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L00019 Landesverfassung Wien;Norm
B-VG Art117 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Bayjones und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde der H in W, vertreten durch Dr. Renate Steiner, Rechtsanwältin in Wien I, Weihburggasse 18-20/50, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 3. September 1996, Z1. MA 2/88/96, betreffend Aufhebung eines eine Abfertigung nach § 41 der Besoldungsordnung 1994 zuerkennenden Bescheides nach § 13 Abs. 1 DVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Gemeinde Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.160,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin stand als Sachbearbeiterin des Bücherdienstes in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien. Im Dezember 1995 erklärte sie nach Konsumierung des dritten Karenzjahres ihre Dienstentsagung mit Ablauf des 15. Dezember 1995.
Mit Bescheid vom 2. Februar 1996 stellte der Magistrat der Stadt Wien fest, dass das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin mit Annahme ihrer Dienstentsagung durch das hiefür zuständige Organ mit Ablauf des 15. Dezember 1995 aufgelöst worden sei und ihr gemäß § 41 der Besoldungsordnung 1994 (BO 1994) eine Abfertigung im Ausmaß des Dreifachen ihres Monatsbezuges gebühre. Eine Begründung entfiel unter Hinweis auf § 58 Abs. 2 AVG.
Mit Bescheid vom 18. März 1996 änderte der Magistrat der Stadt Wien seinen Bescheid vom 2. Februar 1986 gemäß § 13 Abs. 1 DVG dahingehend ab, dass der Beschwerdeführerin keine Abfertigung nach § 41 BO 1994 gebühre. In der Begründung wies die Dienstbehörde erster Instanz darauf hin, aus § 41 Abs. 2 leg. cit. ergebe sich, dass eine Abfertigung einer Beamtin, die nach der Geburt eines eigenen Kindes, das älter als zwei Jahre sei, dem Dienst entsage, nur dann gebühre, wenn das Dienstverhältnis während einer Teilzeitbeschäftigung gemäß § 28 der Dienstordnung 1994 (DO 1994) ende. Da das Kind der Beschwerdeführerin am 15. Dezember 1992 geboren worden sei und sie mit Ablauf des ihr gemäß § 56 Abs. 1 DO 1994 (früher: § 44 Abs. 1 DO 1966) gewährten Karenzurlaubes, das sei der 15. Dezember 1995, dem Dienst entsagt habe, lägen die Voraussetzungen für eine Abfertigung nicht vor. Der Bescheid vom 2. Februar 1996, in dem auf Grund eines Versehens die Gebührlichkeit einer Abfertigung "angeführt" worden sei, verstoße somit gegen die zwingenden gesetzlichen Vorschriften des § 41 BO 1994. Da die Beschwerdeführerin diesen Widerspruch bei Kenntnis der genannten Rechtsvorschriften und entsprechender Sorgfalt hätte erkennen müssen, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. September 1996 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Ausgehend vom unbestrittenen Sachverhalt (Auflösung des Dienstverhältnisses durch Dienstentsagung mit Ablauf des 15. Dezember 1995 zugleich mit dem 3. Geburtstag des leiblichen Kindes der Beschwerdeführerin) legte die belangte Behörde in der Begründung dar, dass § 41 Abs. 2 Z. 2 BO 1994 nicht in Frage komme. Da zum Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses auch keine Teilzeitbeschäftigung nach § 28 DO 1994 bestanden habe, sei auch § 41 Abs. 2 Z. 3 BO 1994 nicht anzuwenden. Da der abgeänderte Bescheid des Magistrates vom 2. Februar 1996 die Abfertigung der Beschwerdeführerin auf § 41 BO 1994 gestützt habe, hätte die Beschwerdeführerin wissen müssen, dass dieser Teil des Bescheides gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen habe. Auf Grund der Klarheit dieser Regelung sei es auch irrelevant, dass dieser Bescheid vom 2. Februar 1996 bezüglich der Abfertigung keine Begründung enthalten habe (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 17. März 1962, 2176/60 = Slg. N.F. Nr. 5749/A). In der Folge beschäftigte sich die belangte Behörde mit dem weiteren Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin, es liege keine qualifizierte Rechtswidrigkeit im Sinne des § 13 Abs. 1 DVG vor, weil sie aus gleichheitsrechtlichen Überlegungen die (zumindest) vertretbare Rechtsauffassung hätte teilen können, dass ihr eine Abfertigung gebühre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf, dass der Bescheid des Magistrats vom 2. Februar 1996 nicht abgeändert werde, verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte. Über ausdrückliche Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes nahm sie in der Gegenschrift auch zur Frage Stellung, worauf sich ihrer Ansicht nach die Zuständigkeit des Magistrates zur Erlassung seines auf § 13 Abs. 1 DVG gestützten (erstinstanzlichen) Bescheides vom 18. März 1996 stütze.
Die Beschwerdeführerin machte von der vom Verwaltungsgerichtshof freigestellten Möglichkeit, hiezu eine Stellungnahme abzugeben, Gebrauch.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin vor ihrer Dienstentsagung als Beamtin gemäß § 1 Abs. 2 der Dienstordnung 1966 (jetzt: DO 1994) in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien stand, der strittige Abfertigungsanspruch in § 41 der Besoldungsordnung 1994 (BO 1994) geregelt ist und der Magistrat der Stadt Wien (im Folgenden: Magistrat) mit rechtskräftigem Bescheid vom 2. Februar 1996 unter anderem die Gebührlichkeit einer Abfertigung nach § 41 BO 1994 aus Anlass der Beendigung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin durch Dienstentsagung feststellte.
Gemäß § 50 BO 1994 hat die Gemeinde ihre in diesem Gesetz geregelten Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen. Mangels einer Kennzeichnung des Magistrats als "Amt der Wiener Landesregierung" im Sinne des § 115 der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien, LGBl. Nr. 28/1968 (im Folgenden: WStV), ist davon auszugehen, dass der Bescheid des Magistrats vom 2. Februar 1996 im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde (und nicht im Wirkungsbereich der Landesverwaltung) erlassen wurde.
Unbestritten ist ferner, dass sich die Aufhebung des rechtskräftigen Bescheides des Magistrats vom 2. Februar 1996, soweit dieser die Abfertigung der Beschwerdeführerin betraf, auf § 13 Abs. 1 DVG stützt und in diesem Verfahren nach § 13 Abs. 2 DVG der Magistrat als erste Instanz und die belangte Behörde (Berufungssenat) als Behörde zweiter Instanz tätig geworden sind. Auch diese Behörden haben als Organe der Stadt Wien im eigenen Wirkungsbereich gehandelt.
Vorab ist daher zu klären, welche Behörde der Stadt Wien im Beschwerdefall nach § 13 Abs. 2 DVG zuständig ist, einen rechtskräftigen im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde ergangenen besoldungsrechtlichen (Feststellungs-)Bescheid (hier: betreffend eine Abfertigung nach § 41 BO 1994) nach § 13 Abs. 1 DVG aufzuheben oder abzuändern.
§ 13 Abs. 1 und 2 (Abs. 2 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 362/1991) DVG lauten:
"(1) In Dienstrechtsangelegenheiten ist eine Aufhebung oder Abänderung von rechtskräftigen Bescheiden von Amts wegen auch dann zulässig, wenn die Partei wusste oder wissen musste, dass der Bescheid gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt.
(2) Zur Aufhebung und Abänderung gemäß Abs. 1 und gemäß § 68 Abs. 2 AVG sowie zur Nichtigerklärung gemäß § 68 Abs. 4 AVG ist die oberste Dienstbehörde jenes Ressorts zuständig, dessen Personalstand der Bedienstete, auf den sich das Verfahren bezieht,
1. im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides im Sinne des § 68 AVG oder
2. im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienststand oder Dienstverhältnis angehört hat. Hat eine nachgeordnete Dienstbehörde einen Bescheid erlassen und gehört der betreffende Bedienstete weiterhin dem Personalstand dieser nachgeordneten Dienstbehörde an, kann auch sie diesen Bescheid gemäß § 68 Abs. 2 AVG - ausgenommen in den Fällen des Abs. 1 - abändern oder aufheben."
§ 2 Abs. 1 und 2 DVG ( der erste Satz nach Abs. 2 in der Fassung der Novelle, BGBl. Nr. 362/1991) lauten:
"(1) Die Zuständigkeiten in Dienstrechtsangelegenheiten richten sich nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen. Soweit in diesen Rechtsvorschriften keine Bestimmungen über die Zuständigkeit enthalten sind, gelten die folgenden Absätze.
(2) Die obersten Verwaltungsorgane sind innerhalb ihres Wirkungsbereiches als oberste Dienstbehörde in erster Instanz zuständig. Solche Zuständigkeiten können mit Verordnung ganz oder zum Teil einer unmittelbar nachgeordneten Dienststelle als nachgeordneter Dienstbehörde übertragen werden, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist und die Dienststelle nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der zu übertragenden Aufgaben geeignet ist. Im Fall einer solchen Übertragung ist die nachgeordnete Dienstbehörde in erster Instanz und die oberste Dienstbehörde in zweiter Instanz zuständig."
Die belangte Behörde geht davon aus, dass der Magistrat zu Recht als oberste Dienstbehörde im Sinne des § 13 Abs. 2 DVG eingeschritten ist. Diese Bestimmung enthalte keine Legaldefinition des Begriffes der "obersten Dienstbehörde". § 2 Abs. 2 DVG sei jedoch zu entnehmen, dass die obersten Verwaltungsorgane als oberste Dienstbehörde in erster Instanz zuständig seien; außerdem werde zwischen der obersten Dienstbehörde und der nachgeordneten Dienstbehörde unterschieden. Eine klare Aussage, welche Behörde im Bereich der Vollziehung des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde als oberste Dienstbehörde einzuschreiten habe, ergebe sich daraus nicht. Stifter/Waas, Das Dienstrechtsverfahren2, S. 17, seien der Auffassung, dass hinsichtlich "der Gemeindebediensteten, soweit das materielle Dienstrecht im Einzelfall nicht die Zuständigkeit des Amtes der Landesregierung vorsieht, das Gemeindeamt (der Magistrat) oberste Dienstbehörde" sei. Nach dieser Lehrmeinung wäre der Magistrat zu Recht als oberste Dienstbehörde eingeschritten. Der Verwaltungsgerichtshof habe jedoch in seinem Erkenntnis vom 9. November 1972, Zl. 1211/72, diese Ansicht verworfen und die Meinung vertreten, dass der Stadtsenat als zuständige oberste Dienstbehörde anzusehen sei. Im Wesentlichen habe der Verwaltungsgerichtshof diese Ansicht auf das Argument gestützt, dass der Stadtsenat die oberste im Instanzenzug übergeordnete Dienstbehörde sei. Mit diesem Erkenntnis sei auch die grundsätzliche Feststellung getroffen worden, dass eine Behörde, die in Dienstrechtsangelegenheiten in erster Instanz entscheide, in Fällen des Vorhandenseins einer im Instanzenzug übergeordneten Behörde nicht die zuständige oberste Dienstbehörde sein könne. Diese Rechtsauffassung habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. November 1978, Zl. 1948/78, bestätigt und neuerlich bekräftigt, dass sich aus der Wiener Stadtverfassung und der DO 1966 erschließen lasse, dass der Stadtsenat die oberste Dienstbehörde sei. In seinem Erkenntnis vom 29. Oktober 1980, Zl. 3063/80, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass der Berufungssenat (dieser habe in der Zwischenzeit vom Stadtsenat die Aufgabe der Erledigung von Rechtsmitteln übernommen) die oberste Dienstbehörde sei, wobei überdies die Meinung vertreten worden sei, dass diese Behörde auch die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG sei (ebenso das hg. Erkenntnis vom 10. September 1984, Zl. 83/12/0058). Mit Erkenntnis vom 24. April 1986, Zl. 85/02/0281 (verstärkter Senat), sei die Rechtsauffassung des letztgenannten Erkenntnisses ausdrücklich verworfen und festgestellt worden, dass der Gemeinderat als oberste Behörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG angerufen werden könne. Auf Grund der Entwicklung der Rechtsprechung sei festzustellen, dass zweifelsfrei der Gemeinderat als sachlich in Betracht kommende oberste Behörde im Sinne des § 73 AVG anzusehen sei. Der Gemeinderat könne jedoch in dienstrechtlichen Angelegenheiten nicht als Rechtsmittelbehörde angerufen werden. Der Wiener Stadtverfassung und der DO 1994 sei nicht zu entnehmen, dass dem Gemeinderat eine Entscheidung in einer individuellen Personalangelegenheit übertragen werde. Es sei daher die Frage zu klären, ob die sachlich in Betracht kommende oberste Behörde, die gemäß § 73 AVG angerufen werden könne, zwingend als oberste Dienstbehörde gemäß § 13 DVG anzusehen sei. Weder das DVG noch das zuletzt zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1986 brächten dies explizit zum Ausdruck. Im Erkenntnis vom 9. November 1972, Zl. 1211/72, werde festgestellt, dass sich unter den Kompetenzen des Gemeinderates "keine dem aufsichtsbehördlichen Bescheidrecht (§ 68 AVG, § 13 DVG) vergleichbare Aufgabe" finde. Hieraus sei aber der Schluss zu ziehen, dass diese Aufgabe losgelöst von anderen Kompetenzen gesehen werde, sodass die oberste Dienstbehörde nicht zwingend jene Behörde sei, welche oberste Behörde in einem Verfahren gemäß § 73 AVG sei. Der Gemeinderat sei somit nicht als oberste Dienstbehörde anzusehen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, eine Behörde erster Instanz könne in Fällen des Vorhandenseins von im Instanzenzug übergeordneten Behörden nicht oberste Dienstbehörde sein, sei in weiterer Folge im Sinne des DVG dahingehend weiter entwickelt worden, dass sich dies auf § 2 Abs. 2 DVG beziehe, d.h. Angelegenheiten von einer Dienstbehörde ganz oder zum Teil auf eine andere Dienststelle übertragen worden seien, wodurch diese zur nachgeordneten Dienstbehörde geworden sei. Es seien in diesem Fall zwei Dienstbehörden vorhanden, die als erste bzw. zweite Instanz in einer Verwaltungssache entscheiden würden. Werde somit eine Behörde nicht als nachgeordnete Dienstbehörde auf Grund einer Übertragung gemäß § 2 DVG, sondern auf Grund der gesetzlichen Kompetenzverteilung innerhalb eines Verwaltungsbereiches tätig, sei sie im Sinne des DVG oberste Dienstbehörde, auch wenn die Entscheidungen bei einer Rechtsmittelbehörde überprüft werden könnten. Im Beschwerdefall (Aufhebung der Entscheidung des Magistrats über die Abfertigung) sei der Magistrat nicht als nachgeordnete Dienstbehörde im Sinne des § 2 DVG eingeschritten, sondern weil ihm diese Aufgabe auf Grund der Kompetenzverteilung innerhalb der Gemeinde Wien gemäß § 105 Abs. 2 WStV zukomme. Der Magistrat sei daher nach Auffassung der belangten Behörde als oberste Dienstbehörde eingeschritten. Diese Auslegung habe überdies den Vorteil, dass eine unmittelbare Anfechtung der Bescheide bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts nicht möglich sei, sondern eine dazwischenliegende Rechtsmittelinstanz eingeschoben werde.
Dem hält die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme entgegen, § 99 Abs. 1 WStV in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 12/1978, der den Berufungssenat als Rechtsmittelinstanz gegenüber Bescheiden des Magistrats vorsehe, schließe es aus, den Magistrat als "oberste Dienstbehörde" im Sinne des § 13 Abs. 2 DVG anzusehen. Die auf § 2 Abs. 2 DVG in Verbindung mit § 105 Abs. 2 WStV gestützte Argumentation der belangten Behörde sei verfehlt: § 2 Abs. 2 DVG besage keineswegs, dass nur die dort angesprochene im Verordnungsweg betraute "nachgeordnete Dienstbehörde" nicht oberste Dienstbehörde sei. Abgesehen von § 2 Abs. 2 DVG müsse an Hand der Behördenorganisation jeweils im Einzelfall beurteilt werden, welche Behörde als oberste Dienstbehörde anzusehen sei. Dies sei im Beschwerdefall gemäß § 99 Abs. 1 WStV der Berufungssenat (wie dies auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. September 1984, Zl. 83/12/0058, ausgesprochen habe). Allenfalls komme auch der Gemeinderat als oberste Dienstbehörde auf Grund der §§ 80 Abs. 1 und 83 WStV in Betracht, wofür auch § 88 Abs. 4 spreche. Dies habe der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Behandlung eines Devolutionsfalles in seinem Erkenntnis vom 24. April 1986, Zl. 85/02/0281, so gesehen, in dem er den Gemeinderat als "oberste Behörde" im Sinne des § 27 VwGG qualifiziert habe. Ohne die Frage lösen zu müssen, ob die Begriffe "oberste Dienstbehörde" gemäß § 13 Abs. 2 DVG, und "oberste Behörde" gemäß § 27 VwGG jeweils gleichzusetzen seien, ergebe sich jedenfalls, dass der Magistrat, der die von der belangten Behörde bestätigte Entscheidung erlassen habe, hiefür unzuständig gewesen sei. Der angefochtene Bescheid sei daher, weil er den erstinstanzlichen Bescheid des Magistrats bestätigt habe, obwohl er ihn wegen Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz hätte aufheben müssen, jedenfalls rechtswidrig.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Ergebnis im Recht.
Das DVG bindet in seinem § 13 Abs. 2 die Zuständigkeit zur Behebung und Abänderung rechtskräftiger Bescheide nach seinem § 13 Abs. 1 an die Eigenschaft "oberste Dienstbehörde". Damit legt es im Sinne des § 2 Abs. 1 erster Satz DVG (ähnlich wie § 68 Abs. 2 bis 4 AVG) die Zuständigkeit für die Handhabung dieser Kompetenz zwingend fest. Dass § 13 Abs. 2 erster Satz DVG, dessen heutige Fassung auf die Novelle BGBl Nr. 116/1978 zurückgeht, im Unterschied zur Stammfassung auf die oberste Dienstbehörde eines näher bestimmten "Ressorts" abstellt, führt nicht zu seiner Unanwendbarkeit für Verfahren in Angelegenheiten des öffentlichrechtlichen Dienst-, Ruhe- oder Versorgungsverhältnisses zu Gemeinden (§ 1 Abs. 1 DVG), stellen doch die Erläuterungen zur genannten Novelle, 704 Blg Sten Prot NR XIV. GP, zu Art. I Z. 4 (neben dem Motiv für die Neufassung) u.a. ausdrücklich Folgendes fest:
"Wegen der besonderen Art der hier vorgesehenen verfahrensrechtlichen Maßnahmen (Aufhebung, Abänderung und Nichtigerklärung von bereits rechtskräftigen Bescheiden) soll jedoch in diesen Fällen immer die oberste Dienstbehörde zuständig sein."
§ 13 Abs. 2 erster Satz DVG gilt daher auch für Dienstverhältnisse zu den in § 1 Abs. 1 DVG genannten Rechtsträgern, bei denen eine "Feingliederung" in Ressorts nicht in Betracht kommt.
Weder in der Wiener Stadtverfassung (WStV), LGBl. Nr. 28/1968, noch in der Wiener Dienstordnung (DO 1994), LGBl. Nr. 56, wird ausdrücklich eine Behörde als oberste Dienstbehörde bestimmt beziehungsweise mit der Ausübung der Diensthoheit über die Gemeindebediensteten betraut. Dienstrechtsangelegenheiten fallen in erster Instanz in die Zuständigkeit des Magistrats, der gemäß § 105 Abs. 2 WStV alle behördlichen Angelegenheiten vollzieht, soweit hiefür nicht andere Organe zuständig sind. Die Entscheidung über Rechtsmittel obliegt nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage - vor Einführung des Dienstrechtssenates (§ 74a DO 1994) durch die Novelle LGBl. Nr. 34/1999 - auch in Dienstrechtsangelegenheiten gemäß § 99 Abs. 1 WStV i.d.F LGBl. Nr. 12/1978 dem Berufungssenat.
Bei der Auslegung des Begriffes "oberste Dienstbehörde" im Sinn des § 13 Abs. 2 DVG ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auf § 2 Abs. 2 erster Satz DVG Rücksicht zu nehmen. Der Gerichtshof verkennt nicht, dass die primäre Bedeutung des § 2 Abs. 2 erster Satz DVG darin liegt, eine subsidiäre (Auffang-) Kompetenz in Dienstrechtsangelegenheiten zu schaffen. Die Bestimmung umschreibt aber unabhängig davon auch die Voraussetzungen, unter denen einer Behörde diese Eigenschaft zukommt, indem sie dafür die Stellung als oberstes Verwaltungsorgan als maßgebend festlegt. Ein Ansatz dafür, dass § 13 Abs. 2 DVG von einem davon abweichenden Begriffsinhalt ausgeht, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Mangels jeglichen Anhaltspunktes für eine unterschiedliche Betrachtung in Bezug auf die verschiedenen von § 1 Abs. 1 leg. cit. erfassten Rechtsträger sind nicht nur für den Bundes- und Landesbereich (vgl. dazu Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, II. Band, 2. Auflage, Anmerkung 5 zu § 2 DVG, die damit der Auffassung von Ringhofer in der ersten Auflage, Anmerkung 5 zu § 2 DVG folgen), sondern auch für den Bereich der Gemeinde die Vorgaben nach dem Bundesverfassungsrecht, insbesondere nach dem B-VG, zu beachten. Die Stellung eines obersten Verwaltungsorgans ist demnach dadurch gekennzeichnet, dass es keinem anderen Organ gegenüber weisungsgebunden ist, ein Instanzenzug gegen seine Entscheidungen ausgeschlossen ist und ihm gegenüber auch eine sachlich in Betracht kommende Oberbehörde nicht in Betracht kommt (so z.B. Mayer, B-VG, 2. Auflage, Anmerkung I.2. zu Art. 19 B-VG mit Judikaturnachweisen). Für den Gemeindebereich erfüllt - jedenfalls grundsätzlich, soweit nicht verfassungsrechtliche Sonderbestimmungen anderes vorsehen - nur der Gemeinderat diese Voraussetzungen, ist doch aus Art. 118 Abs. 5 B-VG (danach sind der Bürgermeister, die Mitglieder des Gemeindevorstandes (Stadtrates, Stadtsenates) und allenfalls bestellte andere Organe der Gemeinde für die Erfüllung ihrer dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörigen Aufgaben dem Gemeinderat verantwortlich) abzuleiten, dass er in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches ein den übrigen Gemeindeorganen vorgesetztes Organ ist; diese sind daher insoweit dem Gemeinderat gegenüber weisungsgebunden (so das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1992, G 117/92 = Slg. 13.304, der in dieser Frage der herrschenden Lehre folgt; siehe die dort angeführten Literaturnachweise). In diesem Sinn hat auch der Verwaltungsgerichtshof (wenn auch in einem anderen Zusammenhang) in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 24. April 1986, Zl. 85/02/0281 = Slg. NF Nr. 12.123/A (für die Gemeinde Wien) die Auffassung vertreten, dass der Gemeinderat - in seiner Eigenschaft als einziges unmittelbar demokratisch legitimiertes Organ der Gemeinde (Art. 117 Abs. 1 lit. a B-VG) - das oberste Organ der Gemeinde zu sein hat (vgl. dazu auch die dem Art. 118 Abs. 5 B-VG entsprechende Bestimmung des § 80 Abs. 3 WStV).
Abgesehen davon, dass den obersten Organen der Selbstverwaltung die obersten Organe des Bundes oder des Landes nicht als sachlich in Betracht kommende Oberbehörden vorgesetzt sind (VfSlg. 8136 und VfSlg. 11.307), unterliegt die Bundeshauptstadt Wien (im eigenen Wirkungsbereich) nach Art. 112 B-VG auch keiner Gemeindeaufsicht.
Der Stellung des Gemeinderates der Stadt Wien als oberstes Verwaltungsorgan (und damit auch als oberste Dienstbehörde) widersprechen auch nicht die §§ 83 bis 85 WStV, die unter der Überschrift "II. Ausübung der Oberaufsicht" bestimmte Aufsichtsrechte (im Sinn des § 81 II. WStV) regeln, die dem Gemeinderat im Hinblick auf diese Stellung eingeräumt werden (siehe zu dieser Einordnung der genannten Bestimmungen die Ausführungen von Ponzer/Cech, Die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien, Kurzkommentar, zu § 83 WStV auf Seite 131). Die gegenteilige Auffassung, die in den hg Entscheidungen vom 9. November 1972, Zl. 1211/72, und vom 29. November 1978, Zl. 1948/78, aus den genannten Bestimmungen abgeleitet wurde (was nach der damaligen Rechtslage - vor der Einführung des Berufungssenates durch LGBl. Nr. 12/1978 - zur Bejahung der Stellung des als Berufungsbehörde zuständigen Wiener Stadtsenates als zur Ausübung der Aufsichtsrechte nach § 68 AVG und § 13 DVG zuständigen obersten Dienstbehörde führte), ist im Hinblick auf das obzitierte später ergangene Erkenntnis eines verstärkten Senats unter VwSlg. 12.123/A aus 1986 als überholt anzusehen. Dies gilt in gleicher Weise auch für die in den hg. Entscheidungen vom 29. Oktober 1980, Zl. 3036/80, und vom 10. September 1984, Zl. 83/12/0058, bejahte Stellung des Berufungssenates als oberste Dienstbehörde.
Die §§ 83 ff WStV sind nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als abschließende Regelung aufzufassen, die zu Art. 118 Abs. 5 B-VG in Widerspruch stehen (vgl. in diesem Zusammenhang auch Ponzer/Cech, aaO, Seite 129, die die kompetenzmäßige Grundlage für die Deckung bestimmter Beschlüsse unmittelbar aus Art. 118 Abs. 5 B-VG ableiten).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage kommt aber dem Magistrat schon deshalb nicht die Stellung als oberste Dienstbehörde zu, weil er eine weisungsgebundene Behörde ist, deren Entscheidungen (Bescheide) im Instanzenzug bekämpft werden können. Die im Beschwerdefall nach der damals geltenden Rechtslage auch in Dienstrechtsangelegenheiten als Berufungsbehörde zuständige belangte Behörde, deren Mitglieder in Ausübung ihres Amtes durch die im Verfassungsrang stehende Bestimmung des § 48b Abs. 6 WStV, der erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides durch die Novelle, LGBl. Nr. 37/1997, eingefügt wurde, weisungsfrei gestellt wurden, ist auch deshalb keine oberste Dienstbehörde, weil sich nicht einmal aus einer derartigen besonderen verfassungsrechtlich abgesicherten Stellung ergibt, dass die Bescheide dieser Behörde nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg unterliegen (vgl. dazu z.B. das zu § 68 LDG 1984 ergangene hg. Erkenntnis vom 5. April 1990, Zl. 89/09/0044 = Slg. NF Nr. 13.170/A).
Da der Magistrat der Stadt Wien demnach zur Erlassung des Bescheides vom 18. März 1996 gemäß § 13 Abs. 2 DVG nicht zuständig war, wäre dessen Bescheid von der belangten Behörde ersatzlos zu beheben gewesen. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Zur Vermeidung von Missverständnissen weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass er sich in der vorliegenden Entscheidung nicht mit der Frage auseinander zu setzen hatte, wem die Befugnisse nach § 13 Abs. 2 DVG gegenüber Bescheiden des durch die Novelle LGBl. Nr. 34/1999 geschaffenen Dienstrechtssenates (einer Behörde nach Art. 133 Z. 4 B-VG) zukommt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und § 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Oktober 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1996120312.X00Im RIS seit
29.11.2001