TE UVS Wien 2004/11/26 03/P/34/7284/2004

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Veröffentlicht am 26.11.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Osinger in der öffentlich mündlichen Berufungsverhandlung vom 15.11.2004 aufgrund der Berufung von Herrn Mohammad N gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat Innere Stadt, vom 30.7.2004, Zl. S 65.936/S/04, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 KFG 1967 entschieden wie folgt:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt wird. Dementsprechend wird der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 Abs 2 VStG auf 20 Euro herabgesetzt, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe. Im Übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Der Berufungswerber ist als organschaftlicher Vertreter der ?D" HandelsgesmbH wegen unrichtiger Lenkerauskunft bestraft worden.

Der Spruch des Straferkenntnisses lautet:

?Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. ?D" HandelsgesmbH und somit als zur Vertretung des Zulassungsbesitzers des Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-77 unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 23.12.2003, zugestellt am 03.02.2004, innerhalb der Frist von 14 Tagen wahrheitsgemäß Auskunft darüber zu erteilen, wer das Fahrzeug am 07.12.2003 um 02.47 Uhr in Wien, B-ring gelenkt hat.

Die Fa. ?D" HandelsgesmbH haftet gemäß § 9 Abs 7 VStG über die verhängte Geldstrafe, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 103/2 KFG iVm § 9/1 VStG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende

Strafe verhängt:

Geldstrafe von 300 Euro

falls diese  uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 300

Stunden

gemäß § 134 KFG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes

(VStG) zu zahlen:

30 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe [je einem Tag Freiheitsstrafe werden 15,00 ?

angerechnet]

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 330 Euro."

Mit Berufung wird eingewendet der Berufungswerber habe nicht gewusst, dass der bekannt gegebene Lenker Sunday A auf Urlaub gewesen sei.

In der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 15.11.2004 hat der Berufungswerber als Partei einvernommen Folgendes angegeben:

"Ich bin 25%iger Eigentümer der D HandelsgmbH. Das ist eine Taxifirma. Dort bin ich handelsrechtlicher GF. Diese Firma hat 9 Autos und 8 angestellte Lenker und fahre auch ich ein Taxi. Wenn ich gefragt werde was mit den Taxis passiert, wenn ein Angestellter längere Zeit krank oder auf Urlaub ist: Dann suche ich eine Aushilfe. Diese Aushilfen stelle ich an. Ich weiß daher immer wer mit den Autos fährt. Meine Angestellten bekommen ein Fixgehalt, am Umsatz bzw. Gewinn sind sie nicht beteiligt.

Wenn ich gefragt werde wie viele Stunden pro Woche die Fahrer arbeiten: Nur 40 Stunden. Wenn mir vorgehalten wird, dass dies sehr unwahrscheinlich ist, zumal von den 40 Stunden etliche Stunden Stehzeit abzuziehen sind und dass ich dann meinen Betrieb kaum wirtschaftlich führen könnte: Die Fahrer fahren sicher auch außerhalb der 40 Stunden, für die sie bezahlt werden, d.h. privat. Im Winter mache ich trotzdem Gewinn, im Sommer nicht. Es stimmt schon, dass anhand der Taxameterstände und der Tageskilometerstände im Fahrzeug kontrolliert werden kann, ob ein Chauffeur privat gefahren ist. Aber es kommt auch vor, dass die Lenker einfach die Taxameter ausschalten.

Die Abrechnung erfolgt anhand der gefahrenen Kilometer und gibt es da die Faustregel, dass der Fahrer pro Kilometer 1 Euro Fuhrlohn einnimmt. Die Taxameterstände werden nicht gespeichert und dient das nur zur Abrechnung für die Fahrgäste. Rechnungen werden nur auf Verlangen ausgestellt. In den Taxis gibt es ein ?Losungsformular" und wird da für jeden Tag eingetragen wie viel der Fahrer eingenommen hat in bar bzw. auf Kreditkarte, mehr ist dort nicht vorgesehen.

Mir bleibt für jedes Fahrzeug am Ende des Monats ein Gewinn vor Steuern von rund 100 bis 150 Euro und kann die Firma davon leben.

Grundsätzlich stehen die Fahrzeuge bei den Fahrern, nur selten in der Firma. Die Fahrer kommen nur einmal in der Woche in die Firma, am Freitag, und bringen da die Wochenlosung mit. Unter der Woche sehe ich die Fahrer nur dann, wenn wir uns auf der Straße begegnen, denn auch ich fahre ja mit dem Taxi. Das Taxi von Hr. A hat keine Funkausstattung. Er hat aber ein Handy und kann in der Firma anrufen. Normalerweise gibt es aber keine telefonische Verbindung mit den Fahrern. Wenn ich etwas von den Fahrern will rufe ich sie am Handy an.

Über neuerliches Befragen: Es gibt sehr wohl Taxis in unserer Firma, mit denen nicht nur 1, sondern 2 Fahrer fahren. Ich möchte ein Taxi natürlich rund um die Uhr fahren lassen, nur finde ich nicht

immer genug Fahrer. Oft ist es so, dass jemand 3 Tage arbeitet und wenn ich ihn dann bei der Sozialversicherung melden will dann kommt er nicht mehr. Vor 2 Monaten hatte ich 11 Fahrer, zu Weihnachten werden es mehr sein. Im Dezember letzten Jahres hatte ich nur 7 Autos. Die Anzahl der Fahrer wechselt ständig. Herr A ist aber ständig beschäftigt. Er macht 4 Wochen Urlaub, sonst ist er immer für mich unterwegs. So war das auch in diesem Jahr, vielleicht hat er auch hie und da noch ein zwei Tage Urlaub genommen. Er fährt auch momentan für mich. In diesem Jahr war er im Oktober im Urlaub, vom 30.9. bis 27.10. Bevor er auf Urlaub geht, stellt er das Auto in die Firmengarage. Den Urlaubsantritt muss er einen Monat im voraus bekannt geben, denn ich muss ja eine Vertretung finden. Das klappt so mit ihm. Damals im Dez. 2003 war Herr A nur über das Wochenende in London und hat das mit der Firma nichts zu tun, denn am Wochenende fährt er nicht. Alle meine Fahrer fahren am Wochenende nicht. Ich hätte schon gern, dass die Taxis auch am Wochenende eingesetzt werden aber dafür finde ich keine Leute. Solche Leute würden nur schwarz fahren und das mache ich nicht. Herr A kam damals am Freitag zu mir in die Firma, übergab mir die Wochenlosung und sagte nichts davon, dass er am Wochenende in London ist. Die Autos bleiben auch am Wochenende bei den Fahrern.

Wenn mir vorgehalten wird, dass es sich beim angefragten 7.12.2003 um einen Sonntag gehandelt hat, an dem Herr A nach meiner eigenen Aussage nie mit dem Taxi gefahren ist, warum ich dann trotzdem Herrn A als Lenker bekannt gegeben habe ohne vorher mit ihm gesprochen zu haben: Ich habe gar nicht in den Kalender geschaut, um welchen Wochentag es sich gehandelt hat."

Daraufhin ist der aus dem Spruch ersichtliche Bescheid zunächst mündlich verkündet worden.

Es steht fest:

Das als Taxi verwendete Fahrzeug Mercedes mit dem behördlichen Kennzeichen W-77 ist auf die seit 10.12.2002 vom Berufungswerber als alleinigem handelsrechtlichen Geschäftsführer vertretene ?D" HandelsgesmbH zugelassen. Das Fahrzeug war regelmäßig, so auch am 7.12.2003, einem Sonntag, Herrn Sunday A überlassen. Von einem Organ der öffentlichen Aufsicht wurde der Lenker des betreffenden Fahrzeugs am 7.12.2003, 2.47 Uhr in Wien, B-ring angezeigt, weil er die Sperrlinie über- und in weiterer Folge den selbstständigen Gleiskörper in Längsrichtung befuhr. Die an die Zulassungsbesitzerin ?D" HandelsgesmbH gerichtete erstbehördliche Lenkeranfrage vom 23.12.2003, zugestellt durch Hinterlegung am 3.1.2004, beantwortete der Berufungswerber ohne in den Kalender zu sehen damit, dieses sei von Herrn Sunday A gelenkt worden. Von der Möglichkeit, ihn nur als Auskunftsperson bekannt zu geben, hat er keinen Gebrauch gemacht. Tatsächlich wurde das Fahrzeug aber nicht von Herrn Sunday A gelenkt, der sich von Donnerstag, den 5.12.2003, bis Sonntag, den 8.12.2003, in London befand. Dieser Sachverhalt ergibt sich, was die organschaftliche Vertretung der ?D" HandelsgesmbH im Tatzeitpunkt 7.12.2003 ergibt, aus einem dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien vorliegenden Firmenbuchauszug, was das angezeigte Grunddelikt, die erstbehördliche Lenkeranfrage vom 23.12.2003, die Lenkerauskunft des Berufungswerbers und den Londonaufenthalt des Herrn Sunday A betrifft, aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt. Anhand des dort befindlichen Rückscheines ergibt sich als Zustelldatum der erstbehördlichen Lenkeranfrage richtigerweise der ?3.1.2004" anstelle des im Spruch - nach dem Datum der erteilten Lenkerauskunft (10.1.2004) erkennbar irrig - angeführten ?3.2.2004".

Was die näheren Umstände der Überlassung der firmeneigenen Taxis des Berufungswerbers angeht, hat dieser sich bei seiner Parteienvernehmung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien vom 15.11.2003 widersprüchlich verantwortet, diese würden immer nur von einem einzigen Angestellten (in diesem Fall von Herrn Sunday A), nach späterer Angabe aber teilweise auch von zwei Fahrern gefahren.

Die Angabe des Verantwortlichen einer Taxibetreiberfirma, er könne allfällige, außerhalb der bezahlten 40 Wochenstunden getätigte ?Privatfahrten" seiner im Angestelltenverhältnis stehenden Lenker nicht ausschließen, obwohl dies anhand eines Vergleichs von abgeliefertem Fuhrlohn zu Tageskilometerständen feststellbar wäre, widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Sind unselbständig beschäftige Taxilenker bloß verpflichtet, am Ende jeder Woche den eingenommenen Fuhrlohn abzuliefern, ohne sich zum Dienstantritt melden und über die Fahrzeugverwendung nähere Unterlagen führen zu müssen, muss mit dem (teilweisen) Betreiben der Taxis auf eigene Rechnung dieser Personen und deren allfälliger Weitergabe an Dritte jedenfalls gerechnet werden.

Es wurde erwogen:

Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Gemäß 134 Abs 1 KFG 1967 begeht, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.180,- Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit

Arrest bis zu 6 Wochen zu Bestrafen.

Irgendwelche Gründe für mangelndes Verschulden des Berufungswerbers haben sich nicht ergeben.

Der organschaftliche Vertreter einer Taxibetreiberfirma, der in einer

Lenkerauskunft einen bloß wochentags beschäftigten Taxilenker als Lenker eines Fahrzeuges an einem Sonntag bekannt gibt, ohne mit der betreffenden Person zumindest gesprochen zu haben, verletzt jene Sorgfalt, die ihm als Verantwortlichem der Zulassungsbesitzerin möglich und zum Zweck der Erteilung von richtigen Lenkerauskünften gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 auch zumutbar ist, ganz erheblich.

Unter Bedachtnahme auf den zumindest durchschnittlichen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat, die als erschwerend wirkenden fünf einschlägigen rechtskräftigen Vormerkungen, zugleich aber auch die bereits unterdurchschnittlichen finanziellen Verhältnisse des Berufungswerbers (laut eigenen Angaben Einkommen von insgesamt maximal 771,- Euro netto monatlich, Sorgepflicht für 2 Kinder, Kreditrückzahlungen im Ausmaß von rund 400,- Euro, Einfamilienhaus in F, L-hof) sowie die höchste über ihn bisher wegen Übertretung des § 103 Abs 2 KFG 1967 verhängte Strafe (laut Vormerkliste 84,- Euro) konnte die Strafe auf das nunmehrige, immerhin noch rund 10 % der Strafobergrenze ausschöpfende Ausmaß herabgesetzt werden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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