TE UVS Niederösterreich 2004/07/06 Senat-BL-03-1090

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Veröffentlicht am 06.07.2004
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF ? AVG keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 idgF ? VStG dem Land Niederösterreich ? 29,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind die Geldstrafe sowie der erstinstanzliche Kostenbeitrag zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).

Text

Mit Straferkenntnis vom 30.06.2003, Zl 3-****-03, erkannte die Bezirkshauptmannschaft X den Beschuldigten der Übertretung des §4 Abs5 iVm §99 Abs3 lit b StVO für schuldig und verhängte über ihn gemäß §99 Abs3 lit b StVO eine Geldstrafe in der Höhe von ? 145,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden), weil dieser am 10.01.2003, um 14.30 Uhr im Ortsgebiet B???., Industriegelände West, Parkplatz der Firma I********, mit einem Einkaufswagen an einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhag stand und ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift nicht erfolgte und nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub verständigt hat.

 

Der Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren wurde gemäß §64 Abs 2 VStG mit ? 14,50 festgesetzt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis brachte der Beschuldigte durch seinen ausgewiesenen Vertreter fristgerecht Berufung ein, in welcher er sich im Wesentlichen damit verantwortet, dass er den gegnerischen PKW mit seinem Einkaufswagen nicht berührt habe, weswegen er auch die ihm zur Last gelegte Veraltungsübertretung nicht begangen habe.

Er sei am 10.01.2003 mit seiner Freundin S**** S******* bei der Fa I******** einkaufen gewesen, habe den Einkaufswagen neben dem PKW des Anzeigers vorbeigeschoben. Bei dem vom Lenker monierten Schaden habe es sich um einen Altschaden gehandelt. Darüber hinaus habe er den Tatbestand des §4 Abs 5 StVO auch in rechtlicher Hinsicht nicht verwirklicht, zumal er den Einkaufswagen als Fußgänger geschoben habe, falle ein Einkaufswagen nicht unter dem Begriff des Fahrzeuges gemäß §2 Abs 1 Z 19 StVO, zumal der Einkaufswagen kein Fahrzeug darstelle, könne mit einem solchen auch kein Verkehrsunfall verursacht worden sein.

Er beantrage daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat am 13.05.2004 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher der Berufungswerber sowie die Zeugen S**** S******* und R***** P**** einvernommen wurden sowie der erstinstanzliche Verwaltungsstrafakt verlesen wurde.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens legt die Berufungsbehörde nachstehenden Sachverhalt ihrer Entscheidung als erwiesen zugrunde:

 

Der Zeuge R***** P**** hatte am 10.01.2003, um 14,30 Uhr, in B***********, am Parkplatz der Fa. I******** sein KFZ der Marke Micro Compact Car Smart, mit dem Kennzeichen **-***AG, vor dem überdachten Abstellplatz für die Einkaufswagen abgestellt und saß am Lenkersitz. Der Berufungswerber schob aus den Geschäftsräumlichkeiten der Fa. I******** kommend, einen Einkaufswagen, ärgerte sich darüber, dass der Zeuge P**** sein KFZ vor dem Eingangsbereich der Fa I********  abgestellt hatte, zumal sich vor dem Abstellplatz für die Einkaufswagen eine größere Schneeansammlung befand, schob den Einkaufswagen zwischen dem Metallbügel, welcher sich vor dem überdachten Einkaufswagenabstellplatz befindet und dem KFZ des Zeugen P**** durch, und streifte mit dem Einkaufswagen den rechten hinteren Kotschützer des Smart. Der Zeuge P**** verspürte im Fahrzeug sitzend, einen Ruck, weswegen er ausstieg und den Berufungswerber zur Rede stellte, dass er an sein  KFZ angefahren sei, nahm der Berufungswerber dies nicht zur Kenntnis und ging zu seinem ebenfalls am Parkplatz der Fa I******** abgestellten KFZ, wo er die Einkäufe ins Kraftfahrzeug einlud. Danach brachte der Beschuldigte den Einkaufswagen zum Abstellplatz für die Einkaufswagen zurück, wo ihn der Zeuge P**** noch einmal auf den Schaden ansprach. Der Berufungswerber antwortete, dass ihn das nichts anginge, fuhr weg, weswegen der Zeuge P**** das Kennzeichen des vom Berufungswerber gelenkten Autos notierte und am Gendarmerieposten B********** Anzeige erstattete.

An dem Micro Car Smart entstand durch den Kontakt mit dem Einkaufswagen am rechten hinteren Kotschützer eine ca. 3cm lange und ½ cm breite Lackabsplitterung. Zu einem Identitätsnachweis kam es an Ort und Stelle nicht.

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

 

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich im wesentlichen auf die glaubwürdige Aussage des Zeugen P****, welcher in der öffentlichen mündlichen Verhandlung glaubwürdig darlegte, dass er, als der Berufungswerber den Einkaufswagen an seinem abgestellten Kraftfahrzeug vorbeischob, einen Ruck verspürte, danach den Schaden feststellte, welcher sich als 3cm lange und ½ cm breite Lackabsplitterung herausgestellte.  Der Zeuge führte aus, dass die Sache für ihn erledigt gewesen wäre, wenn sich der Berufungswerber bei ihm entschuldigt hätte. Zumal der seine Ursächlichkeit für den Schaden abstritt, hätte er Anzeige erstattet.

 

Der Berufungswerber führte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung aus, dass es richtig sei, dass er den Einkaufswagen zwischen dem Metallbügel, welcher sich vor dem überdachten Abstellplatz für Einkaufswagen befindet und dem abgestellten KFZ des Herrn P**** vorbeigeschoben habe. Er habe sich auch über den Abstellort des KFZ geärgert, hätte er dem Zeugen P**** auch seinen Ärger mitgeteilt.

Der Berufungswerber brachte vor, dass er sich ziemlich sicher sei, dass er mit dem Einkaufswagen das KFZ des Zeugen P**** nicht berührt hätte. Er bestätigte, dass er nicht bereit gewesen wäre, seine Personalien mitzuteilen.

Die Zeugin S******* gab ebenfalls an, dass sie den im KFZ befindlichen Lenker darauf aufmerksam gemacht hätten, dass er dort nicht parken dürfte, gab an, dass ihr nicht aufgefallen sie, dass ihr Lebensgefährte mit dem Einkaufswagen das abgestellte Auto des Zeugen P**** berührt habe, sei sie hinter ihrem Lebensgefährten gegangen.

 

Rechtlich folgt dazu:

 

Gemäß §4 Abs5 StVO haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf unterbleiben, wenn die in Abs1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Dem Einwand, dass es sich bei einem Einkaufswagen nicht um ein Fahrzeug im Sinne des §2 Abs1 Z 19 StVO handle, mit einem solchen auch kein Verkehrsunfall verursacht werden könne, ist entgegenzuhalten, dass sich der Beschuldigte als Fußgänger auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr (§1 Abs1 StVO) ?räumlich fortbewegt? hat und dabei einen Einkaufswagen vor sich hergeschoben hat. Die gegenständliche Schadenszufügung an einem PKW stand jedenfalls mit dieser räumlichen Fortbewegung und daher mit dem Straßenverkehr in unmittelbarem ursächlichem Zusammenhang, sie ist somit als ein dem Tatbestand des Verkehrsunfalles zu unterstellendes Ereignis anzusehen, weswegen ein Verkehrsunfall im Sinne des §4 Abs5 StVO vorliegt.

 

Wie bereits ausgeführt, war der Berufungswerber am 10.01.2003, um 14.30 Uhr, im Ortsgebiet B***********, Industrieglände West, Parkplatz der Fa I******** als Fußgänger mit einem Einkaufswagen an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden beteiligt, da bei dem Kontakt des Einkaufswagens mit dem abgestellten KFZ des Zeugen P**** am rechten hinteren Kotschützer eine ca 3 cm lange und ½ cm breite Lackabsplitterung entstand.

 

Der Berufungswerber behauptet auch nicht, dass es zu einem Austausch von Name und Anschrift gekommen ist bzw er die nächste Gendarmerie- oder Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall verständigt hat.

 

Voraussetzung für die Meldepflicht nach §4 Abs5 StVO ist einerseits das objektive Tatbestandsmerkmal des Eintrittes eines Sachschadens, andererseits in subjektiver Hinsicht das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen vom Eintritt eines derartigen Schadens.

 

Wie bereits ausgeführt ist ein Sachschaden am Fahrzeug des Zeugen P**** eingetreten.

 

Hinsichtlich des Wissens oder fahrlässigen Nichtwissens vom Eintritt eines derartigen Schadens ist auszuführen, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht unbedingt nur das positive Wissen vom Verkehrsunfall und vom ursächlichem Zusammenhang erforderlich ist, vielmehr genügt es ? da der Anwendungsbereich des § 4 StVO in diesem Zusammenhang nicht auf die Schuldform des Vorsatzes beschränkt ist ? wenn  die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichem Zusammenhang hätte erkennen können; Diese Tatbestände sind schon dann gegeben, wenn dem Beteiligten objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind, oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles zu erkennen vermocht hätte.

 

Nach Ansicht der Berufungsbehörde hätten dem Berufungswerber bei gehöriger Aufmerksamkeit objektive Umstände zu Bewusstsein, nämlich der Kontakt des Einkaufswagens mit dem abgestellten Kraftfahrzeug, kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles zu erkennen vermocht hätte, und wäre der Berufungswerber infolge dieser ihm unklaren Situation verpflichtet gewesen, zumal er vom Zeuge P**** auch dazu aufgefordert wurde und darauf aufmerksam gemacht wurde, Name und Anschrift auszutauschen.

 

Den Berufungswerber trifft daher in subjektiver Hinsicht zumindest fahrlässiges Verschulden von dem Nichtwissen des Eintrittes eines derartigen Schadens.

 

Der Schuldberufung war somit keine Folge zu geben.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung ist auszuführen wie folgt:

 

Gemäß §19 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder die Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Darüber hinaus sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der ledige Beschuldigte verfügt laut eigenen Angaben über ein monatliches Nettoeinkommen von ? 1.100,--, hat keine Sorgepflichten, kein Vermögen und nicht näher genannten Verbindlichkeiten für eine Wohnung.

 

Zweck des §4 Abs5 StVO ist, den am Unfall beteiligten Personen die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der Schadensregelung in der Folge auseinander zu setzen haben wird.

 

Der Beschuldigte hat durch das Unterlassen der Meldung dem Schutzzweck der Norm des §4 StVO erheblich zuwider gehandelt. Der Unrechtsgehalt der Tat ist daher wesentlich.

 

Eine Vorstrafenabfrage der erstinstanzlichen Behörde hat ergeben, dass der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt unbescholten war, weswegen die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit bereits im erstinstanzlichen Verfahren als strafmildernd gewertet wurde.

 

Die erkennende Behörde ist unter Berücksichtigung der allseitigen Verhältnisse des Berufungswerbers, des Unrechtsgehaltes der Tat, des Verschuldensgrades sowie der sonstigen Strafzumessungsgründe zu der Ansicht gelangt, dass die von der erstinstanzlichen Behörde festgesetzte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe tat- und schuldangemessen ist und sowohl general- sowie spezialpräventiven Gedanken Rechnung trägt.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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