TE UVS Wien 2004/07/22 03/P/34/484/2003

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Veröffentlicht am 22.07.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Osinger in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 3.12.2003 auf Grund der Berufung von Frau Eva R gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, MA 67, vom 5.12.2002, MA 67-RV-408462/2/2, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 KFG 1967 entschieden wie folgt:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe von 84 Euro auf 35 Euro sowie die im Falle der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe von 29 Stunden auf 12 Stunden herabgesetzt wird.

Dementsprechend wird der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 Abs 2 VStG von 8,40 Euro auf 3,50 Euro herabgesetzt.

Die Berufungswerberin hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Die Berufungswerberin ist als namhaft gemachte Auskunftspflichtige wegen unterlassener Lenkerauskunft bestraft worden.

Der Spruch des Straferkenntnisses lautet wie folgt:

?Sie haben es als namhaft gemachte Auskunftspflichtige des Zulassungsbesitzers des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen W-89 unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 18.6.2002, zugestellt am 8.7.2002, innerhalb der Frist von zwei Wochen bekannt zu geben, wer dieses Kraftfahrzeug in Wien, C-gasse abgestellt hat, sodass dieses am 11.3.2002 um 08.20 Uhr dort gestanden ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 134 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) in Verbindung mit § 103 Abs 2 KFG 1967.

Gemäß § 134 Abs 1 KFG 1967 wird gegen Sie eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 84,--, im Falle der Uneinbringlichkeit 29 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) zu zahlen:

EUR 8,40 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher EUR 92,40."

Die Berufungswerberin wendet ein, sie sei vom Zulassungsbesitzer als Lenker bekannt gegeben worden. Eine zusätzliche Lenkererhebung an sie sei unzulässig gewesen. Überdies habe sie das zu Grunde liegende Organmandat bezahlt. Eine Kopie des Zahlungsbeleges habe sie anlässlich ihres Einspruches übermittelt. Die Fortführung des Verfahrens wegen unterlassener Lenkerauskunft bedeute eine zusätzliche Bestrafung. Das betreffende Verfahren hätte nie eröffnet werden dürfen. Sie beantrage daher die Einstellung des Verfahrens, anderenfalls die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien.

In der durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 3.12.2003 hat die Berufungswerberin kein weiteres Vorbringen erstattet und zu ihren allseitigen Verhältnissen angegeben, dass sie über ein monatliches Nettoeinkommen von 900 Euro, kein Vermögen sowie Sorgepflicht für zwei Kinder verfüge.

Im Anschluss daran ist der aus dem Spruch ersichtliche Berufungsbescheid zunächst mündlich verkündet worden.

Dafür waren folgende Gründe maßgebend:

Nach dem Akteninhalt ist die Berufungswerberin von der angefragten Zulassungsbesitzerin F-GesmbH nicht als Lenkerin, sondern als auskunftspflichtige Person, welche die verlangte Auskunft erteilen könne, angegeben worden. Die daraufhin an sie als auskunftspflichtige Person gerichtete erstbehördliche Lenkeranfrage vom 18.6.2002 ist trotz am 8.7.2002 erfolgter Übernahme durch einen Mitbewohner an der Abgabestelle nicht beantwortet worden. Der vorgelegte Zahlungsbeleg mit der Identifikationsnummer 010701890807-3 betrifft offenbar eine an die Zulassungsbesitzerin F-GesmbH gerichtete Anonymverfügung im Verfahren wegen des ?Grunddeliktes". Der betreffende Strafbetrag von 28,-- Euro ist erst nach Ablauf des letzten Einzahlungstags und somit verspätet eingezahlt worden. Auf Grund der nicht fristgerechten Einzahlung ist die betreffende Anonymverfügung gegenstandslos, die ihr entsprechende Zahlung damit rechtsgrundlos geworden.

Es wird somit als erwiesen festgestellt:

Die von der Berufungswerberin nachgewiesene, offenbar das Verfahren wegen des ?Grunddeliktes" betreffende Einzahlung mit der Identifikationsnummer 010701890807-3 von 28,-- Euro ist nicht fristgerecht erfolgt. Die betreffende Zahlung ist damit rechtsgrundlos geworden. Über erstbehördliche Lenkeranfrage vom 13.5.2002, MA 67-RV-65596/2/1, ist die Berufungswerberin von der Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges W-89, der F-GesmbH, G-Straße, Wien, als ?Auskunftspflichtige" bekannt gegeben worden. Die daraufhin an sie als auskunftspflichtige Person gerichtete erstbehördliche Lenkeranfrage vom 18.6.2002, GZ wie oben, ist am 8.7.2002 durch Übernahme durch einen Mitbewohner an der Abgabestelle rechtswirksam zugestellt, jedoch innerhalb der gesetzten Frist von zwei Wochen von ihr nicht beantwortet worden. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den von der Berufungswerberin selbst vorgelegten bzw. von ihr nicht bestrittenen im Akt befindlichen Unterlagen.

Es wurde erwogen:

Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen. Kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

(Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Wer als von der Zulassungsbesitzerin genannter ?Auskunftspflichtiger" herangezogen wird, darf die geforderte Lenkerauskunft nicht etwa im Hinblick auf die durch die Zulassungsbesitzerin bereits erteilte Auskunft verweigern. Die Erstbehörde war somit berechtigt, eine ?zweite" Lenkeranfrage an die Berufungswerberin zu richten.

Bei Aufwendung der erforderlichen Sorgfalt (genaues Durchlesen des Anfragetextes) hätte die Berufungswerberin dies erkennen können und müssen. Die Unterlassung der Lenkerauskunft ist ihr somit als Fahrlässigkeit anzurechnen.

Soweit die Berufungswerberin anführt, es sei von ihr bereits ein Strafbetrag von 28,-- Euro einbezahlt worden, ist auf § 49a VStG zu verweisen.

Gemäß § 49a Abs 6 VStG ist gegen die Anonymverfügung kein Rechtsmittel zulässig. Sie wird gegenstandslos, wenn nicht binnen vier Wochen nach Ausfertigung die Einzahlung des Strafbetrages mittels Beleges (Abs 4) erfolgt. Ist die Anonymverfügung gegenstandslos geworden, so hat die Behörde gemäß § 34 vorzugehen.

Gemäß § 34 VStG hat die Behörde, ist der Täter oder der Aufenthalt des Beschuldigten unbekannt, den Sachverhalt möglichst ins Klare zu bringen und Nachforschungen nach dem Beschuldigten einzuleiten.

Gemäß § 49a Abs 7 VStG hat die Behörde, wird der Strafbetrag mittels Beleges (Abs 4) fristgerecht eingezahlt, von der Ausforschung des unbekannten Täters endgültig Abstand zu nehmen und jede Verfolgungshandlung zu unterlassen. Gemäß § 49a Abs 9 VStG ist der Strafbetrag, wird der Strafbetrag nach Ablauf der in Abs 6 bezeichneten Frist oder nicht mittels Beleges (Abs 4) bezahlt und weist der Beschuldigte die Zahlung im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens nach, zurückzuzahlen oder anzurechnen.

Die Gegenstandslosigkeit einer Anonymverfügung im Verfahren wegen des ?Grunddeliktes" berechtigt und verpflichtet die Strafbehörde nach § 34 VStG, alle zur Ausforschung des Täters erforderlichen Schritte zu unternehmen. Dazu gehört jedenfalls auch eine Lenkeranfrage an den Zulassungsbesitzer bzw. den Auskunftspflichtigen gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967.

Die aus der verspäteten Einzahlung einer Anonymverfügung resultierenden Lenkeranfragen und die diesbezüglichen Verwaltungsstrafverfahren nach § 103 Abs 2 KFG 1967 stehen in notwendigem, unmittelbarem Zusammenhang mit dem Verfahren wegen des Grunddelikts. Gegen Nachweis der Bezahlung sind verspätet eingezahlte Anonymverfügungsbeträge daher auch im Zuge jener Verwaltungsstrafverfahren nach § 103 Abs 2 KFG 1967 zurückzuzahlen oder anzurechnen, die aus der verspäteten Einzahlung resultieren.

Ein nicht mit dem Beleg überwiesener Strafbetrag ist erst im Stadium der Vollstreckung von der Behörde zu beachten (VwGH v. 21.10.1992, 92/02/0200). Nichts anderes kann für den verspätet gezahlten Betrag gelten.

Auch der betreffende Umstand hinderte somit die Bestrafung der Berufungswerberin nicht, sondern wird die Zahlung von 28,-- Euro im Zuge der Verwaltungsvollstreckung zu berücksichtigen sein.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 134 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt.

Durch die unterlassene Lenkerauskunft hat die Berufungswerberin die erforderliche Sorgfalt im Zusammenhang mit der Beantwortung der gegenständlichen Lenkeranfrage zum Zweck der raschen Feststellung der verantwortlichen Lenkerin somit in beträchtlichem Ausmaß verletzt und ist somit weder der Unrechts- noch der Schuldgehalt gering. Die Berufungswerberin ist nach dem Akteninhalt unbescholten. Dies ist als mildernd zu werten. Sonstige Milderungs- oder Erschwerungsgründe haben sich nicht ergeben. Die Berufungswerberin hat angegeben, über ein Einkommen von 900 Euro netto monatlich, kein Vermögen sowie Sorgepflicht für zwei Kinder zu verfügen. Die Berufungswerberin verfügt somit bereits über leicht unterdurchschnittliche wirtschaftliche Leistungskraft. Die Erstbehörde ist dem gegenüber noch von durchschnittlichen finanziellen Verhältnissen ausgegangen. Weiters hat die Erstbehörde den in ihrer verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit liegenden Milderungsgrund nicht berücksichtigt. Unter Bedachtnahme auf diese, zu Gunsten der Berufungswerberin wirkenden Umstände konnte die Strafe auf das spruchgemäße Ausmaß herabgesetzt werden. Die Strafe ist nun am absoluten Minimum orientiert und war eine weitere Herabsetzung daher keinesfalls möglich. Die Berufungswerberin hat keinen Berufungskostenbeitrag zu bezahlen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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