TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/18 2000/06/0023

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Veröffentlicht am 18.10.2001
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Index

L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
BauO Tir 1998 §33 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde des Dr. H R in A, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. Januar 2000, Zl. Ve1-550-2739/1 14, betreffend Nachbareinwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. P GesmbH, z.Hd. des Notars DDr. Martin Glasner in Telfs, Bahnhofstraße 1, und 2. die Gemeinde A), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 30. April 1998 und Ergänzungsbescheid vom 5. Mai 1998 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der erstmitbeteiligten Gesellschaft die Baubewilligung zur Errichtung einer Reihenhausanlage mit 12 Wohneinheiten und dazugehörender Tiefgarage. Gegen beide Bescheide erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 7. Juli 1998 wurde die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde A vom 30. April 1998 erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen.

Die gegen diesen Bescheid wiederum erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 17. Dezember 1998 als unbegründet abgewiesen.

Infolge der dagegen gerichteten Beschwerde hob der Verfassungsgerichtshof diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 11. Oktober 1999, B 147/99-8, wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes auf (Anm.: der Verfassungsgerichtshof hatte mit Erkenntnis vom 1. Oktober 1999, G 73/99, die Bestimmung des § 25 Abs. 2 letzter Satz der Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15/98, als verfassungswidrig aufgehoben). Dieses Erkenntnis wurde der Vorstellungsbehörde am 14. Dezember 1999 zugestellt. Auf Grund dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes hob die belangte Behörde mit Bescheid vom 20. Dezember 1999 den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. Juli 1998 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung über die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. April 1998 an den Gemeindevorstand zurück.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 17. Februar 1999 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Ergänzungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 5. Mai 1998 als unbegründet abgewiesen. Der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. Juli 1999 nicht Folge gegeben. Infolge der hiergegen gerichteten Beschwerde hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11. Oktober 1999, Zl. B 1269/99-8, - eingelangt bei der belangten Behörde am 26. November 1999 - diesen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (siehe oben) auf. Auf Grund dieses Erkenntnisses hob in der Folge die Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 7. Dezember 1999 den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Februar 1999 auf. Dieser Bescheid wurde der mitbeteiligten Gemeinde am 14. Dezember 1999 zugestellt.

Mit dem Bescheid vom 16. Dezember 1999 hob der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde sowohl den Bescheid vom 30. April 1998 als auch den Ergänzungsbescheid vom 5. Mai 1998 auf. Gleichzeitig wurde der erstmitbeteiligten Gesellschaft gemäß § 33 Abs. 3 Tiroler Bauordnung 1998 die Fortsetzung der Bauarbeiten mit sofortiger Wirkung untersagt. Dies wurde mit dem Hinweis auf die Aufhebung des § 25 Abs. 2 zweiter Satz TBO 1998 als verfassungswidrig gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG und dessen Rückwirkung auf den Anlassfall begründet. Dabei vertrat der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde die Auffassung, durch die Aufhebung der Baubewilligung bzw. infolge der Nichtigkeit des Bescheides liege zur Zeit für die gesamte bauliche Anlage kein Bewilligungskonsens vor. Durch das Fehlen einer rechtskräftigen Baubewilligung sei aber auch die sofortige Baueinstellung zu verfügen gewesen. Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde habe nun neuerlich in dieser Angelegenheit zu entscheiden und leite diesbezüglich ein Ermittlungsverfahren ein.

Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Beschwerdeführer als auch die erstmitbeteiligte Partei Vorstellung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Vorstellung, soweit sie die Behebung des Bescheides vom 5. Mai 1998 betraf, als unbegründet ab, gab der Vorstellung des Beschwerdeführers im Übrigen Folge, behob den bekämpften Bescheid und verwies die Angelegenheit (in diesem Umfang) an den Gemeindevorstand zurück (Punkt 1 des angefochtenen Bescheides). Mit dem Punkt 2 des angefochtenen Bescheides gab sie der Vorstellung der erstmitbeteiligten Partei Folge, behob den bekämpften Bescheid (zur Gänze) und verwies die Angelegenheit an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde zurück.

Zusammenfassend wurde dies nach Darstellung des Verfahrensablaufes damit begründet, die Berufungsbehörde habe den erstinstanzlichen Bescheid vom 30. April 1998 aufgehoben, obwohl die Rechtssache zu diesem Zeitpunkt noch bei der belangten Behörde anhängig gewesen sei. Die Berufungsbehörde sei daher zu dieser (neuerlichen) Entscheidung über die Berufung unzuständig gewesen, weshalb der bekämpfte Bescheid diesbezüglich aufzuheben gewesen sei. Diese Unzuständigkeit sei von Amts wegen wahrzunehmen gewesen.

Ebenso wegen Unzuständigkeit aufzuheben gewesen sei der Ausspruch hinsichtlich der Untersagung der weiteren Ausführung des Bauvorhabens, weil zu einem solchen Ausspruch der Bürgermeister als Behörde erster Instanz und nicht die Berufungsbehörde zuständig gewesen wäre. Die erstmitbeteiligte Partei habe diese Unzuständigkeit ausdrücklich geltend gemacht, hinsichtlich des Beschwerdeführers sei dies von Amts wegen berücksichtigt worden.

Der Vorstellung des Beschwerdeführers sei darüber hinaus entgegenzuhalten, dass die Sachentscheidung der Vorstellungsbehörde nur in der Kassation des bekämpften Bescheides oder in der Abweisung der Vorstellung bestehen könne. Eine Ergänzung des bekämpften Bescheides, wie dies der Beschwerdeführer begehre, oder eine Verweisung der Angelegenheit an die Behörde erster Instanz komme daher nicht in Frage.

Soweit der bekämpfte Bescheid nicht schon wegen Unzuständigkeit aufzuheben gewesen sei, sei festzustellen, dass einem Berufungswerber im Verwaltungsverfahren ein aus § 66 Abs. 4 AVG erfließendes Recht habe, dass die Berufungsbehörde die Sache erledige, sofern kein Fall des § 66 Abs. 2 AVG vorliege (wird näher ausgeführt). Vorliegendenfalls ergebe sich weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des bekämpften Bescheides der Berufungsbehörde eine Erledigung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG, sodass davon auszugehen sei, dass eine ersatzlose Behebung des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 66 Abs. 4 AVG erfolgt sei. Dies habe aber zur Folge, dass die Behörde erster Instanz über den Gegenstand nicht neuerlich entscheiden dürfe. Da der Beschwerdeführer "durch die dargestellte Konsequenz der von ihm aufgezeigten Rechtswidrigkeit" in seinen Rechten nicht verletzt worden sei, sei seine Vorstellung diesbezüglich als unbegründet abzuweisen gewesen. Anders als der Beschwerdeführer werde aber die erstmitbeteiligte Partei durch diese Rechtswidrigkeit in ihrem Recht auf Sachentscheidung verletzt, weshalb ihrer Vorstellung (auch) in diesem Punkt Folge zu geben gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Weitere Nachbarn haben Gegenschriften erstattet. Der Beschwerdeführer brachte hierauf eine Erwiderung ein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, dass die Berufungsbehörde zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 30. April 1998 vor Aufhebung der diesbezüglich ergangenen "ersten" Berufungsentscheidung durch die belangte Behörde unzuständig war. Ebenso zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, dass die Anordnung der Baueinstellung in die Zuständigkeit der Baubehörde erster Instanz und nicht der Berufungsbehörde fiel, Letztere somit hiezu unzuständig war. Da die erstmitbeteiligte Partei mit ihrer Vorstellung den Bescheid der Berufungsbehörde vom 16. Dezember 1999 zur Gänze bekämpft (und dessen gänzliche Behebung begehrt) hatte, war die belangte Behörde berechtigt (und verpflichtet), diese Unzuständigkeiten aufzugreifen und den Bescheid vom 16. Dezember 1999 diesbezüglich aufzuheben. Dadurch wurde der Beschwerdeführer (wie auch immer sein eigenes Vorstellungsbegehren zu deuten war) in keinen Rechten verletzt.

Schließlich trifft auch die Auffassung der belangten Behörde zu, dass eine Behebung vorinstanzlicher Bescheide nach § 66 Abs. 4 eine ersatzlose Behebung mit der rechtlichen Konsequenz bedeutet, dass die Unterbehörde nicht mehr neuerlich entscheiden darf und somit der auf die Entscheidung der Vorinstanz beruhende Parteienantrag unerledigt bliebe, womit ein solcher Abspruch inhaltlich rechtswidrig ist (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 1994, Zlen. 92/06/0168, ua., unter Hinweis auf Vorjudikatur). Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid daher auch diesbezüglich in seinen Rechten nicht verletzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Nach Auffassung des erkennenden Senates sind bei der gegebenen prozessualen Konstellation die weiteren Nachbarn nicht als mitbeteiligte Parteien anzusehen, sodass ihnen Kostenersatz für ihre Gegenschriften nicht gebührt.

Wien, am 18. Oktober 2001

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Kassation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000060023.X00

Im RIS seit

19.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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