Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Margit Pomaroli über die Berufung des Herrn P. M., I-D., vertreten durch die Rechtsanwälte P. und S., F., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 8.3.2004, Zl VK-23633-2003, nach der am 24.11.2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG wird die gegenständliche Berufung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als nach dem Ausdruck ?18.10 Uhr? eingefügt wird: ?Zeitpunkt der Anhaltung und Kontrolle? und bei den Spruchpunkten 1) und 2) nach den Worten ?im internationalen? eingefügt wird: ?(von Italien nach Österreich und in Richtung Italien)? sowie im Spruchpunkt 2) anstelle des Zeitpunktes ?16.50 Uhr? der Zeitpunkt ?16.45 Uhr? zu treten hat.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG wird der Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens mit 20 Prozent der verhängten Geldstrafen, das sind zu 1) Euro 14,00 und zu 2) Euro 10,00, festgesetzt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Tatzeit: 01.08.2003, 18.10 Uhr
Tatort: Nauders, auf der Reschenbundesstraße, B-180 bei km 46,070 in Fahrtrichtung Italien
Fahrzeug: Sattelkraftfahrzeug, mit einem höchstzulässigen
Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen
Kennzeichen: XY und XY
Der Beschuldigte, M. P? geb. XY, wohnhaft in I-D., XY, hat
1. als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger
3.5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Es wurde festgestellt, dass er innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden keine tägliche Ruhezeit von mindestens 9 zusammenhängenden Stunden eingehalten hat. Vom 31.07.03, 22.30 Uhr, bis zum 01.08.03, 06.50 Uhr wurde nur eine Ruhezeit von 7 Stunden und 20 Minuten eingehalten.
2. als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger
3.5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Es wurde festgestellt, dass er das Schaublatt mehr als 24 Stunden von 31.07.2003, 12.45 Uhr bis zum 01.08.2003, 16.50 Uhr verwendet hat.
Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
1.
§ 134 Abs 1 KFG iVm Art 8 Abs 1 EG-VO 3820/85
2.
§ 134 Abs 1 KFG iVm Art 15 Abs 2 EG-VO 3821/85?
Gemäß § 134 Abs 1 KFG wurde über den Berufungswerber zu 1) eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 70,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) sowie zu 2) eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 50,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt sowie ein Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz festgesetzt.
Dagegen wurde rechtzeitig die Berufung eingebracht und in dieser ausgeführt, dass das gegenständliche Straferkenntnis im gesamten Umfang angefochten wird. Es liege eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung vor und es werde ausdrücklich die Auswertung der Diagrammscheibe durch einen Sachverständigen beantragt, ebenso die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung sowie die Einstellung des Verfahrens.
Aufgrund dieses Vorbringens wurde ein Gutachten vom Sachverständigen Ing. R. R. erstellt und in diesem wurde ausgeführt wie folgt:
?Mit Auftrag des UVS in Tirol, mögen die Tachographenschaublätter dahingehend ausgewertet werden, ob sich die Verkürzung der Ruhezeit bzw das überlange Verwenden des Schaublattes belegen lassen.
Befund
Als Befundunterlage dient:
der Verwaltungsakt mit den darin enthaltenen Angaben und
betreffenden Geschwindigkeitsschaublättern.
Die Originalschaublätter wurden mit dem K.-Auswertgerät, Type 1612-50, mit Lupe ausgewertet. Die Messgenauigkeit pro Zeitblock beträgt 2 Minuten.
Die Zeitfehlergrenze hängt von der Aufzeichnungsqualität des Tachographen ab und beträgt bei einwandfreier Aufzeichnung 0,5 Sekunden. Systembedingt können die Zeitdifferenzen zwischen zwei Messungen nur in vollen Sekunden ermittelt werden.
Stellungnahme
Auswertung Schaublatt vom 31.07.03 bis 01.08.03
Beginn, Ende, Zeit, Zeitgruppe, Fahrstrecke, Bemerkung 12.44, 13.08, 00.24 Lenkzeit, 31.07. Schaublatt eingelegt 13.08, 13.23, 00.15, Ruhezeit
13.23, 13.49, 00.26, Lenkzeit
13.49, 13.59, 00.10, Ruhezeit
13.59, 14.43, 00.44, Lenkzeit
14.43, 17.04, 02.21, Ruhezeit
17.04, 17.26, 00.22, Lenkzeit
17.26, 18.03, 00.37, Ruhezeit
18.03, 18.10, 00.07, Lenkzeit
18.10, 18.12, 00.02, Ruhezeit
18.12, 20.16, 02.04, Lenkzeit
20.16, 20.21, 00.05, Ruhezeit
20.21, 20.23, 00.02, Lenkzeit
20.23, 20.26, 00.03, Ruhezeit
20.26, 20.53, 00.27, Lenkzeit
20.53, 20.56, 00.03, Ruhezeit
20.56, 21.08, 00.12, Lenkzeit
21.08, 22.12, 01.04, Ruhezeit
22.12, 22.30, 00.18, Lenkzeit
22.30, 05.48, 07.18, Ruhezeit, 01.08.
05.48, 06.07, 00.19, Lenkzeit
06.07, 08.20, 02.13, Ruhezeit
08.20, 08.45, 00.25, Lenkzeit
08.45, 08.56, 00.11, Ruhezeit
08.56, 09.37, 00.41, Lenkzeit
09.37, 11.00, 01.23, Ruhezeit
11.00, 11.11, 00.11, Lenkzeit
11.11, 11.50, 00.39, Ruhezeit
11.50, 12.31, 00.41, Lenkzeit
12.31, 13.11, 00.40, Ruhezeit
13.11, 13.34, 00.23, Lenkzeit
13.34, 14.38, 01.04, Ruhezeit
14.38, 15.08, 00.30, Lenkzeit
15.08, 16.45, 01.37, Ruhezeit, Schaublatt entnommen
Größte zusammenhängende Ruhezeit: 07.18 Stunden, mit Messfehler:
7,20 Stunden
Nutzungszeitraum: 28.01 Stunden, mit Messfehler 27,59 Stunden
Auswertung Schaublatt vom 01.08.03
Beginn, Ende, Zeit, Zeitgruppe, Fahrstrecke, Bemerkung 16.46, 18.15, 01.29, Lenkzeit, 31.07. Schaublatt eingelegt 18.15, 18.18 00.03, Ruhezeit, Schaublatt entnommen
Größte zusammenhängende Ruhezeit: 00.03 Stunden, mit Messfehler:
00.05 Stunden
Nutzungszeitraum: 01.32 Stunden, mit Messfehler: 01.30 Stunden
Dieses Gutachten wurde dem Vertreter des Berufungswerbers zur Kenntnis gebracht, wobei in einer Berufungsergänzung mangelnde Tatzeitkonkretisierung eingewendet wurde. Aufgrund des Antrages in der Berufung wurde am 24.11.2004 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Der Berufungswerber ist zu dieser Verhandlung nicht erschienen, sein Vertreter hat sich entschuldigt. Als Sachverständiger erschien Herr Ing. R. R. Der Sachverständige hat auf sein Gutachten verwiesen, wobei eine entsprechende Auswertung der vorliegenden Tachographenschaublätter mit dem K.-Auswertgerät, Type 1612-50, erfolgt ist.
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergibt sich, dass der Berufungswerber vom 31.7.2003, 22.30 Uhr, bis zum 1.8.2003, 06.50 Uhr, nur eine Ruhezeit von 7 Stunden und 20 Minuten eingehalten hat. Er lenkte das Sattelkraftfahrzeug mit dem Kennzeichen XY und XY von Italien nach Österreich und war dann wiederum unterwegs nach Italien.
Nach Art 8 Abs 1 EG-Verordnung 3820/85 darf die Tageslenkzeit, legt der Fahrer innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden ein, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf, sofern bis zum Ende der folgenden Woche eine entsprechende Ruhezeit zum Ausgleich gewährt wird.
Im Gegenstandsfall hat der Berufungswerber vom 31.7.2003 bis zum 1.8.2003 nur eine Ruhezeit von 7 Stunden und 20 Minuten eingehalten und durch dieses Verhalten die ihm zu Punkt 1) vorgeworfene Übertretung begangen.
Den im Original vorliegenden Tachographenschaublättern kann weiters entnommen werden, dass ein Schaublatt mehr als 24 Stunden in Verwendung stand, und zwar vom 31.7.2003, 12.45 Uhr, bis zum 1.8.2003, 16.45 Uhr, wie der Sachverständige Ing. R. R. anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung ausgeführt hat.
Es wird von diesen Angaben auch im Verfahren ausgegangen.
Nach Art 15 Abs 2 EG-Verordnung 3821/85 benutzen die Fahrer für jeden Tag, an dem sie lenken, ab dem Zeitpunkt, an dem sie das Fahrzeug übernehmen, Schaublätter. Das Schaublatt wird erst nach der täglichen Arbeitszeit entnommen, es sei denn, eine Entnahme ist auf andere Weise zulässig. Ein Schaublatt darf über den Zeitraum, für den es bestimmt ist, hinaus verwendet werden.
Dadurch, dass der Berufungswerber das gegenständliche Schaublatt am 1.8.2003 nach 12.45 Uhr verwendet hat, hat er die ihm zu Punkt 2) vorgeworfene Übertretung begangen.
Nach § 134 Abs 1 KFG 1967 begeht, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1 sowie der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr 3572/90, ABl Nr L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 2.180,00, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Durch das Nichteinhalten von Ruhezeiten wird die Verkehrssicherheit gefährdet sowie durch das Verwenden von Tachographenscheiben über den Zeitraum von 24 Stunden hinaus, die Kontrolle des Straßenverkehrs erschwert.
Der Unrechtsgehalt beider Übertretungen ist daher nicht unbeträchtlich. Beim Verschulden ist zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen. Als mildernd bei Bemessung der Strafe wirkte sich die bisherige Straffreiheit des Berufungswerbers aus, erschwerend bei Bemessung der Strafe war nichts.
Zur weiteren Konkretisierung bzw Ergänzung des Spruches des Straferkenntnisses ist die Berufungsbehörde berechtigt und verpflichtet. Hinsichtlich der Anführung der Tatzeit im gegenständlichen Straferkenntnis wie auch in der vorliegenden Strafverfügung ist sowohl der Zeitpunkt der Nichteinhaltung von Bestimmungen wie auch der Zeitpunkt der Anhaltung und der Kontrolle angeführt. Die Tat ist somit ausreichend konkretisiert.