Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Albin Larcher über die Berufung des Herrn G. F., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Christian P., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 23.10.2003, Zl Vc-3936575, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Entzugszeit mit 4 Monaten festgesetzt wird und weiters von der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung (samt einer verkehrspsychologischen Stellungnahme) vor Ablauf der Entzugszeit abgesehen wird.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dem Beschuldigten seine Lenkberechtigung für die Klasse B für einen Zeitraum von 6 Monaten entzogen. Weiters wurde ihm das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung verboten sowie das Recht von einer allfällig erteilten ausländischen Lenkberechtigung auf die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt. Als begleitende Maßnahme wurde die Teilnahme an einem Lenkerverhaltenstraining sowie die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung (samt einer verkehrspsychologischen Stellungnahme) vor Ablauf der Entzugszeit angeordnet.
Begründet wurde dies damit, dass der Beschuldigte am 16.03.2003 um 05.55 Uhr in Nesselwängle auf der B 199 bei km 7,2 das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen XY in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe und dabei einen Verkehrsunfall verschuldet habe. Nach diesem Verkehrsunfall habe er die Unfallstelle, ohne seinen Verpflichtungen nach § 4 StVO bzw § 99 Abs 2 lit e iVm § 31 StVO nachgekommen zu sein, verlassen. Erst um 10.51 Uhr desselben Tages konnte bei der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt bei ihm ein Wert in der Höhe von 0,73 mg/l festgestellt werden. Aufgrund eines Gutachtens des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Reutte sei zum Unfallszeitpunkt von einer Alkoholisierung im Ausmaß von 1,99 Promille auszugehen.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass die Berechnung der Alkoholisierung falsch sei und der Beschuldigte nicht in einem derartigen Maß alkoholisiert gewesen sei. Im Übrigen sei die Entzugsdauer von 6 Monaten zu lang berechnet, zumal der Beschuldigte bis zu diesem Zeitpunkt absolut unbescholten gewesen sei.
Aufgrund dieses Berufungsvorbringens fanden zwei öffentliche mündliche Verhandlungen statt. Weiters wurde ein ergänzendes gerichtsmedizinisches Gutachten im Wege über die Landessanitätsdirektion eingeholt.
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol folgender Sachverhalt:
Der Beschuldigte lenkte am 16.03.2003 gegen 05.55 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen XY. Im Ortsgebiet von Nesselwängle auf der Tannheimer Bundesstraße B 199, bei Strkm 7,200, überfuhr er aus Richtung Weißenbach kommend die in der Fahrbahnmitte befindliche Verkehrsinsel und beschädigte diese dadurch. Nach diesem Verkehrsunfall hielt der Beschuldigte an und vergewisserte sich über den von ihm verursachten Schaden. Hierbei sprach er noch mit einem entgegenkommenden Zeugen und versicherte diesem, dass er den Sachschaden sofort melden würde. In weiterer Folge fuhr der Beschuldigte, ohne eine Meldung zu erstatten, nach Hause. In den Vormittagsstunden des darauf folgenden Tages verständigte jener Zeuge, mit dem sich der Beschuldigte an der Unfallstelle noch unterhalten hatte, den Gendarmerieposten Grän. Diesem gelang es den Beschuldigten auszuforschen und suchten zwei Beamte des Gendarmerieposten Grän den Beschuldigten gegen 10.00 Uhr bei sich zu Hause auf. Nach einer ersten Befragung gab der Beschuldigte bereits zum damaligen Zeitpunkt an, dass er nach dem gegenständlichen Unfall noch drei Bier konsumiert habe. Aufgrund dieser Angaben führten die Beamten mit dem Beschuldigten mehrere Alkomattests durch. Der erste Alkomattest am 16.03.2003 um 10.51 Uhr erbrachte ein Ergebnis von 0,73 mg/l.
Aufgrund des teilweise widersprüchlichen Gutachtens des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Reutte wurde ein ergänzendes Gutachten über die Landessanitätsdirektion eingeholt. Zusammengefasst ergibt sich aufgrund dieses Gutachtens, dass die Verantwortung des G. F., nach dem Unfall einen Nachtrunk in Form von drei Flaschen Bier getätigt zu haben, anhand der Alkomatmessergebnisse nicht zu widerlegen ist. Ausgehend von den maßgeblichen Alkomatmesswerten errechnet sich die Blutalkoholkonzentration zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls mit 2,3 Promille. Unter Berücksichtigung des Nachtrunkes ergibt sich ein Ergebnis von zumindest 1,38 Promille. Von einer absoluten alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit des Berufungswerbers zum Unfallszeitpunkt ist jedenfalls auszugehen. Das eingenommene Medikament Gladem hatte weder einen Einfluss auf die Blutalkoholkonzentration und Alkoholwirkung, noch einen relevanten Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit, noch grundsätzlich einen Einfluss auf die Fahrtauglichkeit.
Gemäß § 7 Abs 1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs 3) und ihrer Wertung (Abs 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.
§ 7 Abs 2 FSG normiert, dass wenn es sich bei den in Abs 3 angeführten Tatbeständen um Verkehrsverstöße oder strafbare Handlungen handelt, die im Ausland begangen und bestraft wurden, so sind diese nach Maßgabe der inländischen Rechtsvorschriften zu beurteilen.
Gemäß § 7 Abs 3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:
1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl Nr 566/1991, zu beurteilen ist;
2. beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand auch einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht hat und diese Tat daher auf Grund des § 99 Abs 6 lit c StVO 1960 nicht als Verwaltungsübertretung zu ahnden ist;
3. als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, dass an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen;
4. die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde;
5. ein Kraftfahrzeug lenkt, dessen technischer Zustand und weitere Verwendung eine Gefährdung der Verkehrssicherheit (§ 58 Abs 1 KFG 1967) darstellt, sofern die technischen Mängel dem Lenker vor Fahrtantritt auffallen hätten müssen;
6. es unterlassen hat, nach einem durch das Lenken eines Kraftfahrzeuges selbst verursachten Verkehrsunfall, bei dem eine Person verletzt wurde, sofort anzuhalten oder erforderliche Hilfe zu leisten oder herbeizuholen;
7. ein Kraftfahrzeug lenkt
a) trotz entzogener Lenkberechtigung oder bestehenden Lenkverbotes oder trotz vorläufig abgenommenen Führerscheines oder
b) wiederholt ohne entsprechende Lenkberechtigung für die betreffende Klasse;
8. wiederholt in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand eine strafbare Handlung begangen hat (§ 287 StGB und § 83 SPG), unbeschadet der Z 1;
9. eine strafbare Handlung gegen die Sittlichkeit gemäß den §§ 201 bis 207 oder 217 StGB begangen hat;
10. eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat;
11. eine strafbare Handlung gemäß den §§ 102 (erpresserische Entführung), 131 (räuberischer Diebstahl), 142 und 143 (Raub und schwerer Raub) StGB begangen hat;
12. eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs 2 bis 5 oder 31 Abs 2 Suchtmittelgesetz - SMG, BGBl I Nr. 112/1997, begangen hat;
13. die Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen als Lenker eines Kraftfahrzeuges nicht eingehalten hat;
14. sonstige vorgeschriebene Auflagen als Lenker eines Kraftfahrzeuges wiederholt nicht eingehalten hat;
15. wiederholt eine strafbare Handlung gemäß § 14 Abs 8 innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten begangen hat;
Nach § 7 Abs 4 FSG sind für die Wertung der in Abs 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Gemäß § 24 Abs 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1.
die Lenkberechtigung zu entziehen oder
2.
die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs 2 in den Führerschein einzutragen.
Gemäß § 24 Abs 2 FSG kann die Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung auch nur hinsichtlich bestimmter Klassen ausgesprochen werden, wenn der Grund für die Entziehung oder Einschränkung nur mit der Eigenart des Lenkens dieser bestimmten Klasse zusammenhängt. Die Entziehung bestimmter Klassen ist, wenn zumindest noch eine weitere Lenkberechtigung aufrecht bleibt, in den Führerschein einzutragen. Eine Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung für die Klassen C (C1) und D nach sich, eine Entziehung einer der Klassen C (C1) oder D zieht die Entziehung der jeweils anderen Klasse nach sich.
Gemäß § 24 Abs 3 FSG kann bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs 3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 oder 1a StVO 1960 erfolgt. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen.
§ 26 Abs 1 FSG normiert, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1b StVO 1960 begangen wird, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs 3 Z 1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen. Wenn jedoch
1. auch eine der in § 7 Abs 3 Z 3 bis 7 genannten Übertretungen vorliegt, oder
2. der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat, oder
3. der Alkoholgehalt des Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille), oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l, beträgt, so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.
§ 26 Abs 2 FSG normiert, dass wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1 StVO 1960 begangen wird, so ist die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.
Gemäß § 26 Abs 8 FSG gilt eine Übertretung gemäß Abs 1 und 2 als erstmalig, wenn eine vorher begangene Übertretung der gleichen Art zum Zeitpunkt der Begehung der neuerlichen Übertretung getilgt ist.
Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes ergibt sich, dass der Beschuldigte für seine Übertretung mit einem Führerscheinentzug in der Dauer von zumindest 3 Monaten zu belegen war. Aufgrund des gleichzeitig begangenen Fahrerfluchtdeliktes erscheint eine Anwendung der Mindestentzugsdauer nicht sachgerecht.
Hinsichtlich des beizubringenden amtsärztlichen Gutachtens ist darauf hinzuweisen, dass dies bei einer derartigen Alkoholisierung ? wie sie dem Berufungswerber vorgeworfen wird ? nicht zwingend vorgesehen ist. Aufgrund des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung erschien es dem Unabhängigen Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall auch nicht notwendig, diese Maßnahme weiters aufrechtzuerhalten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.