Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung des Herrn W. B., 5662 Gries, vertreten durch RA Dr. G. S., gegen das Straferkenntnis vom 21.05.2004 der Bundespolizeidirektion Innsbruck, Zl S-19.915/03, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51 c und 51 e Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Beitrag in Höhe von 20 Prozent der festgesetzten Strafe, das sind Euro 40,00, zu bezahlen.
Der Spruch des Straferkenntnisses wird dahingehend berichtigt, dass die verletzte Rechtsvorschrift § 103 Abs 1 Z 1 iVm § 4 Abs 1 und Abs 2 KFG zu lauten hat.
Ferner erfolgt eine Berichtigung dahingehend, dass der Wortlaut ?als Verantwortlicher bei der zulassungsbesitzenden Firma B. Transport GmbH und COKG (Kommanditist)? wie folgt zu lauten hat ?als handelsrechtlicher Geschäftsführer der ?Komplementär-GmbH? und somit das nach § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma B. Transporte GmbH und COKG, welche Zulassungsbesitzerin des LKW mit dem amtlichen Kennzeichen XY ist....?
Mit dem ergangenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber spruchgemäß nachstehendes zur Last gelegt:
?Sie haben als Verantwortlicher bei der zulassungsbesitzenden Firma B. Transport GmbH und COKG (Kommanditist) nicht für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen gesorgt, da am 26.09.2003 um 09.50 Uhr in Innsbruck, auf der A12, bei km 72,5, am Parkplatz Ampasserhof im Zuge einer Fahrzeugkontrolle festgestellt wurde, dass der LKW mit dem Kennzeichen XY in Betrieb genommen wurde, obwohl der rechte seitliche Unterfahrschutz deformiert und eingerissen war. Die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges war deshalb nicht mehr gegeben.?
Dadurch hat der Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 1 Z 1 iVm § 4 Abs 1 KFG begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 200,00 (4 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens verhängt wurde.
In seiner fristgerecht erhobenen Berufung brachte der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter im Wesentlichen vor, dass er die Deformierung und den Einriss am rechten, seitlichen Unterfahrschutz nicht bestreite, dies jedoch keine Auswirkungen auf die Verkehrs- und Betriebssicherheit habe. Dass das Fahrzeug beschädigt gewesen sei, könne ihm nicht vorgeworfen werden. Er habe sämtliche Vorkehrungen getroffen, dass keines der Fahrzeuge, die in seinem Verantwortungsbereich liegen, das Firmengelände in einem beschädigten bzw nicht verkehrssicheren Zustand verlassen würde. Ferner sei sein Bruder, Herr B. B., als KFZ-Mechaniker für die Wartung und Überprüfung sämtlicher LKWs verantwortlich und haben auch die Lenker die Anweisung sich vor Fahrtantritt vom ordnungsgemäßen Zustand des Fahrzeuges zu überzeugen. Der Unterfahrschutz müsse während der Fahrt im Zuge einer geringfügigen Streifung, welche vom Lenker nicht bemerkt wurde, beschädigt worden sein. Daher werde die Einstellung des Strafverfahrens beantragt, in eventu der Ausspruch einer Ermahnung bzw eine Reduzierung der Geldstrafe.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:
Dem gegenständlichen Verfahren liegt eine Anzeige der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 13.10.2003 zugrunde; aus dieser ergibt sich, dass der Lenker L. V. des Lastkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen XY (A) am 26.09.2003 um 09.50 Uhr in Innsbruck, auf der Autobahn A12 beim km 72,5 am LKW-Parkplatz Ampasserhof im Zuge eines Schwerpunkteinsatzes des Bundesprüfzuges für Kraftfahrzeuge einer Kontrolle unterzogen wurde. Dabei wurden beim Fahrzeug folgende Mängel festgestellt:
Druckluftkessel im Bereich der 2. Achse rechts deformiert links vorne zwei Aufbaurahmenschrauben außen locker seitlicher rechter Unterfahrschutz deformiert und eingerissen Wischergestänge ausgeschlagen
Kompressor fördert Öl
Aufbaurahmen rechts über der 2. Achse eingerissen
Der Anzeige liegt ein Gutachten der Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge vom 26.09.2003 bei. Aus diesem ergeben sich ebenfalls die oben angeführten Mängel, wobei der Mangel betreffend den Unterfahrschutz als schwerer Mangel gekennzeichnet ist. Da laut Techniker jedoch keine Gefahr im Verzug bestand, konnte der Lenker die Fahrt fortsetzen. Eine besondere Überprüfung des Fahrzeuges gemäß § 56 KFG war erforderlich.
Aus dem Zulassungsschein ergibt sich, dass der LKW mit dem Kennzeichen XY auf die Firma B. Transport GmbH und COKG zugelassen ist. Als persönlich haftender Gesellschafter der Kommanditgesellschaft scheint die Firma Transport B. GmbH auf, dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer Herr B. W., geboren 31.08.1952, ist.
Aufgrund der Anzeige erging die Strafverfügung vom 27.10.2003. Dagegen erhob der Berufungswerber rechzeitig Einspruch und brachte vor, dass das gegenständliche Fahrzeug über keinen Unterfahrschutz verfüge. Es würde sich nur um den Seitenauffahrschutz handeln, der wenn überhaupt nur geringfügig verbogen sei, welches aber keine Auswirkungen auf die Betriebs- und Verkehrssicherheit des Fahrzeuges habe. Ferner sei Herr B. B. als KFZ-Meister verantwortlich für die Wartung und Prüfung aller LKWs im Unternehmen. Er selbst würde regelmäßige Kontrollen durchführen.
Aufgrund dieses Einspruches wurde eine Stellungnahme der Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge eingeholt. In dieser Stellungnahme wurde betreffend dem Mangel ?Unterfahrschutz? ausgeführt, dass dieser ohne jegliches technisches Prüfgerät durch eine bloße Sichtprüfung festgestellt werden kann. Dieser Mangel ist auch für den Lenker bei einer Kontrolle vor Antritt der Fahrt gemäß § 102 KFG jederzeit frei erkennbar. Der Mangel in der Art und Weise wie er in dem Gutachten der Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge beschrieben wurde, ist auch tatsächlich vorgelegen. Laut Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung handelt es sich um einen seitlichen Unterfahrschutz, der eben ein seitliches Unterfahren des Lkw in einer Unfallsituation mit einem kleineren Fahrzeug, und somit eventuelle schwere Verletzungen des Lenkers bzw. der Insassen des kleineren Fahrzeuges verhindern soll. Durch die Deformation und den Einriss des seitlichen Unterfahrschutzes war seine Stabilität beeinträchtigt und es kann daher nicht mehr garantiert werden, dass eben in der oben angeführten Unfallsituation der seitliche Unterfahrschutz seiner eigentlichen oben beschriebenen Aufgabe noch gerecht werden kann. Weiters war der seitliche Unterfahrschutz im Bereich des Einrisses auch scharfkantig, was eine Gefährdung an dem Fahrzeug vorbeigehender Personen und somit auch des Lenkers darstellt. Zusammengefasst lassen alle beschriebenen Mängel auf eine unzureichende und unsachgemäße Wartung schließen. Beim Großteil der Mängel handelt es sich um ?Langzeitmängel?, die ohne jegliches Prüfgerät feststellbar bzw erkennbar sind.
In einer Stellungnahme zu dem Gutachten führte der Berufungswerber weiter aus, dass in seinem Betrieb ständige Kontrollen sowohl von seiner Seite als auch der des KFZ-Mechanikers Herrn B. B. durchgeführt werden und dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt, als es das Firmengelände verlassen hat, im Bereich des Unterfahrschutzes nicht beschädigt war und dieser allenfalls während der Fahrt im Zuge einer geringfügigen Streifung entstanden sein müsse.
In der Folge erging am 21.05.2004 das gegenständliche Straferkenntnis.
Für den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol steht fest, dass am 26.09.2003 um 09.50 Uhr anlässlich eines Schwerpunkteinsatzes des Bundesprüfzuges für Kraftfahrzeuge am Lastkraftwagen mit dem Kennzeichen XY auf der A12 Inntalautobahn bei km 72,5 am LKW-Parkplatz Ampasserhof unter anderem der im Spruch des Straferkenntnisses angeführte Mangel festgestellt wurde.
Diese Feststellung ergibt sich aus der unbedenklichen Anzeige und dem beiliegenden Gutachten, sowie der Stellungnahme der Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge. Die Beschädigung am seitlichen Unterfahrschutz wird vom Berufungswerber auch nicht bestritten.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:
Gemäß § 103 Abs 1 Z 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug und seine Beladung ? unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder ?bewilligungen ? den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.
Die Bestimmung des § 4 Abs 1 KFG normiert, dass Kraftfahrzeuge und Anhänger verkehrs- und betriebssicher gebaut und ausgerüstet sein müssen.
Gemäß § 4 Abs 2 leg cit müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigung oder vermeidbare Beschmutzungen andere Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutzvorrichtung entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein.
Aufgrund des oben angeführten Sachverhaltes steht fest, dass an dem gegenständlichen Fahrzeug der seitliche Unterfahrschutz eingerissen und deformiert war. Dadurch wurde gegen die Vorschriften des § 103 Abs 1 KFG iVm § 4 Abs 1 und 2 KFG verstoßen, da der seitliche Unterfahrschutz seinen Zweck, nämlich das Unterfahren des Fahrzeuges durch andere zu verhindern ? nicht mehr erfüllte. Somit war auch die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges nicht mehr gegeben. Der Berufungswerber ist als Geschäftsführer der ?Komplementär-GmbH? das nach § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ und hat somit die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.
Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Da die Erstbehörde zu Recht von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung ausgegangen ist, wäre es Sache des Berufungswerbers gewesen, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Er ist aber seiner Überwachungs- und Aufsichtspflicht nicht in dem Maße nachgekommen, dass dieser Mangel rechtzeitig behoben wurde. Aus der Stellungnahme der Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge geht eindeutig hervor, dass der Mangel ohne jegliches technisches Prüfgerät durch eine bloße Sichtprüfung festgestellt werden hätte können. Eine derartige Feststellung ist einem Prüfer der Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge durchaus zuzutrauen, ebenso wie Feststellungen betreffend dem Vorhandensein eines Mangels sowie der Gefährlichkeit eines Mangels und damit der Verkehrs- und Betriebssicherheit. Außerdem handelt es sich laut Gutachter um einen ?Langzeitmangel? der auf unzureichende und unsachgemäße Wartung schließen lässt.
Das Vorbringen des Berufungswerbers, dass der Auffahrschutz im Zuge einer Streifung durch den Lenker V. L. unbemerkt während der Fahrt beschädigt worden sein könnte, ist zu wenig konkret dargelegt und allgemein gehalten. Insgesamt kann daher von keinem mangelnden Verschulden ausgegangen werden, weshalb die Übertretung dem Berufungswerber auch in subjektiver Hinsicht zuzurechen ist.
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist erheblich, da der Unterfahrschutz davor schützen soll, dass andere Fahrzeuge bei Unfällen den Lkw unterfahren und dadurch die Gefahr von schweren Verletzungen für die Insassen bestehen. Diesem Schutzzweck hat der Berufungswerber, dadurch das der seitliche Unterfahrschutz deformiert und eingerissen war, in einem erheblichen Ausmaß zuwidergehandelt. Beim Verschulden ist zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen. Erschwerend war nichts zu berücksichtigen. Mildernd ist die Unbescholtenheit laut Aktenlage zu werten.
Hinsichtlich der Strafbemessung ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 134 Abs 1 KFG Geldstrafen bis zu Euro 2.180,00 verhängt werden können. Die nunmehr ausgesprochene Strafe ist daher in Anbetracht der oben angeführten Strafzumessungskriterien tat- und schuldangemessen und gleich geeignet den Berufungswerber von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.
Daher war spruchgemäß zu entscheiden.