Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Christoph Lehne über die Berufung des Herrn J. G., F., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. J. T. und Mag. W. H., Z. a. Z., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 08.03.2004, Zl AW-3-2004, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber Folgendes zur Last gelegt:
?Der Beschuldigte J. G., F., hat zumindest seit Dezember 2002 und jedenfalls auch noch am 11.02.2004 auf dem Grundstück des H.-P. S., wohnhaft in G., welches sich ca 100 m südlich des Ortskernes von G. unterhalb der Straße befindet, Abfälle in Form von Bodenaushub und Steinen in einem Ausmaß von ca 15 x 15 m abgelagert.
Er hat dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 2 Z 3 iVm § 15 Abs 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes des Bundes, BGBl Nr 102/2002, (kurz AWG 2002) begangen.?
Nach § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.800,00 (Ersatzarrest von drei Tagen) verhängt. Die Verfahrenskosten wurden mit Euro 180,00 bestimmt.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung wurde Folgendes ausgeführt:
?J. G. hat mit Kenntnis und mit Zustimmung des Grundeigentümers P. S. Aushub- und Aufräummaterial gelagert. Es handelt sich ausschließlich um Material, das in Zusammenhang mit dem Stallneubau des Grundeigentümers P. S. angefallen ist. Das Material blieb vorerst liegen, da allenfalls noch landwirtschaftliche Rekultivierungsmaßnahmen unter Verwendung dieses Materials durchgeführt werden sollten. Zwischenzeitig wurde das Material allerdings entfernt.
J. G. hatte niemals die Absicht, Abfälle zu sammeln oder zu lagern. Wie bereits erwähnt, handelt es sich um Aushubmaterial, das beim Stallneubau des Grundeigentümers P. S. angefallen ist. Der Stallneubau befindet sich in unmittelbarer Nähe.
Sollte das gegenständliche Aushubmaterial überhaupt Abfall im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 darstellen, so ergibt sich aus der Bestimmung des § 1 Abs 3 AWG 2002 jedenfalls, dass öffentliche Interessen nicht beeinträchtigt sind.
Der Begründung im angefochtenen Straferkenntnis, das gegenständlich abgelagerte Material erfordere eine Sammlung als Abfall im öffentlichen Interesse, weil durch die Ablagerung auf einer Wiese neben der Straße das Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt würden, kann nicht gefolgt werden. Das Material befand sich zwar neben der Straße, so wie sich auch der Stallneubau direkt neben der Straße befindet, eine Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes hat aber nicht stattgefunden, dazu war auch die Materialmenge zu gering. Offensichtlich liegt dem gegenständlichen Strafverfahren auch keine Anzeige der ?Öffentlichkeit? zugrunde, sondern Beobachtungen eines Mitarbeiters der Bezirkshauptmannschaft, der einen strafbaren Sachverhalt vermutete. Wäre mit dem Material tatsächlich eine erhebliche Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes verbunden gewesen, so müsste man davon ausgehen, dass Anrainer, Besucher etc Anzeige erstattet hätten.
Darüber hinaus stand das Material insofern in einer bestimmungsgemäßen Verwendung, als vorgesehen war, bewilligungsfreie landwirtschaftliche Rekultivierungsmaßnahmen unter Verwendung dieses Materials, das aus dem selben Boden stammt, durchzuführen. Es wäre nicht sinnvoll, das Aushubmaterial zunächst auf eine Anlage zu verbringen, um sodann für die Rekultivierungsarbeiten das Material wieder abzuholen oder anderes Material zu verwenden.
Schließlich ist G. J. nicht gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig. J. G. betreibt zwar ein Erdbewegungsunternehmen, führt aber überwiegend Grabungsarbeiten und Rekultivierungsarbeiten durch, weshalb in seinem Betrieb auch nur Bagger im Einsatz stehen.?
Abschließend wurde beantragt, das Verfahren einzustellen.
In der mündlichen Berufungsverhandlung wurde Beweis aufgenommen durch die Einvernahme des Landwirtes P. S. und des Berufungswerbers sowie die Einsichtnahmen in Fotos vom derzeitigen Zustand des Grundstückes des Herrn P. S.
Aufgrund des Ermittlungsverfahrens steht fest, der Berufungswerber ist Erdbewegungsunternehmer und hat keine eigene Deponie. Sehr selten führt er Aushub auf dafür genehmigte Deponien. Sein eigentliches Geschäft ist die Erdbewegung bzw der Leitungsbau. Es hat ungefähr im Dezember 2002 anlässlich des Stallneubaus seines Onkels H.-P. S. einen Aushub vorgenommen. Einen Teil dieses Aushubs hat er wieder verwendet. Ein Teil dieses Aushubs ist die ursprünglich von der Erstbehörde beanstandete Schüttung. Diese Schüttung ist von Dezember 2002 bis ca März 2004 dort liegen geblieben. Steine, die auf dem Foto abgebildet sind, wurden dem Nachbarn für den Garten gegeben, die Erde wurde an Ort und Stelle eingebaut. Von der Schüttung ist auf dem beanstandeten Grundstück nichts mehr zu sehen. Es steht fest, dass der Erdaushub für den Zeugen H.-P. S. verwendet wurde und dass die Steine für den Hausneubau des Zeugen A. H., wohnhaft in G., verwendet wurde. Dies wurde durch die Einvernahme des Landwirtes und die Einholung einer eidesstättigen Erklärung des A. H. festgestellt.
Aufgrund dieses Sachverhaltes ergibt sich folgende rechtliche Beurteilung:
Nach § 15 Abs 3 AWG 2002 dürfen außerhalb von
1.
hiefür gene hmigten Anlagen oder
2.
für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten Abfälle nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden.
Abfälle im Sinn des § 2 Abs 1 AWG 2002 sind bewegliche Sachen, die unter die in Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und
1.
derer sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2.
deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen nicht zu beeinträchtigen.
Im Anhang 1, Untergruppe Q14, sind Produkte, die vom Besitzer nicht oder nicht mehr verwendet werden, angeführt, in welcher allenfalls der Aushub einzuordnen ist, weil dieser nicht wieder verwendet werden kann. Im gegenständlichen Fall ist aufgrund der Erklärung des Landwirtes und des Berufungswerbers davon auszugehen, dass beide sich nicht des Bodenaushubes entledigen wollten, sondern ihn zulässigerweise wiederverwerten wollten. Ebenso ist für die seinerzeit bei der Schüttung separat gelagerten Steine davon auszugehen, dass diese einer zulässigen Wiederverwendung zugeführt wurden. Es fehlt damit sowohl dem Bodenaushub als auch den Steinen an der Abfalleigenschaft im Sinn des § 2 Abs 1 Z 1 AWG 2002. Es liegt daher keine abfallrechtliche Übertretung vor.
Das Verfahren ist daher einzustellen.