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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung der Änderung einer Bestimmung der Satzung der Oö GKK betreffend Pflegekostenzuschüsse für tageschirurgische Behandlung infolge Zumutbarkeit des gerichtlichen RechtswegesSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit dem vorliegenden, auf Art139 B-VG gestützten Antrag begehrt die Einschreiterin, daß
"1. die Ziffer 9. der 8. Änderung der Satzung der OÖ GKK, kundgemacht in der Ausgabe der 'Sozialen Sicherheit 4/98' unter Nr. 44/1998 und in Kraft getreten am 1.5.1998, mit dem Wortlaut
9. in §37 b entfallen im ersten Satz die Ausdrücke '(tageschirurgisch)' und '(tagesklinische Tarife)';
... in eventu
2. die 8. Änderung der Satzung der OÖ GKK, kundgemacht in der Ausgabe der 'Sozialen Sicherheit 4/98' unter Nr. 44/1998 und in Kraft getreten am 1.5.1998;
... in eventu
3. die Satzung der OÖ GKK idF der 8. Änderung"
als verfassungs- und/oder gesetzwidrig aufgehoben werden möge.
Dazu führt die Antragstellerin der Sache nach aus, daß sie am 13. Mai 1998 in der Tagesklinik Dr. P GmbH & Co KG, Krankenanstalt für Tageschirurgie, operiert worden sei. Da zwischen dieser Anstalt und der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (OÖ GKK) kein Vertragsverhältnis bestehe, seien die Kosten dieser Behandlung idHv S 10.891,-- direkt der Antragstellerin verrechnet worden. Gemäß §§131, 150 ASVG idF BGBl. Nr. 764/1996 habe die OÖ GKK bei Fehlen vertraglicher Regelungen Pflegekostenzuschüsse zu leisten, deren Ausmaß in der als Verordnung zu qualifizierenden Satzung der OÖ GKK festzulegen sei. Bis zur am 1. Mai 1998 in Kraft getretenen 8. Änderung der Satzung sei der der Antragstellerin für die tageschirurgische Behandlung gebührende Kostenersatz nach §37b der Satzung zu beurteilen gewesen, der für ambulante (tageschirurgische) Behandlungen einen Kostenzuschuß von 80 % der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Ambulanztarife vorsah. Durch die erwähnte Änderung sei der Anwendungsbereich des §37b um (u.a.) tagesklinische Leistungen reduziert worden. Diese Leistungen seien nunmehr dem stationären Bereich zuzuordnen und daher nach §37a der Satzung zu beurteilen. Nach dieser Bestimmung beträgt der Pflegekostenzuschuß pauschal (nur) S 1.345,-- pro Tag stationärer Behandlung.
Mit - der Beschwerde angeschlossenem, aber nicht bekämpftem - Bescheid der OÖ GKK vom 16. Juli 1998 wurde unter Berufung auf §150 Abs1 Z2 ASVG und §37a der Satzung der OÖ GKK der Antrag der Einschreiterin auf Ersatz der Kosten für die in der Tagesklinik Dr. P GmbH & Co KG, Krankenanstalt für Tageschirurgie, durchgeführte Operation insoweit abgewiesen, als der begehrte Kostenersatz über einen von der OÖ GKK bereits geleisteten Betrag in der Höhe von S 1.479,50 hinausgeht.
Die Antragstellerin führt zur Zulässigkeit des Antrages aus, daß dieser Bescheid mittels Klage beim Arbeits- und Sozialgericht gemäß §§64 ff. ASGG bekämpft werden könne, es ihr aber nicht zumutbar sei, Klage zu führen, um die ihrer Meinung nach bestehende Verfassungswidrigkeit jener Regelungen - nämlich der angefochtenen Bestimmungen - zu bekämpfen, auf die sie ihren Anspruch stütze. Daher komme ihr die Antragslegitimation iSd Art139 B-VG zu. Aus prozessualer Vorsicht habe sie aber gleichzeitig mit dem vorliegenden Antrag fristgerecht Klage gegen den Bescheid beim Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht eingebracht.
2. Der Antrag ist unzulässig:
Die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 B-VG setzt voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden. Der durch Art139 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf ist dazu bestimmt, Rechtsschutz gegen rechtswidrige Verordnungen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (vgl. zB VfSlg. 11726/1988).
Ein solcher zumutbarer Weg steht und stand der Antragstellerin aber insoweit zur Verfügung, als der Bescheid der Gebietskrankenkasse, der in Anwendung der (angefochtenen)
8. Änderung der Satzung der OÖ GKK in einer Leistungssache iSd §354 ASVG ergangen ist, gemäß §§3, 65 ASGG vor den Arbeits- und Sozialgerichten mit Klage außer Kraft gesetzt und der Anspruch im darauffolgenden Gerichtsverfahren weiter verfolgt werden kann. Ausdrücklich wird von der Antragstellerin auch eingeräumt, den Bescheid bereits beim Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht mittels Klage gemäß §§64 ff. ASGG bekämpft zu haben. Es steht der Antragstellerin somit offen, beim infolge seiner sukzessiven Kompetenz nunmehr zuständigen Landesgericht die angenommene Gesetz- und Verfassungswidrigkeit aufzuzeigen und anzuregen, daß dieses einen amtswegigen Antrag auf Verordnungsprüfung an den Verfassungsgerichtshof stellen möge (vgl. zB VfSlg. 12779/1991).
Ist aber ein Verfahren anhängig, in dem Gelegenheit zu einer solchen Anregung geboten wird, ist ein Individualantrag nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zulässig; andernfalls gelangte man zu einer Doppelgeleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Grundprinzip des Individualantrages als eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht im Einklang stünde (vgl. zB VfSlg. 10509/1985). Daß solche außergewöhnlichen Umstände vorlägen, wird von der Antragstellerin aber nicht vorgebracht und ist dem Verfassungsgerichtshof auch nicht erkennbar.
3. Die Eingabe war daher wegen mangelnder Legitimation mit in nichtöffentlicher Sitzung gefaßtem Beschluß zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG).
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Sozialversicherung, KrankenversicherungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:V73.1998Dokumentnummer
JFT_10018799_98V00073_00