Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung des Herrn K F gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 24.11.2003, GZ.: 15.1 7127/2002, betreffend Übertretungen des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Die erste Instanz warf dem nunmehrigen Berufungswerber mit Straferkenntnis vom 24.11.2003 vor,
1. § 18 Abs 3 Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz - KJBG übertreten zu haben, da der Lehrling Katharina Ritz am 10., 17. und 24.11.2002 und 01.12.2002 jeweils an Sonntagen in ununterbrochener Folge beschäftigt worden sei, sodass nicht jeder zweite Sonntag arbeitsfrei geblieben sei, 2. § 17 Abs 1 KJBG übertreten zu haben, da der genannte Lehrling an mehreren Tagen im November und Dezember 2002 im Gastgewerbe in der Nachtzeit beschäftigt worden sei, und 3. § 9 Abs 4 KJBG übertreten zu haben, da dem genannten Lehrling in mehreren Wochen im November und Dezember 2002 keine wöchentliche Freizeit von zwei zusammenhängenden Kalendertagen gewährt worden sei.
Der Beschuldigte berief und führte einleitend aus: Ich erhebe innerhalb der offen Frist das Rechtsmittel der Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 24.11.2003, GZ 15.1.7127/2002, zugestellt am 27.11.2003 mit dem mir wegen Übertretung der Bestimmungen des KJBG eine Geldstrafe verhängt wurde. Die Berufung richtet sich gegen die in diesem Straferkenntnis unter Punkt 3 Übertretung gemachten Feststellungen. Durch eine offensichtlich falsch eingetragene Arbeitszeit schloss das Arbeitsinspektorrat, das der Lehrling, K R, nicht jeden 2. Sonntag arbeitsfrei hatte. Tatsache ist aber, dass durch die vom Lehrling selbst geführten Arbeitzeitaufzeichnungen ersichtlich ist, dass jeder 2. Sonntag arbeitsfrei war. ... Der Berufungswerber präzisierte diese Ausführungen bei der Berufungsverhandlung am 25.03.2004 wie folgt:
Was als Punkt 3 Übertretung bezeichnet sei, beziehe sich auf die erste Übertretung des Straferkenntnisses. Im Übrigen ergebe sich aus dem ersten Absatz seiner Berufung ausreichend klar, dass das gesamte Straferkenntnis bekämpft sei.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark gelangt zu folgenden Feststellungen:
Die erste Instanz lud den nunmehrigen Berufungswerber für 03.06.2003 ins Amt und verkündete ein Straferkenntnis, das auf Seite 2 der Strafverhandlungsschrift wie folgt beurkundet wurde:
Der Raum nach dem Wort Straferkenntnis - etwa die obere Hälfte der Seite 2 - blieb frei, zwischen der ersten und zweiten Seite sind jedoch vier Blätter (zwei ganze Seiten und zwei Teile von Seiten) eingeheftet, auf denen unter 1. Übertretung bis 8. Übertretung jene Sachverhalte angeführt sind, die der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28.01.2003 entsprechen, die ihrerseits auf der Strafanzeige des Arbeitsinspektorates Graz vom 16.12.2002 beruht. Die 1., 2. und 3. Übertretung auf den ersten beiden Zetteln, die offenbar Beilagen zur Strafverhandlungsschrift bilden sollen, entsprechen der 1., 2. und 3. Übertretung des Straferkenntnisses der ersten Instanz vom 24.11.2003 und enthalten jeweils den Sachverhalt, die verletzte Rechtsvorschrift und die weitere Ausführung: Strafbetrag: 0.00 Arrest Std. 0 Tage 0. Nach der freigelassenen oberen Hälfte der Seite 2 des Straferkenntnisses vom 03.06.2003 folgt die Aufzählung der verletzten Rechtsvorschriften, dies aber nur hinsichtlich der Punkte 4.) bis 8.), darunter die Verhängung von Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen ebenfalls nur hinsichtlich der Punkte 4.) bis 8.). Auch wenn auf Seite 2 des Straferkenntnisses vom 03.06.2003 die Punkte 1.) bis
3.) bei den verletzten Rechtsvorschriften und beim Strafausspruch nicht erwähnt sind, ergeben sich doch aus der erwähnten Beilage der Sachverhalt, die verletzten Rechtsvorschriften und der behördliche Ausspruch Strafbetrag: 0.00. Über sein Verlangen, ihm eine schriftliche Ausfertigung (gemeint: des Straferkenntnisses) zuzustellen, übermittelte die erste Instanz dem Berufungswerber eine Fotokopie der Strafverhandlungsschrift vom 03.06.2003 mit der Beilage I, die sich inhaltlich mit jenen vier Blättern deckt, die die vor der Seite 2 dieser Strafverhandlungsschrift eingefügte Beilage im erstinstanzlichen Akt bilden. Auch wenn die Übermittlung dieser Fotokopie keine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides darstellt (siehe dazu E 113 zu § 62 AVG in Walter/Thienel Verwaltungsverfahrensgesetz II2 1998), wurde das Straferkenntnis gemäß § 62 Abs 1 AVG mit seiner Verkündung rechtlich existent. Der Inhalt des mündlich verkündeten Bescheides ist aus dem Akt der ersten Instanz und der Fotokopie der Strafverhandlungsschrift, die dem Berufungswerber zugestellt wurde, hinreichend rekonstruierbar. Die erste Instanz hatte somit über die Punkte 1.) bis 3.) bereits im Straferkenntnis vom 03.06.2003 abgesprochen, das mangels Erhebung einer Berufung rechtskräftig wurde. Die neuerliche Erlassung eines Straferkenntnisses, nämlich jenes vom 24.11.2003 über dieselben Punkte stellt eine Verletzung des Grundsatzes dar, dass in derselben Sache nicht zweimal entschieden werden darf, wie er insbesondere in Art. 4, 7. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention, das als Teil der Bundesverfassung im Verfassungsrang steht, festgelegt ist. Dies bedeutet für das mit Berufung bekämpfte Straferkenntnis, dass im Sinne des § 45 Abs 1 Z 2 VStG ein Umstand vorliegt, der die Strafbarkeit ausschließt. Der Berufung ist somit Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.