erscheint jedoch nicht denkmöglich, ist doch die Bestimmung des § 8 Waffengesetz keine solche, die überhaupt übertreten werden kann. Diese Bestimmung regelt, wie bereits oben deutlich ausgeführt, die Erteilungsvoraussetzung für ein waffenrechtliches Dokument, nämlich die Verlässlichkeit bzw definiert sie, wann jemand diese verliert. Vor diesem Hintergrund war auch die Bestrafung in Punkt

2.) des angefochtenen Straferkenntnisses unzulässig.

Schlagworte
Waffe Schusswaffe Genehmigungspflicht Verwahrung Repetiergewehr Verlässlichkeit Verwaltungsübertretung Verfall
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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