Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Osinger in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 2.6.2004 aufgrund der Berufung von Frau Elisabeth S gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat Ottakring vom 22.12.2003, Zl. S 127.181/O/03, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 36 lit e KFG 1967 entschieden wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoferne Folge gegeben als die Berufungswerberin vom Vorwurf freigesprochen wird, am 4.7.2003 an ihrem Fahrzeug W-72 überhaupt keine Begutachtungsplakette (§ 57a Abs 5 und 6 KFG 1967) angebracht [zu ergänzen: gehabt] zu haben. Sie hat lediglich zu verantworten, keine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette (§ 57a Abs 5 und 6 KFG 1967) am Fahrzeug angebracht [zu ergänzen: gehabt] zu haben.
Die über die Berufungswerberin verhängte Strafe wird auf 40 Euro, im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, herabgesetzt. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG beträgt der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 4 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe.
Gemäß § 65 VStG hat die Berufungswerberin keinen Berufungskostenbeitrag zu bezahlen.
Die Berufungswerberin ist wegen Übertretung des § 36 lit e KFG 1967 bestraft worden.
Der Spruch des Straferkenntnisses lautet wie folgt:
?Sie haben am 04.07.2003 um 15.15 Uhr in Wien, B-gasse als Zulassungsbesitzerin des KFZ W-72 nicht dafür gesorgt, dass auf dem auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr verwendeten Fahrzeug eine Begutachtungsplakette (§ 57a Abs 5 u. 6 KFG) angebracht war.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende
Strafe verhängt:
Geldstrafe von Euro 84,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 84 Std. gemäß § 134 Abs 1 KFG Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
8,40 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 92,40 Euro gesamt. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."
Die Berufungswerberin wendet ein, es habe sich am Fahrzeug sehr wohl eine Begutachtungsplakette befunden. Sie könne den Werkstattbericht vom Frühjahr 2003 beibringen, aufgrund dessen die ?Genehmigung" für die erneute Begutachtungsplakette erfolgt sei, die bis März 2004 Gültigkeit habe.
In der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 23.4.2004 ist die Anzeigelegerin, Frau GrI Bernadette L, mit vorangegangener Zustimmung der erkrankten Berufungswerberin, als Zeugin vernommen worden. Sie hat Folgendes ausgesagt:
?Das Fahrzeug ist mir schon einige Wochen vor der Anzeige aufgefallen, weil es kein Pickerl hatte. Es war ein alter VW Bus.
Auf
der Ablagefläche hinter der Windschutzscheibe lagen eine Menge von Zetteln u. Papieren und war ersichtlich, dass darunter noch ein Stück einer Glasscheibe gelegen ist. Diese Glasscheibe war großteils verdeckt u. habe ich mir gedacht, dass es sich vielleicht um einen Teil einer alten Windschutzscheibe mit dem Pickerl handeln könnte. Deswegen habe ich nicht sofort Anzeige erstattet, sondern einige Zeit gewartet, ob das Stück Glas einmal nicht verdeckt ist. Nach einigen Wochen ist es mir dann zu dumm geworden und habe ich Anzeige erstattet und eine Verständigung am FZ hinterlassen. Bei der nächsten Kontrolle war die Anzeigenverständigung weg und wird der Fahrzeugbesitzer die möglicherweise entfernt haben.
Erst einige Tage nach Abfassung meines Berichts vom 20.9.2003 habe ich dann erstmals das Pickerl rechts oben auf der Windschutzscheibe gesehen.
Eine Zeit lang ist der VW Bus immer an der selben Stelle gestanden. Ich vermute schon, dass jemand mit dem Auto gefahren ist und war ja auch der Verständigungszettel bei der nächsten Kontrolle weg. Das Fahrzeug ist aber immer im selben Bereich abgestellt gewesen.
Über Vorhalt der Angaben der Berufungswerberin, es wäre die Begutachtungsplakette seit ?Frühjahr 2003" rechts oben auf der Windschutzscheibe angebracht gewesen, was von der Werkstätte gemacht worden wäre: Das schließe ich aus. Ich habe nicht nur die Windschutzscheibe, sondern auch die rechte Fahrzeugseite genau kontrolliert, ob dort die Plakette angebracht ist und zeigt das, wie genau ich da geschaut habe, sonst hätte ich ja gar nicht die Karosserie besichtigten müssen. Warum hätte ich das Pickerl erstmals Ende September entdecken sollen, wenn ich mindestens einmal in der Woche am Fahrzeug vorbeigegangen bin. Befragt, zu welcher Tageszeit das gewesen ist: Das war verschieden, teilweise tagsüber, teilweise nachts.
Ich war meistens alleine auf Streife, zu Fuß. Die B-gasse ist dort immer stark verparkt, tags und nachts. Ich bin seit rund 2 Jahren in diesem Wachzimmer und gehe ich da immer durch die B-gasse. Es ist möglich, dass das FZ schon dort gestanden ist, als ich es noch nicht bewusst wahrgenommen habe. Ich bin auf Fußstreife unterwegs in einem Gebiet, das begrenzt wird vom Gürtel u. der P-gasse einerseits und der G-gasse u. der T-straße andererseits. Wenn mir vorgehalten wird, dass die Berufungswerberin seit dem Jahre 1997 in der B-gasse wohnt (Abstellort war B-gasse), das alte Pickerl mit Ende April abgelaufen ist und ich angegeben habe, die B-gasse und Umgebung seit rund 2 Jahren mindestens einmal in der Woche zu kontrollieren, wie es dann möglich ist, dass mir das fehlende Pickerl nicht schon Anfang Mai, sondern offenbar erst Mitte Juni aufgefallen ist: Das kann ich mir eigentlich nicht erklären.
Ich war zwar im Mai auf Urlaub, aber nur 2 Wochen. Die Fußstreife habe ich abgesehen vom Urlaub regelmäßig absolviert. Vielleicht hat die Bw das Pickerl zunächst schon an der Windschutzscheibe angebracht gehabt, dann jedoch die Windschutzscheibe ausgewechselt und habe ich auch ein Glasstück im Wageninneren liegen sehen können. Vielleicht hat sie im September ein Ersatzpickerl an der Windschutzscheibe angebracht und in der Zwischenzeit keines dort kleben gehabt.
In letzter Zeit sehe ich das Fahrzeug der Berufungswerberin nicht mehr in der B-gasse, vielleicht hat sie es jetzt verkauft. Ich mache weiter wie gewöhnlich den Fußstreifendienst. Es ist ein auffallendes Fahrzeug, ein alter VW Bus in schreiend roter Farbe. Befragt, ob ich nach der ersten Wahrnehmung des Fahrzeuges mit fehlendem Pickerl bis zur Anzeigenerstattung am 4.7.2003 immer wieder nachkontrolliert habe, ob das Pickerl weiter fehlt oder ob ich
vielleicht nur noch auf den Wagen bzw. darauf geachtet habe, ob das Glasstück im Wageninneren endlich sichtbar wird, wo ich das Pickerl vermutet habe: Nein, ich habe immer wieder das ganze Fahrzeug kontrolliert u. habe ich das auch am 4.7.2003 so gemacht."
In der fortgesetzten Verhandlung vom 2.6.2004 hat die Berufungswerberin als Partei vernommen Folgendes angegeben:
?Ich lege vor den Überprüfungsbericht der Kraftfahrzeugwerkstätte Anton K, Wien, Br-straße vom 3.5.2003. Diese Kopie wurde mir bei der letzten Pickerlüberprüfung am 27.4.2004 vom Chef Herrn Anton K in die Hand gedrückt. Ich habe an dem Dokument nichts geändert. Wenn mir vorgehalten wird, dass mir auf einer offenkundigen Schwarzweißkopie der wiederkehrenden
Überprüfung meines Fahrzeugs vom 3.5.2003 über Datum und Unterschrift des Prüfers erstmals auf der Kopie die Firmenstempel und das Rundsiegel der Begutachtungsstelle aufgebracht worden sind: Das kann schon sein. Ich habe Hr. K am 27.4.2004 um die Kopie ersucht und nicht darauf geschaut, ob er erstmals das Gutachten gestempelt hat. Warum auf dem Original, das er kopiert hat Firmenstempel und Siegel offenbar gefehlt haben kann ich nicht sagen. Nach der Überprüfung vom 4.5.2003 habe ich schon eine Ausfertigung des Gutachtens ausgehändigt bekommen, doch habe ich die dann verloren. Ich weiß nicht, ob auf meiner ursprünglichen Ausfertigung Firmenstempel und Siegel angebracht waren. Möglich wäre, dass Hr. K nur die Ausfertigung stempelt die er dem Kunden in die Hand gibt. Es stimmt, dass ich die Überprüfung am 3.5.2003 etwas zu spät vorgenommen habe aber es war ja kurz nach Ablauf der Frist. Ich musste vorher noch einiges am Fahrzeug reparieren lassen. Darauf ist das Fahrzeug dann immer in der Nähe meiner Wohnung in Wien, B-gasse gestanden. Es hatte sicher die Begutachtungsplakette rechts oben oder unten auf der Windschutzscheibe drauf. Es ist ein sehr alter alter VW-Bus (Baujahr 72) der sehr häufig kontrolliert wird. Ich könnte es mir gar
nicht leisten ohne Plakette herumzufahren. Befragt, warum die Anzeigerin dann die Plakette übersehen hat: Ich war im Juni zwei Wochen mit dem VW Bus auf Urlaub. Das Fahrzeug habe ich da in den Bergen abgestellt, zum Teil im Fahrzeug geschlafen. Da wird es schon schmutzig geworden sein. Ich putze das Fahrzeug nicht so häufig. Der Anbringungsort des Pickerls war wahrscheinlich außerhalb der Scheibenwischer. Vielleicht konnte die Polizistin das Pickerl vor lauter Schmutz nicht sehen. Wann ich das Fahrzeug bzw. die Scheiben gründlich gewaschen habe weiß ich jetzt nicht mehr. Im Sommer 2003 war es bekanntermaßen lange Zeit heiß und trocken. Ich kann nicht ausschließen, dass das Pickerl nicht gut sichtbar angebracht war, sehr wohl ausschließen kann ich aber dass es im Tatzeitpunkt 4.7.2003 zur Gänze gefehlt hat."
Daraufhin ist der aus dem Spruch ersichtliche Berufungsbescheid zunächst mündlich verkündet worden. Dafür waren folgende Gründe maßgeblich:
Die Anzeigelegerin war sich sicher, bei mehreren, schon vor dem Anzeigezeitpunkt 4.7.2003 erfolgten Kontrollen niemals eine Begutachtungsplakette auf der rechten Fahrzeugseite gesehen zu haben. Eine solche Plakette habe das Fahrzeug erst im Herbst 2003 (Ende September 2003) gehabt. Da sei das Pickerl rechts oben auf der Windschutzscheibe gewesen. Nach den Angaben der Berufungswerberin habe sie das Pickerl nicht erst im Herbst 2003, sondern bereits im ?Frühjahr" (laut dem vorgelegten Überprüfungsbericht am 3.5.2003) angebracht. Das Pickerl habe nicht sie selbst, sondern wie auch bei den anderen Überprüfungen die Kraftfahrzeugwerkstätte (Anton K in Wien, Br-Straße) angebracht.
Die beiden Schilderungen müssen sich dann nicht widersprechen, wenn die Überprüfungsplakette zwar wie von der Berufungswerberin angegeben (und durch das von ihr vorgelegte Gutachten gemäß § 57a Abs 4 KFG 1967 vom 3.5.2003 offenbar bestätigt) bereits am 3.5.2003 am Fahrzeug (rechts oben an der Windschutzscheibe) angebracht worden, aufgrund nachfolgender Verschmutzung jedoch für ein Kontrollorgan nicht ohne weiteres zu erkennen gewesen ist. Beim überprüften Fahrzeug handelt es sich um einen sehr alten VW Bus (Baujahr 1972). Der Anbringungsort der Überprüfungsplakette befand sich offenbar oberhalb des Scheibenwischers, sodass allfällige Verschmutzungen nicht durch den Scheibenwischer entfernt werden konnten, sondern der Schmutz ganz im Gegenteil sogar nach oben transportiert und die Überprüfungsplakette dadurch noch mehr den Blicken entzogen werden konnte. Die Berufungswerberin hat gar nicht bestritten, dass sie bei ihrem alten VW Bus nicht besonders auf Sauberkeit achtet. Sie ist im Juni 2003, d.h. nicht allzu lange vor dem Kontrollzeitpunkt 4.7.2003, zwei Wochen lang auf Bergurlaub in Kärnten unterwegs gewesen, hat zum Teil auch im Fahrzeug geschlafen. Gereinigt hat sie das Fahrzeug offenkundig weder während dieses Urlaubs noch danach. Im Sommer 2003 war die Witterung allseits bekannt besonders heiß und trocken. Die Berufungswerberin hat auch im persönlichen Auftreten nicht den Eindruck hinterlassen, dass sie einer - wenn auch für sie sicherlich schmerzhaften - Geldstrafe dadurch zu entkommen trachten würde, dass sie unrichtigerweise die Anbringung der Begutachtungsplakette bereits vor dem Tatzeitpunkt behaupten würde, wozu sie ja das Überprüfungsorgan, offenbar den Inhaber der Kraftfahrzeugwerkstätte Hrn. Anton K, dazu hätte bringen müssen, eine falsche Zeugenaussage zu machen oder Gefahr gelaufen wäre, dass ihre Aussage als Lüge enttarnt wird. Beides kann bei der Berufungswerberin nicht angenommen werden. Sie hat gar nicht den Eindruck erweckt, dass sie Willens gewesen wäre, derartige Anstrengungen zu unternehmen, um der betreffenden Strafe zu entgehen. Die Berufungswerberin will offenkundig durch behördliche Vorgänge möglichst wenig belästigt werden. Es liegt offenbar nicht in ihrer Persönlichkeit, aufwendige Entlastungskonstruktionen zu planen und dann in die Tat umzusetzen. Auf der anderen Seite folgt aus der Übernahme der Version der Berufungswerberin keineswegs, dass die Anzeigelegerin die Unwahrheit gesagt hat.
Es wird daher als erwiesen festgestellt, dass auf dem alten VW Bus mit dem Kennzeichen W-72, der auf die Berufungswerberin zugelassen und zuletzt am 3.5.2003 in der Kraftfahrzeugwerkstätte Anton K, Wien, Br-Straße gemäß § 57a Abs 4 KFG 1967 überprüft worden ist, seit 3.5.2003 und somit auch am 4.7.2003 im rechten oberen Bereich der Windschutzscheibe eine Begutachtungsplakette angebracht war. Die betreffende Begutachtungsplakette war am 4.7.2003 jedoch in einem solchen verschmutzten Zustand, dass das Ende der gemäß § 57a Abs 3 für die nächste wiederkehrende Begutachtung des Fahrzeuges festgesetzte Frist außerhalb des Fahrzeuges nicht leicht festgestellt
werden konnte.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:
Gemäß § 36 lit e KFG 1967 dürfen unter anderem Kraftfahrzeuge auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn bei den der wiederkehrenden Begutachtung (§ 57a) unterliegenden zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen, soweit sie nicht unter § 57a Abs 1b fallen, eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette (§ 57a Abs 5 und 6) am Fahrzeug angebracht ist.
Gemäß § 57a Abs 5 KFG 1967 ist die Begutachtungsplakette so am Fahrzeug anzubringen, dass das Ende der gemäß Abs 3 für die nächste wiederkehrende Begutachtung festgesetzten Frist außerhalb des Fahrzeuges stets leicht festgestellt werden kann. Gemäß § 9 Abs 1 der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung, BGBl. II Nr. 78/1998 idF. 165/2001, muss die Begutachtungsplakette so am Fahrzeug angebracht sein, dass das Jahr und der Monat der vorgeschriebenen nächsten wiederkehrenden Begutachtung des Fahrzeuges durch je eine in den zugehörigen Feldern der Plakette angebrachte Lochmarkierung nach dem Anbringen der Begutachtungsplakette auf dem Fahrzeug deutlich sichtbar ist.
Gemäß § 103 Abs 1 Z 1 KFG 1967 hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.
Der Bestimmung des § 36 lit e KFG 1967 handelt zuwider, wer ein Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr verwendet oder als Zulassungsbesitzer verwenden lässt, ohne dass am Fahrzeug eine gültige Begutachtungsplakette angebracht ist, aus der jederzeit zu entnehmen ist, dass die Begutachtungsfrist (samt Nachfrist) noch nicht abgelaufen ist (vgl. etwa VwGH vom 27.10.1993, 92/03/0099). Für die Verwirklichung dieses Tatbestandes ist es unerheblich, ob gar keine Begutachtungsplakette oder ob eine solche am Fahrzeug angebracht ist, die den Vorschriften nicht entspricht (VwGH vom 1.7.1981, 81/03/0061).
Der Tatbestand des § 36 lit e KFG 1967 kann somit durch unterschiedliche, vom Tatbestand her gesehen jedoch gleichzuhaltende Handlungen bzw. Unterlassungen übertreten werden. Das Auswechseln der diesbezüglichen Tatbegehungsformen ist dabei zwar kein gemäß § 66 Abs 4 AVG unzulässiger Tataustausch (ebenso bei den verschiedenen Formen der Tatbegehung nach § 103 Abs 2 KFG 1967 etwa VwGH vom 26.1.1998, 96/17/0345), was aber nicht ausschließt, dass sich die unterschiedlichen, unter denselben Tatbestand fallenden Tatbegehungsvarianten sowohl sachverhaltsmäßig als auch von ihrem Unrechtsgehalt her unterscheiden können.
Der Vorwurf, überhaupt keine Begutachtungsplakette am Fahrzeug angebracht zu haben, stellt gegenüber dem Vorwurf, deswegen keine den Vorschriften zur Gänze entsprechende Begutachtungsplakette angebracht zu haben, weil die angebrachte Begutachtungsplakette aufgrund ihrer Verschmutzung das Ende der Begutachtungsfrist samt Nachfrist nicht ?stets leicht" erkennen ließ, sowohl vom Sachverhalt wie auch vom Unrechtsgehalt her gesehen zweifellos ein ?Weniger" dar.
Beim Delikt des § 36 lit e KFG 1967 stellt die (zulässige) Abänderung des Tatvorwurfes, am Fahrzeug sei gar keine Begutachtungsplakette angebracht gewesen, auf den Vorwurf, diese habe ?bloß" (infolge Verschmutzung) nicht zur Gänze der Vorschrift des § 57a Abs 5 und 6 KFG 1967 entsprochen, eine Tateinschränkung dar, wodurch im Sinn des § 65 VStG einer Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wird. In einem solchen Fall dürfen dem Berufungswerber die Kosten des Berufungsverfahrens unabhängig vom Strafausspruch nicht auferlegt werden.
Wie bereits oben ausgeführt ist die Berufungswerberin als Zulassungsbesitzerin im Sinn des § 103 Abs 1 Z 1 KFG 1967 dafür verantwortlich gewesen, dass am 4.7.2003 um 15.15 Uhr das auf sie zugelassenen Fahrzeug W-72 auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr (in Wien, B-gasse) mit bloß einer solchen Begutachtungsplakette im Sinn des § 57a Abs 5 KFG 1967 abgestellt gewesen ist, dass das Ende der Begutachtungsfrist (samt Nachfrist) infolge Verschmutzung nicht ?stets leicht" festgestellt werden konnte. Die Berufungswerberin hat durch ihr Vorbringen nicht glaubhaft machen können, dass sie an der betreffenden Übertretung kein Verschulden traf, zumal die betreffende Verschmutzung offenkundig nicht bloß kurzfristig, sondern während längerer Zeit bestanden hat.
Zur Strafbemessung:
Gemäß § 134 Abs 1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2 180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer u.a. diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt.
Dadurch, dass der Berufungswerberin nicht das gänzliche Fehlen der geforderten Begutachtungsplakette, sondern ?bloß" einer solchen anzulasten war, dass das Ende der Begutachtungsfrist nicht jederzeit leicht festgestellt werden konnte, ist der Tatvorwurf
im Ergebnis eingeschränkt worden. Der Unrechtsgehalt der den Gegenstand der Bestrafung bildenden Tathandlung ist gegenüber der ursprünglichen angelasteten deswegen geringfügiger, da das Überwachungsorganen mit gewissem Aufwand an Ort und Stelle das Ende der Begutachtungsfrist hätte feststellen können. Der Schuldgehalt der Übertretung ist trotz der bloß fahrlässigen Tatbegehung nicht gering, da es die Berufungswerberin an der erforderlichen Sorgfalt in erheblichem Ausmaß mangeln ließ. Sie ist im Tatzeitpunkt bereits einmal, im gegebenen Zusammenhang jedoch nicht einschlägig, vorbestraft gewesen. Auch sonst haben sich keine Erschwerungsgründe- oder Milderungsgründe ergeben. Die finanziellen Verhältnisse der Berufungswerberin sind sehr ungünstig (Arbeitslosengeld von rund 600 Euro monatlich, kein Vermögen, keine Sorgepflichten).
Unter Berücksichtigung des deutlich verringerten Unrechtsgehaltes sowie der ungünstigen finanziellen Verhältnisse der Berufungswerberin konnte die Strafe auf das nunmehrige Strafausmaß herabgesetzt werden. Eine weitere Herabsetzung kam nicht in Betracht, zumal die Strafhöhe nun bloß rund ein Fünfzigstel der Strafobergrenze beträgt. In Folge Tateinschränkung bzw. Strafherabsetzung hat die Berufungswerberin keinen Berufungskostenbeitrag zu bezahlen.