TE UVS Tirol 2004/11/15 2004/22/148-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.11.2004
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Spruch

Mit Eingabe vom 28.09.2004 hat Herr H. H. Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 21.09.2004, Zl VK-13427-2004 erhoben. Darin hat er ausgeführt:

 

?Hiermit berufe ich gegen oe Straferkenntnis weil ich mir absolut keiner Schuld bewusst bin.

Ich akzeptiere die Strafe wenn Sie mir plausibel erklären können wie ich in diesem Fall meine Sorgfaltspflicht ausüben hätten können.

 

Am Donnerstag den 22.4.04 um ca 19.00 Uhr haben wir den Lkw XY gewaschen und kontrolliert. Zu diesem Zeitpunkt waren beide Rückstrahltafeln auf dem Lkw.

Am Freitag um 5,00 Uhr früh begann die Tagestour nach Mailand. Auch da waren noch beide Warntafeln am Fahrzeug. Unser Fahrer Herr B. N. hat um ca 21,30 Uhr Abend bei einem Spediteur in Mailand den Anhänger an den Lkw angehängt.

Zu diesem Zeitpunkt waren beide Rückstrahltafeln auf dem Lkw. Während der Fahrt also zwischen 21.30 Uhr und 5.10 Uhr Morgens wird sich wahrscheinlich eine Tafel (genietet) vom Lkw gelöst haben und verloren gegangen sein.

Bei der Kontrolle am Brenner wurde das Fehlen einer Tafel durch einen besonders geschulten Polizisten entdeckt. Ihm genügte es nicht dem Fahrer eine Verwarnung zu geben ? sondern diese Kleinigkeit reichte um sofort in bewährter Abzockmanier eine Anzeige zu machen. Bei einem Hängerzug stellt das Fehlen einer Warntafel in keiner Weise eine Gefährdung anderer dar, weil am Anhänger sowieso auch zwei Warntafeln angebracht sind.

Ich hätte jedoch Ihrer Meinung nach derartig hellseherische Fähigkeiten zu haben um sofort riechen zu können dass eines meiner Fahrzeuge eine Warntafel verloren hat. Sollte ich irgendwann über derartige Fähigkeiten verfügen ? trete ich sofort im Zirkus auf ? wo selbstverständlich dann Sie und Ihre Hirnlosen Apparatschicks eine Freikarte bekommen.

 

Für alle weiteren Dialoge steht Ihnen in Zukunft mein Anwalt gewappnet mit einer umfangreichen Rechtsschutzversicherung und gute Kontakte zur Presse zur Verfügung.

Solch eine völlig verblödete und unsachliche Straferkenntnis gehört eigentlich in die Öffentlichkeit um darzulegen wie ausgelastet Sie eigentlich sind- wenn Sie solche windigen Straferkenntnisse ausstellen.?

 

Herr H. H. hat sich durch Verwendung folgender Teile dieser Berufung einer beleidigenden Schreibweise bedient:

 

??sondern diese Kleinigkeit reichte um sofort in bewährter Abzockmanier eine Anzeige zu machen.?

?Sollte ich irgendwann über derartige Fähigkeiten verfügen ? trete ich sofort im Zirkus auf ? wo selbstverständlich dann Sie und Ihre Hirnlosen Apparatschicks eine Freikarte bekommen.?

?Solch eine völlig verblödete und unsachliche Straferkenntnis gehört eigentlich in die Öffentlichkeit um darzulegen wie ausgelastet Sie eigentlich sind- wenn Sie solche windigen Straferkenntnisse ausstellen."

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol verhängt daher durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über Herrn H. H., geb. XY, XY-Straße, B. gemäß § 34 Abs 2 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) eine Ordnungsstrafe in der Höhe von Euro 218,00.

Text

Mit Straferkenntnis Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 21.09.2004, Zl VK-13427-2004 wurde über Herrn H. H. als Geschäftsführer der H-Transporte GmbH, Gewerbepark G., M., wegen Übertretung des § 103 Abs 1 Z 2 KFG eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von Euro 110,00 verhängt. In der dagegen erhobenen Berufung vom 28.09.2004 brachte Herr H. H. wie oben zitiert vor.

 

Gemäß § 34 Abs 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) sind Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis Euro 726,00 verhängt werden.

 

Abs 3 leg cit besagt, dass die gleichen Ordnungsstrafen von der Behörde gegen Personen verhängt werden können, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.

 

Zur Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise ist jene Behörde zuständig, die die Angelegenheit, in der die Eingabe eingebracht worden ist, zu erledigen oder sonst in Verhandlung zu nehmen hat. Dies ist in Ansehung einer in einer Berufung gegen ein Straferkenntnis wegen Übertretung nach dem KFG enthaltenen Ordnungswidrigkeit der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol als Berufungsbehörde (VwGH 19.8.1988, 85/12/0210, 26.5.1999, 97/03/0333). Gemäß § 67a AVG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol durch Einzelmitglied.

 

Unter einer Eingabe iSd § 34 Abs 3 AVG ist ein (schriftliches) Anbringen iSd § 13 Abs 3 AVG zu verstehen. Bei einer Berufung gegen ein Straferkenntnis handelt es sich um ein solches schriftliches Anbringen. Voraussetzung für die Anwendung des § 34 Abs 3 leg cit ist weiters, dass das AVG auf die betreffende Eingabe überhaupt Anwendung findet (vgl VwGH 19.12.1996, Zl 96/11/0211). Dies ist dann der Fall, wenn sich die Eingabe auf eine mit Bescheid iSd §§ 56 ff AVG zu erledigende Angelegenheit bezieht. Auch dies trifft gegenständlich zu.

 

Als Person iSd § 34 Abs 3 AVG und damit als ?Täter? ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anzusehen, wer dadurch mit der Behörde in Verkehr tritt, dass er eine schriftliche Eingabe mit beleidigendem Inhalt an diese richtet. Auch dies trifft auf den Berufungswerber zu, der die betreffende Eingabe in eigenem Namen verfasst und bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck eingebracht hat. Damit ist er für deren Inhalt verantwortlich.

 

Es war daher letztlich zu beurteilen, ob sich der Berufungswerber in seiner Eingabe einer beleidigenden Schreibweise iSd § 34 Abs 3 leg cit bedient hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Eingabe dann beleidigend im Sinne der vorzitierten Gesetzesstelle, wenn sie ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt (VwGH 2.10.1959, VwSlg 5067 A). Die Ordnungsstrafe nach § 34 Abs 3 AVG ist dazu bestimmt, Verletzungen des gebotenen Anstandes im Verkehr mit den Behörden zu ahnden. Sie wendet sich also nicht gegen den Inhalt des Vorbringens, sondern die Form, in der dieses erfolgt (VwGH 28.09.1995, 94/17/0427).

 

Durch § 34 Abs 3 AVG soll weder die kritisierte Person geschützt noch die Möglichkeit einer Partei beschnitten werden, Kritik am Verhalten eines Organwalters oder an Missständen bei der Behörde zu äußern. Eine in einer Eingabe an die Behörde gerichtete Kritik ist aber nur dann gerechtfertigt und schließt damit die Anwendung des § 34 Abs 3 AVG aus, wenn (1.) sie sich auf die Sache beschränkt, (2.) in einer die Mindestanforderungen des Anstands entsprechenden Form vorgebracht wird und (3.) nicht Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind (VwGH 28.06.1991, 90/18/0194 ua). Fehlt auch nur eine dieser Voraussetzungen, dann ist die Schreibweise als beleidigend zu qualifizieren und damit der Tatbestand des § 34 Abs 3 AVG erfüllt (VwGH 11.12.1985, 84/03/0155 uva). Ob sich die beleidigende Schreibweise gegen die Behörde selbst, gegen ein Verwaltungsorgan oder gegen eine einzige Amtshandlung richtet, ist dabei ohne Belang (VwGH 2.7.1990, 90/19/0299, 4.9.1995, 94/10/0099 ua).

 

Mit dem Begriff ?Beleidigung? sind Ausdrucksweisen gemeint, die kränkend, verletzend, demütigend, entwürdigend, erniedrigend, herabsetzend, schimpflich, verunglimpfend, schmähend, verspottend, verhöhnend oder der Lächerlichkeit aussetzend wirken. Für diese Beurteilung ist entscheidend, dass die Eingabe objektiv beleidigenden Charakter hat. Eine Beleidigungsabsicht wird für die Erfüllung dieses Tatbestandes hingegen nicht gefordert (VwGH 02.07.1990, 90/19/0299 ua).

 

Die vorliegende, mit 28.09.2004 datierte, Eingabe lässt nun aber nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol eine die Mindestanforderungen des Anstandes wahrende Form vermissen. Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol erblickt in den folgenden Textausschnitten eine beleidigende Schreibweise gemäß § 34 Abs 2

AVG:

 

??sondern diese Kleinigkeit reichte um sofort in bewährter Abzockmanier eine Anzeige zu machen.?

?Sollte ich irgendwann über derartige Fähigkeiten verfügen ? trete ich sofort im Zirkus auf ? wo selbstverständlich dann Sie und Ihre Hirnlosen Apparatschicks eine Freikarte bekommen.?

?Solch eine völlig verblödete und unsachliche Straferkenntnis gehört eigentlich in die Öffentlichkeit um darzulegen wie ausgelastet Sie eigentlich sind- wenn Sie solche windigen Straferkenntnisse ausstellen.?

 

Der Vergleich der Vorgehensweise der einschreitenden Organe der Verkehrsabteilung ?Außenstelle Schönberg i.St. mit ?bewährter Abzockmanier?, ist im Lichte der ständigen Rechtsprechung als beleidigend zu qualifizieren, da ?Abzockerei? als ?jemanden auf betrügerische Art um sein Geld zu bringen? definiert ist bzw im allgemeinen Sprachgebrauch zumindest als ?jemanden auf unfaire Weise monetär zu erleichtern? verstanden wird. Der Satz ?Sollte ich irgendwann über derartige Fähigkeiten verfügen ? trete ich sofort im Zirkus auf ? wo selbstverständlich dann Sie und Ihre Hirnlosen Appartschicks (richtig: Apparatschiks) eine Freikarte bekommen? stellt eine mit der angebrachten Kritik nicht zusammenhängende Beschimpfung dar. Sie vergiftet daher die Atmosphäre des Verwaltungsverfahrens, ohne auch nur ein diskutables Werturteil iSd Art 10 Abs 1 MRK zum Ausdruck zu bringen oder auch nur mit einem solchen in erkennbarem Zusammenhang zu stehen. So verhält es sich auch mit dem Satz ?Solch eine verblödete und unsachliche Straferkenntnis gehört eigentlich in die Öffentlichkeit um darzulegen wie ausgelastet Sei eigentlich sind ? wenn Sie solche windigen Straferkenntnisse ausstellen?. Der Berufungswerber hat sohin den Tatbestand des § 34 Abs 3 AVG verwirklicht.

 

Es liegt im Interesse der öffentlichen Ordnung (Art 10 Abs 2 MRK), der Behinderung von behördlichen Verfahren durch Beschimpfungen entgegenzuwirken, wofür sich eine angemessene Ordnungsstrafe als geeignetes und verhältnismäßiges Mittel darstellt (VwGH 10.3.1998, 97/08/0110). Unter Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Strafrahmens (bis zu Euro 726,00) und der Intensität der (mehrfachen) Beleidigungen in einer Eingabe war die Ordnungsstrafe in der spruchgemäßen Höhe zu verhängen.

Schlagworte
bewährter, Abzockermanier, Hirnlosen, Apparatschiks, völlig, verblödete, Ordnungsstrafe
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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