TE UVS Wien 2004/08/27 03/P/34/7511/2002

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Veröffentlicht am 27.08.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Osinger in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 22.9.2003 auf Grund der Berufung von Herrn Ansgar O gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 6.8.2002, S 76749-Wg/02, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs 2 Straßenverkehrsordnung 1960, entschieden wie folgt:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe von 56 Euro auf 40 Euro sowie die im Falle der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden auf 12 Stunden herabgesetzt wird.

Dementsprechend wird der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 Abs 2 VStG von 5,60 Euro auf 4 Euro herabgesetzt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Der Berufungswerber ist als Lenker des Kfz W-62 wegen unterlassener Fahrtrichtungsänderungsanzeige bestraft worden.

Der Spruch des Straferkenntnisse lautet wie folgt:

?Sie haben am 6.5.2002 um 07.54 Uhr in Wien, T-platz Richtung H-straße als Lenker des KFZ mit dem Kennzeichen W-62 die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht angezeigt, sodass sich andere Straßenbenützer auf diesen Vorgang nicht rechtzeitig einstellen konnten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 11 Abs 2 StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie

folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von Euro ? 56,-

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden

Freiheitsstrafe von

gemäß § 99 Abs 3 a StVO

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) und gemäß § 5a Abs 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) zu zahlen:

? 5,60 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe [je einem Tag Freiheitsstrafe werden gleich ? 15,00 angerechnet],

als Ersatz der Barauslagen für

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen)

beträgt daher ? 61,60"

Der Berufungswerber wendet ein, das gegenständliche Abbiegemanöver in Form eines ?Kurzblinkens" beim Linksknick angezeigt zu haben. Er tue dies automatisch, andererseits aber auch bewusst, um eventuell entgegenkommende, benachrangte oder eventuell nachfolgende Kfz über sein Einbiegenwollen zu informieren. Er sei wohl zu einem Zeitpunkt beobachtet worden, als er das Blinken noch nicht aktiviert oder schon beendet gehabt habe. Andere Verkehrsteilnehmer seien nicht beeinträchtigt worden.

In der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 22.9.2003 hat der Berufungswerber folgende Parteiaussage gemacht:

?Ich war damals auf dem Weg von der Wohnung meiner Lebensgefährtin in Wien, Hö-gasse zu meinem Haus in G. Ich wollte über die M-Straße und die B-straße Richtung Gü, dann über die Gü-brücke und die A-Straße nach Hause fahren.

Ich bin diese Strecke fast jeden Tag gefahren und war mir bewusst, dass man bei der gegenständlichen Kreuzung links blinken muss. Meine Fahrtrichtung folgt der Vorrangstraße und sind die entgegenkommenden FZ auf der H- Straße wartepflichtig. Trotzdem habe ich aber nicht auf das Blinken vergessen, schon aus Selbstschutz und auch aus Gewohnheit.

Es stimmt, dass meist ein ganzer Fahrzeugpulk nach links einbiegt und der entgegenkommende Verkehr dort regelmäßig wartet. Aber ich blinke halt gewohnheitsmäßig und bin mir sicher, dass ich es auch damals so gemacht habe, selbst wenn ich keinen Polizisten gesehen habe.

Der Anzeigeleger ist mir damals nicht aufgefallen und kann ich daher nicht sagen, wo er gestanden ist.

Ich blinke dort vor allem für den Hintermann, damit er weiß, dass ich dem Vorrangverlauf folge. Das mache ich auf Höhe der rechts gelegenen Autobushaltestelle.

Über Vorhalt, dass diese Autobushaltestelle schon fast auf Kreuzungshöhe ist: Meiner Einschätzung nach reicht es, wenn man kurz vor dem Abbiegen kurz blinkt.

Eigentlich blinke ich, wenn jemand hinter mir fährt und Gegenverkehr kommt sogar zweimal, einmal gleich nach dem Einbiegen von der Ge-Straße (für den Hintermann) und ein zweites Mal auf Höhe der Autobushaltestelle (wenn Gegenverkehr kommt). Ist weit und breit kein Mensch unterwegs, werde ich an dieser Kreuzung nicht blinken. Um 7.54 Uhr (lt. Anzeige) ist dort aber regelmäßig stärkerer Verkehr und werde ich daher schon geblinkt haben."

Der Anzeigeleger RvI Andreas D hat folgende Zeugenaussage zu

Protokoll gegeben:

?Ich bin seit 1979 im 18. Bezirk als SWB tätig.

Der gegenständliche Kreuzungsbereich wird deshalb besonders überwacht, weil es sich um eine T-Kreuzung mit einem besonderen Verlauf der Vorrangstraße unmittelbar neben einem Altersheim und einem öffentlichen Park mit entsprechendem Fußgängerverkehr handelt.

Das Blinken der FZ, die von der Ge-Straße über den T-platz Richtung M-Straße links abbiegen, ist vor allem für den Fußgängerverkehr wesentlich.

Die Fußgänger, die vom T-platz aus den T-park erreichen und die M-Straße überqueren wollen, können sich auf Grund des Blinkens darauf einstellen, ob sie den Schutzweg betreten sollen oder nicht und gilt dies genauso für die Fußgänger beim Schutzweg über die H-Straße.

Außerdem ist das Linksblinken für nachkommende FZ-Lenker wesentlich, die geradeaus weiterfahren wollen, weil sie nur dann mit einem fußgängerbedingten Abbremsen des voranfahrenden FZ rechnen müssen, wodurch ihre Geradeausweiterfahrt blockiert werden kann.

Um die gegenständliche Kreuzung zu kontrollieren stehe ich entweder im Bereich der rechtsseitigen Bushaltestelle oder schräg gegenüber vor dem Parkeingang. Die Überwachung erfolgt in Uniform. Aus meiner Stellungnahme vom 11.6.2002, wonach mein Standort am T-platz gewesen ist, entnehme ich, dass ich damals im Bereich der rechten Bushaltestelle gestanden bin.

Wenn ich ein entgegenkommendes FZ nicht blinken sehe, folge ich ihm mit den Augen bis zum Schutzweg zum T-park und erstatte ich nur dann Anzeige, wenn er auf der gesamten Strecke nicht geblinkt hat.

Ich beobachte einen Linksabbieger ab der Haltestelle. In Fahrtrichtung des Bw gesehen stehe ich da immer am hinteren Ende der Haltestelle.

Ich schätze den Abstand von meinem Standort am Ende der Bushaltestelle bis zum Abbiegebereich auf rund 10 m. Ein bloßes kurzes Blinken allein im Bereich vor meinem Standort reicht nicht aus, weil dadurch sowohl für den Hintermann als auch für die Fußgänger im Kreuzungsbereich eine unklare Situation entsteht."

Im Anschluss an diese Zeugenvernehmung hat der Berufungswerber seine Berufung auf die Bekämpfung ausschließlich der Strafhöhe eingeschränkt. Daraufhin ist der aus dem Spruch ersichtliche Berufungsbescheid zunächst mündlich verkündet worden.

Der Schuldspruch ist bereits in Rechtskraft erwachsen und war auf Grundlage der im Spruch umschriebenen Übertretung lediglich die Strafhöhe zu überprüfen.

Es wurde erwogen:

Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis

zu 2 Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

Gemäß § 11 Abs 2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können. Er hat die Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben ausgeführt hat oder von ihm Abstand nimmt.

Wann und wo ein Fahrzeuglenker mit der Anzeige einer von ihm geplanten Änderung der Fahrtrichtung zu beginnen hat, richtet sich nicht nach ihm, sondern nach jenen anderen Straßenverkehrsteilnehmern, deren rechtzeitiger Information die Anzeige gilt.

Das Ende der geforderten Fahrtrichtungsänderungsanzeige bestimmt sich nach dem Ende des tatsächlichen oder geplanten Vorhabens.

Wird die Anzeige vor der Ausführung der Fahrtrichtungsänderung beendet, stellt dies infolge der möglichen Interpretation als einer Abstandnahme vom Vorhaben die nicht rechtzeitige Anzeige einer später doch vorgenommenen Fahrtrichtungsänderung dar.

§ 11 Abs 2 StVO 1960 unterscheidet nicht zwischen den verschiedenen Formen einer nicht ausreichend langen Anzeige der Änderung der Fahrtrichtung, gleich ob damit zu früh oder zu spät begonnen, geendet oder die Anzeige zur Gänze unterlassen wird. Eine bereits 10-15 Meter vor der Kreuzung beendete Anzeige der Fahrtrichtungsänderung ist als bloßes ?Kurzblinken" zur Information der davon betroffenen anderen Verkehrsteilnehmer selbst dann nicht ausreichend, wenn sich das Fahrzeug in einer dichten Fahrzeugkolonne bewegt.

Das Unterlassen eines ausreichend langen Linksblinkens in einer dem besonderen Verlauf der Vorrangstraße folgenden dichten Fahrzeugkolonne ist regelmäßig von nur geringer Gefährlichkeit. Eine konkrete Beeinträchtigung anderer Personen hat sich hier nicht ergeben.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretung ist somit nicht besonders gravierend. Dasselbe gilt auch für den Schuldgehalt.

Der Berufungswerber ist im Entscheidungszeitpunk unbescholten, was als mildernd zu werden ist. Sonstige Milderungs- oder Erschwerungsgründe haben sich nicht ergeben.

Im Hinblick auf den infolge Tilgung der im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt aufscheinenden Vormerkung neuen Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit erscheint die verhängte Strafe überhöht, weswegen die Strafhöhe auf das spruchgemäße Ausmaß herabgesetzt werden konnte. Eine weitere Strafherabsetzung kam nicht in Betracht, zumal die Strafe ohnedies nur mehr rund 1/20 der Strafobergrenze ausmacht.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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