TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/18 2001/07/0090

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Veröffentlicht am 18.10.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §59 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §122;
WRG 1959 §138;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des L in H, vertreten durch Dr. Gerhard Fink, Dr. Peter Bernhart und Dr. Bernhard Fink, Rechtsanwälte in Klagenfurt, Bahnhofstraße 5, gegen den Bescheid des Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 11. Mai 2001, Zl. 680.255/08-I 6/01, betreffend Devolution in einem Verfahren über wasserpolizeiliche Maßnahmen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt nach eigenen Angaben auf seiner näher bezeichneten Liegenschaft im Bezirk St. Veit/Glan eine private Wasserversorgungsanlage zur Versorgung seiner land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaft und seines Hauses mit Trink- und Nutzwasser.

Nach den Beschwerdebehauptungen hätten beginnend mit 1998 die Untersuchungsbefunde des Wassers Fäkalkeime (E-Koli u.a.) im Quellwasser, und zwar bereits an der Quelle (Zulaufsandfang), aufgewiesen. Die diesbezüglichen Untersuchungsergebnisse habe der Beschwerdeführer der Wasserrechtsbehörde übermittelt. Ursache für die Verunreinigung der Wasserversorgungsanlage bzw. des Quellwassers seien nach Ansicht des Beschwerdeführers Ableitungen, die ein näher genannter Anrainer auf einer näher bezeichneten Liegenschaft vorgenommen habe, sowie die Errichtung eines Weges im Quellschutzgebiet.

Mit Antrag vom 16. Dezember 1998 begehrte der Beschwerdeführer von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz, nämlich der Bezirkshauptmannschaft St. Veit/Glan , dem Eigentümer F. Z. einer näher genannten Liegenschaft die Auflage bzw. den Auftrag zu erteilen, die von ihm künstlich angelegten Ableitungen (Blockade) von Oberflächenwässern im Bereich des Ostabhanges des "H.-Kogels" umgehend zu beseitigen sowie den konsenswidrig errichteten Weg durch das erweiterte Quellschutzgebiet zu beseitigen und den vorherigen Zustand durch von der Behörde vorzuschreibende Arbeiten wieder herzustellen.

Ferner stellte der Beschwerdeführer den Antrag, F. Z. dazu einzuvernehmen, weshalb dieser in Kenntnis der natürlichen Abflussbedingungen und der geologischen Lage seiner Liegenschaft und jener des Beschwerdeführers die "Abkehren" (künstlichen Ableitungen bzw. Drainagen) vorgenommen habe.

Darüber hinaus beantragte der Beschwerdeführer, F. Z. dazu zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen, insbesondere die Anlegung eines nicht genehmigten "Forstweges" durch das erweiterte Quellschutzgebiet und die Ableitungen (Drainagen) auf die Liegenschaft des F. Z., Richtung Osten zum erweiterten Quellschutzgebiet und weiter auf die Liegenschaft des Beschwerdeführers und somit durch Wiederherstellung des vorigen Zustandes die verursachten Missstände in angemessener Frist zu beheben. Gleichfalls stellte der Beschwerdeführer den Antrag, die Wasserrechtsbehörde möge zur Wahrung des öffentlichen Interesses die Maßnahmen gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 unmittelbar anordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den verpflichteten Liegenschaftseigentümer F. Z. nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen.

Ferner beantragte der Beschwerdeführer auch eine einstweilige Verfügung im Sinne des § 122 WRG 1959 zu erlassen, zumal die Gefahr von weiteren Erosionen und Hanganrutschungen bestehe; dies mit weiteren Auswirkungen auf die Wasserversorgungsanlage des Beschwerdeführers.

Mit Devolutionsantrag vom 25. August 1999 begehrte der Beschwerdeführer den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung der von ihm gestellten Anträge auf den Landeshauptmann von Kärnten.

Da auch der Landeshauptmann von Kärnten (in der Folge kurz: Landeshauptmann) über sechs Monate hindurch untätig geblieben ist, stellte der Beschwerdeführer am 4. April 2000 einen Antrag auf Übergang der Zuständigkeit auf die belangte Behörde, welcher bei dieser Behörde am 5. April 2000 eingelangt ist.

Der Landeshauptmann hatte am 28. März 2000 einen Ortsaugenschein durchgeführt und das Ergebnis den Parteien (dem Beschwerdeführer und der Ehegattin des Beschwerdeführers) mit Schreiben vom 29. März 2000 unter Wahrung des Parteiengehörs übermittelt.

Mit Schreiben vom 6. April 2000 teilten die Rechtsvertreter des Beschwerdeführers dem Landeshauptmann mit, dass bereits ein Devolutionsantrag an die belangte Behörde gestellt worden sei und sich deshalb eine weitere Stellungnahme erübrige.

Am 10. April 2000 erließ der Landeshauptmann sodann einen Bescheid, mit welchem dem Devolutionsantrag vom 25. August 1999 Folge gegeben wurde und "die mit Schriftsatz vom 25.8.1999 gestellten Anträge" als unbegründet abgewiesen wurden.

Zur Frage der vom Beschwerdeführer behaupteten bewilligungspflichtigen Tatbestände wird in der (auch im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen) Begründung dieses Bescheides vom 10. April 2000 knapp festgestellt, es würden solche "weder nach § 39 noch nach einer anderen Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes 1959 (etwa §§ 9 oder 32)" vorliegen, weshalb die Erteilung eines Beseitigungsauftrags nach § 138 leg. cit. keine Deckung finde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde und wandte insbesondere ein, dass die Entscheidungszuständigkeit bereits am 5. April 2000 auf die belangte Behörde übergegangen sei.

Schließlich erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2000 zwei Säumnisbeschwerden an den Verwaltungsgerichtshof, und zwar wegen Unterlassung einer fristgerechten Entscheidung über die vorgenannte Berufung (zu hg. Zl. 2000/07/0257) und wegen Unterlassung der fristgerechten Entscheidung über die vom Beschwerdeführer im Zuge des wasserrechtlichen Verfahrens gestellten sonstigen Anträge durch die belangte Behörde (zu hg. Zl. 2000/07/0258).

In der Folge hob die belangte Behörde mit Bescheid vom 21. Dezember 2000 den Bescheid des Landeshauptmanns vom 10. April 2000 wegen Unzuständigkeit der Behörde auf. Der Verwaltungsgerichtshof stellte daraufhin das diesbezüglich Säumnisbeschwerdeverfahren mit hg. Beschluss vom 22. Februar 2001, Zl. 2000/07/0257-8, gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ein.

Nach Verlängerung der Entscheidungsfrist durch den Verwaltungsgerichtshof in dem zu hg. Zl. 2000/07/0258 anhängigen Säumnisbeschwerdeverfahren erließ die belangte Behörde schließlich den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. Mai 2001, mit dem "die mit Schriftsatz vom 25.8.1999 gestellten Anträge" als unbegründet abgewiesen wurden.

In der Begründung dieses Bescheides gibt die belangte Behörde insbesondere das bisherige Verwaltungsgeschehen sowie den wesentlichen Begründungsinhalt des (in der Zwischenzeit bereits aufgehobenen) Bescheides des Landeshauptmanns vom 10. April 2000 wieder. Aus dem eigentlichen Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides (vgl. Seite 19/20) ist zu ersehen, dass die belangte Behörde von ihrer Zuständigkeit infolge Devolution ausgeht.

Da "die Ausführungen des Amtes der Kärntner Landesregierung" in der den Parteien im Wege der Wahrung des Parteiengehörs "zugekommenen Niederschrift zum Ortsaugenschein" von diesen unwidersprochen geblieben seien und als solche "Eingang in den Bescheid" des Landeshauptmanns vom 10. April 2000 gefunden hätten, habe die belangte Behörde - so die Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - "die Sachverständigenaussagen zur Grundlage ihres Bescheides" machen können. Danach könne kein direkter natürlicher Zusammenhang zwischen den beobachteten Erosionen und der Verkeimung der Wasserversorgungsanlage des Beschwerdeführers erkannt werden. Die vom Beschwerdeführer behaupteten wasserrechtlichen bewilligungspflichtigen Tatbestände würden nach keiner Gesetzesstelle des WRG 1959 vorliegen, weshalb die Erteilung eines Beseitigungsauftrages nach § 138 WRG 1959 keine Deckung finde. Im Übrigen bestehe kein weiter gehender Anspruch der Antragsteller hinsichtlich weiterer etwa von der Behörde vorzunehmender Handlungen, die nicht in der Erlassung eines Bescheides lägen, wie "zum Beispiel bei einer Durchführung von Verhandlungen oder Ortsaugenscheinen". Es sei "daher spruchgemäß" zu entscheiden gewesen.

In der Folge wurde auf Grund dieses Bescheides auch das diesbezügliche Säumnisbeschwerdeverfahren mit hg. Beschluss vom heutigen Tag, Zl. 2000/07/0258-8, eingestellt.

Gegen den Bescheid vom 11. Mai 2000 richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer bringt u.a. vor, die belangte Behörde habe "die mit Schriftsatz vom 25.8.1999 gestellten Anträge" als unbegründet abgewiesen. Tatsache sei, dass er mit Schriftsatz vom 25. August 1999 einen Devolutionsantrag an den Landeshauptmann gerichtet habe, weil bis zu diesem Zeitpunkt die Bezirkshauptmannschaft St. Veit/Glan als Wasserrechtsbehörde erster Instanz über seine "mit Schriftsatz vom 16.12.1998 gestellten Anträge" nicht entschieden habe. Sohin habe die belangte Behörde über die von ihm mit Schriftsatz vom 16. Dezember 1998 gestellten Anträge gar nicht entschieden, weshalb der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei.

Die belangte Behörde legte im Zuge des Vorverfahrens die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides wurden "die mit Schriftsatz vom 25.8.1999 gestellten Anträge" des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Zutreffend verweist der Beschwerdeführer jedoch darauf, dass er mit Schriftsatz vom 25. August 1999 lediglich einen Devolutionsantrag an den Landeshauptmann von Kärnten richtete, weil die Bezirkshauptmannschaft St. Veit/Glan bezüglich der mit Schriftsatz vom 16. Dezember 1998 gestellten Anträge über die in § 73 Abs. 1 AVG vorgesehene Entscheidungsfrist hinaus untätig geblieben sei. Es ist daher unklar, worüber die belangte Behörde mit der Formulierung "die mit Schriftsatz vom 25.8.1999 gestellten Anträge" tatsächlich absprechen wollte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Bescheid einer Verwaltungsbehörde als ein Ganzes zu beurteilen. Spruch und Begründung bilden eine Einheit; bestehen Zweifel über den Inhalt des Spruches, so ist zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, Zl. 98/20/0322,0323, m.w.N.).

Wie bereits dargestellt, geht die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides vom Übergang der Zuständigkeit infolge Devolution sowohl auf den Landeshauptmann als auch in weiterer Folge auf sie selbst aus. Es ist daher offensichtlich, dass die belangte Behörde nicht etwa über den an den Landeshauptmann mit Schriftsatz vom 25. August 1999 gestellten Antrag auf Devolution, sondern über andere Anträge des Beschwerdeführers absprechen wollte. Die Begründung des angefochtenen Bescheides lässt in diesem Zusammenhang unschwer erkennen, dass sich die Abweisung offenbar auf die dem Devolutionsantrag zugrunde liegenden Anträge des Beschwerdeführers, mit welchen er Abhilfe von näher behaupteten Missständen bei der Wasserrechtsbehörde sucht (Anträge vom 16. Dezember 1998), bezieht.

In diese Richtung gehen insbesondere die Begründungsausführungen des angefochtenen Bescheides betreffend die Unzulässigkeit des Beseitigungsauftrages nach § 138 WRG 1959 sowie die nach Ansicht der belangten Behörde nicht gegebene Notwendigkeit zur Durchführung von weiteren "Verhandlungen oder Ortsaugenscheinen".

Auch die belangte Behörde vertritt in ihrer Gegenschrift die Ansicht, dass bei "gesamtheitlicher Betrachtung" des angefochtenen Bescheides "aus der umfangreichen Bescheidbegründung eindeutig der Wille der Behörde" hervorgehe, dass mit diesem Bescheidausspruch "die Anträge vom 16.12.1998" abgewiesen werden sollten.

Unklar bleibt aber insbesondere, ob die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid auch den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 122 WRG 1959 und den Antrag auf Einvernahme des F. Z. zu dem vom Beschwerdeführer näher genannten Thema abweisen wollte, zumal diese Anträge im Erwägungsteil der Begründung des angefochtenen Bescheides (ab S. 17 unten) nicht mehr erwähnt werden.

Selbst unter Heranziehung der Begründung des angefochtenen Bescheides zur Auslegung des unklaren Spruches des angefochtenen Bescheides ist es daher nicht möglich festzustellen, in welchem Umfang die belangte Behörde die mit Schriftsatz vom 16. Dezember 1998 gestellten Anträge des Beschwerdeführers abgewiesen hat.

Es fehlt dem angefochtenen Bescheid auch jegliche Begründung zur zentralen Frage, weshalb "die vom Antragsteller behaupteten wasserrechtlichen bewilligungspflichtigen Tatbestände ..... nach keiner Gesetzesstelle des Wasserrechtsgesetzes 1959" vorliegen sollen. Auch der im angefochtenen Bescheid erwähnte Bescheid des Landeshauptmanns vom 10. April 2000 lässt - wie bereits dargestellt - diesbezüglich eine näher nachvollziehbare Begründung vermissen. Damit kann aber auch nicht nachgeprüft werden, ob die Abweisung des Antrags auf Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages an F. Z., die aus der Begründung des angefochtenen Bescheides erkennbar hervorgeht, zu Recht erfolgt ist.

Bereits aus diesen Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig , weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Es erübrigt sich daher auch auf das übrige Beschwerdevorbringen näher einzugehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Oktober 2001

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001070090.X00

Im RIS seit

26.09.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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