TE UVS Wien 2004/07/13 03/V/42/5697/2004

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Veröffentlicht am 13.07.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag. Mag. Dr. Tessar  wie folgt entschieden:

Herr Friedrich H wird gemäß § 10 Abs 3 AVG, BGBl. I Nr. 158/1998 zur Vertretung des Berufungswerbers Herrn Dr. Eduard W in dem zur Zl. UVS-03/M/42/3595/2004 anhängigen Berufungsverfahren nicht zugelassen.

Text

Über Herrn Dr. Eduard W wurde mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 19.3.2004, Zahl: MA 67?RV-106703/3/6, wegen Übertretung des § 99 Abs 3 lit a StVO iVm § 24 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 71,--, im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 26 Stunden, verhängt.

Gegen die vorzitierte Entscheidung richtet sich die von dem zu diesem Zeitpunkt nicht vertretenen Berufungswerber erhobene Berufung vom 1.4.2004.

Durch den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien wurde für den 13.7.2004 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung zu diesem Fall anberaumt.

Zu der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist der Berufungswerber nicht erschienen, sondern Herr Friedrich H. Dieser legte eine ? üblicherweise von Anwälten verwendete - Vollmacht vor, mit welcher Herrn ?Friedrich H, Kanzlei, Dr. Eduard W, Wien, D-gasse" von ?Rechtsanwalt Dr. Eduard W, Wien, D-gasse" u.a. eine umfassende Prozess- und Verfahrensvertretungsvollmacht erteilt wurde.

Herr H brachte im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor, dass er kein Rechtsanwalt, sondern Mitarbeiter der Kanzlei Dr. Eduard W sei. Er sei von Herrn Dr. Eduard W persönlich beauftragt worden, ihn bei der gegenständlichen Verhandlung zu vertreten und sei zum Nachweis dieser Vollmacht vom Berufungswerber die vorgelegte Vollmacht unterfertigt und ihm übermittelt worden. Auf Vorhalt, dass ein Rechtsanwalt nur eine von ihm unterschiedene Person vertreten könne, Herr H daher nicht im Namen der Rechtsanwaltskanzlei Dr. W auftreten könne, zumal eine natürliche Person sich nicht selbst mit einer Prozessvertretung beauftragen könne, brachte Herr H vor, dass zwar unter seinem Namen ?Kanzlei Dr. Eduard W" vermerkt sei, aus diesem Vermerk aber nicht erschlossen werden dürfe, dass er im gegenständlichen Fall für die Kanzlei Dr. Eduard W einschreite. Die unter seinem Namen angegebene Adresse D-gasse sei eine seiner

Abgabestellen, zumal er an dieser Adresse regelmäßig erwerbstätig sei. Da es bei der Zustellung an die Firmenadresse oft vorkomme, dass auch der Firmenname, bei welcher die jeweilige Person tätig sei, angeführt werde, zumal sein Name an der Kanzleitür nicht angeführt sei, sei unter seinem Namen auch der Name seines Arbeitgebers vermerkt.

Die gegenständliche Vollmacht sei daher kein Nachweis, dass die Kanzlei Dr. Eduard W bevollmächtigt worden sei und dass er für diese Kanzlei im Rahmen einer Untervollmacht einschreite, sondern ein Nachweis, dass er höchstpersönlich zu den entsprechenden Bedingungen bevollmächtigt worden sei. Herr H berief sich ausdrücklich darauf, dass er gemäß § 8 i.V.m.

§ 10 AVG höchstpersönlich mit der Vertretung von Herrn Dr. W beauftragt worden sei.

Daraufhin wurde Herrn H vorgehalten, dass aufgrund seiner beruflichen Stellung, aufgrund des vorletzten Absatzes der Vollmacht, wonach Herr H nach den autonomen Honorarrichtlinien für die gegenständlichen Vertretungshandlungen entlohnt werde, und des Umstandes, dass er Mitarbeiter der gegenständlichen Kanzlei ist, faktisch davon ausgegangen werden muss, dass die gegenständliche Vertretungshandlung während seiner Arbeitszeit getätigt wird und dass er auch alle anderen Vertretungshandlungen seit dem 18.4.2003 während der Arbeitszeit gesetzt hatte: Folglich ist davon auszugehen, dass er, obgleich er kein Rechtsanwalt oder sonst befugter Parteienvertreter ist, gegen Entgelt (welches durch die von ihm vertretene Person offenkundig bezahlt wird) eine anderen Person vertritt und daher als Winkelschreiber anzusehen ist.

Er wurde daher ausdrücklich gefragt, ob er die gegenständlichen Vertretungshandlungen, wie auch die nunmehrige während seiner Arbeitszeit erbringt oder erbracht hat, oder ob diese unentgeltlich außerhalb der Arbeitszeit erbracht worden sind. Ihm wurde ausdrücklich auch mitgeteilt, dass im letzteren Fall nicht vom Vorliegen einer Winkelschreiberei ausgegangen werden müsste. Daraufhin teilte Herr H mit, dass er diese Frage nicht beantworten müsse und er diese Frage auch nicht beantworten werde. Er weigere sich auch die Frage zu beantworten, ob er heute einen Urlaubstag genommen habe.

Daraufhin wurde Herrn H mitgeteilt, dass entsprechend der alltäglichen Lebenserfahrung in Anbetracht der konkreten Sachlage sohin davon ausgegangen wird, dass er als Winkelschreiber auftritt und daher sich selbst gemäß Artikel IX Abs 1 Z 1 EGVG (bzw. § 57 Abs 2 RAO) strafbar gemacht hat, sowie dass sich Herr Dr. W gemäß Artikel IX Abs 1 Z 1 EGVG iVm § 7 VStG (bzw. § 57 Abs 2 RAO iVm § 7 VStG) ebenfalls strafbar gemacht hat.

Daraufhin verließ Herr Friedrich H trotz des ausdrücklichen Hinweises, dass er weiterhin jedenfalls als Öffentlichkeit im Raum verbleiben könne und außerdem nunmehr ein Bescheid erlassen werde, den Verhandlungssaal.

Aus dem Aktenvermerk des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16.7.2004 geht hervor, dass Herr Friedrich H am 16.7.2004 Akteneinsicht in den gegenständlichen Akt genommen hat und dabei selbst angab, dies als bevollmächtigter Vertreter des Berufungswerbers zu tun. Weiters gab er an, dass er der Aufforderung, eine Legitimationsurkunde oder Beglaubigungsurkunde vorzulegen, nicht entsprechen könne. Aus einem weiteren Aktenvermerk des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16.7.2004 geht hervor, dass laut telefonischer Auskunft der Rechtsanwaltskammer Wien Herrn Friedrich H bislang weder eine Legitimationsurkunde noch eine Beglaubigungsurkunde durch die Rechtsanwaltskammer Wien ausgestellt worden ist, und er daher auch nicht als Konzipient des Herrn Dr. Eduard W in Wien eingetragen ist.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs 3 AVG sind solche Personen nicht als Bevollmächtigte zuzulassen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben.

Während der gegenständlichen Verhandlung berief sich Herr H ausdrücklich darauf, dass er gemäß § 8 iVm § 10 AVG höchstpersönlich mit der Vertretung von Herrn Dr. Eduard W beauftragt worden sei. Dies belegte er mit der von ihm vorgelegten umfassenden Prozessvollmacht, welche von Herrn Dr. W für ihn höchstpersönlich ausgestellt worden ist. Es ist daher davon auszugehen, dass Herr H als bevollmächtigter Vertreter für Herrn Dr. Eduard W eingeschritten ist.

Im hier zu beurteilenden Fall steht fest, dass die vom Berufungswerber bevollmächtigte Person, Herr Friedrich H, nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt ist, da Herr H in der öffentlichen mündlichen Verhandlung selbst angegeben hat, kein Rechtsanwalt, sondern ?nur" Mitarbeiter der Kanzlei Dr. Eduard W zu sein.

Schon aus dieser Aussage muss erschlossen werden, dass Herr Friedrich H kein Konzipient einer Rechtsanwaltskanzlei ist. Dafür spricht auch der Umstand, dass auf der offenkundig zu Kanzleizwecken angefertigten Stampiglie des Herrn Friedrich H vor seinem Namen kein akademischer Titel angeführt ist, und er sich auch nicht mit einer von der Rechtsanwaltskammer ausgestellten Legitimationsurkunde ausgewiesen hatte. (Auch die weiteren Erhebungen haben wie o.a. diese Annahme des erkennenden Senates bestätigt.)

Außerdem geht aus dem vorletzten Absatz der Vollmacht die Vereinbarung zwischen dem Berufungswerber und Herrn H hervor, wonach dieser für seine Vertretungshandlungen nach den Autonomen Honorarrichtlinien für Rechtsanwälte entlohnt werde. Außerdem verweigerte Herr H auf die Frage, ob er seine Vertretungshandlungen tatsächlich unentgeltlich erbringe, jegliche Angabe.

Aufgrund der alltäglichen Lebenserfahrung kann diese Verweigerung nur dahingehend interpretiert werden, dass er im Falle der wahrheitsgemäßen Beantwortung sich belasten hätte müssen, und dass er sich daher deshalb der Aussage entschlagen hatte. Es ist folglich davon auszugehen, dass er für seine Tätigkeiten im Rahmen der Kanzlei Dr. Eduard W entlohnt wird. Außerdem ist aufgrund des Umstandes, dass bei der gegenständlichen Vollmacht offensichtlich ein Kanzleistempel (?Friedrich H, Kanzlei, Dr. Eduard W, Wien, D-gasse") verwendet worden ist und somit als Abgabestelle des Vertreters die Kanzleiadresse angeführt ist, davon auszugehen, dass die gegenständliche Vertretungshandlung im Rahmen seiner Anstellung bei der Kanzlei Dr. Eduard W bzw. aufgrund eines mit dem Berufungswerber persönlich abgeschlossenen, gemäß den autonomen Honorarrichtlinien entlohnten Vertrages, und sohin entgeltlich, erbracht worden ist.

Außerdem ist davon auszugehen, dass die gegenständliche Vertretungshandlung gewerbsmäßig im Sinne des Begriffsverständnisses des Gewerberechtes ausgeübt worden ist. Dies deshalb, da Herr Friedrich H offenkundig im Rahmen seiner Anstellung bei der Kanzlei des Berufungswerbers tätig gewesen ist und kein Indiz vorgebracht bzw. erschlossen werden kann, dass die gegenständliche Vertretungshandlung aufgrund eines besonderen Naheverhältnisses zum Berufungswerber und bloß ausnahmsweise erfolgt ist. Es muss daher mangels eines derartigen Indizes aus dem Umstand, dass Herr Friedrich H für die gegenständliche Vertretungstätigkeit offenkundig vom Vollmachtgeber entsprechend einer vertraglichen Vereinbarung entlohnt worden ist, und zudem aufgrund seiner Tätigkeit in der Rechtsanwaltskanzlei des Vollmachtgebers daher (aufgrund seiner Berufstätigkeit) über ein überdurchschnittliches juristisches Fachwissen verfügt, erschlossen werden, dass Herr Friedrich H schon zu einem früheren Zeitpunkt entgeltliche Vertretungshandlungen für Dritte in deren Namen gesetzt hatte bzw. in Hinkunft zu setzen bereit ist. Aus dem Umständen des Falles kann daher auf die Absicht von Herrn Friedrich H, jederzeit zu weiteren entgeltlichen Vertretungshandlungen aufgrund einer höchstpersönlichen Vollmachtserteilung bereit zu sein, geschlossen werden. Gemäß Art IX Abs 1 Z 1 EGVG begeht, wer in Angelegenheiten, in denen er nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt ist, gewerbsmäßig für den Gebrauch vor inländischen oder ausländischen Behörden (Gerichten oder Verwaltungsbehörden) schriftliche Anbringen oder Urkunden verfasst, einschlägige Auskünfte erteilt, vor inländischen Behörden Parteien vertritt oder sich zu einer dieser Tätigkeiten in schriftlichen oder mündlichen Kundgebungen anbietet (Winkelschreiberei), eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 218,-- Euro zu bestrafen.

Gemäß Art IX Abs 3 EGVG ist Abs 1 Z 1 nicht anzuwenden, soweit besondere Vorschriften gegen die unbefugte Parteienvertretung bestehen.

Gemäß § 8 Abs 1 RAO erstreckt sich das Vertretungsrecht des Rechtsanwaltes auf alle Gerichte und Behörde der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zu berufsmäßiger Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten.

Gemäß § 8 Abs 2 RAO ist die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung i.S.d. Abs 1 den Rechtsanwälten vorbehalten. Die Berufsbefugnisse der Notare, Patentanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Ziviltechniker werden hiedurch nicht berührt.

Gemäß § 8 Abs 3 RAO bleiben jedenfalls unberührt auch Parteienvertretungen auf Grund sonstiger gesetzlicher Bestimmungen, der Wirkungsbereich von gesetzlichen Interessenvertretungen und von freiwilligen kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigungen der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer, die Auskunftserteilung oder Beistandsleistung durch Personen oder Vereinigungen, soweit sie nicht unmittelbar oder mittelbar dem Ziel wirtschaftlicher Vorteile dieser Personen oder Vereinigungen dienen, sowie Befugnisse, die in den Berechtigungsumfang von gebundenen oder konzessionierten Gewerben oder von

Handwerken fallen.

Gemäß § 57 Abs 2 RAO, RGBl. Nr. 96/1868 i.d.F. BGBl. Nr. 556/1985, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unbefugt eine durch dieses Bundesgesetz den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig ausübt. Diese Tat darf nicht auch nach anderen Bestimmungen über die Strafbarkeit der Winkelschreiberei geahndet werden.

Zur Verwirklichung des Tatbildes des § 57 Abs 2 in Verbindung mit § 8 RAO ist es daher nicht erforderlich, dass der Täter gewerbsmäßig im Sinne einer umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung tätig wird, also alle den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten gewerbsmäßig ausübt. Nach dem Vorgesagten genügt vielmehr die gewerbsmäßige Ausübung einzelner oder auch nur einer einzigen derartigen Tätigkeit (vgl. VwGH 27. Juni 2002, 99/10/0124; 4. Dezember 1998, 97/19/1553). Das in § 8 RAO weiters umschriebene Merkmal der Berufsmäßigkeit der Parteienvertretung ist mit dem Begriff der "Gewerbsmäßigkeit" in § 57 Abs 2 RAO ident (vgl. OGH 29. September 1992, 4 Ob 69/92).

Der Begriff "gewerbsmäßig" in § 57 Abs 2 RAO orientiert sich am Begriffsverständnis des Gewerberechts (vgl. hiezu das zu Art IX Abs 1 Z 4 (nunmehr Z 1) EGVG ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1981, Zl. 81/10/0113, und das zu § 57 Abs 2 RAO ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Dezember 1998, Zl. 97/19/1553). Nach § 1 Abs 2 GewO ist darunter eine Tätigkeit zu verstehen, die selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Selbst eine einmalige Handlung gilt gemäß § 1 Abs 4 GewO als regelmäßig, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann.

Aufgrund des Umstandes, dass Herr H ? wie festgestellt ? gegen Entgelt in der gegenständlichen mündlichen Verhandlung den Berufungswerber aufgrund einer umfassenden, höchstpersönlichen Prozessvollmacht gewerbsmäßig vertreten hat bzw. vertreten wollte, und der Feststellung, dass dieser kein Rechtsanwaltsanwärter in einer österreichischen Rechtsanwaltskanzlei ist (vgl. Stohanzl, Kommentar zur Jurisdiktionsnorm und Zivilprozessordnung, 15. Auflage, Wien 2002, § 31, E16), muss davon ausgegangen werden, dass dadurch das Tatbild des § 57 Abs 2 iVm § 8 RAO verwirklicht hatte wurde. Folglich ist die gegenständliche Vertretungshandlung bzw. Vertretungsintention als unbefugt im Sinne des § 10 Abs 3 AVG einzustufen.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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