Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den stellvertretenden Vorsitzenden Mag. Albin Larcher über die Berufung des Herrn D. H., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M. W., I., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 07.10.2004, Zahl S-900/04, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung hinsichtlich der Spruchpunkte 2 und 4 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren zu Spruchpunkt 2 gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG und zu Spruchpunkt 4 gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Im Übrigen wird die Berufung zu den Spruchpunkten 1 und 3 als unbegründet abgewiesen. Spruchpunkt 1 wird insofern präzisiert, als die verletzte Rechtsvorschrift ?§ 81 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz? zu lauten hat.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Geldstrafen, das sind Euro 10,00 zu Spruchpunkt 1 und Euro 10,00 zu Spruchpunkt 3, sohin insgesamt Euro 20,00, zu bezahlen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurden dem Beschuldigten folgende Verwaltungsübertretungen vorgeworfen:
?Sie haben am 11.01.2004 zwischen 06.40 Uhr und 06.48 Uhr in Innsbruck, Uferstraße 12, sich 1.) aus der geöffneten Beifahrertüre eines Taxifahrzeuges herausgelehnt und zu den Wachebeamten die Worte: ?Ihr Wixer wollts nit mal aussteigen und mir helfen- es Arschlöcher tuts a mal etwas für mein Geld? es Wixer tuts a mal was?, 2.) lautstark geschrieen, wodurch einige Passanten auf den Vorfall aufmerksam wurden, haben 3.) während der Aufnahme der Personalien die Beamten einige male als Wixer und Arschlöcher beschimpft und haben 4.) am 11.01.2004 um 06.45 Uhr zweimal überraschend die Fahrbahn betreten, wodurch die Weiterfahrt des Funkstreifenfahrzeuges verhindert wurde und haben durch dieses besonders rücksichtslose Verhalten 1.) die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört, 2.) durch das Geschrei ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, 3.) den öffentlichen Anstand verletzt und 4.) vorschriftswidrig die Fahrbahn benützt.?
Dadurch habe er zu 1.) die Rechtsvorschrift des § 81 Sicherheitspolizeigesetz, zu 2.) § 4 Abs 1 iVm § 1 Abs 1 Tiroler Landes-Polizeigesetz, zu 3.) § 13 iVm § 11 Tiroler Landes-Polizeigesetz und zu 4.) § 76 Abs 1 iVm § 99 Abs 3 lit a) verletzt und wurde über ihn zu 1.) gemäß § 81 SPG eine Geldstrafe von Euro 50,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag), zu 2.) gemäß § 4 Abs 1 TLPG eine Geldstrafe von Euro 70,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag), zu 3.) gemäß § 13 TLPG eine Geldstrafe von Euro 50,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) und zu 4.) gemäß § 99 Abs 3 lit a) eine Geldstrafe von Euro 50,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt. Ferner wurde ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens vorgeschrieben.
In seiner fristgerecht dagegen erhobenen Berufung brachte der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter im Wesentlichen vor, dass hinsichtlich Spruchpunkt 1) § 81 SPG eine besondere Rücksichtslosigkeit vorsehe, welche im vorliegenden Fall nicht gegeben sei.
Zu Punkt 2) werde dem Beschuldigten vorgeworfen, lautstark geschrieen zu haben, wodurch einige Passanten auf den Vorfall aufmerksam geworden seien. Im Zuge des Verfahrens vor dem UVS sei der Taxifahrer einvernommen worden und habe dieser ausgesagt, dass sich auf der Straße keinerlei Passanten befunden hätten. Hier sei zu Gunsten des Beschuldigten davon auszugehen, dass keine Passanten auf den Vorfall aufmerksam geworden seien.
Zu Punkt 3) ergebe sich aus dem Straferkenntnis, dass dem Beschuldigten wiederum vorgeworfen worden sei, er habe die Beamten beschimpft. Die angeblich geäußerten Schimpfwörter decken sich mit dem Tatvorwurf zu Punkt 1), zumal die Behörde selbst von einer Tateinheit zwischen 06.40 Uhr bis 06.48 Uhr des 11.01.2004 ausgeht. Damit ist eine Bestrafung sowohl nach dem Sicherheitspolizeigesetz aber auch dem Tiroler Landes-Polizeigesetz nicht möglich. Weiters würde dem Beschuldigten vorgeworfen, die Fahrbahn vorschriftswidrig benützt zu haben. Dazu sei festzuhalten, dass die Uferstraße im Bereich des Hauses 12 so schmal sei, dass zwei Fahrzeuge kaum aneinander vorbei kommen würden. Nach dem vom UVS festgestellten Sachverhalt sei der Beschuldigte aus dem Taxi ausgestiegen und sodann vor dem Fahrzeug gestanden. Dass er zweimal überraschend die Fahrbahn betreten habe sei unrichtig. Dies decke sich nicht mit dem vor dem UVS abgeführten Beweisverfahren. Richtig sei vielmehr, dass sich der Beschuldigte vor dem Polizeifahrzeug befunden habe. Von einem überraschenden Betreten der Fahrbahn könne nicht ausgegangen werden, zumal der Berufungswerber sich während der gesamten Amtshandlung direkt vor dem Polizeifahrzeug befunden habe. In weiterer Folge sei er vom Beamten Inspektor H. von der Fahrbahn gebracht worden. Dass er dann wiederum überraschend die Fahrbahn betreten habe, sei nicht erweislich. Weiters ergebe sich aus dem Straferkenntnis nicht, unter welchen Straftatbestand die Behörde den Sachverhalt subsumiert habe. Sollte es sich ? wovon der Berufungswerber ausgehe ? um die Bestimmungen der §§ 76, 99 StVO handeln so sehe § 76 Abs 1 vor, dass Fußgänger die Fahrbahn nicht überraschend betreten dürften. Damit scheide eine Strafe nach dem zitierten Straftatbestand aus, zumal ein Verharren auf der Fahrbahn nach Aufnahme der Personalien durch die Polizei ohne dass damit ein überraschendes Betreten verbunden gewesen wäre, reine strafbare Handlung darstelle. Abgesehen davon wäre konkret zu erörtern gewesen, worin die Überraschung de
r einschreitenden Beamten gelegen sein könnte, wenn der Berufungswerber vor ihren Augen auf der Fahrbahn verblieb. Jede Überraschung beinhaltet ein dynamisches Moment, dieses sei im Verfahren vor dem UVS nicht hervorgekommen. Darüber hinaus sei die finanzielle Situation des Beschuldigten als Student nicht berücksichtigt worden. Es werde sohin der Antrag gestellt, das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion ersatzlos zu beheben, in eventu wolle die Strafe gemildert werden.
Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.
Dem gegenständlichen Strafverfahren liegt eine Anzeige der Bundespolizeidirektion Innsbruck zugrunde, wonach der Berufungswerber im Verdacht steht, am 11.01.2004, 06.40 Uhr bis 06.48 Uhr, sowie 06.45 Uhr, in Innsbruck, auf Höhe des Hauses Uferstraße 12, aus der Beifahrertür eines Taxis heraus die beiden Beamten RI S. S. und RI K. H., mit den Worten ?Ihr Wixer ? wollts nit a mal aussteigen und mir helfen ? es Arschlöcher tuts a mal etwas für mein Geld ? es Wixer tuts a mal was? lautstark angeschrieen, sowie während einer Amtshandlung diese weiterhin als ?Wixer und Arschlöcher? beschimpft zu haben. Dabei sollen Passanten auf den Vorfall aufmerksam geworden seien. Sodann habe sich der Beschuldigte vor das Funkstreifenfahrzeug gestellt und die Beamten zweimal am Wegfahren gehindert. Dem Beschuldigten sei daraufhin von RI H. die Festnahme im Falle einer nochmaligen Behinderung angedroht.
In der Folge erging am 01.03.2004 ein Ladungsbescheid an den Beschuldigten. Nach erfolgter Akteneinsicht durch den Rechtsvertreter führte der Beschuldigte in seiner Stellungnahme vom 01.04.2004 im Wesentlichen aus, dass insbesondere die Beschimpfungen bestritten werden würden. Zum Tatzeitpunkt seien auch keine Passanten anwesend gewesen. Im Hinblick auf seine Verletzungen sei dem Beschuldigten die Anwesenheit von Passanten sogar recht gewesen, da er dann die Möglichkeit gehabt hätte, Passanten die Rettung rufen zu lassen. Weiters führte der Beschuldigte aus, habe er die Fahrbahn nicht überraschend betreten, sondern sei er nur vor das Fahrzeug getreten, um sich das Kennzeichen des Dienstfahrzeuges zu notieren. Vom Beschuldigten wurde die Unterbrechung des gegenständlichen Strafverfahrens angeregt, da er beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol eine Maßnahmebeschwerde eingebracht habe.
Gegenständliches Strafverfahren wurde sodann per Aktenvermerk vom 19.04.2004 von der Erstbehörde gemäß § 30 Abs 2 VStG ausgesetzt.
Am 07.10.2004 erging das angefochtene Straferkenntnis.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt, insbesondere den darin einliegenden Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats vom 13.07.2004, Zl uvs-2004/23/021-14, sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und Verlesung der Protokolle der öffentlichen mündlichen Verhandlungen im Maßnahmebeschwerdeverfahren (Zl 2004/23/021).
Für den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol steht der von der Erstbehörde angenommene und dem gegenständlichen Straferkenntnis zugrunde gelegte Sachverhalt als erwiesen fest. Dies vor allem aufgrund der übereinstimmenden Angaben der beiden Beamten, sowie des Taxifahrers.
§ 81 Abs 1 SPG normiert, dass derjenige eine Verwaltungsübertretung begeht und mit Geldstrafen bis zu Euro 218,00 zu bestrafen ist, wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen, verhängt werden.
§ 11 Abs 1 TLPG ordnet an, dass es verboten ist, den öffentlichen Anstand zu verletzen. Nach Abs 2 leg cit gilt als Verletzung des öffentlichen Anstandes jedes Verhalten, das einen groben Verstoß gegen die in der Öffentlichkeit zu beachtenden allgemein anerkannten Grundsätze der Schicklichkeit darstellt.
Wer den öffentlichen Anstand verletzt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 13 leg cit mit einer Geldstrafe bis zu Euro 360,00 zu bestrafen.
In Folge des § 1 Abs 1 TLPG ist es verboten, ungebührlicherweise störenden Lärm zu erregen.
Laut § 4 Abs 1 TLPG begeht, sofern die Tat nicht nach einer anderen Rechtsvorschrift strafbar ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 1.450,00 zu bestrafen, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, insbesondere eine Verordnung nach § 2 zuwiderhandelt.
Nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben. Gemäß Z 3 ist das Verfahren einzustellen, wenn Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen. Ein solcher Umstand ist die Verjährung.
Das Beschimpfen von im Dienst befindlichen Organen der Bundespolizeidirektion Innsbruck mit Ausdrücken wie ?Arschlöcher? und ?Wixer? sowie lautes Schreien erfüllt zweifelsohne den Tatbestand des § 81 Abs 1 SPG, sowie des § 11 Abs 1 TLPG. Als Schuldform ist von Vorsatz auszugehen. Es ist allgemein bekannt, dass Beschimpfen und lautes Schreien mit Beamten keine angebrachte Umgangsweise darstellt bzw von der Allgemeinheit nicht toleriert und akzeptiert wird und daher eine rücksichtslose Verletzung der öffentlichen Ordnung sowie eine Anstandsverletzung darstellt. Gegenständliches Verhalten hat sich an einem öffentlichen Ort abgespielt und war geeignet auch von anderen Personen wahrgenommen zu werden. Von der Erstbehörde wurden Geldstrafen im unteren Bereich verhängt, sodass diese auch unter Zugrundelegung unterdurchschnittlicher Einkommensverhältnisse nicht als überhöht betrachtet werden können.
Was den Schuldvorwurf zu Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses anbelangt, so ist darauf zu verweisen, dass eine Bestrafung nach § 4 Abs 1 TLPG eben dann nicht mehr zulässig ist, wenn die Tat nach einer anderen Rechtsvorschrift zu bestrafen ist. Der vorgeworfene Sachverhalt stellt bereits eine Anstandsverletzung sowie eine grobe Störung der öffentlichen Ordnung dar, sodass der Berufung bezüglich Lärmerregung Folge gegeben werden konnte. Das Verfahren war in diesem Punkt einzustellen.
Hinsichtlich Spruchpunkt 4. wird ausgeführt, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses die verletzte Verwaltungsvorschrift vermissen lässt. Die bloße Zitierung von Paragrafen ohne Nennung der verletzten Verwaltungsvorschrift entspricht jedoch nicht den Anforderungen des § 44a VStG. Nach dieser Bestimmung hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, ua die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten, die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, sowie die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung zu enthalten. Da inzwischen Verfolgungsverjährung eingetreten ist, war das Verfahren auch in diesem Punkt einzustellen.
Hinsichtlich Spruchpunkt 1 war der Spruch gemäß § 66 Abs 4 AVG, welcher laut § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren zu Anwendung kommt, zu präzisieren.
Aus den vorgenannten Gründen konnte der Berufung teilweise stattgegeben werden und war daher spruchgemäß zu entscheiden.