TE UVS Steiermark 2004/09/17 30.16-46/2004

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Veröffentlicht am 17.09.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn H M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung vom 19.04.2004, GZ: 15.1 25444/2003, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 09.12.2003 um 14:22 Uhr in der Gemeinde Z, A9, Richtung S als Lenker des Lastkraftwagen beim Nachfahren hinter einem Sattelkraftfahrzeug (Fahrzeug mit größeren Längsabmessungen) nicht einen Abstand von 50 m eingehalten, obwohl der Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen auf Freilandstraßen nach einem solchen Fahrzeug einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten hat. Der Abstand betrug nur 17 m.

Wegen Verletzung des § 18 Abs 4 StVO wurde über ihn daher gemäß § 99 Abs 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von ? 200,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit 5 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung, in der ausgeführt wird, dass eine Autobahn keine Freilandstraße sei. Des Weiteren habe der Berufungswerber einen Abstand von 17 m oder 0,9 sec. eingehalten. Schließlich wurde nach einem weiteren, grundsätzlich nicht verfahrensrelevanten Vorbringen und Kritiken an der Vorgangsweise der Behörde um raschestmögliche Bearbeitung unter Einbeziehung des UVS ersucht. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesene Tat zu enthalten. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht aus nachstehenden Gründen nicht den Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumschreibung so genau zu umschreiben, dass

1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht, Erkenntnis eines verstärkten Senates (VwGH 13.6.1984, Slg. NF 11.466/A). Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist nur dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und eben diesen Tatvorwurf zu wiederlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates, VwGH 3.10.1985, Slg. NF 11.894/A). Gemäß § 18 Abs 4 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen (Lastfahrzeuge, Kraftwagenzüge, Omnibusse u. dgl.) auf Freilandstraßen nach einem solchen Fahrzeug einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten. Aus Sicht der erkennenden Behörde liegt ein tauglicher Schuldvorwurf im Sinne des § 44a Z 1 VStG bezogen auf die dem Berufungswerber angelastete Verwaltungsübertretung (hier: Verletzung des § 18 Abs 4 StVO) nur dann vor, wenn spruchgemäß festgestellt wird, welches Fahrzeug mit größeren Längsabmessungen von ihm gelenkt wurde und auf welches Fahrzeug mit größeren Längsabmessungen nicht ein Abstand von mindestens 50 m eingehalten wurde (vgl. UVS Tirol 15.7.2002, GZ: 2002/11/099-1). Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses weist im Sinne obiger Ausführungen zwar daraufhin, dass zu einem Sattelkraftfahrzeug - bei einem solchen handelt es sich entsprechend der Begriffsdefinition im Sinne des § 2 Abs 1 Z 10 KFG 1967 zweifellos um ein Kraftfahrzeug, welches von der zitierten Bestimmung des § 18 Abs 4 StVO erfasst wird - kein Abstand von 50 m eingehalten wurde, bezeichnet aber das vom Berufungswerber selbst tatzeitlich gelenkte Kraftfahrzeug lediglich mit Lastkraftwagen. Ein anderer Vorhalt erfolgte während der für eine Verwaltungsübertretung wie die gegenständliche normierten Verfolgungsverjährungsfrist im Sinne des § 31 Abs 2 VStG nicht. Nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs 1 Z 8 KFG handelt es sich bei einem Lastkraftwagen um einen Kraftwagen, der nach seiner Bauart und Ausrüstung ausschließlich oder vorwiegend zur Beförderung von Gütern oder zum Ziehen von Anhängern auf für den Fahrzeugverkehr bestimmten Landflächen bestimmt ist, auch wenn er in diesem Fall eine beschränkte Ladefläche aufweist, ausgenommen Sattelzugfahrzeuge. Ausschließlich aus dem Umstand, dass der Berufungswerber einen Lastkraftwagen gelenkt hat, den Schluss zu ziehen, dass es sich hiebei um ein Fahrzeug mit größeren Längsabmessungen gehandelt haben muss, ist rechtlich unzulässig. Der Unabhängige Verwaltungssenat für Tirol hat am 15.01.2002 zu GZ: 2001/14/073-1 in einem eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs 4 StVO betreffenden Verwaltungsstrafverfahren erkannt, dass es sich bei einem Sattelzugfahrzeug mit einer Länge von 6.100 mm (geringfügig mehr als die Hälfte der längsten zulässigen Lastkraftwagen - Länge von 12 m) noch nicht um ein Fahrzeug mit größeren Längsabmessungen im Sinne des § 18 Abs 4 StVO handelt. Ausgehend von dieser durchaus nachvollziehbaren Entscheidung wurden im Anlassfall durch die erkennende Behörde entsprechende ergänzende Ermittlungen angestellt, die ergaben, dass der vom Berufungswerber - laut Vorhalt - tatzeitlich gelenkte Lastkraftwagen eine Länge von 7,80 m aufweist. Daraus folgt, dass im gegenständlichen Verfahren unter Hinweis auf die zitierte Rechtsprechung von einem Fahrzeug mit größeren Längsabmessungen nicht auszugehen war. So ist es nämlich nicht nachvollziehbar bzw vom Gesetzgeber mit Sicherheit nicht so verstanden worden, weshalb beim Nachfahren nach einem (nur) 7,80 m langen Fahrzeug, entspricht praktisch der Länge von zwei durchschnittlich langen Personenkraftwagen ein Abstand von mindestens 50 m eingehalten werden sollte, um dem Schutzzweck dieser Bestimmung, nämlich ein gefahrloses Überholen von tatsächlich außer der Norm liegenden längeren Fahrzeugen, respektive ein gefahrloses Einordnen zwischen zwei solchen Fahrzeugtypen zu gewährleisten (vgl. dazu Anmerkungen 8 und 9 zu § 18 Abs 4 StVO in Straßenverkehrsordnung, Messiner, 9. Auflage, Manz - Verlag - Wien, sowie UVS für die Steiermark vom 19.05.2004, GZ: UVS 30.11-31/2004-2. Eine Richtigstellung des Spruchs außerhalb der zitierten Verfolgungsverjährungsfrist war der Berufungsbehörde aus rechtlichen Gründen verwährt. So wurde dem Berufungswerber lediglich das Lenken eines Lastkraftwagens hinsichtlich eines Verstoßes gegen § 18 Abs 4 StVO zur Last gelegt und hat sich erst im Zuge der vor Erlassung der gegenständlichen Berufungsentscheidung durchgeführten ergänzenden Ermittlungen der erkennenden Behörde herausgestellt, dass der Berufungswerber tatsächlich tatörtlich und tatzeitlich einen Lastkraftwagen mit Anhänger mit einer laut Mitteilung des Zulassungsbesitzers vorhandenen Gesamtlänge (abzüglich Zuggabel) von immerhin 18,00 m gelenkt hat, somit eine Fahrzeugkombination, die jedenfalls unter jene Fahrzeuge mit größeren Längsabmessungen im Sinne des § 18 Abs 4 StVO zu subsumieren gewesen wäre. Da ein Vorhalt eine solche Fahrzeugkombination gelenkt zu haben seitens der belangten Behörde jedoch innerhalb der angeführten Verfolgungsverjährungsfrist nicht stattfand, war das angefochtene Straferkenntnis wegen Spruchmangels im Sinne des § 44a Z 1 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ohne näher auf die in der Berufung angeführten sonstigen Gründe einzugehen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Sicherheitsabstand hintereinander fahren Hintereinanderfahren Längsabmessungen Fahrzeug Konkretisierung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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