Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufungen des Herrn Ing. F. E., und des Herrn M. B., dieser vertreten durch Frau M. B., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 09.07.2004, Z 3.1-1307/02-E-25, betreffend die Versagung der Parteistellung im Verfahren zur gewerbebehördlichen Genehmigung eines Biomasseheizkraftwerkes in Hall i.T. auf der Gp. 614/2, KG Hall, und Nichtzustellung des oben zitierten Genehmigungsbescheides sowie der Vorschreibung von Gebühren nach dem Gebührengesetz 1957 gemäß § 67h iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wie folgt:
I.
Die Berufungen hinsichtlich der Zuerkennung der Parteistellung und Nichtzustellung des gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheides werden als unbegründet abgewiesen.
II.
Die Berufungen hinsichtlich der Gebühren nach dem Gebührengesetz 1957 (GebG) werden als unzulässig zurückgewiesen.
Mit Eingabe vom 06.11.2003 hat die Stadtwerke Hall iT GesmbH bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck um die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für ein Biomasseheizkraftwerk auf der Gp 614/2, KG Hall, angesucht.
Mit Kundmachung vom 12.11.2003 wurde die mündliche Verhandlung für Donnerstag, 11.12.2003 um 08.30 Uhr angesetzt.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 08.07.2004, Z 3.1-1307/02-E-7, wurde dem Genehmigungswerber die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Biomasseheizkraftwerkes auf der Gp 614/2, KG Hall, erteilt.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 09.07.2004, Z 3.1-1307/02-E-25, wurden die Anträge der Berufungswerber auf Zuerkennung der Parteistellung im gewerberechtlichen Betriebsanlagenverfahren für das gegenständliche Biomassefernheizkraftwerk und Zustellung des Genehmigungsbescheides vom 08.07.2004, Z 3.1-1307/02-E-7, mangels Parteistellung zurückgewiesen.
In den fristgerechten und gleichlautenden Berufungen wurde vorgebracht:
"In der Begründung Ihrer Zurückweisung führen Sie auch an, dass die Kundmachung u a den bekannten Beteiligten, insbesondere den Eigentümern der betroffenen Grundstücke und der unmittelbar angrenzenden Grundstücke persönlich zugestellt wurde. Soweit dies die Grundstückseigentümer betrifft, die im Übrigen weder in der Nachbarschaft tätig sind noch dort wohnen, mag dies zutreffen. Wie ich aber aus verlässlicher Quelle weiß, wurden überhaupt keine direkt betroffenen Nachbarn persönlich geladen. Dass nicht einmal die Betreiber der betroffenen und unmittelbar benachbarten Betriebsstätten, wie der Fa. S., D. und meine Person sowie die Bewohner der betroffenen Wohnhäuser als bekannte Beteiligte gelten, ist mehr als eigenartig. Selbst die Vorgabe nach § 356 (1) der GewO, wonach die Kundmachung auch durch Anschläge in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben ist, wurde missachtet.
Dabei bestreitet die Behörde gar nicht, dass mir und den Bewohner bis zumindest O. L. Nr 3 Parteistellung zukäme; nur hätte ich eben wochen- oder gar monatelang alle Anschläge an der Amtstafel durchlesen müssen! Tatsache ist, dass von der Vielzahl der in Frage kommenden Personen keine einzige auf diese Weise zur Parteistellung gekommen ist. Würden die Verfahren nach diesem Grundsatz durchgeführt, so wäre deren Sinnhaftigkeit wohl sehr in Frage gestellt.
Es ist geradezu absurd, dass bei der Genehmigung von kleinen Gewerbebetrieben oft dutzende Nachbarn geladen werden, während bei diesem Betrieb, von dem jährlich Emissionen von mehr als 40 Tonnen Schadstoffen ausgehen, überhaupt keine Nachbarn geladen werden.
Die in der Begründung der Zurückweisung angeführte Definition für bekannte Beteiligte kann wohl kaum in den Absichten des Gesetzgebers liegen und entsprechen auch nicht dem Erkenntnis des VwGH: VwSlg 8307, nachdem als bekannt solche Beteiligte anzusehen sind, die der Behörde tatsächlich bekannt sind und jene, die der Behörde bei Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt bekannt sein müssen. Und gerade diese pflichtgemäße Sorgfalt vermisse ich; der Verhandlungsleiter konnte nämlich deutlich erkennen, dass sich im Umkreis des Verhandlungsortes zahlreiche Nachbarn befanden und wusste aus dem Verfahren, dass sich die Auswirkungen des Werkes auf mehrere hundert Meter Umkreis erstrecken würden.
Die Vorgangsweise der Behörde halte ich rechtlich für sehr bedenklich, weil mir selbst bei Zuerkennung der Parteistellung auf Grund des § 79 Abs 2 der GO meine staatsbürgerlichen Rechte weit eingeschränkt werden. Ich hoffe, dass mir diese nicht auch noch genommen werden.
Ich erlaube mir auch darauf zu verweisen, dass weder ich noch andere Nachbarn selbst in minimalster Weise über die zum Schutze der Gesundheit vorgesehenen Maßnahmen und vorgeschriebenen Auflagen informiert wurden. Aus den spärlichen Aussagen ist lediglich zu entnehmen, dass die hier ohnedies schon hohen Schadstoffkonzentrationen bis zu einem Radius von mehr als 500 m um 10 - 15 Prozent zunehmen werden.
In Anbetracht dieser Umstände wird es wohl recht und billig sein, wenn ich auf diese Weise trachte, meine staatsbürgerlichen Rechte einzufordern, um zu diesen Informationen zu kommen. Zusammenfassend darf bemerkt werden, dass in diesem Verfahren nicht nur ich, sondern viele Parteien übergangen wurden. Dies stellt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einen Verfahrensmangel dar (vgl VwSlg NF 2536 A), aus dem die Berufungsbehörde wohl ihre Folgerungen ziehen wird.
Gegen den Kostenbescheid berufe ich, weil mir die Kosten für einen Bescheid, der gleichzeitig an 10 Personen erging, als weit überhöht erscheinen.
Ich beantrage daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und des Kostenbescheides, die Zuerkennung der Parteistellung durch einen Feststellungsbescheid und die Zusendung des Genehmigungsbescheides."
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
Gemäß § 67h Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) gilt in den Angelegenheiten des § 67a Abs 1 Z 1 der § 66 mit der Maßgabe, dass der Unabhängige Verwaltungssenat dann gemäß § 66 Abs 4 in der Sache zu entscheiden hat, wenn die belangte Behörde dem nicht bei der Vorlage der Berufung unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Sache im gegenständlichen Fall ist die Entscheidung über die Frage, ob den Berufungswerbern Parteistellung zukommt.
Ein Ausschluss der Befugnis zur Sachentscheidung durch die Erstinstanz ist nicht erfolgt.
Nach § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Im gegenständlichen Verwaltungsverfahren wurde am 11.12.2003 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Diese Verhandlung wurde jedenfalls an der Amtstafel der Stadtgemeinde Hall vom 18.11. bis
11.12 kundgemacht (überdies an der Amtstafel der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck). Die unmittelbar an das Betriebsgrundstück angrenzenden Nachbarn wurden persönlich verständigt.
Der Beschwerdeführer M. B. (Gp 609/18 KG Hall) ist vom Betriebsgrundstück (Gp 614/2 KG Hall) ca 150m Luftlinie entfernt, zwischen dem Betriebsgrundstück und dem verbauten Grundstück des Beschwerdeführers liegen jedenfalls zwei Häuser.
Der Beschwerdeführer Ing. F. E. (Gp 607/3 + Bp 930 KG Hall) ist vom Betriebsgrundstück ca 400 m Luftlinie entfernt zwischen dem Betriebsgrundstück und dem Grundstück des Beschwerdeführers liegen zahlreiche Häuser.
Die im gegenständlichen Fall maßgebenden Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194 idgF (GewO 1994) sowie des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl 51 idgF (AVG) lauten wie folgt:
(1) Wird eine mündliche Verhandlung anberaumt, so hat die Behörde den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstücks und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden; dies gilt nicht, wenn das Genehmigungsprojekt ein Gasflächenversorgungsleitungsnetz oder ein Fernwärmeleitungsnetz betrifft. Wenn es sich bei den Eigentümern des Betriebsgrundstücks oder bei den Eigentümern der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke um Wohnungseigentümer im Sinne des WEG 1975 handelt, so sind die im zweiten Satz angeführten Angaben dem Verwalter (§ 17 WEG 1975) nachweislich schriftlich mit dem Auftrag zur Kenntnis zu bringen, diese Angaben den Wohnungseigentümern unverzüglich durch Anschlag im Haus bekannt zu geben.
(1) Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen.
(1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs 5 zweiter Satz ist nicht anwendbar. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt."
In Bezug auf die Beschwerdeführer ist entscheidend, dass die gegenständliche Verhandlung in Entsprechung des § 356 Abs 1 GewO 1994 an der Amtstafel der Stadtgemeinde Hall kundgemacht wurde. Zumal zwischen den Beschwerdeführern und dem gegenständlichen Betriebsgrundstück jedenfalls noch andere Häuser liegen und sohin die Objekte der Beschwerdeführer keine unmittelbar benachbarten Häuser im Sinne des § 356 Abs 1 GewO 1994 sind, war die Behörde nicht verpflichtet, die Kundmachung an diesen Häusern anzuschlagen. Als unmittelbar benachbarte Häuser sind nämlich nur jene Häuser zu verstehen, die rund um die zur Verhandlung stehende Betriebsanlage dieser zunächst liegen (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO (2003), § 356 Rz 22).
Die Kundmachung ist in Bezug auf die Beschwerdeführer jedenfalls gesetzeskonform erfolgt und sind daher die im § 42 Abs 1 AVG angeführten Präklusionsfolgen eingetreten. Die Behörde I. Instanz hat daher zu Recht die Anträge auf Zuerkennung der Parteistellung bzw. Zustellung des Genehmigungsbescheides mangels Parteistellung abgelehnt.
Die Beschwerdeführer sind auch keine "bekannten Beteiligten" im Sinne des § 41 Abs 1 AVG und kann diesbezüglich auf die zutreffende Begründung im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen werden. Aber selbst wenn sie als "bekannte Beteiligte" anzusehen wären, ist daraus für die Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, zumal die Präklusionswirkungen des § 42 Abs 2 AVG auch gegenüber diesem Personenkreis eintreten, wenn die Kundmachung in der in einer Verwaltungsvorschrift (hier § 356 GewO 1994) vorgesehenen besonderen Form erfolgte. Dies ist, wie oben dargelegt, gegenüber den Beschwerdeführern erfolgt. Allfällige sonstige Mängel in der Kundmachung (für die es im Gegenstandsakt jedoch keine Ansätze gibt), die sich auf andere Nachbarn (zB Eigentümer der unmittelbar an das Betriebsgrundstück angrenzenden Grundstücke) beziehen, können von den Beschwerdeführern nicht mit Aussicht auf eine erfolgreiche Behandlung vorgebracht werden, zumal jene Kundmachungsvorschrift des § 356 Abs 1 GewO 1994, die auf eine Verständigung der Beschwerdeführer von der mündlichen Verhandlung abstellt (eben nur der Anschlag an der Amtstafel der Stadtgemeinde Hall), eingehalten wurde.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol konnte unterbleiben, zumal im gegenständlichen Fall kein diesbezüglicher Antrag gestellt und in den Berufungen nur die unrichtige Beurteilung einer Rechtsfrage behauptet wurde.
Es war daher wie im Spruch I zu entscheiden.
Die Berufung hinsichtlich der Gebühren nach dem Gebührengesetz 1957 (GebG) war als unzulässig zurückzuweisen, zumal diesbezüglich keine bescheidmäßige Vorschreibung (zuständige Behörde zur bescheidmäßigen Vorschreibung wäre das Finanzamt) erfolgte. Es handelt sich dabei um keine "Kosten für den Bescheid", sondern vielmehr um Gebühren nach dem Gebührengesetz. Diese Gebühr entsteht, zumal es sich bei den gegenständlichen Berufungen um Eingaben im Sinne des § 11 Abs 1 Z 1 GebG handelt, in dem Zeitpunkt, in dem die das Verfahren in erster Instanz schriftlich ergehende abschließende Erledigung über die in der Eingabe enthaltenen Anbringen zugestellt wird. Zur Entrichtung ist gemäß § 13 Abs 1 Z 1 GebG bei Eingaben derjenige verpflichtet, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht wird.
Die Gebühren in der Höhe von jeweils Euro 13,00 fielen bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck an. Aus diesem Grund wurden die Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid durch einen diesbezüglichen "Hinweis" eingeladen, die Gebühr von Euro 13,00 einzuzahlen.
Sollte diese Gebühr nicht eingezahlt werden, regelt § 34 GebG die weitere Vorgangsweise. Nach dieser Gesetzesbestimmung sind die Organe der Gebietskörperschaften verpflichtet, die bei ihnen anfallenden Schriften und Amtshandlungen auf die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu überprüfen. Stellen sie hiebei eine Verletzung der Gebührenvorschriften fest, so haben sie hierüber einen Befund aufzunehmen und diesen dem zuständigen Finanzamt zu übersenden.
Es war daher wie im Spruch II. zu entscheiden.