Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien entscheidet durch sein Mitglied Dr. Osinger über die Berufung des Herrn Christian F gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 25.8.2003, Zl. S 74.940/S/03, mit welchem der Einspruch gegen die Strafverfügung zur selben Zahl als verspätet zurückgewiesen wurde, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Mit Strafverfügung der BPD Wien vom 17.6.2003 wurden über den Berufungswerber wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung insgesamt drei Geldstrafen verhängt. Die Strafverfügung enthielt eine richtige und vollständige Rechtsmittelbelehrung und wurde laut Zustellnachweis RSa nach Zustellversuchen vom 15.7.2003 und vom 16.7.2003 postamtlich hinterlegt und ab dem 16.7.2003 zur Abholung bereit gehalten. Dagegen hat der Berufungswerber am 13.8.2003 mittels Telefax Einspruch erhoben.
Der betreffende Einspruch ist mit Bescheid der Erstbehörde vom 25.8.2003 als verspätet zurückgewiesen worden. Laut Zustellschein sei versucht worden, die Strafverfügung am 15.7.2003 zuzustellen. Er sei aufgefordert worden, am 16.7.2003 an der Abgabestelle anwesend zu sein. Dieser Aufforderung sei er nicht nachgekommen, sodass das Schriftstück am 16.7.2003 beim Postamt hinterlegt und ab 16.7.2003 zur Abholung bereit gehalten worden sei. Die Rechtsmittelfrist sei demnach am 30.7.2003 abgelaufen. Der Einspruch sei erst am 13.8.2003 eingebracht worden.
Mit Berufung wird - neben Ausführungen zur angelasteten Übertretung - eingewendet, er sei erst am 3.8. aus dem Urlaub zurückgekommen sei, was er belegen könne. Der Einspruch sei am 13.8. eingebracht worden. Das entspreche der Frist von 14 Tagen. Über Aufforderung des UVS Wien, die von ihm behauptete Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung durch Vorlage von Bescheinigungsmitteln glaubhaft zu machen und den genauen Zeitpunkt seiner Rückkehr an die Abgabestelle bekannt zu geben, hat der Berufungswerber per Fax offenbar ihn betreffende Boardingkarten vorgelegt. Daraus ergibt sich ein Abflug von Wien nach Mailand am 16.7.2003 und ein Rückflug nach Wien von Rom kommend am 25.7.2003. Ergänzend hat der Berufungswerber angeführt, dass die Ankunft in Wien um ca. 17.30
Uhr gewesen sei.
Es wurde erwogen:
Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach Zustellung Einspruch erheben.
Gemäß § 21 Abs 1 Zustellgesetz dürfen dem Empfänger zu eigenen Handen zuzustellende Sendungen nicht an einen Ersatzempfänger zugestellt werden.
Kann die Sendung beim ersten Zustellversuch nicht zugestellt werden, so ist gemäß § 21 Abs 2 Zustellgesetz der Empfänger schriftlich unter Hinweis auf die sonstige Hinterlegung zu ersuchen, zu einer gleichzeitig zu bestimmenden Zeit an der Abgabestelle zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein. Dieses Ersuchen ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Zur angegebenen Zeit ist ein zweiter Zustellversuch durchzuführen. Ist auch dieser erfolglos, ist nach § 17 zu hinterlegen. Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist gemäß § 17 Abs 1 Zustellgesetz das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
Gemäß § 17 Abs 2 Zustellgesetz ist der Empfänger schriftlich von der Hinterlegung zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
Gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte. Bei einer Zustellung zu eigenen Handen kann der Empfänger bereits durch die Verständigung vom erfolglosen ersten Zustellversuch und die Aufforderung gemäß § 21 Abs 2 ZustG, in der für die Vornahme des zweiten Versuches bestimmten Zeit zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein, Kenntnis davon erlangen, dass ihm ein behördliches Schriftstück zugestellt werden soll. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an. Die Hinterlegung hat somit bereits dann die Wirkung der Zustellung, wenn der Empfänger auch nur am Tag des ersten Zustellversuches ortsanwesend war (VwGH 17.2.1992, 91/19/0322, vom 28.5.1993, 92/17/0239 u.a.).
Der erfolglose erste Zustellversuch wurde laut vorliegendem, unbestrittenen Rückschein bereits am 15.7.2003 vorgenommen. Laut den vorgelegten Flugtickets war der Berufungswerber nur von 16.7.2003 bis 25.7.2003 von der Abgabestelle abwesend. Dafür, dass er bereits am 15.7.2003 nicht mehr an der Abgabestelle anwesend gewesen wäre und aus diesem Grund über die Ankündigung des zweiten Zustellversuches keine Kenntnis erlangen hätte können, haben sich keine Anhaltspunkte ergeben und hat der Berufungswerber diesbezüglich kein Vorbringen erstattet.
Wer durch die Verständigung vom erfolglosen ersten Zustellversuch von einer durch Hinterlegung erfolgenden Zustellung rechtzeitig Kenntnis erlangen kann, kann durch nachfolgendes Verlassen seiner Abgabestelle die mit dem ersten Tag der Abholfrist eintretende gesetzliche Zustellwirkung des § 17 Abs 3 dritter Satz ZustG ebenso wenig beeinflussen wie ein zunächst ortsabwesender Empfänger die vergleichbare Fiktion des § 17 Abs 3 letzter Satz ZustG, die mit dem auf die Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte, eintritt. Es ist daher als erwiesen anzusehen, dass die verfahrensgegenständliche Strafverfügung mit 16.7.2003 (Beginn der Abholfrist) rechtswirksam zugestellt wurde.
Jeder Empfänger, der aufgrund seiner Ortsanwesenheit an der Abgabestelle von einer gesetzmäßigen postalischen Zustellung rechtzeitig Kenntnis erlangen kann, jedoch verhindert ist, die Sendung anzunehmen und/oder rechtzeitig zu beheben, hat diesen Umstand nicht als Begründung einer schon gegebenen, sondern im Wiedereinsetzungsverfahren erst zu bewirkenden Rechtzeitigkeit seiner ab Zustellung der Sendung fristgebundenen Rechtshandlung geltend zu machen.
Schriftsätze, die keinerlei Ausführungen zu einem unmittelbar zuvor (innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist) geschehenen Wegfall eines Hindernisses für das fristgerechte Setzen einer Rechtshandlung enthalten, sind bei Fehlen einer ausdrücklichen diesbezüglichen Bezeichnung nicht (auch) als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu werten.
Entsprechende Ausführungen sind hier weder im Einspruch noch im jetzigen Rechtsmittel gegen dessen Zurückweisung enthalten. Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einspruchsfrist ist somit nicht beantragt worden.
Die Zurückweisung des Einspruches durch die Erstbehörde ist daher jedenfalls zu Recht erfolgt.