Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch den Kammervorsitzenden Mag. Erwin Ziermann, den Berichterstatter Mag. Thomas Thaller und das weitere Kammermitglied Dr. Peter Brauhart über die Berufung von Herrn Alexander B (geb. 9.7.19.0) gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 6.5.2004, Zahl 20504-17/251/9-2004, folgendes Erkenntnis:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 123 Abs 1 KFG wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Gleichzeitig wird festgestellt, dass dem Berufungswerber als Zulassungsbesitzer im Administrativverfahren zur Lenkerbekanntgabeaufforderung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 26.5.2003, Zl. 30308/369-13580-2003, gemäß § 17 Abs 1 AVG ein Recht auf Akteneinsicht zusteht.
Begründung:
it dem angefochtenen Bescheid hat der Landeshauptmann von Salzburg gemäß § 17 Abs 1 AVG iVm § 73 Abs 2 AVG im Devolutionsweg dem Antrag des Berufungswerbers vom 8.7.2003 auf Akteneinsicht im Administrativverfahren gemäß § 103 Abs 2 KFG keine Folge gegeben.
Der Berufungswerber hat dagegen durch seinen Rechtsvertreter fristgerecht eine Berufung eingebracht. Er führt darin im Wesentlichen aus, dass er als Zulassungsbesitzer Partei im Sinne des § 8 AVG sei und § 17 AVG ihm einen Rechtsanspruch auf Akteneinsichtnahme und Abschriftnahme gewähre. Sein Begehren habe auf Gewährung der Akteneinsicht in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer des in Rede stehenden Fahrzeuges gelautet. Die Verweigerung dieses Begehrens sei nicht rechtmäßig. Wie sich aus dem VwGH-Erkenntnis vom 20.2.2001, 2000/11/0291, ergebe, könne die belangte Behörde mit dem zitierten Erkenntnis vom 26.5.1999, Zahl 99/03/0074, für ihren Standpunkt nichts gewinnen, weil sich in diesem Erkenntnis keine Aussage über das Recht des Zulassungsbesitzers auf Akteneinsicht betreffend das Administrativverfahren, in dem die Aufforderung gemäß § 103 Abs 2 KFG ergehe, finde. Genau dieses Erkenntnis habe der Landeshauptmann von Salzburg zur Untermauerung seines Standpunktes herangezogen und somit daraus unrichtige Schlüsse gezogen. Die beantragte Akteneinsicht und Abschriftnahme sei immer zu Unrecht verweigert worden, weswegen er beantrage, dass der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert werde, dass seinem Antrag stattgegeben werde.
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg stellt hiezu gemäß § 67a Abs 1 AVG iVm § 123 Abs 1 KFG durch eine Kammer fest:
Aus dem vorgelegten Verfahrensakt ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Anzeige vom 21.5.2003 hat das Landesgendarmeriekommando Salzburg der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung eine am 20.5.2003 um 09:08 Uhr auf der L 204 bei Strkm 4.250 im Ortsgebiet von Nussdorf mit dem Fahrzeug, Kennzeichen BR-2ESS, mittels Verkehrsradarmessung festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung angezeigt. Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des in der Anzeige bezeichneten Fahrzeuges.
Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung hat daraufhin mit Schreiben vom 26.5.2003 an den Berufungswerber eine Lenkerbekanntgabeaufforderung gemäß § 103 Abs 2 KFG gerichtet. Der Berufungswerber wurde darin als Zulassungsbesitzer des näher angeführten Fahrzeuges aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens mitzuteilen, wer am 20.5.2003 um 09:08 Uhr in Nussdorf, L 204, bei Strkm 4.250, Ortsgebiet Waidach, Richtung Nussdorf, das Kraftfahrzeug gelenkt habe.
Mit Antwortschreiben vom 17.6.2003 (bei der Behörde eingelangt am 18.6.2003) hat der Berufungswerber Herrn Alexander B (geb. 26.11.1946) als Auskunftsperson im Sinne des § 103 Abs 2 KFG bekannt gegeben.
Mit Schriftsatz vom 8.7.2003 stellte der Berufungswerber den Antrag, die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung möge vor feststehender Lenkereigenschaft ihm bzw seinem Rechtsvertreter Akteneinsicht gewähren oder über diesen Antrag bescheidmäßig entscheiden. Er verwies in diesem Antrag darauf, dass seinem Rechtsvertreter am 23.6.2003 von der zuständigen Sachbearbeiterin der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung in einem gleichgelagerten Parallelfall die Akteneinsicht nicht gewährt worden sei und es auf der Hand liege, dass auch im vorliegenden Fall so vorgegangen werde. Eine Akteneinsicht des Berufungswerbers bzw seines Rechtsvertreters ist nicht aktenkundig.
Mit Schriftsatz an den Landeshauptmann von Salzburg vom 26.4.2004 (bei der Behörde eingelangt am 28.4.2004) beantragte der Berufungswerber, dass nach Ablauf der sechsmonatigen Entscheidungsfrist die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über seinen Antrag auf Akteneinsicht vom 8.7.2003 entscheiden und ihm den Bescheid zustellen möge.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat der Landeshauptmann als gemäß § 73 Abs 2 AVG zuständig gewordene Behörde dem Antrag des Berufungswerbers vom 8.7.2004 auf Akteneinsicht im Administrativverfahren nach § 103 Abs 2 KFG keine Folge gegeben.
Der festgestellte Sachverhalt ist insofern unbestritten.
In rechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen:
Gemäß § 17 Abs 1 AVG hat die Behörde, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen, den Parteien Einsicht in die ihre Sache betreffenden Akten oder Aktenteile zu gestatten; die Parteien können sich davon an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten auf ihre Kosten Kopien anfertigen lassen. Nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten kann Akteneinsicht auch im Wege der automationsunterstützten Datenverarbeitung gestattet werden.
Gemäß § 17 Abs 4 AVG ist gegen die Verweigerung der Akteneinsicht kein Rechtsmittel zulässig. Dies bedeutet, dass in einem anhängigen Verfahren es sich um eine Verfahrensanordnung handelt, deren Rechtswidrigkeit erst und nur in dem Rechtsmittel gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid geltend gemacht werden kann. In Verfahren, in denen ein die Angelegenheit abschließend erledigender Bescheid im Sinne des § 63 Abs 2 AVG aber nicht in Betracht kommt, hat über die Verweigerung der Akteneinsicht ein im Instanzenzug anfechtbarer Bescheid zu ergehen. Eine solche Konstellation ist im vorliegenden Fall gegeben, weil das Verfahren, in dem die Aufforderung zur Auskunftserteilung gemäß § 103 Abs 2 KFG ergeht, ein Administrativverfahren ist, in dem der Zulassungsbesitzer Partei ist und kein die Angelegenheit abschließender Bescheid ergeht (VwGH 18.3.2003, 2002/11/0259).
Gemäß § 17 Abs 3 AVG sind von der Akteneinsicht Aktenbestandteile ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder einer Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.
Umstände im Sinne des § 17 Abs 3 AVG, welche eine Ausnahme von Aktenteilen des vorliegenden Administrativverfahrens gemäß § 103 Abs 2 KFG von der Akteneinsicht rechtfertigen würden, wurden von der belangten Behörde nicht vorgebracht und sind auch im Verfahren nicht hervorgekommen. Ein Grund für eine Verweigerung der Akteneinsicht des Berufungswerbers als Zulassungsbesitzer in die das vorliegende Administrativverfahren gemäß § 103 Abs 2 KFG betreffenden Aktenbestandteile ist für die Berufungsbehörde somit nicht ersichtlich.
Mit dem Hinweis auf das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 26.5.1999, Zahl 99/03/0074, kann die belangte Behörde im vorliegenden Fall nichts gewinnen, da sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in diesem Erkenntnis auf ein anderes Verfahren, nämlich ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Nichterteilung einer Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs 2 KFG beziehen. Der Gerichtshof stellt darin fest, dass sich ein Zulassungsbesitzer in einem Verwaltungsstrafverfahren wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs 2 KFG nicht mit Erfolg darauf berufen kann, dass er dem Auskunftsverlangen deshalb nicht nachkommen habe können, weil ihm die Behörde keine Akteneinsicht gewährt habe. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass dem Zulassungsbesitzer im eigenständigen (vor dem Verwaltungsstrafverfahren abgehandelten) Administrativverfahren nach § 103 Abs 2 KFG sein Recht auf Akteneinsicht überhaupt genommen wird. Insofern sind die Ausführungen des Berufungswerbers berechtigt.
Die vorliegende Verweigerung der Akteneinsicht des Berufungswerbers im Administrativverfahren nach § 103 Abs 2 KFG war daher rechtswidrig, weshalb der Bescheid zu beheben war.