Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. A. S. über die Berufung des Herrn A. L., XY, E., vertreten durch die Rechtsanwälte Mag. B. H.-K., Dr. T. K. und Dr. M. D., K, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 02.08.2004, Zl 4a-2071/91, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 35 Abs 1 Führerscheingesetz (FSG) wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
Mit dem angefochtenen Bescheid schränkte die Erstbehörde die Gültigkeit der von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein 19.12.1991 für die Klassen A, B, E, F erteilte Lenkberechtigung, Zl 2071/91, gemäß § 24 Abs 1 Z 2, § 3 Abs 1 Z 3 und § 8 des Führerscheingesetzes durch Befristung bis zum 22.07.2005 ein.
In der Begründung verwies die Erstbehörde auf das amtsärztliche Gutachten vom 22.07.2004, wonach der Berufungswerber derzeit nur bedingt zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet sei und es zur Verfolgung des weiteren Gesundheitszustandes des Berufungswerbers einer Nachuntersuchung innerhalb der festgesetzten Frist bedürfe. Weiters wurde das erwähnte amtsärztliche Gutachten vom 22.07.2004 sowie das Vorgutachten vom 09.06.2004 in der Bescheidbegründung wiedergegeben.
Diese Gutachten lauten im Einzelnen wie folgt:
?Amtsärztliches Gutachten vom 09.06.2004:
Eine frische Drogeneinwirkung kann nicht festgestellt werden. Bei der klinischen Untersuchung fallen vor allem die geröteten Schleimhäute (Augen, Rachen) auf, die laut Og auf eine angebliche Verkühlung zurückzuführen sind. Og bestreitet jedoch jeglichen Drogenkonsum in der Vergangenheit. Da Og im Besitz eines Führerscheines ist, wird ein Harntestbefund auf Drogenabbauprodukte gefordert. Og weigert sich jedoch einen solchen beizubringen. Es ist somit aus amtsärztlicher Sicht derzeit keine sichere Beurteilung in Hinblick auf die Fahrtauglichkeit möglich.
Amtsärztliches Gutachten vom 22.07.2004:
Og hat nun den geforderten Harnbefund auf Drogenabbauprodukte beigebracht. Der Befund vom 16.07.2004 ist in Ordnung. Es besteht somit weiterhin Fahrtauglichkeit. Aufgrund der klinischen Untersuchung und aufgrund der Tatsache, dass der Harnbefund erst nach Aufforderungsbescheid vorgelegt wurde, wird zur Verlaufsbeobachtung eine Nachuntersuchung in 1 Jahr als sinnvoll erachtet. Eine Befristung des Führerscheins auf 1 Jahr sollte vorgenommen werden.?
Dagegen wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In dieser wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass ein Drogenmissbrauch nicht unter Beweis gestellt werden hätte können. Ein Verweis auf ein diesbezügliches Verfahren beim Bezirksgericht Kufstein reiche nicht aus. Der Harntest sei negativ. Der Berufungswerber sei bislang völlig unbescholten und seine Angaben, er habe mit solchen Giften nichts zu tun, seien glaubwürdig.
Dass der Berufungswerber einen Harntest erst nach Aufforderung zur Vorlage gebracht habe, könne nicht als Begründung für eine Befristung der Lenkberechtigung dienen. Die anlässlich der ersten amtsärztlichen Untersuchung festgestellte Verkühlung stelle keinen Grund für eine Einschränkung der Lenkberechtigung dar. Anlässlich der zweiten Untersuchung seien keine besonderen Auffälligkeiten festgehalten worden. Der Harnbefund sei negativ ausgefallen. Gesundheitliche Beeinträchtigungen seien derzeit nach dem Akteninhalt nicht gegeben. Es fehle an jedem Anhaltspunkt für eine Beschränkung der Lenkberechtigung wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen. Der vorliegende Bescheid sei daher rechtswidrig.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:
Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes ? FSG ? idF BGBl I Nr 129/2002 maßgebend:
?Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung § 3 (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
...
3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),
...
Gesundheitliche Eignung
§ 8 (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt für Allgemeinmedizin zu erstellen.
(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.
(3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen:
?geeignet?, ?bedingt geeignet?, ?beschränkt geeignet? oder ?nicht geeignet?. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund
1. gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten ?geeignet? für diese Klassen zu lauten;
2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten ?bedingt geeignet? für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;
...?
Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen im Sinne dieser Gesetzesstelle ist gegeben, wenn eine ?Krankheit? festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zudem mit § 8 Abs 3 Z 2 FSG im Wesentlichen inhaltsgleichen § 69 Abs 1 lit b KFG 1967 die Erkenntnisse vom 15.12.1995, Zl 95/11/0318, und vom 21.01.1997, Zl 96/11/0267, jeweils mit weiteren Nachweisen). Um eine bloß bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen im Sinne des zuletzt Gesagten anzunehmen, bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch im ausreichenden Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl VwGH vom 18.01.2000, Zl 99/11/0266).
Betreffend Alkohol, Sucht- und Arzneimittel ist die Vorgangsweise der Behörden durch § 14 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) näher geregelt. Diese Bestimmung lautet auszugsweise wie folgt:
?(1) Personen die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht soweit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Absätze hier anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Sucht- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.
...
(5) Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, ist nach einer Befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.?
Anhaltspunkte für eine (aktuelle) Suchtmittelabhängigkeit, die ohnedies eine Entziehung der Lenkberechtigung zur Folge hätte, oder einem gehäuften Missbrauch von Suchtmitteln in der Vergangenheit fehlen in den Ausführungen der amtsärztlichen Gutachten. Abgesehen davon, dass eine Befristung mangels Fehlens eines aktuellen Krankheitsbildes nicht auferlegt werden darf (vgl VwGH vom 23.01.2001, Zl 2000/11/0258), fehlt es auch an den Voraussetzungen für die Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen im Sinne des § 14 Abs 5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung. Der Umstand, dass der Berufungswerber den Harn erst nach behördlicher Aufforderung abgab, reicht nicht aus, um von einer Suchtmittelabhängigkeit oder einem gehäuften Missbrauch in der Vergangenheit auszugehen.
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.