Gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) in Verbindung mit §24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) wird der Berufung
I soweit sie sich gegen die Spruchpunkte 1, 2 und 3 richtet, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt und II soweit sie sich gegen die Spruchpunkte 4, und 5 richtet, insoweit Folge gegeben, als gemäß §21 Abs1 VStG 1991 von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Berufungswerber unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.
Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 VStG 1991 ? 438,-- (20 % der verhängten Geldstrafe) als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen zwei Wochen zu bezahlen.
Gemäß §59 Abs2 AVG 1991 sind innerhalb gleicher Frist der Strafbetrag in Höhe von gesamt ? 2.190,-- und die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, die mit ? 219,-- neu festgesetzt werden, zu bezahlen.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion X vom 5.6.2003 wurde dem Berufungswerber Folgendes zur Last gelegt:
Sie haben am 23.08.2002, um 14,20 Uhr, im Gemeindegebiet von 2*** X, B *, Str.km 3,8, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der Firma F**** M*** Österreich GmbH, mit dem Lastkraftwagen mit dem Kennzeichen **-***AJ und dem Anhänger mit dem Kennzeichen **-***AG gefährliche Güter der Klasse 4.3, Ziffer 3a ADR (UN 3207, Metallorganische Verbindung, mit Wasser reagierend, entzündbar, nag, 630 kg, in einem Tankcontainer, verladen in einem Container (Weselaufbau) am Anhänger) als Beförderer befördert und es hiebei unterlassen im Rahmen des §7 Abs1 GGBG (Sicherheitsvorsorgepflicht) 1) sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Ladung keine offensichtlichen Mängel aufwies, da am Tankschild des Tankcontainers die Angabe des beförderten Ladeguts falsch war, 2) sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Ladung keine offensichtlichen Mängel aufwies, da der Tankcontainer an beiden Längsseiten nicht mit orangefarbenen Warntafeln mit den Kennzeichnungsnummern versehen war, weil auf beiden Seiten die Warntafeln mit den Kennzeichnungsnummern versehen war, weil auf beiden Seiten die Warntafeln mit den Zahlen X323/3207 fehlten und auf einer Seite eine Warntafel mit falschen Zahlen (333/3051) angebracht war, 3) sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Ladung keine offensichtlichen Mängel aufwies, da der Tankcontainer zusätzlich mit Gefahrzetteln nach Muster Nr 4.2 gekennzeichnet war und diese Bezettelung nicht zulässig war, weil diese Gefahrzettel sich nicht auf die beförderten gefährlichen Güter bezogen haben, 4) sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Ladung keine offensichtlichen Mängel aufwies, da der Container, in welchem der Tankcontainer befördert wurde, unzulässigerweise auf drei Seiten mit Gefahrzetteln gekennzeichnet war und 5) sich zu vergewissern, dass die für die Fahrzeuge vorgeschriebenen Großzettel (Placards) und Kennzeichnungen angebracht waren, da das Fahrzeug (Anhänger), mit welchem der Tankcontainer befördert wurde, nicht an beiden Längsseiten und hinten mit Gefahrzetteln nach Muster Nr 3 und Muster Nr. 4.3 gekennzeichnet war.
Wegen Verletzung folgender Rechtsvorschriften wurden über den Berufungswerber fünf Geldstrafen in Höhe von je ? 730,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 20 Stunden) verhängt:
1)
Rn 212161 ADR iVm §13 Abs1a Z 3 GGBG iVm §27 Abs1 Z 1 GGBG
2)
Rn 10500 Abs2 ADR iVm §13 Abs1a Z 3 GGBG iVm §27 Abs1 Z 1 GGBG
3)
Rn 10500 Abs13 ADR iVm §13 Abs1a Z 3 GGBG iVm §27 Abs1 Z 1 GGBG
4)
Rn 10500 Abs9 bis Abs13 ADR iVm §13 Abs1a Z 3 GGBG iVm §27 Abs1 Z 1 GGBG
5)
Rn 10500 Abs10 ADR iVm §13 Abs1a Z 6 GGBG iVm §27 Abs1 Z 1 GGBG
Der erstinstanzliche Kostenbeitrag wurde mit ? 365,-- festgesetzt.
Das Straferkenntnis stützt sich auf die Anzeige der Bundespolizeidirektion X vom 6.9.2002 und das Ergebnis des durchgeführten Beweisverfahrens.
In der rechtzeitig dagegen erhobenen Berufung beantragte der Berufungswerber, vertreten durch den Gefahrgutbeauftragten R**** F**********, die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, im Wesentlichen mit der Begründung, dass die F**** M*** Österreich GmbH nicht Beförderer, sondern nur Auftraggeber gewesen sei und sämtlichen Sicherheitsverpflichtungen nachgekommen sei.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat am 24.6.2004 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgehalten, für die sich R**** F********** als urlaubsbedingt verhindert entschuldigt hat. Der als Zeuge vernommene Anzeigeleger RI M***** M***** gab Folgendes an:
?Auf den beiden Tankschildern, die auf dem Tankcontainer montiert waren, war das falsche Gefahrgut, Aluminiumalkyle, angegeben. Welches richtigerweise transportiert wurde, habe ich dem Beförderungspapier der Firma Borealis entnommen, weil diese üblicherweise richtig sind. Wer Beförderer bzw Zulassungsbesitzer ist, entnehme ich jeweils den Fahrzeugpapieren. Es wurde bei der Kontrolle nicht darüber gesprochen, dass die F**** M*** GmbH Beförderer sei.
Auf der einen Breitseite des Tankcontainers war gar keine Warntafel angebracht, auf der anderen war noch teilweise die Warntafel für Aluminiumalkyle zu sehen. Die Fragmente der neueren Tafel waren nur teilweise zu lesen. Man kann daher nicht sagen, für welches Gefahrgut diese gestanden wäre.
Im Akt ist der Tankcontainer von beiden Längsseiten zu sehen. Auf beiden befand sich fälschlicherweise der Gefahrzettel Muster 4.2 (wiederum zutreffend für Aluminiumalkyle). Die für das transportierte Gefahrgut UN 3207 richtigen beiden Gefahrzetteln befanden sich auch darauf. Es sah so aus, als ob zuletzt Aluminiumalkyle transportiert worden wäre und die diesbezüglichen Kennzeichnungen nicht entfernt worden wären.
Nach ADR wäre das Fahrzeug, nicht jedoch der Container mit Gefahrzetteln zu kennzeichnen gewesen, in diesem Fall war es fälschlicherweise gerade umgekehrt, dh es waren die richtigen Gefahrenzetteln auf dem Container und nicht auf dem Fahrzeug angebracht.
Die Beanstandungen wurden nach dem ADR 1999 zur Anzeige gebracht, weil sich aus dem Beförderungspapier ergibt, dass dieses dem Transport zugrunde lag (der Vorfall ereignete sich in der Übergangsfrist). Wenn nach Klassen und Ziffern und Kleinbuchstaben klassifiziert wird, so nach dem ADR 1999.?
Am 28.7.2004 hat eine weitere Berufungsverhandlung stattgefunden, in der R**** F********** ergänzt hat, schon seit dem Jahr 2000 als verantwortlicher Beauftragter für Gefahrgutangelegenheiten gemäß §9 Abs2 VStG bestellt zu sein. Er sagte weiters wie folgt aus:
?Die vom Anzeigeleger vorgefundenen Beanstandungen, die auf den Fotos im Akt ersichtlich sind, werden nicht bestritten. Unser Unternehmen hat selbst keine Lkw, wir vergeben sämtliche Aufträge an diverse Transportfirmen, darunter auch die O********** GmbH. Soviel ich weiß, existiert ein schriftlicher Lohnfuhrvertrag. Es wird dann jeweils im Einzelfall telefonisch genaueres mit unserem Disponenten vereinbart. Disponiert wird der Auftrag von uns.
Selbst wenn die F**** M*** Österreich GmbH Beförderer wäre, wäre es praktisch unmöglich, bei den Verladungen Sichtprüfungen durchzuführen. Ich muss mich hier auf die ausgebildeten Gefahrgutlenker und auf die Absender und Belader, die sich ebenfalls an das ADR zu halten haben, verlassen können. Im ?Tagesgeschäft? wird täglich vom Lagerpersonal, das von mir unterwiesen ist, Lkw und Gefahrgutausrüstung kontrolliert. Dazu gibt es eine Checkliste, die ich hiermit vorlege (Beilage ./A). Somit komme ich meiner Vorsorgepflicht ausreichend nach. Bei unseren fixen Frächtern (wie damals O**********) wird stichprobenartig kontrolliert. Die Checkliste kann nur an unserer Niederlassung erstellt und vom Lenker unterfertigt werden. In diesem Fall haben wir keinen Kontakt mit den Lenkern. Ich müsste mich hier an und für sich auf B******* verlassen können. B******* behauptet, dass ihre Lenker vor jeder Fahrt ein 30-minütiges Schulungsvideo sehen. Bei einem derart mangelhaften Tank kann ich mir das nicht vorstellen. Nach diesem Vorfall hat es Diskussionen mit O********** gegeben. Einmal haben wir uns von einem Lenker getrennt, weil er falsche Papiere mit hatte.?
Der als Zeuge vernommene Gefahrgutbeauftragte der O********** GmbH, T***** S*******, sagte wie folgt aus:
?Zum Tatzeitpunkt existierte ein mündlicher Lohnfuhrvertrag mit F**** M*** Österreich GmbH, dh wir haben nur Lenker und Lkw zur Verfügung gestellt. Disponiert wurde nicht von uns. Abgerechnet wurde nach Kilometern, was der Lenker genau befördert hat oder wohin, ist für uns irrelevant. Es waren gewisse Kilometersätze vereinbart.?
Als Beweis legte er einen Lieferschein vom 23.8.2002 und eine Rechnung für den Monat August 2002 vor.
R**** F********** reichte eine Vollmacht des Berufungswerbers zur gesamten Vertretung im gegenständlichen Verfahren und ein Schreiben an das Bundesministerium für Verkehr nach, woraus sich ergibt, dass er als Gefahrengutbeauftragter für alle Niederlassungen in Österreich zuständig ist; weiters einen EG-Schulungsnachweis für Gefahrgutbeauftragte.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat dazu wie folgt erwogen:
§13 Abs1a GGBG lautet wie folgt:
(1a) Der Beförderer hat im Rahmen des §7 Abs1
1.
zu prüfen, ob die zu befördernden gefährlichen Güter nach den gemäß §2 Z 1 in Betracht kommenden Vorschriften zur Beförderung zugelassen sind;
2.
sich zu vergewissern, dass die vorgeschriebenen Unterlagen in der Beförderungseinheit mitgeführt werden;
3.
sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Fahrzeuge und die Ladung keine offensichtlichen Mängel, keine Undichtheiten oder Risse aufweisen, dass keine Ausrüstungsteile fehlen usw;
4.
sich zu vergewissern, dass bei Tankfahrzeugen, Batterie-Fahrzeugen, festverbundenen Tanks, Aufsetztanks, ortsbeweglichen Tanks, Tankcontainern und Gascontainern mit mehreren Elementen (MEGC) das Datum der nächsten Prüfung nicht überschritten ist;
5.
zu prüfen, dass die Fahrzeuge nicht überladen sind;
6.
sich zu vergewissern, dass die für die Fahrzeuge vorgeschriebenen Großzettel (Placards) und Kennzeichnungen angebracht sind, und
7.
sich zu vergewissern, dass die in den schriftlichen Weisungen für den Lenker vorgeschriebene Ausstattung im Fahrzeug mitgeführt wird.
Dies ist gegebenenfalls anhand der Beförderungsdokumente und der Begleitpapiere durch eine Sichtprüfung des Fahrzeugs oder des Containers und gegebenenfalls der Ladung durchzuführen. Der Beförderer kann jedoch in den Fällen der Z 1, 2, 5 und 6 auf die ihm von anderen Beteiligten zur Verfügung gestellten Informationen und Daten vertrauen.
Aus der Zeugenaussage des Anzeigelegers und der Anzeige geht hervor, dass die Beförderung im Rahmen der Übergangsbestimmung (Unterabschnitt 1.6.1.1 ADR 2001) nach dem ADR 1999 durchgeführt wurde.
Gemäß Rn 212161 ADR müssen folgende Angaben auf dem Tankcontainer selbst oder auf einer Tafel angegeben sein:
-
Name des Eigentümers und Betreibers;
-
Fassungsraum des Tanks;
-
Eigenmasse;
-
höchstzulässige Gesamtmasse;
-
Angabe des beförderten Ladeguts.
Die Benennung darf durch eine Sammelbezeichnung ersetzt werden, die die Stoffe gruppiert, die wesensverwandt sind, und die in gleicher Weise verträglich sind mit den Eigenschaften des Tanks.
Gemäß Rn 10500 Abs 2 ADR müssen bei Tankfahrzeugen oder Beförderungseinheiten mit einem oder mehreren Tanks, in denen im Anhang B.5 aufgezählte gefährliche Stoffe befördert werden, außerdem an den Seiten jedes Tanks oder Tankabteils parallel zur Längsachse des Fahrzeugs orangefarbene Tafeln deutlich sichtbar angebracht sein, die mit den nach Abs1 vorgeschriebenen übereinstimmen. Diese orangefarbenen Tafeln müssen mit den Kennzeichnungsnummern versehen sein, die in Anhang B.5 für jeden in Tanks oder Tankabteilen beförderten Stoff vorgeschrieben sind.
Rn 10500 Abs9 ADR lautet:
Werden in einem Container gefährliche Güter befördert und schreibt die Anlage A für Versandstücke mit diesen Gütern einen oder mehrere Gefahrzettel vor, sind der gleiche oder die gleichen Gefahrzettel an beiden Seiten und jedem Ende des Containers anzubringen, der diese Güter in Versandstücken enthält. Der Zettel Nr 11 braucht nicht angebracht zu werden.
Gemäß Rn 10500 Abs10 ADR müssen Container für Güter in loser Schüttung, Tankcontainer und Batterie?Fahrzeuge an beiden Seiten mit den nach Rn XX500 der jeweiligen Klasse vorgesehenen Gefahrzetteln versehen sein. Wenn diese Gefahrzettel nicht von außen sichtbar sind, müssen dieselben Gefahrzettel außerdem an beiden Längsseiten und hinten am Fahrzeug angebracht sein.
Gemäß Rn 10500 Abs11 ADR müssen Fahrzeuge für Güter in loser Schüttung und Fahrzeuge mit festverbundenen Tanks oder Aufsetztanks ebenfalls auf beiden Längsseiten und hinten mit den in Rn XX500 der jeweiligen Klasse vorgesehenen Gefahrzetteln versehen sein.
Gemäß Rn 10500 Abs13 ADR müssen Gefahrzettel, die sich nicht auf die beförderten gefährlichen Güter oder deren Reste beziehen, entfernt oder verdeckt sein.
Gemäß §27 Abs1 Z 1 GGBG ist eine Übertretung dieser Bestimmungen mit Geldstrafe von ? 726,-- bis ? 43.603,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.
§9 VStG 1991 lautet:
Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.
Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.
Verletzt der verantwortliche Beauftragte auf Grund einer besonderen Weisung des Auftraggebers eine Verwaltungsvorschrift, so ist er dann nicht verantwortlich, wenn er glaubhaft zu machen vermag, dass ihm die Einhaltung dieser Verwaltungsvorschrift unzumutbar war.
Die zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des Abs1 sowie Personen im Sinne des Abs3 bleiben trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten ? unbeschadet der Fälle des §7 ? strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.
Juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts und eingetragene Erwerbsgesellschaften sowie die in Abs3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.
Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich im Lichte des soeben zitierten §9 VStG nicht, dass R**** F********** rechtswirksam als verantwortlicher Beauftragter gemäß §9 Abs2 VStG bestellt wurde, da es an einer nachweislichen Zustimmung des R**** F********** fehlt. Dass er Gefahrgutbeauftragter gemäß §11 GGBG ist, bedeutet noch nicht automatisch, dass er für Übertretungen des GGBG durch die F**** M*** Österreich GmbH verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist. Dies ist vielmehr gemäß §9 Abs1 VStG derjenige, der die F**** M*** Österreich GmbH nach außen vertritt, nämlich der Berufungswerber G***** M******** als handelsrechtlicher Geschäftsführer. Dieser ist sohin gemäß §9 Abs1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich, weil es an einer rechtswirksamen Bestellung des R**** F********** zum verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 Abs2 VStG fehlt.
Die im Rahmen der Amtshandlung vom 23.8.2002 vorgefundenen Beanstandungen werden vom Berufungswerber bzw seinem Vertreter nicht bestritten. Die Verhandlung vom 28.7.2004 hat vor allem durch die Zeugenaussage des Gefahrgutbeauftragten der O********** GmbH und die vorgelegten Unterlagen klar das Ergebnis erbracht, dass der Lkw der O********** GmbH im Rahmen eines Lohnfuhrvertrages für die F**** M*** Österreich GmbH unterwegs war und letztere daher eindeutig als Beförderer im Sinne des §3 Z 7 GGBG zu qualifizieren ist, zumal die Pflichten des Beförderers bei Abschluss eines echten Lohnfuhrvertrages auf den Vertragspartner übergehen, dem das zur Durchführung von Gefahrguttransporten geeignete Fahrzeug mit dem entsprechend geschulten Fahrer für eine bestimmte Zeit in eigener Disposition zur Verfügung gestellt wurde. Wenn in der Berufung die Rechtsansicht vertreten wurde, die F**** M*** Österreich GmbH sei ?Auftraggeber? gewesen, so hat das Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Absender (B******* GmbH) im Auftrag eines Dritten (im speziellen der F**** M*** Österreich GmbH) gehandelt hätte (siehe die Definition des ?Auftraggebers? in §7 Abs4 GGBG).
Bei den vorliegenden Delikten ist als Ungehorsamsdelikten gemäß §5 Abs1 VStG Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen, es sei denn, der Beschuldigte macht glaubhaft, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies ist nach einschlägiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann der Fall, wenn der Beschuldigte im Betrieb ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet hat, sodass er unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten konnte (siehe VwGH: 2001/03/0322 vom 18.11.2003 mit weiterem Verweis). Nur ein solches durch den Beschuldigten eingerichtetes Kontrollsystem hätte daher exkulpierende Wirkung. Ein solches liegt aber nur dann vor, wenn dadurch die Überwachung des Zustandes aller im Betrieb eingesetzter Fahrzeuge jederzeit sichergestellt werden kann. Die bloße Erteilung von Weisungen reicht dazu nicht hin, entscheidend ist deren wirksame Kontrolle, wobei vom strafrechtlich Verantwortlichen die entsprechenden Maßnahmen zur Kontrolle bzw. das von ihm angewendete diesbezügliche Kontrollsystem jeweils darzulegen sind (vgl VwGH vom 18.11.2003, Zl 2001/03/0342). Es reicht nicht aus, einfach darauf zu vertrauen, dass ein Gefahrgutlenker alle gesetzlichen Bestimmungen einhalten wird. Bei zunehmendem Betriebsumfang ist es Pflicht des Verantwortlichen, der naturgemäß persönlich nicht mehr sämtlichen Überwachungsaufgaben nachkommen kann, durch ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz von seinerseits wieder überwachten Aufsichtsorganen dafür zu sorgen, dass die Verwaltungsvorschriften eingehalten werden. Der Berufungswerber hat aber nicht dargelegt, welche Personen konkret auf welche Art und Weise wirksame Kontrolltätigkeit ausüben. Der Berufungswerber konnte somit durch sein Vorbringen nicht glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Es wurde von ihm auch nicht dargelegt, dass ihm die Einhaltung der Rechtsvorschriften nicht oder nur schwer möglich gewesen wäre.
Sich auf die anderen Beteiligten, insbesondere Lenker, Absender und Befüller, auszureden, die allesamt ohnehin eigenen Strafbestimmungen unterliegen, vermag den Beförderer nicht von seiner eigenen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit gemäß §13 Abs1a GGBG zu befreien. Der ?Vertrauensgrundsatz? gilt bei Übertretung des §13 Abs1a Z 3 GGBG (betreffend Spruchpunkte 1 bis 4) nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung nicht. Was Spruchpunkt 5 betrifft, wurde nicht vorgebracht, dass von anderen Beteiligten gewisse Informationen oder Daten zur Verfügung gestellt worden seien. Die Überprüfung, ob die vorgeschriebenen Großzetteln und Kennzeichnungen am Fahrzeug angebracht sind, wäre dem Beförderer durchwegs zumutbar gewesen.
Aus all diesen Gründen ist davon auszugehen, dass sämtliche angelasteten Verwaltungsübertretungen in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt sind.
Gemäß §19 VStG 1991 ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß §21 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Was die Spruchpunkte 1 bis 3 betrifft, waren nach der glaubwürdigen und nachvollziehbaren Zeugenaussage des Anzeigelegers noch Tankschilder, Warntafel und Gefahrzettel für das anscheinend zuletzt transportierte Gefahrgut, nämlich Aluminiumalkyle zu sehen, dh es wurde einfach der Transport nicht auf das tatsächlich beförderte Gefahrgut ?umgestellt? bzw die ?richtigen? Gefahrzettel sind einfach ?hinzugekommen?. Es handelt sich dabei um keine Bagatelldelikte, weil es damit verunmöglicht wurde, im Ernstfall zu erkennen, welches Gefahrgut tatsächlich transportiert wird und die daher richtigerweise angezeigten Maßnahmen zu treffen. Auch das Verschulden kann nicht als unerheblich bezeichnet werden, da hier eindeutig grobe Sorglosigkeit vorliegt, wenn die Kennzeichnung von einem vorherigen Transport nicht entfernt wird. Auch hinsichtlich der im Rahmen eines Lohnfuhrvertrages eingesetzten Fahrzeuge und Lenker wäre ein engmaschiges Kontroll- und Sanktionssystem einzurichten, welches gegenständlich vom Berufungswerber aber nicht nachgewiesen werden konnte. Da der Berufungswerber in Hinkunft zur genaueren Beachtung der gefahrgutrechtlichen Vorschriften, insbesondere der Kennzeichnungsvorschriften, angehalten werden soll, war die von der Erstbehörde zu Spruchpunkten 1 bis 3 verhängte Strafe zu bestätigen. Sie ist einerseits tat- und schuldangemessen und bewegt sich andererseits ohnehin an der Untergrenze des dargestellten Strafrahmens. Der Milderungsgrund der Unbescholtenheit kommt dem Berufungswerber nicht zugute; seine persönlichen Verhältnisse wurden nicht offen gelegt. Es war daher spruchgemäß der Berufung zu den Spruchpunkten 1 bis 3 keine Folge zu geben.
Was die Spruchpunkte 4 und 5 betrifft, wäre das Fahrzeug, nicht jedoch der Container mit Gefahrzetteln zu kennzeichnen gewesen. Gegenständlich war es fälschlicherweise gerade umgekehrt, dh es waren die richtigen Gefahrzettel auf dem Container und nicht auf dem Fahrzeug angebracht. Daraus ist immerhin das Bemühen um äußerliche richtige Kennzeichnung des Transportgerätes ersichtlich, weshalb von einem geringen Verschulden ausgegangen werden kann. Es sind auch die Folgen unbedeutend, da zumindest eine Erkennbarkeit von außen als Gefahrguttransport gegeben war. Somit konnte bezüglich der Tatvorwürfe 4 und 5 mit einer Ermahnung spruchgemäß das Auslangen gefunden werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die bezogene Gesetzesstelle. Hinsichtlich der Spruchpunkte 4 und 5 fallen dem Berufungswerber gemäß §65 VStG keine Kosten zur Last, sodass der Kostenbeitrag erster Instanz (10 % der verbleibenden Geldstrafen zu Spruchpunkten 1 bis 3) zu korrigieren war. Der Kostenbeitrag zweiter Instanz beträgt 20 % der verbleibenden Geldstrafen.