TE UVS Tirol 2004/11/11 2004/k4/006-2

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Veröffentlicht am 11.11.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch die Kammer 4, bestehend aus Dr. Alois Huber, Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner und Dr. Monica Voppichler-Thöni, über die Berufung der Firma Auto S. KEG, R., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. H. S., I., gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 23.06.2004, Zahl IIb2-3-6-4-160/4, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Text

Mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 23.06.2004 zu Zahl IIb2-3-6-4-160/4, wurde der Antrag der Firma J. S. KEG um die Erteilung einer Genehmigung für die Verwendung bzw das Anbringen von Warnleuchten mit blauem Licht im Sinne des § 20 Abs 5 KFG 1967 für 5 Kraftfahrzeuge, nämlich mit den Kennzeichen XY, XY, XY, XY und XY, abgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht berufen.

In dieser Berufung wurde ausgeführt, dass das Ermittlungsverfahren in erster Instanz mangelhaft geführt worden und der entscheidungswesentliche Sachverhalt lediglich unvollständig ermittelt worden sei. Die Erstbehörde habe keine Feststellungen zu den Tatbestandsmerkmalen ?Rettungsdienst? (§ 20 Abs 5 lit c KFG) und ?Hilfsdienst? (§ 20 Abs 5 lit f KFG) getroffen. Der Landeshauptmann von Tirol habe lediglich Gesetzesstellen angeführt, ohne eine Subsumtion durchgeführt zu haben. Diese Verfahrensmängel seien wesentlich, hätte der Landeshauptmann von Tirol doch bei Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes zu einer anderen Entscheidung kommen können. So würden nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 28.06.1994, 0052/11/94) die hier relevanten Begriffe ?Rettungsdienst? und ?Hilfsdienst? Elemente der ständigen Widmung und Bereitschaft enthalten. Andererseits ein Maß an Organisation, das aufgrund der Organisationsvorschriften sicherstellt, dass bei Bedarf den Erfordernissen der Hilfe bzw Rettung entsprochen werden könne. Auch habe der Landeshauptmann von Tirol weder Ermittlungen noch Feststellungen zu den Tatbestandsmerkmalen ?Hilfsdiensten im Zusammenwirken mit Feuerwehren oder anderen öffentlichen Hilfsdiensten bei Verkehrsunfällen? getroffen. Hätte der Landeshauptmann dazu Feststellungen getroffen, wäre er zu einer anderen Entscheidung gelangt.

 

Überdies sei von der Erstbehörde auch die Rechtslage unrichtig beurteilt worden. Zunächst sei festzuhalten, dass die Berufungswerberin ein Abschlepp- und Bergeunternehmen betreibe. Die Berufungswerberin habe sich im Zusammenwirken mit Feuerwehr, Rettung und Gendarmerie auf die rasche und sichere Bergung und Abschleppung verunfallter Fahrzeuge spezialisiert, wie dies auch der Stellungnahme des Gendarmeriekommandos für Tirol zu entnehmen sei. Die beantragte Anbringung von blauen Warnleuchten auf den im Antrag näher bezeichneten Fahrzeugen solle gewährleisten, dass die Unfallstelle bestmöglich vor Folgeunfällen gesichert werden könne, insbesondere bis öffentliche Hilfsdienste (Gendarmerie usw) eintreffen würden. Auch zur Unterstützung von Bergearbeiten, insbesondere bei schlechter Sicht oder gefährlichen Fahrbahnverhältnissen, würden blaue Warnleuchten Verwendung finden.

 

Der Begriff ?Rettungsdienst? habe das Element der ständigen Widmung und Bereitschaft, bei Bedarf den Erfordernissen der Rettung entsprechen zu können, immanent. Die von der Berufungswerberin ausgeübte Tätigkeit der Bergung von verunfallten Fahrzeugen, in denen oft schwer verletzte Personen in den Fahrzeugen eingeklemmt seien, sei zweifelsfrei als Rettung im Sinne des Gesetzes zu qualifizieren. Der Gesetzgeber habe nämlich keine weitere Qualifizierung des Rettungsdienstes als öffentlich oder privat vorgenommen, sodass sehr wohl auch ein privater Rettungsdienst, wenn er nur entsprechend organisiert und bereit sei, den Erfordernissen der Rettung entsprechen würde. Weiters verkenne der Landeshauptmann von Tirol die Bestimmung des § 20 Abs 5 lit f KFG. Die Berufungswerberin unterhalte Fahrzeuge, die verwendet würden für die Leistung von dringenden Hilfsdiensten im Zusammenwirken von Feuerwehren oder öffentlichen Hilfsdiensten bei Verkehrsunfällen. Damit wolle der Gesetzgeber ganz bewusst jenen die Verwendung von blauem Warnlicht ermöglichen, die ? aufgrund deren Spezialisierung und technischer Ausstattung ? gemeinsam mit Feuerwehr und anderen öffentlichen Hilfsdiensten Hilfs- und Rettungsdienste erbringen, soweit an Verkehrsunfällen Fahrzeuge zur Beförderung gefährlicher Güter beteiligt seien. Die Berufungswerberin werde, insbesondere vom Gendarmeriekommando Imst, im Jahr ca 5 bis 10 mal zu einem Verkehrsunfall gerufen, um verunfallte Fahrzeuge, die gefährliche Güter befördern, zu bergen, und leiste die Berufungswerberin daher, wie gesetzlich intendiert, einen Beitrag, eine Gefahr für Leben, Gesundheit und Vermögen hintanzuhalten. Die Berufungswerberin sei demzufolge rettend im Zusammenwirken mit anderen öffentlichen Hilfsdiensten tätig. Dieser Umstand sei vom Landeshauptmann von Tirol verkannt worden.

 

Dieser Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Bei der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde der Prokurist der Firma Auto S. KEG, nämlich J. S., einvernommen. Darüber hinaus wurde die Stellungnahme des Kommandanten der Autobahngendarmerie Imst vom 03.11.2004 sowie der erstinstanzliche Akt dargetan.

 

J. S. gab in entscheidungswesentlicher Hinsicht an, dass die Firma Auto S. KEG in Mieming ein Abschlepp- und Bergeunternehmen betreiben würde. Die Firma verfüge über 11 Einsatzfahrzeuge. Mittlerweile würde die Firma in R., in Z. sowie in B. b. J. Zweigstellen unterhalten, wobei die angeführten 11 Fahrzeuge auf alle Standorte aufgeteilt wären und am Standort M. lediglich 1 Einsatzfahrzeug vorhanden sei. Im Oberland würden die Bundesstraßen und die A 12, im Unterland lediglich die A 12 betreut werden. Die Firma würde Bergungen und Abschleppungen nach Verkehrsunfällen durchführen. Personenbergungen würden durch die Firma nicht erfolgen, sondern würden lediglich verunfallte Fahrzeuge geborgen und diese abgeschleppt werden.

 

Es würde im Oberland einige unbeleuchtete Tunnel geben. Es sei dabei einmal passiert, dass die Firma zu einem Unfall in der Simmering-Galerie gerufen worden sei. Dabei sei es so gewesen, dass das Einsatzfahrzeug ca 30 m vor dem verunfallten Fahrzeug angehalten worden und die Unfallstelle abgesichert worden sei. Dabei sei es passiert, dass trotz gelb-rotem Warnlicht ein Fahrzeug auf das Bergefahrzeug aufgefahren sei. Seit dem Jahr 2000 würde es überdies ein Übereinkommen zwischen Gendarmerie und ÖAMTC geben, das die gesamten Unfälle im Oberland koordiniere. Inhalt dieser Vereinbarung sei, dass der Abschleppdienst zum gleichen Zeitpunkt verständigt wird wie Feuerwehr, Gendarmerie und Rettung. Aufgrund dieses Umstandes komme es öfters vor, dass das Einsatzfahrzeug der Firma als erstes vor Ort sei. Das Unternehmen werde seit 6 Jahren betrieben.

 

Gemäß § 20 Abs 5 KFG dürfen Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht bei nicht unter Abs 1 lit d fallenden Fahrzeugen nur bewilligt werden, wenn ihre Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist und dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen und nur für Fahrzeuge, die zur Verwendung bestimmt sind:

lit a) ausschließlich oder vorwiegend für Feuerwehren, lit b) für den öffentlichen Hilfsdienst, lit c) für den Rettungsdienst, lit d) für den ärztlichen Bereitschaftsdienst von Gebietskörperschaften, Ärztekammern oder Sozialversicherungsträgern, lit e) für die Leistung dringender ärztlicher Hilfe durch Ärzte in verkehrsreichen Gebieten, in denen kein mit einem Arzt besetzter Rettungsdienst und kein ärztlicher Bereitschaftsdienst gemäß lit d zur Verfügung stehen; ?

lit f) für die Leistung dringender Hilfsdienste im Zusammenwirken mit Feuerwehren oder öffentlichen Hilfsdiensten bei Verkehrsunfällen, an denen Fahrzeuge zur Beförderung gefährlicher Güter beteiligt sind oder lit g) für die Erbringung dringender tierärztlicher Hilfe durch Tierärzte in verkehrsreichen Gebieten, in denen kein mit einem Tierarzt besetzter Rettungsdienst zur Verfügung steht; ? lit h) für die Leistung dringender ärztlicher Hilfe durch Fachärzte (in verkehrsreichen Gebieten), sofern sie sich aufgrund krankenanstaltsrechtlicher Organisationsvorschriften in Rufbereitschaft befinden, oder lit i) für frei praktizierende Hebammen, die berechtigt sind, Hausgeburten durchzuführen, zum rascheren Erreichen des Ortes der Hausgeburt.

 

Dazu ist auszuführen, dass lediglich die Tatbestände nach lit b, c, und f für die hier verfahrensgegenständliche Konstellation in Betracht zu ziehen sind. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dabei in keiner Weise davon auszugehen, dass ?öffentlicher Hilfsdienst? oder aber ein ?Rettungsdienst? vorliegen würde.

 

Somit ist lediglich § 20 Abs 5 lit f KFG einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Bei dieser Bestimmung ist die Leistung dringender Hilfsdienste im Zusammenwirken mit Feuerwehren oder öffentlichen Hilfsdiensten bei Verkehrsunfällen, an denen Fahrzeuge zur Beförderung gefährlicher Güter beteiligt sind, relevant. Dabei handelt es sich bei der Antrag stellenden Firma, insbesondere auch nach Aussage des J. S., um ein Berge- und Abschleppunternehmen.

 

Somit kann das Bergen und das Abschleppen aus Sicht der Berufungsbehörde nicht als Leistung dringender Hilfsdienste im Zusammenwirken mit Feuerwehren oder öffentlichen Hilfsdiensten bei Verkehrsunfällen, an denen Fahrzeuge zur Beförderung gefährlicher Güter beteiligt sind, angesehen werden, zumal die Abwendung der Gefahren, die bei derartigen Unfällen entstehen, zweifelsfrei nach den Erfahrungen des täglichen Lebens der Feuerwehr bzw öffentlichen Hilfsdiensten obliegt, da diese dafür sorgen, dass insbesondere die Ausbreitung von gefährlichen Gütern nach einem derartigen Unfall verhindert wird und auch nur derartige Einsatzkräfte für solche Operationen technisch ausgerüstet sind. Mit der erst nach Eindämmung des Gefahrenpotentials, das durch derartige Unfälle entsteht, erfolgende Bergen und Abschleppen der Fahrzeuge wird aus Sicht nicht der Tatbestand der ?Leistung dringender Hilfsdienste? im Sinne der Z f erfüllt. Daran vermag auch die zum Akt genommene Stellungnahme der Autobahngendarmerie Imst vom 03.11.2004, worin die Verwendung von Blaulicht seitens der Antrag stellenden Firma befürwortet wird, nichts zu ändern.

 

Für derartige Fahrzeuge ist gemäß § 99 Abs 6 lit e KFG eine bzw mehrere Warnleuchten mit gelb-rotem Licht vorgesehen. Mit derartigen Warnleuchten wird nach Auffassung der Berufungsbehörde der Notwendigkeit, dass auch Berge- und Abschleppfahrzeuge einen hohen Aufmerksamkeitswert bei anderen Fahrzeugen erzielen, insbesondere um so Unfälle zu vermeiden, Rechnung getragen. Somit war die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte
Bergen, Abschleppen, nicht, als Leistung, dringender, Hilfsdienste, derartige, Fahrzeuge, Warnleuchten, gelb-rotem, Licht, vorgesehen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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