TE UVS Tirol 2004/10/13 2004/18/141-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.10.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alois Huber über die Berufung des Herrn W. H., W., gegen

1. den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 28.07.2004, Zahl VK-22804-2003 ? Ermahnung

2. das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 28.07.2004, Zahl VK-22804-2003

nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

1. (Ermahnung):

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

2. (Straferkenntnis):

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 28.07.2004 zu Zahl VK-22804-2003 wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Sie haben am 04.09.2003, um 18.00 Uhr, in W.-E., auf der Gemeindestraße, auf Höhe der Einfahrt zum Haus Nr XY, mit Ihrem Cousin einen Viehtrieb mit 6 Stück Großvieh, auf der gesamten Fahrbahn bergwärts durchgeführt, obwohl das Vieh auf der rechten Fahrbahnseite getrieben und von einer angemessenen Zahl Treiber begleitet werden muss.?

 

Dem Beschuldigten wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 80 Abs 3 StVO zur Last gelegt und wurde ihm in Anwendung des § 21 Abs 1 VStG eine Ermahnung erteilt.

 

Mit dem Straferkenntnis vom selben Tag und zur selben Zahl wurde dem Beschuldigten im Spruch nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Sie haben am 04.09.2003, um 18.00 Uhr, in W.-E., auf der Gemeindestraße, auf Höhe der Einfahrt zum Haus Nr XY, einen Viehtrieb mit 6 Stück Großvieh durchgeführt, wobei die Gemeindestraße durch Kuhfladen gröblich verunreinigt wurde und dadurch eine die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdende Verunreinigung der Straße vorlag.?

 

Dem Beschuldigten wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 92 Abs 1 StVO iVm § 99 Abs 4 lit g StVO zur Last gelegt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 36,00, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden, verhängt.

 

Gegen beide Bescheide wurde fristgerecht wie folgt berufen.

 

?Hiermit erhebe ich binnen offener Frist gegen die im Betreff genannten Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Imst das Rechtsmittel Berufung

 

und begründe dies wie folgt:

Zum Bescheid vom 28.07.2004, GZI VK-22804-2003 (Ermahnung)

Mit Strafverfügung vom 06.10.2003, GZI VK-22804-2003 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Imst mit der Behauptung, dass ich in W., E., auf der Gemeindestraße auf der Höhe der Einfahrt zum Haus Nr mit meinem Cousin einen Viehtrieb mit 6 Stück Großvieh auf der gesamten Fahrbahn bergwärts durchgeführt hätte, obwohl das Vieh auf der rechten Fahrbahnseite getrieben und von einer angemessenen Zahl Treibern begleitet hätte werden müssen, eine Strafverfügung, wobei ich dadurch gegen § 80 Abs 3 StVO verstoßen hatte. Die Behörde ahndete dieser Übertretung mit einer Verwaltungsstrafe in Höhe von EUR 36,00 und im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden. Gegen diese Strafverfügung erhob ich mit 22.10.2003 Einspruch und begründete dies damit, dass wir (mein Cousin und ich) entgegen der Behauptungen der Bezirkshauptmannschaft Imst die 6 Stück Großvieh eben gerade vorschriftsmäßig auf der rechten Fahrbahnseite getrieben haben und zudem betreffend dem OGH-Erkenntnis aus dem Jahre 1973 (ZVR 1974/184) durch eine genügende Anzahl von Treibern, nämlich von meinem Cousin und mir selbst, getrieben und beaufsichtigt wurden. Der OGH führt in seinem Erkenntnis vom 28.08.1973 (ZVR 1974/184) weiter aus, dass 6 Stück Rinder auf der Straße noch keinen größeren Viehtrieb im Sinne des § 80 der StVO darstellen. Abgesehen davon, wurden die Behauptungen der Bezirkshauptmannschaft Imst offensichtlich nie anhand eines durchzuführenden Ermittlungsverfahrens untermauert werden, wobei offensichtlich deshalb, weil dieser Sachverhalt auch tatsächlich nicht so, wie von ihr behauptet, vorgefallen ist, nunmehr keine Strafe ausgesprochen wurde.

Wenn nunmehr die Bezirkshauptmannschaft Imst vermeint, die soeben bezeichnete Verwaltungsübertretung im Sinne des § 80 Abs 3 in Verbindung mit § 99 Abs 3 lit a StVO per Ermahnung abzutun, so kann dies nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass es sich dabei dennoch um eine bescheidmäßige Erledigung eines Verwaltungsstrafverfahrens handelt. Wenn auch keine Strafe - nach Meinung und Auffassung der Bezirkshauptmannschaft Imst aufgrund des geringfügigen Verschuldens und der geringfügigen Folgen der behaupteten Verwaltungsübertretung - ausgesprochen wurde, so handelt es sich dennoch um einen Strafbescheid einer Verwaltungsbehörde. Ich muss dazu festhalten, dass die Bezirkshauptmannschaft Imst offensichtlich nicht auf meine bereits in meinem Einspruch gegen die oben bezeichnete Strafverfügung erhobene Begründung und Feststellung eingegangen ist, wonach wir uns beide (mein Cousin und ich) im Rahmen des zum besagten Zeitpunkt durchgeführten Viehtriebes vorschriftsmäßig im Sinne des 80 Abs 3 StVO verhielten. Meines Erachtens ist mir daher keinerlei Verschulden, insbsondere daher auch kein geringfügiges anzulasten, weshalb auch eine bloße Ermahnung im Sinne eines verwaltungsstrafrechtlichen Bescheides zu unrecht ergangen ist. Bei korrekt durchgeführtem Ermittlungsverfahren hätte die Bezirkshauptmannschaft Imst zur Feststellung gelangen müssen, dass wir uns beide (mein Cousin und ich) vorschriftsmäßig verhielten und deshalb das Strafverfahren zumindest zu diesem Punkt mangels vorwerfbarem Verschulden eingestellt hätte werden müssen.

Zum Straferkenntnis vom 28.07.2004 GZI VK-22804-2003:

Abgesehen davon, dass sich zumindest, was die genaue Bezeichnung durch die belangte Behörde hinsichtlich der beiden unterschiedlichen im Betreff bezeichneten Bescheide anbelangt, keinerlei Hinweis aus den GZI(en) dazu ergibt, berufe ich nunmehr gegen das gegenständliche Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst aus folgenden Gründen:

Wie bereits zu dem vormals zu dieser behaupteten Verwaltungsübertretung gemäß § 92 Abs 1 in Verbindung mit § 99 Abs 4 lit g Straßenverkehrsordnung in der Strafverfügung vom 06.10.2003 GZI VK-22804-2003 erhobenen Einspruch begründend ausgeführt, handelt es sich, was noch auszuführen sein wird, jedenfalls weder um eine gröbliche, noch um eine die Verkehrssicherheit gefährdende Straßenverschmutzung durch Kuhfladen.

Vorerst möchte ich festhalten, dass von allen Beteiligten, insbesondere daher auch von der Bezirkshauptmannschaft Imst, wenngleich über zivilrechtliche Fragen nicht als zuständige Behörde zu betrachten, außer Streit bzw nie in Frage gestellt wurde, dass die E. Bauern ua darunter ich als einer dieser Bauern über den besagten Abschnitt der Gemeindestraße im Bereich W., E., seit über 40 Jahren jedes Jahr unsere Tiere zu und von der Weide treiben. Wenn nunmehr die Bezirkshauptmannschaft Imst in dem im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis begründend ausführt, dass das Ermittlungsverfahren insbesondere durch die Einvernahme der Revierinspektoren U. S. und A. H. ergeben habe, dass die Fahrbahn im gegenständlichen Bereich auf einer Strecke von ca 200 m tagtäglich von Juli bis September durch den Viehtrieb

verschmutzt werde (gemeint durch Kuhfladen), so ist daraus nicht ableitbar, ob es sich dabei um eine gröbliche, noch um eine die Verkehrssicherheit gefährdende Straßenverschmutzung handelt. Jedenfalls feststellbar ist aber, dass aufgrund der langjährigen geübten Praxis des Viehtriebs auf dem besagten Abschnitt des Gemeindeweges W., E., der eine oder andere Kuhfladen vorhanden ist. Es wäre geradezu lebensfremd anzunehmen, wenn die Tiere auf immerhin 200 m begleiteten Viehtriebs nicht das eine oder andere Mal ihre Notdurft verrichten würden. Es wäre weiters lebensfremd anzunehmen. wenn man in einen Randbereich eines Dorfes auf dem Land, somit in einem bäuerlich geprägten Siedlungscharakter nicht von einer üblichen, weil wohl nicht nur in W., E., sondern in ganz Österreich in vergleichbaren Regionen vorkommenden Straßenverschmutzungen sprechen müsste. Dies alles ist selbstverständlich unabhängig von der Frage zu beurteilen, ob es sich bei den erhobenen Verschmutzungen um gröbliche bzw um die Verkehrssicherheit gefährdende handelt. Wie die Kommentare zur gegenständlichen Straßenverkehrsordnung einhellig feststellen, handelt es sich insbesondere dann um eine gröbliche Verunreinigung, wenn sie über das allgemein übliche Maß hinaus erfolgen. Wenn man nun außer Streit stellt, dass dieser besagte Straßenabschnitt seit über 40 Jahren regelmäßig, zumindest in den Monaten Juli bis September, zu Zwecken des Viehtriebs von und zur Weide von mehreren Bauern verwendet wird, und zudem zum gegenständlichen ?Tatzeitpunkt" nämlich am 04.09.2003 um 18h00 lediglich mit 6 Stück Großvieh begangen wurde, so ist es verwunderlich, wenn die Behörde feststellt, dass es sich bei den zum verfahrensrelevanten Zeitpunkt festgestellten Verschmutzungen um gröbliche, daher demnach um das übliche Maß überschreitende handelt. Dies ist bei weitem überzogen und wie bereits erwähnt, lebensfremd. Eine solche Anschauung und letztlich bescheidmäßige Feststellung nährt meines Erachtens den bereits im Einspruch gegen die genannte Strafverfügung erhobene Beg

ründung, wonach es sich bei gegenständlichem Sachverhalt im eigentlichen Sinne um rein privatrechtliche Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bewohnern des Hauses Nr XY, W., E., und der Familie K. H. handelt. Wenngleich sich die Bezirksverwaltungsbehörde nicht zu schade ist, in diese auch von ihr zu erkennenden rein privatrechtlichen Auseinandersetzungen über den Umweg einer behaupteten Verwaltungsübertretung schiedsrichterlich eingreifen zu wollen, ist auffallend, dass ausgerechnet diese behauptete Verwaltungsübertretung lediglich vor dem Haus Nr XY stattgefunden hat. Die das Verwaltungsstrafverfahren einleitenden Personen wissen ganz genau, dass in einem weit größeren Bereich ebenso auf dieser besagten Gemeindestraße solche Verunreinigungen absolut üblich sind und regelmäßig vorkommen. Dies wird aber wohl nicht nur im Bereich W., E., und dort auf der Gemeindestraße, an welche ein, wenngleich nicht behördlich festgestelltes Weidegebiet angrenzt, der Fall sein, sondern vermutlich in allen in ganz Österreich vorhandenen ländlichen Gebieten, in welchen Weidebetrieb stattfindet.

Hinsichtlich der auch zu prüfenden Frage, ob durch die festgestellte Verschmutzung der Fahrbahnoberfläche die Verkehrssicherheit gefährdet ist, muss auch die Frage berechtigt sein, ob es sich beim besagten Straßenabschnitt der Gemeindestraße W., E., um eine stark frequentierte oder weniger bis schwach frequentierte Straße handelt. Da es sich unbestrittendermaßen um einen eher abgelegenen Bereich, betrachtet vom Dorfkern W. aus handelt, und demnach logischerweise die Siedlungsdichte in diesem Bereich absolut gering ist, muss festgehalten werden, dass dieser Straßenabschnitt schwach frequentiert wird.

Schließlich und auch das wird relevant sein, ist überhaupt die Frage zu prüfen, inwieweit mir ein Verschulden im verwaltungsstrafrechtlichen Sinne angelastet werden kann, wenn die Tiere ihren natürlichen Drang auf Verrichtung ihrer Notdurft nachkommen, und dies ausgerechnet auf einer Gemeindestraße. Immerhin werden nicht nur meine Tiere, wie bereits im Straferkenntnis festgehalten, über eine Strecke von ca 200 m tagtäglich zweimal getrieben, sodass es wiederum absolut lebensfremd wäre anzunehmen, dass den Tieren vor allem nach dem erfolgten Weidegang am Abend zuzumuten wäre, während dieser Strecke von immerhin 200 m keine Notdurft zu verrichten. Worin dabei ein vorwerfbares Verhalten mir gegenüber festzustellen sein soll, zumal nicht festgestellt werden kann, welches Tier die Ursache für die Verschmutzung bildete, ist für mich nach wie vor ein Rätsel. Vermutlich kann mir dabei weder Vorsatz noch grobe oder gar leichte Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, wenn die Tiere ihrem natürlichen Drang nachgeben und ihre Notdurft auf einem Teilabschnitt des gesamten Viehtriebes und dies ausgerechnet auf der Gemeindestraße verrichten. Im Gegenteil, jeder der durchführenden Treiber trachtet danach, dass die vor allem nach abgeschlossenem Weidegang anstehenden ?Erledigungen? der Tiere noch unmittelbar vor dem Betreten der Gemeindestraße erfolgen und die Tiere erst nach einiger Zeit auf die Gemeindestraße getrieben werden.

Abschließend halte ich daher fest, dass die von der Bezirkshauptmannschaft Imst im Straferkenntnis festgestellte Verunreinigung der Gemeindestraße durch Kuhfladen nicht in einem solchen Ausmaß war, wonach etwa eine die Sicherheit gefährdende Verunreinigung vorgelegen hätte. Schließlich sei mir nochmals die Feststellung erlaubt, dass ich als unmittelbar Betroffener, weil zufällig anwesender Bauer, nach wie vor den Verdacht hege, dass es sich beim gegenständlichen Sachverhalt und Auseinandersetzung eher um eine rein zivilrechtliche (nachbarschaftliche) Problematik handelt, zu deren Lösung eine Verwaltungsbehörde sich nicht herablassen sollte. Eines ist doch schließlich auffallend, dass den das Verfahren in Gang setzenden Personen durchaus bekannt ist, dass einige Meter vor und nach dem unmittelbaren Einfahrtsbereich des Hauses Nr XY solche behaupteten Strafenverunreinigen ebenso absolut üblich sind, was aber hoffentlich nicht zu einer Verwaltungsübertretung heraufbeschworen wird.

Ich beantrage daher die ersatzlose Behebung des gegenständlichen Straferkenntnisses samt dem als Ermahnung betitelten Bescheid.

Der Berufungswerber:

W. H.?

 

Bei der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurden der Beschuldigte sowie die Zeugen A. P. und Rev. Insp. H. A. einvernommen. Darüber hinaus wurde die vom Berufungswerber vorgelegte privatrechtliche Vereinbarung vom 11.10.1976 zum Akt genommen und der erstinstanzliche Akt verlesen. Zudem wurde in die von der Gendarmerie anlässlich der gegenständlichen Amtshandlung angefertigten Lichtbilder sowie in jene, die von A. P. angefertigt worden sind, Einsicht genommen.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht der sich aus dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides betreffend die erteilte Ermahnung ergebende Sachverhalt als erwiesen fest.

 

Der Beschuldigte gab anlässlich seiner Einvernahme Nachstehendes zu Protokoll:

 

?Ich bin Bauer. Das landwirtschaftliche Anwesen hat die Anschrift W., E. Nr XY.

 

(Hinsichtlich der genauen Lage dieses landwirtschaftlichen Anwesens verweist der Beschuldigte auf einen heute vorgelegten Lageplan.)

 

Der landwirtschaftliche Betrieb liegt auf einer Höhe von 1.150 m. Mein landwirtschaftliches Anwesen liegt aus Sicht des Meldungslegers bergwärts. Es ist so, dass das Vieh in der Früh talwärts zur Weide getrieben wird und am Abend wieder bergwärts zurück. Ich selber habe 4 Kühe, wobei mein Nachbar über 2 weitere Kühe verfügt. Am 04.09.2003 wurden 6 Stück Vieh, also 4 eigene und 2 vom Nachbarn, getrieben. Der Vorfall erfolgte am Abend, sodass die Tiere bergwärts heimgetrieben worden sind. Das Treiben der Tiere erfolgt etwa 60 Tage lang, von Juli bis September. Ich wurde am 04.09.2003 von meinem Cousin, A. H., begleitet. Die Bestimmung des § 80 Abs 3 StVO, wonach Tiere auf der rechten Straßenseite zu treiben sind, habe ich erst im Laufe dieses Verfahrens kennen gelernt. Vorher war mir diese Bestimmung nicht bewusst.

 

(Der Berufungswerber legt eine privatrechtliche Vereinbarung vom 11.10.1976. Diese wird zum Akt genommen.)

 

Es muss so gewesen sein, dass Herr P. im gegenständlichen Fall die Anzeige erstattet hat, sodass in der Folge die Gendarmerie eingetroffen ist.

Ich habe der Gendarmerie gegenüber eingestanden, die Tiere getrieben zu haben. Ich nehme an, dass die Gendarmerie dabei auch Lichtbilder angefertigt hat. Richtig ist, dass ich vom Bürgermeister der Gemeinde W. für den 16.07.2003 zu einer Besprechung eingeladen worden bin. Dabei ging es um diese Viehtriebe. Dabei wurde Herrn P. von der Gemeinde angeboten, den gemeindeeigenen Hydranten zu benützen, um vor Ort eine Säuberung der Straße durchführen zu können. Dies wollte Herr P. jedoch nicht, sodass es zu keiner Einigung gekommen ist. Die Gefahr, dass Kühe die Notdurft auf der Straße verrichten, besteht nur beim Zurücktreiben am Abend. Normalerweise sind drei Treiber, nämlich ich und zwei Nachbarn, dabei.

 

Im gegenständlichen Bereich erfolgt das Treiben bereits seit etwa 40 Jahren. Schon mein Vater hat Tiere über diese Straße getrieben.?

 

Gemäß § 80 Abs 3 StVO muss das Vieh auf der Straße so getrieben oder geführt werden, dass der übrige Verkehr dadurch möglichst wenig behindert wird. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung muss das Vieh überdies auf der rechten Fahrbahnseite getrieben und von einer angemessenen Zahl Treiber begleitet werden.

 

Somit ist es nicht zulässig, dass das Vieh, wie in der Anzeige angeführt, die gesamte Fahrbahn benützt hat. Der Beschuldigte gab dazu an, dass ihm die Verpflichtung nach § 80 Abs 3 StVO, nämlich dass das Vieh lediglich auf der rechten Fahrbahnseite getrieben werden darf, erst mit Einleitung dieses Strafverfahrens bekannt geworden ist.

Dass das vom Beschuldigten (und seinem Cousin) getriebene Vieh tatsächlich die gesamte Fahrbahn benützt hat, ergibt sich zweifelsfrei aus der diesbezüglichen Zeugenaussage des A. P., der unter der Anschrift W. Nr XY mit der von ihm bewohnten Liegenschaft an die verfahrensgegenständliche Gemeindestraße, auf der das Vieh getrieben worden ist, angrenzt. Aus dieser ergibt sich eindeutig, dass der Beschuldigte sowie sein Cousin hinter den 6 Kühen hergegangen ist und die Kühe die gesamte Fahrbahn benützend vorausgegangen sind. Dieser Zeuge hat laut eigenen Angaben das Treiben dieser 6 Kühe am 04.09.2003 um 18.00 Uhr beobachtet.

 

Es ergibt sich kein Hinweis dafür, dass diese Angaben des Zeugen nicht der Richtigkeit entsprechen könnten. Der Umstand, dass offenbar zwischen ihm und dem Beschuldigten aufgrund der mit dem Viehtrieb verbundenen Verschmutzung der Fahrbahn Spannungen entstanden sind, führt nicht dazu, dass davon auszugehen wäre, dass die diesbezüglichen Angaben des A. P. als unglaubwürdig angesehen werden müssten. Der Zeuge machte einen sicheren und vertrauenswürdigen Eindruck. Die Berufungsbehörde geht von der Richtigkeit dieser Zeugenaussage aus. Überdies wurde der Umstand, dass das Vieh die gesamte Fahrbahn benützt hat und nicht auf der rechten Fahrbahnseite getrieben worden ist, auch von Rev Insp A. bestätigt. Dieser gab an, dass der zweite Treiber, nämlich A. H., bei der unmittelbar nach dem Viehtrieb erfolgten Befragung durch die Gendarmerie angegeben hat, dass die Tiere die gesamte Fahrbahn genützt haben. Auch hier ergibt sich für die Berufungsbehörde kein Hinweis dafür, dass diese Angaben nicht der Richtigkeit entsprechen könnten. Beide Zeugen standen unter Wahrheitspflicht und hätten im Falle einer falschen Zeugenaussage mit einer gerichtlichen Bestrafung zu rechnen gehabt.

 

Schließlich ist auch aufgrund der von der Gendarmerie anlässlich dieser Amtshandlung angefertigten Lichtbilder klar und deutlich ersichtlich, dass die Kühe nicht auf der rechten Fahrbahnseite getrieben worden sind, zumal auf diesen 3 Lichtbildern, bergwärts gesehen auf der linken Fahrbahnseite, ausgedehnte Kuhfladen ersichtlich sind. Auch aus dieser Sicht ist in jeder Weise nachvollziehbar, dass die Kühe auch die linke Fahrbahnseite benützt haben müssen. Somit ist eindeutig, dass der Beschuldigte gegen § 80 Abs 3 StVO verstoßen hat. Dabei handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, bei dem der Beschuldigte gehalten gewesen wäre, mangelndes Verschulden nicht nur zu behaupten, sondern auch zu belegen. Dazu gab der Beschuldigte an, dass er diese Bestimmung vor diesem Verfahren noch gar nicht gekannt hat. Aus dieser Sicht wird deutlich, dass dem Beschuldigten Fahrlässigkeit anzulasten ist, zumal er gehalten gewesen wäre, sich als Landwirt, der regelmäßig Vieh treibt, über die diesbezüglichen Vorschriften zu informieren. Dies hat er unterlassen, sodass, wie schon angeführt, fahrlässiges Verhalten vorliegt.

 

Somit war der Schuldausspruch berechtigt. Da weiterhin im gegenständlichen Bereich durch den Beschuldigten Viehtrieb erfolgt, war auch die Erteilung einer Ermahnung rechtskonform, zumal diese aus dieser Sicht erforderlich war, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten, da eine Wiederholungsgefahr jedenfalls gegeben ist.

 

Zum Schuldvorwurf im erstinstanzlichen Straferkenntnis (Verunreinigung der Straße) ist anzuführen, dass gemäß § 92 Abs 1 StVO jede gröbliche oder die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdende Verunreinigung der Straße durch feste oder flüssige Stoffe, insbesondere durch Schutt, Kehricht, Abfälle und Unrat aller Art, sowie das Ausgießen von Flüssigkeiten bei Gefahr einer Glatteisbildung verboten ist.

 

Anhand der bereits angeführten Lichtbilder besteht für die Berufungsbehörde kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall beim Viehtreiben durch die Kuhfladen jedenfalls eine die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdende Verunreinigung erfolgt ist. Somit ist davon auszugehen, dass der objektive Tatbestand der dem Beschuldigten diesbezüglich zur Last gelegten Verwaltungsübertretung gegeben ist. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite, dem Verschulden, ist jedoch auszuführen, dass auf den Umstand, ob die getriebenen Kühe nunmehr ihre Notdurft auf der Straße verrichten oder nicht, vom Beschuldigten nur höchst eingeschränkt Einfluss genommen werden konnte. Somit mangelt es im konkreten Fall an einem vorwerfbaren Verschulden, sodass der Berufung zu diesem Straferkenntnis daher Folge zu geben war.

 

Der Vollständigkeit halber sei aber auf § 92 Abs 3 StVO verwiesen, wonach Personen, die den Vorschriften der vorgehenden Absätze (auch Abs 1) zuwiderhandeln, abgesehen von einer Strafverfolgung, zur Entfernung, Reinigung oder zur Kostentragung für die Entfernung oder Reinigung verhalten werden können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (24.11.1977, 1073/76, ÖJZ 1978, 499) unter einem ?Zuwiderhandeln? im Sinne des § 92 Abs 3 StVO nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein mit einer Vorschrift im Widerspruch stehendes Verhalten (Tun oder Unterlassen) zu verstehen. Auch ein nicht strafbares Zuwiderhandeln, insbesondere aufgrund des Nichtvorliegens eines Verschuldens, verpflichtet nach dieser Rechtsprechung im Sinne des § 92 Abs 3 StVO zur Entfernung bzw Kostentragung für die Entfernung. Dafür ist im gegenständlichen Fall, zumal es sich um eine Gemeindestraße handelt, gemäß § 94d Z 17 StVO ein Bescheid des Bürgermeisters, zu dessen Vollstreckung auch die Ersatzvornahme zulässig ist, vorgesehen. Somit kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Beschuldigte, obwohl er die Fahrbahnverunreinigung nicht verschuldet hat, für die Entfernung der Verunreinigung nach § 92 Abs 3 StVO verantwortlich ist.

Schlagworte
Vieh, tatsächlich, Fahrbahn, benützt, hat, linke, Fahrbahnseite, Kühe, Notdurft, nur, höchst, eingeschränkt, Einfluss
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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