TE UVS Tirol 2004/01/22 2003/K13/004-2

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Veröffentlicht am 22.01.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seine Kammer 13, bestehend aus dem Vorsitzenden Mag. Franz Schett, dem Berichterstatter Dr. Alexander Hohenhorst und dem weiteren Mitglied Dr. Christoph Lehne, über die Berufung des Herrn A. H., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 22.10.2003, Zahl WA-76-2003, betreffend eine Übertretung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insoferne Folge gegeben, also die Geldstrafe in Höhe von Euro 2.100,00 auf Euro 1.500,00, bei Uneinbringlichkeit 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.

 

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG mit Euro 150,00 neu festgesetzt.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 22.10.2003, Zahl WA-76-2003, wurde Herrn A. H., zur Last gelegt, er habe im Oktober 2001 bei der Wasserkraftanlage ?K.? in Gerlos auf Gst XY KG Gerlos die Wasserfassung ca. 80 m nach oben verlegt, sodass eine höhere Kraftwerksleistung zur Verfügung gestanden habe. Diese Änderung der zur Benutzung des Gewässers dienenden Anlage gemäß § 9 Abs 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959 idgF habe der Beschuldigte durchgeführt, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Bewilligung zu sein. Über diesen wurde daher gemäß § 137 Abs 2 Z 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959 idgF eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 2.100,00, Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage, verhängt.

 

Gegen das betreffende Straferkenntnis hat der Beschuldigte fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin ausgeführt, dass die Strafhöhe seiner Ansicht nach weit überhöht sei. Er verweise auf seinen Einkommenssteuerbescheid aus dem Jahr 2002, woraus sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von Euro 3.067,26 ergebe. Dieser Betrag setze sich aus seinen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft sowie aus Vermietung und Verpachtung zusammen. Er betreibe einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb. Im Rahmen seines bäuerlichen Betriebes vermiete er außerdem im Rahmen der Pauschalierung bis zu 10 Betten an Gäste. Die Einkommenssituation in der Landwirtschaft habe sich für die Talbetriebe in den letzten Jahren (seit EU-Beitritt) wesentlich verschlechtert. Der Viehpreis sei nahezu auf die Hälfte gesunken, der Milchpreis um 20 Prozent bis 30 Prozent zurückgegangen. Diese schlechte Einkommenslage spiegle sich im Einkommensbescheid wieder. In der Begründung des Straferkenntnisses werde angeführt, dass er nicht mehr unbescholten sei. Nach Erkundigung bei der Bezirkshauptmannschaft habe sich herausgestellt, dass dieser Vorwurf daher rühre, weil die Anhängerkupplung seines PKWs eine Ziffer des Nummernschildes verdeckt habe. Da dieses Vergehen in keinerlei Zusammenhang mit dem Straferkenntnis stehe und er bisher in jenem Bereich, den das Straferkenntnis umfasse, keinerlei Vergehen begangen habe, ersuche er um Herabsetzung der Strafe.

 

Im Zuge des Berufungsverfahrens hat der Berufungswerber über Aufforderung der Berufungsbehörde folgende ergänzende Angaben zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen gemacht:

1.

Nettoeinkommen monatlich: ATS 12.000,00

2.

Sorgepflichten (Angabe der unterhaltsberechtigten Personen): 0

3.

Vermögen: Grundbesitz: laut beigeschlossenen Grundbuchsauszug Spareinlagen ? Wertpapiere: keine

Fahrzeuge: Suzuki VITARA , 2 Steyr Traktoren

 4. Schulden: keine.

 

Aus den vom Berufungswerber vorgelegten Grundbuchsauszügen ergibt sich, dass dieser Eigentümer des geschlossenen Hofes mit der Einlagezahl XY GB Schlitters sowie der Liegenschaft mit der Einlagezahl XY GB Gerlos ist. Zum geschlossenen Hof gehören Grundflächen im Gesamtausmaß von 284.437 Quadratmeter. Die in der EZ XY GB Gerlos vorgetragenen Grundstücke habe ein Flächenausmaß von

835.318 Quadratmeter.

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

 

Seitens der Berufungsbehörde war zunächst zu beurteilen, ob sich die vorliegende Berufung gegen das Straferkenntnis insgesamt richtet, also der Schuldspruch und der Strafausspruch angefochten werden, oder aber nur die Strafhöhe bekämpft wird.

 

In diesem Zusammenhang ist nun zu berücksichtigen, dass die Berufung eine Prozesshandlung darstellt und für ihre Auslegung daher der objektive Erklärungswert maßgeblich ist. Das heißt, es kommt lediglich auf die Erklärung des Willens und nicht auf den wahren Willen an (VwGH vom 30.9.1981, Zahl 81/03/0077 ua)

Die vorliegende Berufung ist nun nach Ansicht der Berufungsbehörde entsprechend ihrem objektiven Erklärungswert eindeutig als Berufung gegen die Strafhöhe zu werten. Die Richtigkeit des Schuldspruches wird vom Berufungswerber nämlich nicht in Zweifel gezogen. In der Berufungsbegründung werden vielmehr ausschließlich Umstände vorgebracht, durch die die Angemessenheit der verhängten Geldstrafe widerlegt werden soll. Auch im Berufungsantrag hat der Berufungswerber lediglich eine Strafherabsetzung begehrt.

 

Damit ist der Schuldspruch nach Ansicht der Berufungsbehörde in Rechtskraft erwachsen (vgl VwGH vom 16.9.1971, Zahl 1268 ua). Seitens der Berufungsbehörde war daher nur mehr die Angemessenheit der verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe zu prüfen.

 

Dabei waren folgende Bestimmungen beachtlich:

 

?1. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 117/2002:

 

§ 1

 

(2) Die Strafe richtet sich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

 

§ 19

 

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

2. Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl Nr 215/1959, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I Nr 156/2002:

 

§ 137

 

(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist, sofern die Tat nicht nach Abs 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 14 530 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 4 Wochen, zu bestrafen, wer 1. ohne gemäß § 9 Abs 1 oder 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen Tagwässer benutzt oder der Benutzung dienende Anlagen errichtet, ändert oder betreibt;

 

Bei Beurteilung der Frage, welche Rechtslage für die Strafbemessung maßgeblich ist, war zunächst zu berücksichtigen, dass der vom Berufungswerber verwirklichte Tatbestand mit der Beendigung der Bauführung abgeschlossen ist, wobei in § 137 Abs 7 WRG 1959 jedoch eine Sonderregelung dahingehend vorgesehen ist, dass die Verjährung erst mit der Beseitigung des konsenslosen Zustandes beginnt. Aufgrund der rechtskräftig festgestellten Tatzeit, nämlich Oktober 2001, wäre demnach an sich das Wasserrechtsgesetz 1959 idF BGBl I Nr 109/2001 maßgeblich. Anderes gilt nach § 1 Abs 2 VStG allerdings dann, wenn das zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz geltende Recht, das ist im konkreten Fall das WRG 1959 idF BGBl I Nr 156/2002, für den Täter günstiger ist. Bei einem Vergleich der Strafbestimmung des § 137 Abs 1 Z 2 WRG 1959 in den beiden vorzitierten Fassungen des Gesetzes zeigt sich nun, dass sich diese nur hinsichtlich des Strafbetrages unterscheiden. Während die zum Tatzeitpunkt geltende Strafbestimmung eine Höchststrafe von ATS 500.000,00 vorgesehen hat, enthält des WRG 1959 in der zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses geltenden Fassung einen Strafbetrag von Euro 14.530,00. Bei Heranziehung des in Art 1 der Verordnung (EG) Nr 2866/98 niedergelegten Umrechnungskurses (1 Euro sind 13,7603 österreichische Schilling) entspricht die Geldstrafe von ATS 200.000,00 einem Betrag von Euro 1.454,56 und ist damit geringfügig höher als die im WRG 1959 idF BGBl I Nr 156/2002 vorgesehene Höchststrafe. Damit stellt aber die zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz geltende Rechtslage die für den Beschuldigten günstigere dar und war daher bei Verhängung der Strafe von dieser auszugehen.

 

Was nun die Strafbemessung anlangt, ist vorerst festzuhalten, dass der Unrechtsgehalt der dem Berufungswerber angelasteten Verwaltungsübertretung durchaus erheblich ist. Durch die Anordnung einer Bewilligungspflicht für die Errichtung bzw Änderung von Wasserbenutzungsanlagen will der Gesetzgeber zum Schutz öffentlicher Interessen sicherstellen, dass nur solche Maßnahmen durchgeführt werden, deren Auswirkungen auf die wasserrechtlichen Schutzinteressen in einem Behördenverfahren unter Beiziehung der erforderlichen Sachverständigen als vertretbar eingestuft werden. Indem der Berufungswerber laut rechtskräftigem Tatvorwurf die Wasserfassung ca 80 m nach oben verlegt und damit die Entnahmestrecke verlängert hat, wurde diesem Schutzziel in durchaus relevanter Weise zuwidergehandelt.

Das Verschulden ist nach Ansicht der Berufungsbehörde beträchtlich. Dass die Situierung der Wasserfassung einen wesentlichen Projektsbestandteil eines Kraftwerkes bildet, ist allgemein bekannt. Es versteht sich zudem von selbst, dass die Verlängerung der Entnahmestrecke und die damit verbundene Reduktion der Abflussmenge im betreffenden Gewässerabschnitt insbesondere mit Auswirkungen auf die ökologische Funktionsfähigkeit des Gewässers verbunden sein kann. Dem Berufungswerber musste daher jedenfalls bekannt sein, dass die Verlegung der Wasserfassung nach oben einer vorherigen Beurteilung und Genehmigung durch die Wasserrechtsbehörde bedarf. Auch mit dem Hinweis, er habe vom Kraftwerksplaner eine gegenteilige Auskunft erhalten, ist für den Berufungswerber nichts zu gewinnen. Bei Anlegung der gebotenen Sorgfalt wäre er schon wegen der unverkennbar gegebenen potentiellen Betroffenheit wasserrechtlicher Schutzinteressen bei Durchführung dieser Maßnahme jedenfalls dazu angehalten gewesen, weitere Erkundigungen bei der zuständigen Wasserrechtsbehörde einzuholen. Er konnte sich also nicht ohne Weiteres auf eine Auskunft des Projektanten verlassen. Durch eine solche Rückfrage bei der zuständigen Behörde wäre der geltend gemachte Rechtsirrtum aber wegen der Offenkundigkeit der Genehmigungspflicht auf einfache Weise vermeidbar gewesen. Milderungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Bezüglich allfälliger Erschwerungsgründe war dem Berufungswerber darin Recht zu geben, dass die durch die Erstinstanz angezogene Strafvormerkung nicht zum Tragen kommen kann, weil der erwähnte Verstoß gegen kraftfahrrechtliche Vorschriften eindeutig nicht auf der gleichen schädlichen Neigung beruht wie die verfahrensgegenständliche Übertretung und zudem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Heranziehung des § 33 Z 1 StGB ausscheidet, sofern das Kumulationsprinzip (§ 22 VStG) gilt (VwGH vom 15.5.1979, Zahl 113-78 uva). Allerdings war, was die Erstinstanz laut Bescheidbegründung ihrerseits nicht berücksichtigt hat, erschwerend zu werten, dass der gesetzeswidrige Zustand durch längere Zeit (ca zwei Jahre) angedauert hat.

Bezüglich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse haben die ergänzenden Erhebungen erbracht, dass der Berufungswerber entgegen der Annahme der Erstinstanz nur ein geringes Einkommen von ca. Euro 872,00 (ca ATS 12.000) monatlich bezieht. Allerdings verfügt dieser über beträchtlichen Liegenschaftsbesitz. Die in EZ XY GB Schlitters bzw EZ XY GB Gerlos vorgetragenen Grundstücke stellen unzweifelhaft einen beträchtlichen Vermögenswert dar. Wie sich aus § 19 Abs 2 VStG ergibt, war dieses Vermögen bei der Strafbemessung ebenfalls zu berücksichtigen und nicht ? was der Berufungswerber offenbar vermeint ? allein auf das Einkommen abzustellen.

 

In einer Zusammenschau all dieser Strafzumessungskriterien ist die Berufungsbehörde zur Ansicht gelangt, dass im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers trotz des erheblichen Unrechtsgehaltes und Verschuldens dennoch mit einer Geldstrafe von Euro 1.500,00 das Auslangen gefunden werden kann. Folgerichtig war auch die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabzusetzen und hatte eine Neubemessung der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu erfolgen. Eine weitere Strafminderung ist hingegen ausgeschieden, da der gesetzliche Strafrahmen aufgrund der Neubemessung ohnedies nur mehr zu ca 10 Prozent ausgeschöpft worden ist, die Strafe sich sohin im unteren Bereich desselben bewegt und der Berufungswerber ? wie erwähnt ? zudem erhebliche Vermögenswerte besitzt. Auch aus spezial- und generalpräventiven Erwägungen war eine Strafe in der nunmehr festgelegten Höhe jedenfalls geboten, um einerseits den Berufungswerber künftig von derartigen Übertretungen gegen wasserrechtliche Schutzbestimmungen (so etwa beim künftigen Betrieb des Kraftwerkes) abzuhalten und auch anderen Personen das besondere Gewicht dieser wasserrechtlichen Schutznormen aufzuzeigen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Rechtslage, Strafbemessung, Beendigung, Bauführung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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