TE UVS Steiermark 2004/02/23 413.7-1/2003

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Veröffentlicht am 23.02.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Michael Herrmann, Dr. Erik Hanel und Dr. Helmut Pollak über die Berufung des Dr. P R, wohnhaft in L gegen den Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 11.08.2003, GZ.: FA13B-38-88/98-13, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit den §§ 34 Abs 1 Z 2 und 36 Abs 1 Z 2 Führerscheingesetz (FSG) wird der Berufung Folge gegeben und der Berufungswerber gemäß § 22 Abs 6 letzter Satz FSG-GV als sachverständiger Arzt für die politischen Bezirke L und G U auf die Dauer von fünf Jahren, gerechnet ab 20.08.2003, Zustellung des Bescheides der Behörde erster Instanz, bestellt.

Text

Der Berufungswerber, er ist Arzt für Allgemeinmedizin, beantragte mit formularmäßigem Schreiben vom 21.10.2002 die Wiederbestellung zum sachverständigen Arzt gemäß § 34 FSG für die Berufssitze in W sowie Z, Firma W. Dem Ansuchen war in Fotokopie eine Teilnahmebestätigung der Ärztekammer für die Steiermark angeschlossen, der zu Folge Dr. R seiner Fortbildungsverpflichtung gemäß § 22 Abs 3 der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung nachgekommen ist.

Auf Grund dieses Antrages leitete die Behörde erster Instanz das Ermittlungsverfahren ein, in dem die Ärztekammer für die Steiermark befragt wurde, ob der Berufungswerber noch in der Ärzteliste eingetragen wäre und ob er über zwei Ordinationen mit dem Sitz in W und in Z verfüge. Diesem Auskunftsersuchen kam die Ärztekammer (nach einiger Zeit) insofern nach, als sie mitteilte, dass Dr. R nach wie vor in die Ärzteliste der Österreichischen Ärztekammer eingetragen ist, er aber lediglich mit dem Berufssitz in W gemeldet sei, ein zweiter Berufssitz mit der Adresse Z scheine in der Liste der Ärztekammer nicht auf. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber im Spruch dieses Bescheides die Bestellung als sachverständiger Arzt erteilt. Gleichzeitig wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, dass die Begutachtung der gesundheitlichen Eignung von Bewerbern um eine Lenkberechtigung ausschließlich am Berufssitz in W durchgeführt werden dürfe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Berufung des Dr. R, in der er zusammenfassend ausführt, dass der angefochtene Bescheid nicht zur Gänze seinem Antrag entspreche. Der bescheidausstellende Beamte stünde auf einer irrigen Rechtsauffassung und wolle im Nachhinein vermutlich aus persönlichen Gründen eine vor einiger Zeit gesetzte Entscheidung zu seinem Nachteil ohne entsprechende Rechtsgrundlage legalisieren.

Er verweigere auch die Bezahlung der ihm vorgeschriebenen Gebühr, da über seinen Antrag nicht vollständig beschieden worden wäre. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 36 Abs 1 Z 2 zweiter Satz FSG haben die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über die gegen Bescheide des Landeshauptmannes eingebrachten Berufung zu entscheiden. Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen.

Vorweg ist Folgendes festzustellen:

Der Antrag des Dr. R vom 21.10.2002 war klar und deutlich darauf gerichtet, für zwei Berufssitze, nämlich in W und in Z, als sachverständiger Arzt im Sinne des § 34 FSG (wieder) bestellt zu werden. Die Behörde erster Instanz war daher verpflichtet, über beide beantragte Berufssitze bescheidmäßig abzusprechen. Aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides war auf dem ersten Blick nicht klar zu erkennen, ob tatsächlich über beide Berufssitze eine behördliche Entscheidung gefällt wurde. Erst im Kontext mit der Begründung lässt sich daraus schließen, dass die Behörde erster Instanz dem Antrag bezüglich des Berufssitzes in W stattgab, den Antrag bezüglich des Berufssitzes in Z jedoch abwies, was sich aus der Formulierung in der Begründung Die Begutachtung der gesundheitlichen Eignung von Bewerbern um eine Lenkberechtigung darf ausschließlich am Berufssitz in W durchgeführt werden klar und deutlich entnehmen lässt. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 34 Abs 1 Z 2 Führerscheingesetz hat der Landeshauptmann zur Begutachtung der gesundheitlichen Eignung von Bewerbern um eine Lenkberechtigung sachverständige Ärzte für Allgemeinmedizin zu bestellen. Die Sachverständigen sind auf die Dauer von höchstens fünf Jahren zu bestellen, müssen für diese Begutachtung besonders geeignet sein und unterliegen den Bestimmungen des § 128 KFG über Sachverständige.

Gemäß § 22 Abs 1 Führerschein-Gesundheitsverordnung, BGBl II Nr 322/1997 idF BGBl II Nr 138/1998, sind Ärzte für Allgemeinmedizin, die Besitzer einer gültigen Lenkberechtigung der Klasse B sind, die Physikatsprüfung abgelegt haben und in die Ärzteliste als Ärzte für Allgemeinmedizin eingetragen sind, als sachverständige Ärzte gemäß § 34 FSG zu bestellen.

Gemäß Abs 6 dieser Bestimmung hat der Arzt in seinem Antrag

1. den oder die Berufssitze zu benennen, an denen er gemäß § 19 Ärztegesetz als sachverständiger Arzt tätig werden will oder

2. seinen Wohnsitz zu benennen, an dem er gemäß § 20a Ärztegesetz als sachverständiger Arzt tätig werden will.

Die Bestellung als sachverständiger Arzt für Allgemeinmedizin kann für bis zu drei Behörden erfolgen, wenn der unter Ziffer 1 oder 2 angegebene Sitz geographisch im Einzugsbereich dieser Behörden liegt.

Dr. R teilte der Behörde erster Instanz im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung mit, dass er an zwei Berufssitzen, nämlich in W und in Z als sachverständiger Arzt tätig werden wolle.

§ 45 Ärztegesetz 1998 definiert den Begriff Berufssitz wie folgt:

(1) Jeder Arzt, mit Ausnahme der Ärzte gemäß den §§ 32, 33, 34 letzter Satz und 35, hat nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes das Recht, seinen Beruf im ganzen Bundesgebiet auszuüben.

(2) Der Arzt für Allgemeinmedizin, approbierte Arzt, Facharzt, oder Zahnarzt, der seinen Beruf als freien Beruf auszuüben beabsichtigt, hat anlässlich der Anmeldung bei der Österreichischen Ärztekammer (§ 27) frei seinen Berufssitz oder seine Berufssitze (Abs 3) im Bundesgebiet zu bestimmen. Berufssitz ist der Ort, an dem sich die Ordinationsstätte befindet, in der und von der aus der Arzt für Allgemeinmedizin, approbierte Arzt, Facharzt oder Zahnarzt seine freiberufliche Tätigkeit ausübt. (3)

Der Arzt für Allgemeinmedizin, approbierte Arzt, Facharzt oder Zahnarzt darf nur zwei Berufssitze im Bundesgebiet haben. Die Tätigkeit im Rahmen von ärztlichen Nacht-, Wochenend- oder Feiertagsdiensten, in einer Einrichtung der Jugendwohlfahrt oder der Mutterschafts- und Säuglingsfürsorge im Sinne des Jugendwohlfahrtsgesetzes 1989 (JWG), BGBl Nr 161, als Arbeitsmediziner im Sinne des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, in einer nach den Bestimmungen des Familienberatungsförderungsgesetzes, BGBl Nr 80/1974, geförderten Beratungsstelle oder in vergleichbaren Einrichtungen, insbesondere in im Interesse der Volksgesundheit gelegenen Einrichtungen, wird davon nicht berührt. (4) Die freiberufliche Ausübung des ärztlichen Berufes ohne bestimmten Berufssitz (Wanderpraxis) ist verboten. Auf Grund dieser Bestimmung im Zusammenhalt mit § 22 Abs 6 Z 1 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung besteht für die Berufungsbehörde kein Zweifel, dass der Berufungswerber lediglich über einen Berufssitz, nämlich denjenigen in W verfügt. Die Tätigkeit des Berufungswerbers als Betriebsarzt in Z kann folgerichtig keinen weiteren Berufssitz begründen, so lange der Berufungswerber nicht im Sinne des § 45 Ärztegesetz 1998 einen weiteren Berufssitz der Ärztekammer gemeldet hat. Der Berufung war aber trotzdem aus folgenden Gründen stattzugeben: Der letzte Satz des § 22 Abs 6 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung ermöglicht die Bestellung als sachverständiger Arzt für Allgemeinmedizin für bis zu drei Behörden, wenn der Berufssitz oder der Wohnsitz des Antragstellers geographisch im Einzugsbereich dieser Behörden liegt. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine sogenannte Kann-Bestimmung, dh, der Behörde ist ein Ermessen eingeräumt. Nach Artikel 130 Abs 2 B-VG liegt Ermessen vor, wenn die Gesetzgebung von einer bindenden Regelung des Verhaltens der Verwaltungsbehörde absieht und die Bestimmung dieses Verhaltens der Behörde selbst überlässt. Ermessen im Sinne dieser Bestimmung manifestiert sich häufig in der Form von kann Bestimmungen. Wenn die Behörde zu einem bestimmten Verhalten bloß ermächtigt wird, so kommt das meist dadurch zum Ausdruck, dass sie etwas kann oder darf. Daraus wird geschlossen, dass die Behörde - bei Vorliegen der übrigen vom Gesetz geforderten Umstände - ein bestimmtes Verhalten setzen kann, aber nicht muss. Demgegenüber bedeuten Wendungen, wie die Behörde muss oder die Behörde hat zu in aller Regel Gebundenheit (vgl hiezu Antoniolli - Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, Seite 235 ff). Die äußere sprachliche Formulierung ist allerdings nur ein Indiz. Bisweilen will der Gesetzgeber durch die Verwendung des Wortes kann der Behörde eine Kompetenz einräumen, wobei eine nähere Interpretation durchaus zu Tage fördern kann, dass damit keine Freiheit eingeräumt werden soll, weil das Behördenverhalten sehr eingehend geregelt ist. Vielfach kann das Wort können verschiedene Bedeutungen haben - wie etwa vermögen, dürfen, sollen, aber auch müssen. Im vorliegenden Fall steht die Berufungsbehörde auf dem Standpunkt, dass es sich hiebei um eine sogenanntes gebundenes Ermessen der Behörde, die die Bestellung als sachverständiger Arzt ausspricht, handelt. Die Behörde hat, soferne dies der sachverständige Arzt beantragt, ihn für bis zu drei Behörden zu bestellen, wenn sein Sitz geographisch im Einzugsbereich dieser Behörden liegt. Dies ergibt sich schon allein aus der konditionalen Verknüpfung die dieser Bestimmung inne wohnt (wenn - dann). Es besteht daher kein Zweifel, dass bei Vorliegen der in dieser Bestimmung verlangten Voraussetzung des geographischen Einzugsbereiches der sachverständige Arzt für bis zu drei Behörden zu bestellen ist. Im vorliegenden Fall betreibt der Berufungswerber Dr. R seine Ordination am Standort W. Die Entfernung des Berufssitzes des Berufungswerbers von der Bezirksgrenze zum politischen Bezirk G U beträgt ca sechs Kilometer und besteht daher kein Zweifel, dass dieser Berufssitz geographisch im Einzugsbereich der Bezirkshauptmannschaft G U liegt. Allein aus der geringen Entfernung zur Bezirksgrenze lässt sich zwar noch nicht feststellen, ob tatsächlich der Berufssitz des sachverständigen Arztes im Einzugsbereich einer bestimmten Behörde liegt, könnten doch geographische Hindernisse, wie beispielsweise Gebirgszüge (vgl hiezu auch die Bezirksgrenzen zwischen den politischen Bezirken K bzw J und V) das Vorliegen eines Einzugsbereiches unmöglich machen. Davon kann aber im gegenständlichen Fall keine Rede sein. Gerade die Bezirke L und G U sind einerseits durch ein engmaschiges Straßennetz miteinander verbunden, andererseits pendeln zahlreiche Bewohner des Bezirkes L zu den Arbeitsstätten im Süden von G und kann kein Zweifel bestehen, dass der Berufssitz des Berufungswerbers R in W im geographischen Einzugsbereich beider Behörden, nämlich der Bezirkshauptmannschaft L und der Bezirkshauptmannschaft G U, liegt. Unter diesem Gesichtspunkt war daher der Berufungswerber antragsgemäß als sachverständiger Arzt für Allgemeinmedizin im Sinne des § 22 Abs 6 letzter Satz Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung für die Bezirkshauptmannschaften L und G U zu bestellen.

Schlagworte
Sachverständiger Bestellung Allgemeinmedizin geographischer Einzugsbereich
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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