TE UVS Niederösterreich 2004/06/23 Senat-MD-03-1238

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Veröffentlicht am 23.06.2004
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Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) 1991 Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben.

 

Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 1991 wird die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

Text

Mit Straferkenntnis vom 15.5.2003, Zl 3-*****-03, erkannte die Bezirkshauptmannschaft X den nunmehrigen Berufungswerber der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 52 lit a Z 11a StVO schuldig, weil er am 24.11.2002, um 14,23 Uhr, im Ortsgebiet P*************, auf der M********, Höhe BMW Z****, Fahrtrichtung Westen, als Lenker des Kombis **-**UM, die aufgrund des angebrachten Vorschriftszeichens ?Zonenbeschränkung? erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h überschritten hatte (radargemessene Geschwindigkeit: 52 km/h), und verhängte hiefür gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von ? 43,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 16 Stunden) unter gleichzeitiger Vorschreibung eines Kostenbeitrages gemäß § 64 Abs 2 VStG von ? 4,30.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte fristgerecht am 27.5.2003, berichtigt mit Schriftsatz vom 8.3.2004, ua mit der Begründung Berufung, dass die Kundmachung der 40 km/h-Zone in P*************, Mühlgasse, nach der Kreuzung mit der B************ (Abzweigung B **), durch das rechts neben der Fahrbahn angebrachte, für die Fahrtrichtung Westen geltende, Verkehrszeichen nicht den Bestimmungen des § 48 Abs 5 StVO entspreche, weil der Abstand des unteren Randes des Verkehrszeichens zur Fahrbahn nicht wie gesetzlich vorgeschrieben maximal 2,20 m, sondern 2,35 m, und der seitliche Abstand des Verkehrszeichens zum Fahrbahnrand nicht wie gesetzlich vorgesehen mindestens 0,30 m, sondern lediglich 0,10 m, betragen.

Er beantrage daher die ?Aufhebung der Verwaltungsstrafe?.

 

Mit Schreiben vom 30.5.2003 legte die Bezirkshauptmannschaft X den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vor.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Unbestrittenerweise steht fest, dass der Tatort innerhalb des Bereiches gelegen ist, für welchen aufgrund der, zur Tatzeit in Geltung stehenden, Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde P************* vom 20.11.1997, Zl Z-**/97-2, eine Zonenbeschränkung mit einer Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h gemäß § 43 Abs 1 lit b Z 1 StVO angeordnet worden ist.

 

Gemäß § 44 Abs 1 StVO sind die im § 43 StVO bezeichneten Verordnungen durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft.

 

§ 48 StVO beinhaltet die für die Anbringung der Straßenverkehrszeichen geltenden Vorschriften und bestimmt ua in Abs 5, dass bei seitlicher Anbringung ?der seitliche Abstand zwischen dem der Fahrbahn zunächst liegenden Rand eines Straßenverkehrszeichens und dem Fahrbahnrand im Ortsgebiet nicht weniger als 0,30 m? betragen darf.

 

Die gesetzmäßige Anbringung der Straßenverkehrszeichen nach den Vorschriften der §§ 48 ff StVO gehört zur ordentlichen Kundmachung von Verordnungen. Gerichte (und auch Verwaltungsbehörden) haben nicht gehörig kundgemachte Verordnungen nicht anzuwenden (VwGH 28.3.1977, 159/76).

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH 17.10.1967, V 37/67) hat eine einzige Verletzung der Kundmachungsvorschrift zur Folge, dass die Verordnung zur Gänze als nicht gehörig kundgemacht anzusehen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 4.7.1963, 2042/62) hat dazu auf Verwaltungsstrafverfahren bezogen entschieden, dass die Nichtbeachtung eines gesetzwidrig angebrachten Verkehrszeichens nicht strafbar ist.

 

Aus § 48 Abs 5 StVO ergibt sich keine Verpflichtung der Behörde zur zentimetergenauen Einhaltung der Höchst- und Mindestmaße für die Anbringung von Straßenverkehrszeichen. Eine Verletzung von Rechten des Berufungswerbers kann nur unter Annahme eines wesentlichen Verstoßes gegen die erwähnte Vorschrift vorliegen, der von der Partei detailliert (zB Ausmaß der Über- bzw Unterschreitung) anzugeben ist (VwGH 13.2.1985, 85/18/0024).

 

Die senkrechte Entfernung des unteren Randes des Straßenverkehrszeichens muss nicht zentimetergenau 2,20 m sein. 20 cm höher kann aber nicht mehr hingenommen werden. Diese Abweichung bewirkt, dass die Kundmachung der Verordnung nicht gesetzmäßig ist (VfGH 16.12.1975, V 27/75).

 

Über Ersuchen der Berufungsbehörde erstattete der verkehrstechnische Amtssachverständige DiplIng. M****** am 13.5.2004 schriftlich Befund und Gutachten (Zl BD2-V-****/***-2004) unter Zugrundelegung der Ergebnisse des von ihm am 13.5.2004 durchgeführten Ortsaugenscheines.

Eine Änderung in den örtlichen Gegebenheiten, insbesondere hinsichtlich des Anbringungsortes des verfahrensgegenständlichen Vorschriftszeichens, im, zwischen dem Tattag (24.11.2002) und dem Ortsaugenschein (13.5.2004) gelegenen, Zeitraum oder eine inhaltliche Unrichtigkeit des verkehrstechnischen Gutachtens ist von keiner der beiden Verfahrensparteien behauptet worden.

Da gegen die inhaltliche und fachliche Richtigkeit sowie die Schlüssigkeit des gegenständlichen Gutachtens keinerlei Bedenken bestehen, legt die Berufungsbehörde ihrer Entscheidung dieses unbedenkliche Gutachten zugrunde.

 

Aufgrund dieses Gutachtens ist nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt erwiesen:

 

Der, oben näher bezeichneten, Verordnung nach ist das Überschreiten einer Fahrgeschwindigkeit von 40 km/h auf sämtlichen Gemeindestraßen im Ortsgebiet von P************* verboten, wobei die Geschwindigkeitsbeschränkung als Zonenbeschränkung gilt und mit den Verkehrszeichen gemäß § 52 lit a Z 11 a StVO (?Zonenbeschränkung?) und § 52 lit a Z 11 b StVO (?Ende einer Zonenbeschränkung?) kundzumachen ist.

Der Beginn dieser Zonenbeschränkung ist an 46 Stellen, ua an der vom Beschuldigten angeführten Örtlichkeit (M********, bei der Abzweigung von der B **; laut Verordnung Kundmachungsort Nr 11), kundzumachen.

Die Tatörtlichkeit (Ortsgebiet P*************, M********, Höhe BMW Z****) liegt innerhalb des Bereiches, der durch das, in P*************, M********, westlich der Zufahrt zur Fa S**** in einem Abstand von etwa 100 m zur Kreuzung M********/B ** und ca 50 m zur Kundmachung des Ortsgebietes, angebrachte, Vorschriftszeichen nach § 52 lit a Z 11 a StVO (?Zonenbeschränkung, erlaubte Höchstgeschwindigkeit 40 km/h?) gekennzeichnet ist.

Die Kreuzung M********/B ** befindet sich im Freiland, der Anbringungsort des in Rede stehenden, die Zonengeschwindigkeitsbeschränkung kundmachenden, Vorschriftszeichens im Ortsgebiet von P*************.

Dieses Vorschriftszeichen ist seitlich (rechtsseitig) angebracht und befindet sich am südlichen Rand des nördlichen Gehsteiges. An den Gehsteig schließt eine Parkspur an, die durch eine Leistensteinreihe vom Fahrstreifen in Richtung P************* Ortszentrum getrennt ist. Die Breite der Parkspur beträgt zwischen dem Hochbord und der Begrenzungslinie (Markierung in Resten noch erkennbar) ca 2,70 m. Zusätzlich ist ein Verkehrszeichen ?Zonenbeschränkung? auch am südlichen Fahrbahnrand angebracht.

Für die Verkehrsbeschränkung maßgebend ist das, in Fahrtrichtung zum Beschränkungsbereich gesehen, rechtsseitig, seitlich neben der Fahrbahn, angebrachte Vorschriftszeichen nach § 52 lit a Z 11 a StVO.

Der seitliche Abstand zwischen dem der Fahrbahn zunächst liegenden Rand dieses Vorschriftszeichens und dem Fahrbahnrand (Grenze Gehsteig zu Parkspur) beträgt etwa 0,10 m.

Die Vornahme einer Veränderung der Anbringungsposition dieses Vorschriftszeichens dergestalt, dass eine seitliche Versetzung des Verkehrszeichens stattgefunden hat, ist nicht erkennbar.

 

Die festgestellte Unterschreitung des in § 48 Abs 5 StVO normierten Horizontalabstandes von (mindestens) 0,30 m um etwa 20 cm, sohin um etwa 67 %, liegt weit über dem tolerierbaren, lediglich wenige Zentimeter betragenden, Ausmaß einer Unterschreitung.

Daher stellt diese Normabweichung einen wesentlichen, die nicht gesetzmäßige Kundmachung der Zonengeschwindigkeitsbeschränkungsverordnung bewirkenden, Verstoß gegen § 48 Abs 5 StVO dar.

 

Die Zonengeschwindigkeitsbeschränkungsverordnung ist unter Zugrundelegung der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht gehörig kundgemacht gewesen und hat infolge des festgestellten Kundmachungsmangels keine Rechtswirkungen entfalten können.

 

Mangels ordnungsgemäßer Kundmachung der Zonengeschwindigkeitsbeschränkungsverordnung hat die Berufungsbehörde diese Verordnung im gegenständlichen Fall gemäß Art 89 Abs. 1 iVm Art 129a Abs 3 B-VG nicht anzuwenden, womit eine Voraussetzung für die Bestrafung wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 52 lit a Z 11 a StVO fehlt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, womit sich ein Eingehen auf das weitere Berufungsvorbringen erübrigt hat.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG entfallen.

Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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