TE UVS Wien 2004/08/11 04/G/34/4732/2003

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Veröffentlicht am 11.08.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien entscheidet durch sein Mitglied Dr. Osinger über die Berufung des Herrn Dragisa J gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 26.5.2003, MBA 2 - S 4311/03, wegen Übertretung der Gewerbeordnung, wie folgt:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe von 1.100 Euro auf 600 Euro sowie die im Falle der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Woche 20 Stunden auf 4 Tage herabgesetzt wird.

Dementsprechend wird der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 Abs 2 VStG von 110 Euro auf 60 Euro herabgesetzt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Der Magistrat der Stadt Wien erließ gegen den Berufungswerber ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:

?Sie sind als persönlich haftende Gesellschafterin und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der J-OEG mit Sitz in Wien dafür verantwortlich, dass diese Gesellschaft das Gewerbe ?Gastgewerbe in der Betriebsart eines Espressos" im Standort Wien, K-gasse, nach dem am 30.09.2002 erfolgten Ausscheiden der bisherigen Geschäftsführerin und mit der Maßgabe, dass entsprechend dem Bescheid des MBA 2, zur GZ.: MBA 2 ? G-R 13822/02, vom 8.10.2002, rechtskräftig seit 23.10.2002, die 6-Monate-Frist zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers dahin verkürzt wurde, dass unverzüglich ein neuer Geschäftsführer zu bestellen ist, von 21.01.2003 bis 25.03.2003 ausgeübt hat, ohne die Anzeige über die Bestellung eines (neuen) Geschäftsführers erstattet zu haben, indem zum Zeitpunkt der Revision am 25.3.2003 um 19.02 Uhr das Gassenlokal für jedermann zugänglich geöffnet war, kalte alkoholische Getränke (z.B.: 1 Flasche Gösser Bier zu EUR 2,20) und kalte nicht-alkoholische Getränke (z.B.: Almdudler 2 cl zu EUR 1,80) ausgeschänkt wurden und 4 Personen in den Betriebsräumlichkeiten anwesend waren, die Getränke konsumierten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 367 Z 1 in Verbindung mit § 39 Abs 4 Gewerbeordnung 1994 ? GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 in Verbindung mit § 9 VStG 1991 Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von EUR 1.100,--, falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Woche 20 Stunden

gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1994

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes

(VStG) zu zahlen:

EUR 110,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher EUR 1.210,--."

Die vorliegende Berufung richtet sich ausschließlich gegen die Strafhöhe. Der Berufungswerber habe das Lokal aus finanziellen Gründen mit 31.3.2003 schließen müssen. Seiner Familie gehe es bereits seit langem schlecht. Seine Gattin habe am 26.5.2003 ein Baby bekommen und könne somit längere Zeit nicht arbeiten gehen. Er selbst verdiene seit 1.4.2003 ca. 830 Euro bei einer Reinigungsfirma. Von diesem Einkommen und dem gesetzlichen Kindergeld lebten er und seine Familie. Ein erforderlicher Wohnungsumzug habe auch Geld gekostet. Zusätzlich müsse er für seinen 20 jährigen Sohn sorgen, der noch zur Schule gehe. Sobald er einen Termin bei der Schuldnerberatung bekomme, werde er Konkurs einreichen.

Laut im erstinstanzlichen Aktenvermerk vom 26.5.2003 ist das gegenständliche Gewerbe laut Wirtschaftskammer mit 1.4.2003 ruhend gemeldet und ist weiters eine den Berufungswerber selbst betreffende Konkurseröffnung mit Beschluss des Handelsgerichts Wien rechtskräftig per 30.4.2003 abgewiesen worden. Da sich die Berufung ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe richtet, ist das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldausspruches in Rechtskraft erwachsen. Es war daher nur über das Strafausmaß zu entscheiden.

Dazu wurde erwogen:

Gemäß § 367 Z 1 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2 180 ? zu bestrafen ist, wer trotz der gemäß § 8 Abs 2 oder 3 oder gemäß § 9 oder gemäß § 16 Abs 1 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers ein Gewerbe ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 39 Abs 4 über die Bestellung eines dem § 39 Abs 2 entsprechenden Geschäftsführers erstattet zu haben.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Unrechtsgehalt einer Übertretung nach § 367 Z 1 GewO 1994 kann allgemein schon im Hinblick auf die der Behörde mangels entsprechender Anzeige jedenfalls entgangene Möglichkeit, das Vorliegen der für die Gewerbeausübung durch eine bestimmt anzuzeigende, allenfalls ausreichend befähigte Person geforderten Voraussetzungen prüfen zu können, sowie auch deswegen keinesfalls als gering angesehen werden, weil nur bei der Bestellung einer bestimmten Person zum gewerberechtlichen Geschäftsführer die sanktionierte Verpflichtung zu ihrer entsprechenden Betätigung im Betrieb besteht (vergleiche die Strafbestimmung des § 367 Z 7 GewO 1994).

Was das Verschulden des Berufungswerbers anlangt, war von vorsätzlicher Begehung auszugehen, da dem Berufungswerber durch die Zustellung des Bescheides der Erstbehörde vom 8.10.2002, MBA-2-G-R 13822/02, über die Verkürzung der Frist zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, sowie das den Vorzeitraum betreffende, per 4.2.2003 rechtskräftig abgeschlossene erstbehördliche Verwaltungsstrafverfahren MBA 2- S 16241/02 die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewusst sein musste.

Der Berufungswerber war zu Beginn des Tatzeitraumes dreifach einschlägig rechtskräftig vorbestraft, das Straferkenntnis zu MBA 2- S 16241/02 ist, wie bereits ausgeführt, am 4.2.2003 in Rechtskraft erwachsen. Es lagen daher im Großteil des Tatzeitraumes vier als erschwerend zu wertende Vormerkungen vor. Milderungsgründe sind nicht zutage getreten.

Gemäß § 33 Z 1 StGB ist es insbesondere ein Erschwerungsgrund wenn der Täter mehrere strafbare Handlungen derselben oder verschiedener Art begangen oder die strafbare Handlung durch längere Zeit fortgesetzt hat.

Als Untergrenze für die ?längere Zeit" im Sinne des § 33 Z 1 StGB ist ein Vierteljahr (drei Monate) anzusehen (VwGH 8.8.1996, 96/10/0069). Der von der Erstbehörde berücksichtigte Erschwerungsgrund des langen Tatzeitraumes lag sohin hinsichtlich der hier angelasteten Übertretung von rund 2 Monaten noch nicht vor.

Unter Berücksichtigung dieser Strafzumessungskriterien, der bekannt gegebenen ungünstigen Einkommensverhältnisse und der Vermögenslosigkeit des Berufungswerbers erschien es gerechtfertigt, die Strafe auf das im Spruch genannte Ausmaß von immerhin rund einem Drittel der Strafobergrenze herabzusetzen, zumal auch die Gewerbeausübung mittlerweile eingestellt wurde. Eine weitere Herabsetzung kam aus generalpräventiven Überlegungen nicht in Betracht.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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