TE UVS Steiermark 2004/03/15 20.3-4/2004

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Veröffentlicht am 15.03.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Beschwerde des I R, B, vertreten durch Dr. M H, Rechtsanwalt in B, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, wie folgt entschieden:

Der Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark möge "die am 17.1.2004 in der Pizzeria S M, B, erfolgte Kontrolle durch die Zollwache Leoben samt Verhaftung des F S und Verbringung auf den Gendarmerieposten Bruck/Mur für rechtswidrig erklären" wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 67a Abs 1 Z 2, 67c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG).

Text

I.1. In der Beschwerde vom 26. Jänner 2004 wird Nachfolgendes vorgebracht:

Beamte der belangten Behörde, also der Zollwache Leoben, in Wahrnehmung fremdenpolizeilicher Agenden haben am Samstag, den 17.1.2004, das Lokal des Ersteinschreiters, die Pizzeria S M, etabliert in Bruck, zur Mittagszeit aufgesucht, um eine fremdenpolizeiliche Kontrolle durchzuführen, allenfalls auch um Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz zu überprüfen. Im Zuge dessen wurde auch der Zweiteinschreiter kontrolliert. Der Zweiteinschreiter hat unverzüglich den in Kopie angeschlossenen Führerschein, ausgestellt von der BH Bruck/Mur am 1.10.2003, GZ: 11.2 1657/2003, vorgewiesen, den in Kopie angeschlossenen Meldezettel der Stadtgemeinde Kapfenberg vom 2.10.2002, wonach er seit dem genannten Datum mit Hauptwohnsitz aufrecht in K gemeldet ist, seine Sozialversicherungskarte zur Sozialversicherungsnummer 4, sowie den aktuellen letzten Lohnzettel vom Dezember 2003, welcher ebenfalls in Vorlage gebracht wird, über den kollektivvertraglichen Lohn in Höhe von brutto ? .Seitens der einschreitenden Beamten wurden diese Legitimationen für nicht ausreichend bezeichnet, es wurde um ein Zuwarten von 10 Minuten gebeten, damit der Reisepaß samt Sichtvermerk aus der Wohnung geholt werden könne. Seitens der einschreitenden Beamten wurde hiezu lediglich mitgeteilt, daß entweder sofort alle Unterlagen vorgewiesen werden müssen, ansonsten werden Verhaftungen samt Schubhaft ausgesprochen.

Dies erfolgte während des größten Gästeansturmes im Lokal in der Mittagszeit vom Samstag, den 17.1.2004, die Kontrolle wurde in lautstarker Art und Weise geführt, sodaß ähnlich der Anstandsverletzung im Sinne des § 1 Landesgesetzblatt übrige Gäste des Lokals unangenehm hievon berührt wurden.

In weiterer Folge wurden zwei Beamte des Gendarmeriepostens Bruck/ Mur vorbeigeschickt, um den Zweiteinschreiter wiederum coram publico im Lokal zu verhaften.

12 Minuten später wurde der Zweiteinschreiter wiederum freigelassen, dies nach Überprüfung seines Reisepasses, der inzwischen von einem Arbeitskollegen aus der Wohnung geholt worden war.

Die Vorgangsweise der kontrollierenden Beamten stellt nicht nur eine gänzliche Überschreitung der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt dar, die konkrete Vorgangsweise ist anstandsverletzend gewesen und auch durch den behördlichen Auftrag nicht legitimierbar. Ein lautstarkes Fordern von Papieren, wo umfangreiche Dokumente vorgewiesen werden konnten, sowie das apodiktische Ablehnen des kurzfristigen Zuwartens, um den Reisepaß zu holen, stellt eine schikanöse Vorgangsweise dar.

Auch die Durchführung der gegenständlichen Kontrolle in der Mittagszeit zum Zeitpunkt des größten Gästeansturms in Verbindung mit der lautstarken Vorgangsweise stellt, abgesehen von der Überschreitung der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt, eine absolute Kreditschädigung im Sinne des § 1330 ABGB dar, da ein von Ausländern geführtes italienisches Lokal bei einem derartigen razziaartigen Vorgehen bei Gästen den Eindruck vermittelt, daß betreibermäßig Gesetzwidrigkeiten vorliegen könnten. Für eine derartige Vorgangsweise liegen überhaupt keine Indizien vor, das Lokal besteht seit Jahren in Bruck/Mur und ist bestens eingeführt. Auch gegenüber dem Zweiteinschreiter liegt eine schikanöse Vorgangsweise vor, da dieser sich gehörig mit einer Sozialversicherungskarte, einem amtlichen Lichtbildausweis, nämlich einem österreichischen Führerschein, ausgestellt von der BH Bruck/Mur, ausgewiesen hat, seinen aufrechten Wohnsitz durch Meldezettel bescheinigen konnte, und einen aktuellen Lohnzettel vorweisen konnte, sodaß weder Indizien für Schwarzarbeit noch für rechtswidrige Ausländerbeschäftigung noch für illegalen Aufenthalt im Inland vorgelegen haben. Das Bestehen auf den Vorweis des Reisepasses samt Sichtvermerk ist ausschließlich schikanös und ohne gesetzliche Deckung erfolgt.

Es wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde Folge zu geben und die am 17.1.2004 in der Pizzeria S M, B, erfolgte Kontrolle durch die Zollwache Leoben samt Verhaftung des Zweiteinschreiters (F S) und Verbringung auf den Gendarmerieposten Bruck/Mur für rechtswidrig erklären sowie den Beschwerdeführern gemäß § 79a AVG den Ersatz der Kosten zuzusprechen.

II. Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes:

1. Gemäß § 67a Abs 1 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen Finanzstrafen des Bundes. Die Beschwerde langte beim Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark am 28. Jänner 2004 (Datum des Poststempels: 27. Jänner 2004) ein, wodurch die 6- wöchige Beschwerdefrist gemäß § 67c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da die von den Beamten durchgeführte Handlung im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durchgeführt wurde.

2. Gemäß § 67c Abs 3 AVG ist der angefochtene

Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist. Dauert der für rechtswidrig erklärte Verwaltungsakt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Entscheidung entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Den Antrag auf Durchführung einer Verhandlung wurde im Sinne des § 67d Abs 2 Z 3 AVG nicht stattgegeben, da die Beschwerde a limine zurückzuweisen ist. Die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und Verwaltungsgerichtshofes qualifiziert ein faktisches Organhandeln dann als "Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt", wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist (Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 8. Auflage, Wien 1996, RdZ 608). Es liegt keine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor, wenn in seinem Lokal eine Kontrolle in der Mittagszeit "zum Zeitpunkt des größten Gästeansturms in Verbindung mit einer lautstarken Vorgangsweise" durchgeführt wird. Wenn der Beschwerdeführer hier eine "absolute Kreditschädigung im Sinne des § 1330 ABGB" sieht, so wird er auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Dem Beschwerdeführer gegenüber wurde jedenfalls keine Befehls- bzw Zwangsgewalt ausgeübt und wird die Ausübung einer derartigen Maßnahme gegenüber dem Zweitbeschwerdeführer, F S, in einem gesonderten Verfahren geprüft (UVS 20.3-7,8,9/2004). Es war daher der Beweisantrag, die Gäste, "die durch diese schikanöse und anstandsverletzende Vorgangsweise peinlich berührt waren", als auch die Einvernahme der beiden Einschreiter, als auch G O und L S als Zeugen nicht stattzugeben, da die Beschwerde bereits a limine als unzulässig zurückzuweisen war.

Schlagworte
Zwangsgewalt Zurückweisung Unzulässigkeit Kontrolle Zweitbeschwerdeführer Kreditschädigung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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