Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn K. H., St., vom 13.04.2004 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 29.03.2004, Zl SG-161-2003, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 100,00, zu bezahlen.
Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird insofern ergänzt, als die Strafe gemäß § 366 Abs 1 Z 1 Gewerbeordnung ausgesprochen wird.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde Herrn K. H. zur Last gelegt, er habe vom 01.10.2003 bis 03.12.2003 in S. regelmäßig Tiere (Rinder) entgeltlich geschlachtet und dadurch das Fleischerhandwerk ausgeübt, obwohl er nicht im Besitz der erforderlichen Gewerbeberechtigung für das Fleischergewerbe war und dadurch gegen § 366 Abs 1 Z 1 iVm § 94 Z 19 Gewerbeordnung verstoßen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 500,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Seine Beitragspflicht zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens wurde mit Euro 50,00 bestimmt.
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, die Herr H. damit begründet, dass er nicht gegen die Gewerbeordnung verstoßen habe.
Die Berufungsbehörde hat hierzu wie folgt erwogen:
Aus den Erhebungen der Erstbehörde, deren Ergebnis vom Berufungswerber nie in Abrede gestellt wurde, ist Herr K. H. Landwirt und hat ein Schlachthaus im Nebengebäude zu seinem Wohnhaus errichtet. Beim Eingang wurde eine kleine Küche mit einem Tisch eingerichtet, wo man Leberkäse verzehren kann und auch Getränke angeboten werden. Dort war bei der behördlichen Kontrolle ein Verkaufsschild angebracht, dass Fleischkäse, Leberwurst, Presswurst, Eisbein in der Dose, Schweinefleisch ohne Knochen und Ochsenfleisch ohne Knochen zum Verkauf angeboten werden. Laut den am 03.12.2003 vorgelegten Unterlagen war der Schlachtraum seit 01.10.2003 in Betrieb. Der Schlachtraum hat das Erscheinungsbild eines einschlägigen Metzgereibetriebes; es wird laufend geschlachtet. Herr H. verarbeitet überwiegend zugekaufte Tiere. Er selbst besaß am 03.12.2003 eine Kuh, zwei Kälber, einen Stier und zwei Schweine. Bei einer Nachkontrolle am 10.03.2004 wurde festgestellt, dass im Keller Speck, Würste, Gewürze, Fleischkonserven und Geräte für den Metzgereibetrieb sowie Wursthüllen gelagert waren.
Gemäß § 2 Abs 1 Z 2 Gewerbeordnung gilt dieses Gesetz nicht für die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft. Nach Abs 4 Z 1 leg cit sind unter einem solchen Nebengewerbe zu verstehen die Verarbeitung und Bearbeitung überwiegend des eigenen Naturproduktes unter der Voraussetzung, dass der Charakter des jeweiligen Betriebes als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gewahrt bleibt; die Be- und Verarbeitung kann auch durch einen befugten Gewerbetreibenden im Lohnverfahren erfolgen; der Wert der allenfalls mitverarbeiteten Erzeugnisse muss gegenüber dem Wert des bearbeiteten oder verarbeiteten Naturproduktes untergeordnet sein.
Untergeordnet in diesem Sinn ist eine Tätigkeit gegenüber der landwirtschaftlichen Produktion dann, wenn sie im Verhältnis zu dieser an Umfang und wirtschaftlicher Bedeutung geringfügig ist. Die Zulässigkeit der Verarbeitung und Bearbeitung des eigenen Naturproduktes ist an die Voraussetzungen geknüpft, dass der Charakter des jeweiligen Betriebes als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gewahrt bleiben muss und der Wert der allenfalls mitverarbeiteten Erzeugnisse gegenüber dem Wert des bearbeiteten oder verarbeiteten Naturproduktes untergeordnet sein muss. In Anbetracht des Umstandes, dass der Berufungswerber selbst nur eine Kuh, zwei Kälber, einen Stier und zwei Schweine besaß und dafür einen Schlachtraum errichtete, der das Erscheinungsbild eines einschlägigen Metzgereibetriebes aufweist, lässt erkennen, dass der Charakter als landwirtschaftlicher Betrieb nicht mehr gewahrt geblieben ist. Dadurch, dass regelmäßig geschlachtet wurde und sowohl das rohe Fleisch als auch verarbeitete Fleischprodukte wie Fleischkäse und Würste regelmäßig verkauft wurden, konnte der Betrieb nur durch den überwiegenden Zukauf zu verarbeitender Tiere aufrecht erhalten werden. Nach der zitierten Gesetzesbestimmung muss jedoch überwiegend das eigene Naturprodukt verarbeitet und bearbeitet werden. Nach Lehre und Rechtssprechung ist davon auszugehen, dass bei Ver- und Bearbeitung zugekaufter Naturprodukte von der überwiegenden Verarbeitung eigener Naturprodukte ausgegangen werden kann, wenn höchstens 25 Prozent zugekaufte Produkte be- oder verarbeitet werden. Bei der Verarbeitung überwiegend zugekaufter Produkte ist dieses Kriterium jedenfalls nicht erfüllt. Nach Meinung von Grabler-Stolzlechner-Wendl in der 2. Auflage des Kommentars zur Gewerbeordnung, Verlag Springer, Seite 101 unten, erscheint es fraglich, ob Schlachttiere (in eingeschränktem Ausmaß) zugekauft werden dürfen. Sofern ein Schlachttier aus einem anderen landwirtschaftlichen Betrieb stammt, kann es als Naturprodukt qualifiziert werden; in einem solchen Fall können Schla chttiere zur Schlachtung und Ausschrotung zugekauft werden, wenn gleichzeitig überwiegend selbst herangezogene Nutztiere geschlachtet und be- und verarbeitet werden. Auf Seite 103 im dritten Absatz führen diese Kommentatoren aus, dass Kriterien für einen landwirtschaftlichen Betrieb etwa der überwiegende Verkauf auf Vorbestellung sowie die Bearbeitung der Produkte in größeren Zeitabständen, etwa monatliche Schlachtung, sind. Diese Kriterien werden vom Betrieb des Herrn H. nicht erfüllt, weshalb dieser von der Erstbehörde zu Recht nicht als landwirtschaftliches Nebengewerbe eingestuft wurde. Dieser Feststellung des Straferkenntnisses wurde vom Berufungswerber auch nicht durch entsprechende Vorbringen entgegen getreten. Daraus ist zu ersehen, dass der von Herrn K. H. geführte Betrieb die Eigenschaften des reglementierten Gewerbes eines Fleischers erfüllt, wofür eine entsprechende Gewerbeberechtigung erforderlich ist. Über eine solche verfügt der Berufungswerber nicht.
Gemäß § 366 Abs 1 Z 1 Gewerbeordnung begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu Euro 3.600,00 zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Das Verhalten von Herrn H. stellte demnach entgegen seiner Meinung sehr wohl einen Verstoß gegen die Gewerbeordnung dar.
Die Höhe der verhängten Geldstrafe wurde in der Berufung nicht angefochten. Der Aufforderung der Erstbehörde vom 04.03.2004 zur Bekanntgabe seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ist der Rechtsmittelwerber nicht nachgekommen, ebenso hat er in seiner Berufung dazu keine Angaben gemacht. Wie in der Aufforderung vom 04.03.2004 angekündigt, ist in diesem Fall eine Einschätzung durch die Behörde vorzunehmen. Es war somit von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen. Als Verschuldensgrad ist zumindest Fahrlässigkeit anzunehmen, weil jemand, der eine gewerbliche Tätigkeit aufnimmt, sich davor über die einschlägigen gesetzlichen Regelungen in Kenntnis setzen muss. Der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretung ist erheblich, da ein großes öffentliches Interesse daran besteht, dass gewerbliche Tätigkeiten nur von berechtigten Personen ausgeübt werden und in die Interessen der berechtigten Gewerbetreibenden durch unbefugte Gewerbeausübung nicht eingegriffen wird.
Der gesetzliche Strafrahmen wurde von der Erstbehörde zu knapp 14 Prozent ausgeschöpft. In Anbetracht der bisherigen Unbescholtenheit des Beschuldigten ist die von der Erstbehörde gewählte Strafhöhe als angemessen anzusehen und kann nicht davon gesprochen werden, dass diese überhöht wäre. Die Berufung war deshalb als unbegründet abzuweisen.