Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufung des Herrn P. F., geb. XY, B. b. J., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 13.09.2004, Zl AB-19-2004 wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 156,00 zu bezahlen.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 13.09.2004, Zahl AB-19-2004 wurde dem Beschuldigten zur Last gelegt, er habe es als Dienstgeber unterlassen, den niederländischen Staatsangehörigen E. J. V., geb. XY, der zumindest am 14.02.2004 im Lokal ?Pauls Pub? in 6262 Schlitters Nr 48a als Kellner beschäftigt war und als nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz in der Krankenversicherung pflichtversichert anzusehen ist, bei Beginn der Pflichtversicherung unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.
Der Beschuldigte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 33 iVm § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz begangen.
Gemäß § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 730,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag), verhängt, sowie ein anteiliger Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens vorgeschrieben.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und darin wie folgt vorgebracht:
?Ich habe das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 13.09.2004, AB-19-2004, letzte Woche erhalten. Ich möchte gegen diesen Bescheid Berufung erheben. Es ist so, dass ich am 14.02.2004, das war ein Samstag, eine Thrombose hatte und ins Bezirkskrankenhaus Schwaz musste. Ich habe dann Herrn E. J. V., der bei mir zu Besuch war, gebeten, in der Bar auszuhelfen. Ich hätte sonst niemanden für die Bar gehabt und die Bar an einem Samstag zu schließen wäre finanziell ein Problem für mich. Diese Situation habe ich auch gegenüber den einschreitenden Gendarmeriebeamten erklärt. Auf die Frage, warum ich nicht am Montag, den 16.02.2004 Herrn V. bei der Sozialversicherung angemeldet habe, gebe ich an, dass ich nicht gewusst habe, dass dies auch noch am Montag möglich ist.
Meiner Meinung ist angesichts der oben angeführten Umstände ? auf Grund meiner Thrombose hatte ich Angst, mein Bein zu verlieren ? die verhängte Strafe zu hoch.?
Bei der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu der der Beschuldigte trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen ist, wurde der erstinstanzliche Akt sowie ein Aktenvermerk über ein Telefonat mit Frau V. S., Tiroler Gebietskrankenkasse (TGKK), verlesen.
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt sowie ein Telefonat mit Frau V. S., TGGK, Serviceabteilung, in dem diese mitteilt, dass ein Herr E. J. V. nie bei der TGKK/Krankversicherung angemeldet wurde.
Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht der in der Anzeige näher umschriebene Sachverhalt als erwiesen fest. Danach war der niederländische Staatsangehörige E. J. V., geb. XY zumindest am 14.02.2004 im Lokal ?Pauls Pub? in 6262 Schlitters Nr 48a als Kellner beschäftigt. Der Beschuldigte hat es jedoch als Dienstgeber unterlassen, Herrn E. J. V., der als nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz in der Krankenversicherung pflichtversichert anzusehen ist, bei Beginn der Pflichtversicherung unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Eine Anmeldung ist auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht erfolgt.
Für die Behörde besteht keine Veranlassung, die Richtigkeit der Anzeige sowie die Angaben des Meldungslegers in Zweifel zu ziehen. Auch seitens des Beschuldigten wurde dieser Sachverhalt grundsätzlich nicht bestritten.
Die maßgebenden Vorschriften des ASVG lauten wie folgt:
§ 33 (1) Die Dienstgeber haben jeden von ihnen beschäftigten, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung Pflichtversicherten (Vollversicherte und Teilversicherte) bei Beginn der Pflichtversicherung (§ 10) unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An- sowie die Abmeldung des Dienstgebers wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit der Beschäftigte in diesen Versicherungen pflichtversichert ist. Durch die Satzung des Trägers der Krankenversicherung kann die Meldefrist im allgemeinen bis zu sieben Tagen oder für einzelne Gruppen von Pflichtversicherten bis zu einem Monat erstreckt werden.
§ 111 Dienstgeber und sonstige nach § 36 meldepflichtige Personen (Stellen), im Falle einer Bevollmächtigung nach § 35 Abs 3 oder § 36 Abs 2 die Bevollmächtigten, die der ihnen aufgrund dieses Bundesgesetzes obliegenden Verpflichtung zur Erstattung von Meldungen und Anzeigen bzw zur Übermittlung von Meldungsabschriften an den Dienstnehmer nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen, die Erfüllung der Auskunftspflicht verweigern, den gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger während der Betriebszeit keine Einsicht in alle Geschäftsbücher und Belege sowie sonstigen Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis von Bedeutung sind, gewähren oder in den ihnen obliegenden Meldungen, Anzeigen und Auskünften unwahre Angaben machen, begehen, wenn die Handlung nicht nach anderer Bestimmung einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und werden von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von Euro 730,00 bis Euro 2.180,00, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von Euro 2.180,00 bis Euro 3.630,00, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen bestraft.
Die Satzung 2003 der Tiroler Gebietskrankenkasse bestimmt in § 14 Abs 1, dass die Meldefrist für die Fälle des § 33 Abs 1 ASVG 7 Tage beträgt.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschuldigte den Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht hat.
Was die subjektive Tatseite betrifft, ist anzuführen, dass gemäß § 5 Abs 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines ?Ungehorsamsdeliktes? - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Der Beschuldigte bringt diesbezüglich vor, ?er hätte aufgrund einer Thrombose am 14.02.2004, das war ein Samstag, ins Bezirkskrankenhaus Schwaz müssen. Er habe dann Herrn E. J. V., der bei ihm zu Besuch war, gebeten, in der Bar auszuhelfen. Er hätte sonst niemanden für die Bar gehabt und die Bar an einem Samstag zu schließen wäre finanziell ein Problem für ihn gewesen. Diese Situation habe er auch gegenüber den einschreitenden Gendarmeriebeamten erklärt.?
Mit diesen Ausführungen ist für den Beschwerdeführer jedoch nichts gewonnen. Ohne auf einige Unstimmigkeiten in diesem Berufungsvorbringen näher einzugehen (so hat der Beschuldigte keinerlei Beweise für die vorgebrachte Thrombose vorgelegt und bleibt unklar, gegenüber welchen ?einschreitenden Gendarmeriebeamten er diese Situation auch so erklärt habe?, wenn er ja im Bezirkskrankenhaus Schwaz war? War er zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht (mehr) im Bezirkskrankenhaus Schwaz, läge kein Hindernis vor, die entsprechende Meldung zB per Telefax an die TGKK zu schicken) und selbst für den Fall, dass er am Samstag den 14.02.2004 tatsächlich an einer Meldung an den Krankenversicherungsträger gehindert gewesen wäre, hätte er diese Meldung noch bis zum nächsten Freitag übermitteln können. Dazu erklärte er, dass ?er nicht gewusst habe, dass dies auch noch am Montag möglich sei?. Er bringt also selbst vor, dass es ihm ab Montag durchaus möglich war, diese Meldung zu erstatten. Bei einem Gewerbetreibenden ist davon auszugehen, dass er die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, so auch die grundsätzlichen Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes, kennt, wozu selbstredend auch die Meldungspflichten nach § 33 ASVG gehören. Er hätte sich daher bei offenen Fragen zur Anmeldungsfrist zumindest beim zuständigen Krankenversicherungsträger über die Möglichkeit, seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Anmeldung von Beschäftigten nachzukommen, informieren müssen. In diesem Fall hätte er die Information bekommen, dass eine Anmeldung binnen 7 Tagen ab Beginn der Anmeldungspflicht möglich gewesen wäre. Im Ergebnis kann daher gegenständlich auch nicht von einer unverschuldeten Unkenntnis bzw Fehlinterpretation der maßgeblichen Rechtsnormen ausgegangen werden, weshalb das Vorliegen eines entschuldigenden Rechtsirrtums zu verneinen ist.
Nach § 5 Abs 2 VStG ist nämlich die Unkenntnis der übertretenen Verwaltungsvorschriften nur dann beachtlich, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnten. Auch die irrige Auslegung einer Norm ist ein Rechtsirrtum gemäß § 5 Abs 2 VStG. Die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer ? allenfalls sogar plausiblen ? Rechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Es bedarf bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht vielmehr einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen. Wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums (VwGH 23.12.1991, 88/17/0010). Dass er entsprechende Auskünfte eingeholt bzw sich beim Krankenversicherungsträger über die maßgeblichen Vorschriften informiert hat, bringt die Berufungswerberin selbst nicht vor. Der Berufungswerberin liegt daher zumindest Fahrlässigkeit zur Last.
Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs 2 sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Im gegenständlichen Fall wurde die Mindeststrafe (Strafrahmen Euro 730,00 bis Euro 2.180,00) verhängt und erübrigen sich so weitere Ausführungen zur Strafbemessung. Bei einer Gesamtbetrachtung des dem Beschuldigten zur Last zu legenden Verhaltens kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe
beträchtlich überwiegen würden, sodass die Anwendung des § 20 VStG (außerordentliche Strafmilderung) nicht angezeigt war.
Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG haben ebenfalls nicht vorgelegen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach von einem geringfügigen Verschulden nur dann gesprochen werden kann, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH 17.04.1996, 94/03/0003 ua). Im gegenständlichen Fall kann jedoch weder von einem geringfügigen Unrechtsgehalt gesprochen werden, noch haben sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dem Berufungswerber ein wesentlich geringerer Sorgfaltsverstoß zu Last liegt als bei anderen Übertretungen der betreffenden Verhaltensnorm. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.