Der Berufung wird gemäß §66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51 ? AVG, Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben.
Gemäß §45 Abs1 Z 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl Nr 52 ? VStG, wird die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.
Die Bezirkshauptmannschaft X erkannte den Rechtsmittelwerber mit Straferkenntnis vom 07.10.2003, Zl. 3-*****-03, einer Übertretung gemäß §9 Abs2 iVm §99 Abs2c StVO 1960 für schuldig und verhängte über den Genannten eine Geldstrafe von ? 72,-- sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe von 54 Stunden.
Gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes wurde der Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren mit ? 7,20 bestimmt.
Dagegen erhob der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 17.10.2003 fristgerecht Berufung und führte aus, die erhobene Beschuldigung entspreche in keiner Weise den Tatsachen. Der Meldungsleger habe sich nicht innerhalb des Kreuzungsbereiches befunden, sei gar nicht amtlich eingeschritten, sondern habe erst im Nachhinein seine offensichtlich wagen Vermutungen als Anzeige formuliert. Laut Niederschrift über die Vernehmung am 16.07.2003 habe sich der Meldungsleger zum angezeigten Sachverhalt nicht mehr erinnern können und sich der Vermutung hingegeben, dass seine Beschuldigung stimmen müsse, weil er sie eben gemacht habe.
Zu der Begründung des Straferkenntnisses sei festzustellen, dass die Behörde den strafbaren Tatbestand durch die Anzeige und die Zeugenaussage des Meldungslegers, bei der sich dieser an nichts erinnern habe können, als erwiesen betrachtet habe. Allerdings habe die Behörde bisher überhaupt keine Beweisaufnahmen zulassen können, da der meldungslegende Beamte sich an gar nichts mehr habe erinnern können. Er beantrage daher die Aufhebung des gegenständlichen Bescheides.
Die Bezirkshauptmannschaft X übermittelte mit Schreiben vom 30.10.2003 die gegenständliche Berufung unter Anschluss des Strafaktes und teilte mit, von ihrem Recht auf Berufungsvorentscheidung keinen Gebrauch zu machen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15.09.2004 in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers sowie des Meldungslegers RI H***** M**** nachstehenden Sachverhalt als erwiesen angenommen und dieser Entscheidung zugrunde gelegt:
In der, dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren zugrunde liegenden, Anzeige des Stadtpolizeiamtes X vom 18.05.2003, Zl ****/03/SW/M**, führte der Meldungsleger RI H***** M**** an, der Lenker des PKWs der Marke Honda 626, weiß lackiert, mit dem behördlichen Kennzeichen **-***CJ habe sich am 26.03.2003 um 09,32 Uhr im Ortsgebiet von X auf der B*****straße 9 ? Frauengasse Fahrtrichtung J********** dem dort deutlich sichtbar gekennzeichneten Schutzweg nicht mit einer solchen Geschwindigkeit genähert, um sein Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten zu können bzw habe dieser nicht angehalten. Der Lenker habe damit der darauf befindlichen Fußgängerin, welche von links nach rechts aus der Sicht des angezeigten Lenkers den Schutzweg benützte, ein ungehindertes und ungefährdetes Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht. Weitere Angaben sind dieser Anzeige nicht zu entnehmen.
Weder im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 16.07.2003 bei der Bezirkshauptmannschaft X noch im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung am 15.09.2004 konnte sich der als Zeuge einvernommene RI H***** M**** an den angezeigten Sachverhalt erinnern, insbesondere konnte er keine Angaben hinsichtlich der Geschwindigkeit des angezeigten Lenkers machen, ebenso wenig Angaben, wie weit der PKW von der auf dem Schutzweg befindlichen Fußgängerin damals entfernt war, ob die Fußgängerin eventuell anhalten musste oder nicht.
Der Rechtsmittelwerber führte im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung aus, am 26.03.2003 gegen 09,30 Uhr den PKW der Marke Mazda 626 mit dem behördlichen Kennzeichen **-***CJ auf der B*****straße in Fahrtrichtung J********** gelenkt zu haben. Es habe sich damals kein Fußgänger auf dem Schutzweg befunden und er sei im Schritttempo, vielleicht auch mit ca 10 km/h, über den Schutzweg gefahren. Er habe damals weder einen Polizeibeamten gesehen noch den in der Anzeige festgehaltenen, den Schutzweg von links nach rechts querenden, Fußgänger, wahrgenommen. Rein theoretisch wäre es möglich, dass sich ein Fußgänger irgendwo anders im Kreuzungsbereich befunden habe, jedoch sicherlich nicht am Schutzweg.
Ein im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung durchgeführter Ortsaugenschein hat ergeben, dass es sich bei der B*****straße um eine Straße mit Gegenverkehr handelt. Der gegenständliche Schutzweg auf der B*****straße 9 auf Höhe F********** weist eine Markierung von ca 7 Metern auf. Gekennzeichnet ist dieser Schutzweg weiters mit dem Verkehrszeichen ?Kennzeichnung eines Schutzweges?.
In rechtlicher Hinsicht ist hiezu nachstehendes auszuführen:
Gemäß §9 Abs2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg immer nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann, und hat er, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten.
Diese Bestimmung verpflichtet den Kraftfahrer nicht dazu, vor einem Schutzweg, auf dem sich ein Passant befindet, unter allen Umständen anzuhalten. Zweck der Vorschrift ist vielmehr, einem solchen Fußgänger das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Das bedeutet, dass ein Fahrzeuglenker weiter fahren darf, wenn sein Abstand vom bevorrangten Fußgänger ? von der linken Straßenseite kommend ? etwa aufgrund einer Straße mit einer erheblichen Straßenbreite so groß ist, dass er diesen beim Überqueren des Schutzweges weder gefährdet noch behindert. Eine Behinderung eines Fußgängers ist jedenfalls anzunehmen, wenn dieser Ausweichen oder Stehen bleiben muss.
Da der als Zeuge einvernommene Meldungsleger RI H***** M**** weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren nähere Angaben in Richtung der konkreten Behinderung oder Gefährdung des Fußgängers durch das Verhalten des Rechtsmittelwerbers (beispielsweise gefahrene Geschwindigkeit, Abstand des PKWs zum Fußgänger, musste der Fußgänger stehen bleiben oder ausweichen?) machen konnte, der Rechtsmittelwerber seine Geschwindigkeit mit Schritttempo, vielleicht auch ca 10 km/h, schilderte, gegenständlich ein 7 Meter breiter markierter Schutzweg vorhanden ist, war im Zweifel für den Beschuldigten davon auszugehen, dass eine konkrete Behinderung oder Gefährdung eines Fußgängers nicht statt gefunden hat.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.