Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung der K R, vertreten durch Dr. R K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 17. Dezember 2003, GZ.: VA/F- 7348/2003, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wird der bekämpfte Bescheid wie folgt abgeändert:
Dem Antrag der Berufungswerberin vom 16. Oktober 2003 auf Verlängerung der Lenkberechtigung für die Klasse B auf unbestimmte Zeit wird entsprochen und die im bekämpften Bescheid enthaltene Befristung der Lenkberechtigung (bis 30.10.2004) behoben.
Die Auflage lautet: K R hat der Behörde in dreimonatigen Abständen (Beginn 30.12.2003) Harnbefunde (ärztliche Kontrolluntersuchungen) betreffend die Substanzen Methadon, Benzodiazepine, Kokain, Amphetamine, Tetrahydrocannabinol, Opiate, Barbiturate und Trizyklische Antidepressiva vorzulegen.
Rechtsgrundlagen:
§ 35 Abs 1 Führerscheingesetz 1997, idgF BGBl. I Nr. 81/2002 (im Folgenden FSG); § 14 Abs 1 iVm Abs 4 und Abs 5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung idgF (im Folgenden FSG-GV)
Mit dem bekämpften Bescheid schränkte die Bundespolizeidirektion Graz der Berufungswerberin die Gültigkeit ihrer Lenkberechtigung (für die Klasse B) gemäß § 24 Abs 1 Z 2 FSG bis 30.10.2004 ein. Der Berufungswerberin wurde die Auflage erteilt, alle zwei Monate einen Harnbefund (Beginn: 30.12.2003) bei sonstigem Entzug der Lenkberechtigung vorzulegen. Die aufschiebende Wirkung einer allfällige Berufung wurde gemäß § 64 Abs 2 AVG ausgeschlossen. Mit ihrer fristgerecht erhobenen Berufung wendete sich K R gegen die Befristung der Gültigkeit der Lenkberechtigung. Die belangte Behörde habe bei der Amtshandlung am 17.12.2003, anlässlich der auch die mündliche Bescheidverkündung erfolgt sei, den namhaft gemachten Parteienvertreter übergangen, indem keine Ladung der Berufungswerberin über den Rechtsvertreter erfolgt sei. Die völlig unerfahrene Berufungswerberin sei demnach nicht in der Lage gewesen, ihre Verfahrensrechte ausreichend wahrzunehmen. Die belangte Behörde habe im Zuge ihrer Bescheidverkündung nicht bekannt gegeben, auf welche Tatsachen sich die bloß befristete Erteilung der Lenkberechtigung stütze und aus welchen Gründen dem Antrag auf unbefristete Erteilung der Lenkberechtigung nicht stattgegeben worden sei. Damit habe sie der Berufungswerberin die Möglichkeit genommen, im Zuge eines Rechtsmittels gegen den Bescheid die ihr unbekannt gebliebenen Argumente der Behörde zu widerlegen und entsprechende Beweismittel zu diesem Zweck namhaft zu machen. Da der mündlich verkündete Bescheid jede Begründung vermissen lasse, könne die Berufungswerberin nur vermuten, aus welchen Gründen die Behörde ihrem Antrag nicht entsprochen und eine neuerliche Befristung verfügt habe. Die Berufungswerberin sei vom Jugendgericht Graz des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG schuldig erkannt worden; von der Verhängung einer Strafe sei abgesehen worden. Der dem Verfahren zu Grunde liegende Vorfall habe sich bereits im Jahre 2000 ereignet. Seit dem 27.11.2000 unterziehe sich die Berufungswerberin dem Substitutionsprogramm und laufender Harnkontrollen, deren Ergebnisse aktenkundig seien. Eine strafbare Handlung gemäß der §§ 28 Abs 2 bis 5 oder 31 Abs 2 SMG habe die Berufungswerberin nie begangen; ein solches Verhalten sei ihr auch nie angelastet worden. Aus der Sicht der Berufungswerberin sei sie daher verkehrszuverlässig im Sinne des § 7 FSG, wobei auf die seit der Tathandlung im Jahr 2000 verstrichene Zeit (mehr als 3 Jahre) und auf ihr seither geübtes Verhalten (laufendes Substitutionsprogramm, laufende Harnkontrollen) Rücksicht zu nehmen sein werde. Aus diesen Gründen sei die Berufungswerberin der Ansicht, dass das Gesetz für eine neuerliche Befristung der Lenkberechtigung keine Grundlage biete. Es wurde der Antrag gestellt, den bekämpften Bescheid hinsichtlich der darin ausgesprochenen Befristung der Lenkberechtigung bis 30.10.2004 zu beheben bzw. dahingehend abzuändern, dass die Lenkberechtigung auf unbestimmte Zeit erteilt wird. Der Unabhängige Verwaltungssenat ersuchte die Fachabteilung 8B- Gesundheitswesen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung Befund und Gutachten zu erstatten, ob die von der belangten Behörde ausgesprochen Einschränkungen der Lenkberechtigung (Befristung und Auflage) für die Klasse B aus ärztlicher Sicht erforderlich sind oder nicht. Im amtsärztlichen Gutachten vom 16. März 2004 kommt die Sachverständige Dr. P nach einer Untersuchung der Berufungswerberin am 5.2.2004 sowie unter Einbezug der Aktenlage und der eingesehenen und vorgelegten Befunde (Harnbefunde auf Opiate, auf Methadon, Benzodiazepine, Kokain, Amphetamine, Tetrahydrocannabinol, Barbiturate und trizyklische Antidepressiva von Jänner 2002 bis Feber 2004, nervenfachärztliches Gutachten Dr. H, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie vom 9.1.2002 und nervenfachärztliche Bestätigung, Dr. T, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie vom 14.10.2003, Führerscheinattest Dr. S, Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie vom 10.2.2004) zu folgendem Ergebnis: Aus der Vorgeschichte sei ein mehrjähriger Suchtmittelkonsum bekannt, wobei eine Heroinabhängigkeit von ca. eineinhalb Jahren bestanden habe. Im Dezember 2000 habe sich K R nach drei vergeblichen Entzugsversuchen in der LSF schließlich erfolgreich einen Entzug unterzogen und befinde sich seither im Substitutionsprogramm mit der Einnahme von 400 mg Substitol täglich. Regelmäßige Kontrollen würden bei ihrem betreuenden Arzt Dr. T durchgeführt. Frau R habe im Gespräch angegeben, die Substitoleinnahme im Sommer dieses Jahres (Sommer 2004) beenden zu wollen. Bei der durchgeführten Untersuchung hätten keine eignungsausschließenden körperlichen oder geistigen Leiden festgestellt werden können. Sämtliche vorliegende Harnbefunde waren auf Opiate (bedingt durch das Substitol) positiv, jedoch die restlichen zu untersuchenden Substanzen hätten einen negativen Befund gezeigt, sodass angenommen werden könne, dass derzeit kein Beikonsum stattfinde. Zusammenfassend könne gesagt werden, das Frau K R zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B bedingt geeignet sei. Als Auflagen werde eine Nachuntersuchung in einem Jahr, sowie die Vorlage eines Harnbefundes auf die oben schon genannten Substanzen in dreimonatlichen Abständen vorgeschlagen. Dr. P begründete die von ihr vorgeschlagenen Auflagen im Wesentlichen mit dem noch laufenden Substitutionsprogramm. Bei diesem handle es sich - so die ärztlichen Ausführungen - um einen Drogenersatz, bei dem ein oral (über den Mund) einzunehmendes suchtgifthältiges Arzneimittel als Ersatz für missbräuchlich zugeführte Suchtmittel (über die Vene) eingesetzt werden. Harnkontrollen und eine Nachuntersuchung seien unbedingt notwendig, um den weiteren Therapieverlauf besser beurteilen zu können. In der mündlichen Verhandlung vom 8. April 2004 wurde unter Mitwirkung der Berufungswerberin und ihres Rechtsvertreters das Sachverständigengutachten erörtert. Auf Befragen des Rechtsvertreters, wie die Teilnahme der Berufungswerberin am Substitutionsprogramm eine Nachuntersuchung (= Befristung der Lenkberechtigung) begründen könne, verwies die Amssachverständige darauf, dass die Berufungswerberin bis dato die Ersatzdroge, noch nicht absetzen habe können. Sie gehe davon aus, dass die Berufungswerberin das Substitol noch brauche, um ihren Alltag zu bewältigen. Anderenfalls hätte schon ein Versuch stattgefunden, mit dem Substitol aufzuhören. Die Berufungswerberin sei somit von einem suchtgifthältigen Arzneimittel abhängig. Die Abhängigkeit vom Substitutionspräparat sei zwar kein gesundheitlicher Mangel im engeren Sinne. Die von ihr vorgeschlagene amtsärztliche Nachuntersuchung sei im Hinblick auf die bestehende Rückfallgefahr erforderlich. Im Rahmen einer amtsärztlichen Untersuchung könne mit der Berufungswerberin ein Gespräch über ihre psychische und physische Situation geführt werden. Aus der Literatur gehe hervor, dass bei Menschen im Substitutionsprogramm die Rückfallsgefahr auch nach drei Jahren absoluter Unauffälligkeit noch bestehe, weil diese unter anderem vom Freundeskreis abhänge, der sich von einem Tag auf den anderen ändern könne. Deshalb würden Kontrolluntersuchungen nicht reichen. Es müsse ein psychischer und körperlicher Status erhoben werden. Der Arzt könne erfragen, wie es der Berufungswerberin gehe und sich von ihr ein Gesamtbild machen. Eine Kontrolluntersuchung sei nur ein Papier, eine Momentaufnahme. Auf Befragen des Rechtsvertreters, ob die Ausführungen der Sachverständigen so zu verstehen seien, dass mit dem Wegfall des Substitutionsprogrammes auch die aus ärztlicher Sicht zu beobachtende Rückfallsgefahr ende, beantwortete Dr. P mit Nein. Die Rückfallsgefahr ende damit nicht. Es verlange sicher auch noch einen gewissen Beobachtungszeitraum wegen einer Rückfallsgefahr ohne Substitutionsprogramm. Das Substitutionsprogramm habe auf die Prognose einer Rückfallsgefahr keinen Einfluss. Die Berufungswerberin gab an, sich darauf einzustellen, im Sommer 2004 mit dem Medikament aufzuhören. Entweder müsse sie von diesem Mittel einen Entzug machen oder es werde langsam unterdosiert. Bei ihr bestehe keine Rückfallsgefahr mehr. Sie arbeite sei ca. 3 Jahren beim gleichen Dienstgeber 8 Stunden am Tag als Sekretärin. Sie mache Buchhaltung und Korrespondenz. Ihr derzeitiger Freundeskreis sei konstant und habe mit dem vorangegangenen nichts mehr gemein. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist bei seiner Entscheidung von folgender Sach- und Rechtslage ausgegangen: Der Berufungswerberin wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 27. Jänner 2000 die Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt. Gemäß dem Erlass der Steiermärkischen Landesregierung Orale Substitutionstherapie von Suchtkranken wurde am 28.6.2001 vom polizeiärztlichen Dienst der Bundespolizeidirektion Graz eine Liste aller sich im Substitutionsprogramm befindlichen Personen der Führerscheinstelle zur weiteren Veranlassung übermittelt. K R - sie befindet sich seit Ende 2000 im Substitutionsprogramm - wurde mit dem Bescheid vom 7.8.2001 aufgefordert, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und innerhalb von vier Monaten ein vom Amtsarzt erstelltes Gutachten nach § 8 FSG beizubringen. Das entsprechende Gutachten vom 15. Jänner 2002 bescheinigt der Berufungswerberin eine befristete Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1 auf den Zeitraum von einem Jahr (bis zur Nachuntersuchung durch den Amtsarzt) unter der Bedingung, dass sie alle drei Monate Harnbefunde auf Drogen vorlegt. Das amtsärztliche Gutachten basierte auf einer Reihe von negativen Harnbefunden, die keine Hinweise auf einen Drogenbeikonsum enthielten, und auf ein fachärztliches Gutachten des Dr. H, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie. Das fachärztliche Gutachten vom 9. Jänner 2002 hat folgenden Inhalt: Fachärztliches Gutachten über die geistige Eignung zur Führung von Kraftfahrzeugen: Bei der heutigen Untersuchung berichtet Frau K R, dass sie mit dem 14., 15. Lebensjahr begonnen habe, Cannabis zu rauchen und dann bis zu Heroin in der Folge alles ausprobiert habe. Sie wisse, dass dies ein Fehler gewesen sei, es sei Neugier gewesen, Übermut und auch der Umgang mit falschen Freunden. Es habe deshalb massive Probleme mit den Eltern gegeben, sie sei dreimal an der Sigmund Freud Klinik in Graz auf Entzug gewesen, der nichts gebracht habe, weil es nicht ihr eigener Wille gewesen sei, sondern der Wunsch der Eltern. Sie habe protestiert, versucht sich durchzusetzen. Allerdings habe sie schließlich im Dezember 2000 in Hall einen erfolgreichen Entzug gemacht und sei seit diesem Zeitpunkt im Substitutionsprogramm in der LSF. Weg von den Drogen. Sie stehe in regelmäßiger Kontrolle bei Facharzt Dr. T, beim Magistrat und habe wiederholt Harnbefunde am Gerichtsmedizinischen Institut abgeben, die bis auf Opiate unauffällig gewesen seien. Sie nehme ja Substitol 400 mg täglich ein. Sie arbeite seit einem halben Jahr als Sekretärin einer Raumausstattungsfirma, wo es ihr recht gut gehe, bzw sei sie in der Lage, unter dem Substitutionsprogramm eine entsprechende Arbeitsleistung zu erbringen. Sie denke, dass sie etwa in 1 Jahr auch vom Substitol weg kommen werde. Mittlerweile sei sie reifer und erwachsener geworden und wolle nicht mehr in einen solchen Zustand zurückkehren, wie seinerzeit vor dem Substitutionsprogramm. Sie habe die Volksschule absolviert und die HAK mit Matura abgeschlossen. Mit den Eltern würde es nun recht gut gehen. Es sei eine bestimmte Vertrauensbasis wieder hergestellt worden. Ihre Arbeit würde sie stabilisieren. Sie besitze den Führerschein der Gruppe B und fahre regelmäßig mit dem Auto zur Arbeit. Sie trinke keinen Alkohol und rauche etwa 20 Zigaretten täglich. Zusatzmedikamente nehme sie schon auf Grund der Vereinbarungen, bezüglich des Substitutionsprogrammes nicht mehr ein, das sie unbedingt durchziehen wolle. Psychischer Befund:
Wach, voll orientiert, im Gedankengang geordnet. Die Kritikfähigkeit, der Realitätsbezug sind ausreichend vorhanden. Hinweise auf Wesensänderungen, Abbauerscheinungen oder ein sogenanntes Amotivationssyndrom sind nicht vorhanden. Insgesamt unauffälliges, angepasstes, kooperatives Verhalten. Vegetative Reizzeichen finden sich nicht. Der neurologische Befund ist regelrecht. Die Überprüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsparameter ergeben altersgemäße Werte. Gutachten: Frau K R befindet sich seit über 1 Jahr im Substitutionsprogramm, mit Substitol 400 mg täglich, das sie zweimal wöchentlich in ihrer Apotheke erhält. Die vorgelegten Harnbefunde sind als regelrecht zu werten, bzw zeigen keinerlei Hinweise auf zusätzlich eingenommene Drogen. Die Überprüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsparameter ergibt einen regelrechten, altersgemäßen Befund. Wesensänderungen, Amotivationssyndrome sind im Rahmen des bisherigen Substitutionsprogrammes nicht aufgetreten. Der neurologische Befund zeigt abgesehen von engen Pupillen keine wesentlichen Beeinträchtigungen. Aus psychiatrischer Sicht lässt sich nun zusammenfassend feststellen, dass Frau K R frei von psychischen Krankheiten und geistigen Behinderungen ist. Wesentliche Beeinträchtigungen durch das eingenommene Substitil lassen sich nicht nachweisen. Insbesondere sind die kraftfahrspezifischen Leistungsparameter im altergemäßen Normbereich. Vegetative Reizzeichen, eine Entzugssymptomatik oder Wesensänderungen sind nicht vorhanden. Im Hinblick auf diesen normalen psychisch, geistigen Befund ist aus psychiatrischer Sicht anzunehmen, dass Frau R weiterhin geeignet ist, Kraftfahrzeuge der Gruppe B zu lenken. Ausreichende Copingstrategien sind vorhanden, um einen Rückfall in das seinerzeitige Suchtgiftverhalten zu verhindern. Allerdings sind in Zukunft auch weiterhin engmaschige Kontrollen und Betreuung erforderlich. Mit dem Bescheid vom 17.1.2002 befristete die belangte Behörde die Gültigkeit der Lenkberechtigung bis zum 15.1.2003 unter Erteilung der vom Amtsarzt vorgeschlagenen Bedingung. K R legte die von ihr geforderten Harnbefunde regelmäßig vor. Vor Ablauf der Befristung unterzog sich die Berufungswerberin der zweiten amtsärztlichen Untersuchung. Das Gutachten vom 18. Dezember 2002 ist dem Inhalt nach im Ergebnis gleichlautend wie das vorangehende. Ohne nachvollziehbaren Grund - der klinische Gesamteindruck der Berufungswerberin wird als kooperativ und gepflegt umschrieben, die vorgelegten Harntests waren unauffällig - wurden von amtsärztlicher Seite monatliche Harnkontrollen auf Drogen und eine Befristung der Lenkberechtigung bis 18.12.2003 (Nachuntersuchung in einem Jahr) vorgeschlagen. Diese Vorschläge wurden von der Bundespolizeidirektion Graz im Bescheid vom 30. Dezember 2002 übernommen. Der Berufungswerberin wurde neuerlich die Lenkberechtigung nur befristet bis 18.12.2003 mit der Auflage erteilt, ab 18.1.2003 monatlich eine Harnkontrolle auf Drogen der Behörde vorzulegen. In der Folge legte die Berufungswerberin am 17.1., 17.2., 18.3., 17.4., 16.5., 18.6., 16.7., 14.8. und 18.9.2003 rechtzeitig die geforderten Harnbefunde vor, die wiederum belegten, dass die Berufungswerberin zum Medikament Substitol keine Beidrogen konsumiert. Am 16. Oktober 2003 stellte K R - diesmal rechtsfreundlich vertreten - den Antrag auf unbefristete Erteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B. Der Antrag wurde damit begründet, aus den zur Vorlage gebrachten Harnbefunden sei ersichtlich, dass die Antragstellerin jedenfalls keinerlei Drogen mehr konsumiere und von ihrer Drogensüchtigkeit als geheilt anzusehen sei. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin auch seit langer Zeit laufend einer ordnungsgemäßen Beschäftigung nachgehe. Es bestünden damit keinerlei begründete Bedenken, dass die Antragstellerin die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr besitze oder verlieren könnte. Dem Antrag beigeschlossen war die nervenfachärztliche Bestätigung des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie, Dr. T vom 14.10.2003, der zu entnehmen ist, dass K R bis zum Zeitpunkt der Ausstellung der Bestätigung alle Auflagen ordnungsgemäß erfüllt und bei der am 10.10.2003 durchgeführten neurologisch- psychiatrischen Exploration unauffällig gewesen ist. Die Substitutionstherapie werde bis auf weiteres fortgesetzt. Mit dem bekämpften Bescheid vom 17. Dezember 2003 befristete die Bundespolizeidirektion Graz die Gültigkeit der Lenkberechtigung bis 30.10.2004 mit der Auflage, nunmehr alle 2 Monate Harnuntersuchungen auf Drogen vorzulegen. Damit entsprach die belangte Behörde dem Inhalt des nunmehr dritten amtsärztlichen Gutachtens vom 30. Oktober 2003, in dem trotz positiver fachärztlicher Stellungnahme, trotz eines weitgehend unauffälligen klinischen Gesamteindruckes und trotz weiterer unauffälliger Harnbefunde (16.10. und 18.11.2003) neuerlich eine amtsärztliche Nachuntersuchung in einem Jahr bei Aufrechterhaltung von laufenden Harnkontrollen vorgeschlagen wird. Nach § 24 Abs 1 Z 2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs 2 in den Führerschein einzutragen. § 24 Abs 4 FSG ist von der Behörde im Falle von Bedenken, ob die Voraussetzungen einer gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 FSG einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Nach § 14 Abs 1 erster Satz FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind, oder den Konsum dieser Mittel nicht soweit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Abs 4 leg cit hat folgenden Wortlaut: Personen, die aus medizinischen Gründen Sucht- oder Arzneimittel erhalten, die geeignet sind, die Fahrtauglichkeit zu beeinträchtigen, darf nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme eine Lenkberechtigung erteilt oder belassen werden. Nach § 14 Abs 5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wieder zu erteilen. Die Berufungswerberin war über ein- bis eineinhalb Jahre heroinabhängig. Seit dem Jahre 2001 befindet sie sich nach einem erfolgreichen Heroinentzug im Jahre 2000 im Substitutionsprogramm. Sie erhält das Arzneimittel Substitol, 400 mg täglich. Die Berufungswerberin ist laufend in fachärztlicher Kontrolle; sie erfüllt alle ärztlichen Vorgaben und Vereinbarungen. Die von ihr regelmäßig vorgelegten Harnbefunde geben keinen Hinweis auf den Beikonsum von Drogen. Die Berufungswerberin geht seit September 2001 regelmäßig einer ganztägigen Beschäftigung nach. Obwohl sie täglich mit dem Personenkraftwagen zur Arbeit fährt, ist sie im Verkehr nicht negativ in Erscheinung getreten. Auf die Berufungswerberin finden die Bestimmungen der §§ 14 Abs 1 iVm Abs 4 und 5 FSG-GV Anwendung. Sie ist nach einem erfolgreichen Heroinentzug vom Arzneimittel Substitol abhängig, welches Suchtmittel (Opiate) enthält. Dieses Arzneimittel ist grundsätzlich geeignet, die Fahrtauglichkeit zu beeinträchtigen. Aus rechtlicher Sicht stellt sich das Vorgehen der belangten Behörde folgendermaßen dar: Die belangte Behörde hat ihre einschränkenden Maßnahmen über einen Zeitraum von drei Jahren auf amtsärztliche Gutachten gestützt, die in ihrer Unvollständigkeit nicht schlüssig und nachvollziehbar sind. Das Gutachten vom 15. Jänner 2002 geht mit keinem Wort auf das fachärztliche Gutachten Dr. H ein und kommt - abweichend und im Widerspruch zum fachärztlichen Gutachten - zum Schluss, dass neben der auch vom Facharzt befürwortenden Kontrolluntersuchungen eine amtsärztliche Nachuntersuchung in einem Jahr erforderlich sei. Die Gutachten vom 18. Dezember 2002 und 30. Oktober 2003 geben - wenn man von den körperlichen Parametern absieht - nur die Ergebnisse der Harnbefunde, wie sie ohnehin aus den entsprechenden Vorlagen zu entnehmen sind (Harnkontrollen im letzten Jahr bis auf Opiate (Substitol) negativ) wieder. Die von der Berufungswerberin aus Anlass der dritten amtsärztlichen Untersuchung verlangte nervenfachärztliche Stellungnahme (nervenfachärztliche Bestätigung vom 14.10.2003, ausgestellt von Dr. T, Arzt für Psychiatrie und Neurologie) wurde im amtsärztlichen Gutachten vom 30. Oktober 2003 inhaltlich genauso wenig verwertet wie seinerzeit das fachärztliche Gutachten Dr. H im ersten Gutachten. Keinem der amtsärztlichen Gutachten - und jenes der Sachverständigen Dr. P vom 16. März 2004 ist dabei miteingeschlossen - enthält eine nachvollziehbare Begründung für eine amtsärztliche Nachuntersuchung im Sinne des § 1 Abs 1 Ziff 4 FSG-GV. Eine amtsärztliche Nachuntersuchung im Sinne des § 1 Abs 1 Z 4 FSG-GV stellt grundsätzlich auf fortschreitende Erkrankungen ab, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl. VwGH vom 18.1.2000, 99/11/0266 ua.). Damit bedarf es einer konkreten Sachverhaltsfeststellung darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch im ausreichenden Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung im oben umschriebenen Sinne besteht. Die Begründungen in den amtsärztlichen Gutachten erschöpfen sich in der Wiederholung der vergangenen Heroinabhängigkeit der Berufungswerberin und der Tatsache, dass sie sich zur Zeit im Substitutionsprogramm befindet. Dr. P spricht unter Hinweis auf nicht näher bekannt gegebene Literatur von einer bestehenden Rückfallsgefahr, die von einem Tag auf den anderen - je nach sozialem Umfeld - hervorbrechen könne. Der Amtsarzt müsse sich im Rahmen einer Nachuntersuchung in Gesprächen mit der Berufungswerberin ein Gesamtbild von ihr machen können. Eine solche Begründung übersieht, dass im Falle von einer bestehenden oder in der Vergangenheit bestandenen Sucht- oder Arzneimittelabhängigkeit der Gesetzgeber zwingend eine fachärztliche Stellungnahme verlangt, somit die Beurteilung dieser neurologisch-psychiatrischen Erkrankungen dem Facharzt überantwortet ist. Für die Frage der (Wieder)erteilung oder der Belassung einer Lenkberechtigung ist daher die fachärztliche Stellungnahme, die auch die Prognose einer allfälligen Rückfallsgefahr beinhaltet, von zentraler Bedeutung. Eine positive fachärztliche Stellungnahme liegt im Falle der Berufungswerberin bereits zweifach vor. Die Berufungswerberin weist keine Begleiterscheinungen einer Substitutionsbehandlung auf. Sie hat über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren gezeigt, dass sie die Disziplin und die Willensstärke aufbringt, keine Drogen beizukonsumieren und bewerkstelligt sie gerade mit Unterstützung des Medikamentes ein normales Berufsleben. Ihr Ziel ist es, in Zukunft aus dem Substitutionsprogramm auszusteigen. Die Wahl des geeigneten Zeitpunktes wird der Berufungswerberin überlassen bleiben, sofern sie das Medikament wie bisher unter fachärztlicher Aufsicht konsumiert. In den letzten drei Jahren hat die Berufungswerberin als Lenkerin eines Personenkraftwagens regelmäßig am Verkehr teilgenommen und dabei auch unter Beweis gestellt, dass von ihr keine Gefahr für die Verkehrssicherheit ausgeht. Eine Rückfallsgefahr in eine neuerliche Drogenabhängigkeit wurde schon im Facharztgutachten Dr. H mit dem Hinweis auf vorhandene gute Copingstrategien verneint und ergeben sich auch aus der jüngeren fachärztlichen Stellungnahme keine Anhaltspunkte für eine anders zu lautende Prognose. Durch die verpflichtende Auflage, regelmäßig Harnbefunde vorzulegen, wird die belangte Behörde in ausreichendem Maße in die Lage versetzt, den Status der Berufungswerberin noch über einen gewissen Beobachtungszeitraum weiter zu verfolgen. Nach dem Gutachten Dr. P genügt ein zeitlicher Intervall von drei Monaten. Die Auflage gilt vorerst auf unbestimmte Zeit, weil nicht fest steht, wann die Berufungswerberin aus dem Substitutionsprogramm aussteigen wird. Gerade die Umstiegsphase von der "Ersatzdroge" auf die gänzliche Abstinenz erfordert aus ärztlicher Sicht noch Aufmerksamkeit.
Zusammengefasst: Bei dem schon über einen längeren Zeitraum bestehenden stabilen Zustand und dem sozialen Umfeld mit Berufseinbindung ist nicht zu erwarten, dass die Berufungswerberin von einem Tag auf den anderen in eine Drogenabhängigkeit fällt und dadurch eine gesundheitliche Beeinträchtigung entsteht, die sie zum Lenken von Kraftfahrzeugen nur für einen Zeitraum von einem Jahr als bedingt geeignet ausweist. Ihr war daher antragsgemäß die Lenkberechtigung für die Klasse B unbefristet zu erteilen. Sofern die Berufungswerberin die Auflage (Vorlage von Harnbefunden) nicht einhält, ist die belangte Behörde dazu ermächtigt, im Sinne des § 24 Abs 1 iVm § 7 Abs 3 Z 13 FSG vorzugehen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.