TE UVS Wien 2004/08/16 03/P/34/6000/2003

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Veröffentlicht am 16.08.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien entscheidet durch sein Mitglied Dr. Osinger über die Berufung der Frau Christine B, vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 1.7.2003, Zl. S 154780/F/02 wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung, wie folgt:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe von 56 Euro auf 40 Euro sowie die im Falle der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden auf 40 Stunden herabgesetzt wird.

Dementsprechend wird der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 Abs 2 VStG von 5,60 Euro auf 4 Euro herabgesetzt.

Der Tatzeitpunkt hat anstelle 29.8.2003 richtig 29.8.2002 zu lauten. Die Berufungswerberin hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Die Bundespolizeidirektion Wien erließ gegen die Berufungswerberin ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:

?Sie haben am 29.8.2003 um 06.03 Uhr in Wien, A 23 nach H-kurve Richtung Norden als Lenker des Kfz BI-U die durch Verbotszeichen gem. § 52/10a Strassenverkehrsordnung 1960 kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 17 km/h, somit erheblich überschritten, wobei die Überschreitung mit einem Messgerät festgestellt wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtscorschrift verletzt:

§ 53/10a StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende

Strafe verhängt:

Geldstrafe von 56,- ?, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Std. gemäß § 99/3a StVO Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 5,60 ? als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe. Der zu zahlende Gesatmbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 61,60 ?."

Mit Berufung wird eingewendet, die Berufungswerberin könne nicht bestätigen, ihren PKW, amtl. Kennzeichen BI-U, am 29.8.2002 auf der A 23 gegen 06.03 Uhr in Wien selbst geführt zu haben. Das nunmehr vorliegende Radarfoto gebe keinen Aufschluss über die Person des Fahrers/der Fahrerin. Die Berufungswerberin müsse als Betroffene keine weitergehenden Angaben zur Sache machen und berufe sich, was die Person des Fahrers/der Fahrerin anbelange, vorsorglich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht.

Das gegenständliche Verfahren gründet sich auf eine Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien vom 9.9.2002. Demnach hat der Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen BI-U am 29.8.2002 um 6.03 Uhr in Wien, A23 nach H-kurve Richtung Norden die erlaubte Geschwindigkeit von 80 km/h überschritten, da die gefahrene Geschwindigkeit (nach Abzug der Eich- und Messtoleranz) 97 km/h betragen hat. Die Überschreitung wurde mit einem Messgerät festgestellt.

Gegen die an sie als Zulassungsbesitzerin (Halterin) ergangene Strafverfügung vom 31.10.2002, mit welcher wegen dieser Übertretung gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von 56 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden verhängt wurde, hat die Berufungswerberin vorgebracht, sie sei Halterin des verfahrensgegenständlichen PKW. Dieses Fahrzeug werde allerdings nicht ausschließlich von ihr benutzt. Die Berufungswerberin stelle ihren PKW von Fall zu Fall vielmehr auch Freunden, Bekannten und Verwandten leihweise zur Verfügung. Sie könne nicht bestätigen, ihren PKW am 29.8.2002 auf der A 23 gegen 06.03 Uhr in Wien selbst geführt zu haben. Nach ihrer Auffassung sei eine Einstellung des Verfahrens geboten. Weiters wurde beantragt, Einsicht in die Ermittlungsakten zu gewähren und zu gewährleisten, dass die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit des Messgerätes aus der Ermittlungsakte ersichtlich werde. Dem Antrag auf Übersendung einer Aktenabschrift hat die Erstbehörde mit Schreiben vom 1.4.2003 samt für den Zeitraum 1.3.2001 bis 31.12.2004 gültigem Eichschein entsprochen. Der Berufungswerberin wurde eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Gleichzeitig wurde sie für den Fall, dass sie nicht Lenkerin des Fahrzeuges zum Tatzeitpunkt gewesen wäre, aufgefordert, den Lenker bekannt zu geben. Mit Schriftsatz vom 16.4.2003 wurde mitgeteilt, dass die Berufungswerberin nicht bestätigen könne, ihren PKW zum Tatzeitpunkt selbst geführt zu haben. Das nunmehr vorliegende Radarfoto gebe keinen Aufschluss über die Person des Fahrers/der Fahrerin. Die Berufungswerberin wolle/müsse als Betroffene keine weiter gehenden Angaben zur Sache machen. Vorsorglich berufe sie sich, was die Person des Fahrers/der Fahrerin anbelange, auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht.

In der Folge erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

Es wurde erwogen:

Die Berufungswerberin hat sich im gesamten Verfahren darauf beschränkt, vorzubringen, sie könne nicht bestätigen, ihren PKW am 29.8.2002 auf der A 23 gegen 06.03 Uhr in Wien selbst geführt zu haben, ohne diesbezüglich glaubhaft zu machen, warum sie selbst als Lenkerin ausscheide, und hat sich weiters auf das ihr als ?Betroffene" zustehende Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Anders als im Verfahren wegen unrichtiger Lenkerauskunft geht es im Verfahren wegen des ?Grunddelikts" (hier: Geschwindigkeitsüberschreitung) nicht darum, bestimmte andere Lenker, sondern nur darum, einen bestimmten Nicht-Lenker (nämlich den Bestraften selbst) glaubhaft zu machen. Ein allfälliges deutsches ?Zeugnisverweigerungsrecht" kann daher mit einer Bestrafung wegen unterlassener Lenkerauskunft, aber im Allgemeinen nicht wegen des Grunddelikts kollidieren. Beruft sich ein deutscher Fahrzeughalter, der anhand eines Radarphotos wegen Überschreitens der in Österreich höchst zulässigen Geschwindigkeit bestraft worden ist, auf ein ihm als ?Betroffener" zustehendes Zeugnisverweigerungsrecht, ohne dabei ausschließlich andere (dritte) Personen als mögliche Lenker anzuführen, geht der diesbezügliche Hinweis von vornherein ins Leere, wird damit doch eine mangelnde Lenkereigenschaft der eigenen Person nicht einmal (ausdrücklich) behauptet. Eine auf einem Radarphoto beruhende Bestrafung wegen Überschreitens der höchst zulässigen Geschwindigkeit verstößt auch nicht gegen das Verbot der Selbstbezichtigung, ist für diese Bestrafung doch ein Geständnis - anders als für den diesbezüglichen Milderungsgrund ? nicht zwingendes Erfordernis. Hinsichtlich des Rechts auf Zeugnisverweigerung ist im Übrigen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 103 Abs 2 KFG (Lenkerauskunft) zu verweisen. Danach geht die Berufung auf deutsches Recht, wonach ein einer Verwaltungsübertretung Verdächtiger nicht verpflichtet werden könne, Familienangehörige als mutmaßliche Lenker eines Kfz zu benennen, fehl, weil der Tatort der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung in Österreich gelegen ist, sodass österreichisches Recht anzuwenden ist (VwGH vom 26.5.1999, Zl. 99/03/0074, Hinweis E 27.6.1997, 97/02/0220; Hinweis EB E 27.10.1997, 96/17/0425).

Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Verwaltungsstrafbehörde ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften aus dem Untätigbleiben des Zulassungsbesitzers im Verwaltungsstrafverfahren gegenüber dem Vorwurf eines bestimmten strafbaren Verhaltens im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung den Schluss ableiten kann, der Zulassungsbesitzer selbst sei der Täter gewesen, wobei es nicht relevant ist, ob es zu einer auf § 103 Abs 2 KFG gestützten Lenkeranfrage gekommen ist (VwGH 28.4.1998, 97/02/0527, Hinweis E 11.5.1990, 90/18/0022).

Aufgrund des Verhaltens der Berufungswerberin muss der erkennende Senat somit davon ausgehen, dass die Berufungswerberin das verfahrensgegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt am Tatort selbst gelenkt hat.

Dass die im Straferkenntnis angelastete Geschwindigkeitsübertretung nicht begangen worden wäre, hat sie gar nie behauptet. Es wird daher als erwiesen angesehen, dass die Berufungswerberin die ihr im angefochtenen Straferkenntnis angelastete Übertretung der Straßenverkehrsordnung begangen hat.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Woche, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Tat schädigte in erheblichem Maße das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an der Verkehrssicherheit. Der Unrechtsgehalt der Übertretung war daher erheblich. Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist nicht hervorgekommen, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen und es kann daher das Verschulden der Berufungswerberin nicht als geringfügig angesehen werden.

Nach dem vorliegenden Akteninhalt war die Berufungswerberin zum Tatzeitpunkt verwaltungsstrafrechtlich unbescholten, was als mildernd zu werten war. Erschwerungsgründe sind nicht zutage getreten.

In Ansehung dieser Strafzumessungskriterien erschien es gerechtfertigt, die Strafe auf das im Spruch genannte Ausmaß herabzusetzen. Eine weitere Herabsetzung der ohnehin im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens festgesetzten Strafe kam selbst unter Annahme ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse nicht in Betracht, zumal auch die Strafe geeignet sein soll, die Berufungswerberin und Andere von der Begehung derartiger Übertretungen wirksam abzuhalten.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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