TE UVS Tirol 2004/11/30 2004/22/170-1

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Veröffentlicht am 30.11.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufung des Herrn F. H., geb XY, XY-Straße, I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 15.11.2004, Zahl VI-601-2004, wegen Übertretung nach dem BStMG wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Tatzeit: 28.04.2004 um 13.06 Uhr

Tatort: Gemeinde Ampass, auf der A12 bei km 72,000

Fahrzeug: Lastkraftwagen, XY

 

1. Sie haben zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort als Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen das mautpflichtige Straßennetz benützt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt. Es wurde festgestellt, dass ein für die elektronische Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut zwingend vorgeschriebenes Fahrzeuggerät nicht angebracht war und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde.?

 

Der Berufungswerber habe eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 iVm § 6 und 7 Abs 1 BStMG begangen und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 400,00, Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 96 Stunden, unter gleichzeitiger Festsetzung der Verfahrenskosten verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Berufungswerber fristgerecht Berufung und brachte darin vor, er habe das Delikt schon zweimal bezahlt, jedoch nie ein Geld zurückbekommen.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu erwogen wie folgt:

Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren wurde ursprünglich gegen den Zulassungsbesitzer S. G. geführt. Erstmals mit Schreiben vom 11.10.2004 wendete sich die Behörde I. Instanz an den Berufungswerber. Dieses Schreiben lautet wie folgt:

 

?Betreff: H. F., XY

Verwaltungsübertretung im Straßenverkehr

 

Beiliegend wird in Kopie die Stellungnahme der ÖSAG, Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen GmbH mit dem Ersuchen um Stellungnahme hiezu übermittelt.

 

Sollte nach Ablauf von 3 Wochen keine Stellungnahme bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck Land eingelangt sein, wird das Verwaltungsstrafverfahren ohne ihre weitere Anhörung durchgeführt werden.

 

Überdies möge ihre Einkommens- und Vermögenssituation kurz dargestellt werden, da dies bei der Bemessung der Strafhöhe von Bedeutung sein kann.?

 

Bei der beiliegenden Stellungnahme handelt es sich um ein Schreiben der ÖSAG vom 07.09.2004, das wie folgt lautet:

 

?Sehr geehrter Herr P.!

 

Bezug nehmend auf ihr Schreiben vom 27.08.2004 wird wie folgt Stellung genommen:

 

Die gegenständliche Anzeige mit Bezug ASFINAG 526715 betrifft das Fahrzeug mit dem Kennzeichen XY (A).

 

Offensichtlich erfolgte auf der gesamten Fahrt am 28.04.2004 keine Abbuchung. Die Durchsicht der Beweisbilder lässt den Schluss zu, dass die Go-Box nicht oder nur unsachgemäß angebracht war. Diese liegen dem Akt bei.

 

Zu Deliktnummer 555473 erreichte uns ein Einspruch, zu welchem dem Nutzer eine Sonderkontozahlung zugesagt wurde.

 

Die gegenständliche Anzeige betrifft jedoch Deliktnummer 526715, welche aufgrund der verspätet eingelangten Zahlung wieder abzüglich der in der Mautordnung festgesetzten Bearbeitungsgebühr in Höhe von Euro 15,00 rücküberwiesen wurde.

 

Wir hoffen, ihnen mit dieser Information gedient zu haben und verbleiben?

 

Nach § 32 Abs 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigter gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung, etc), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat. Um den Eintritt der Verfolgungsverjährung auszuschließen, muss die Verfolgungshandlung ? hier binnen 6 Monaten - wegen eines bestimmten Sachverhaltes erfolgen und sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente beziehen. Nur dann unterbricht eine Verfolgungshandlung die Verjährung.

 

Mit dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 11.10.2004 wurde keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt. Eine Verfolgungshandlung muss, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhaltes erfolgen. Dies erfordert, dass sie sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat. Dazu gehört auch die sich nach der Art der jeweils in Rede stehenden Übertretung zu richtenden Umstände des konkreten Falles angemessene Angabe des Tatortes und der Tatzeit. Dies ist gegenständlich jedoch nicht erfolgt. Das Schreiben der ÖSAG vom 07.09.2004 bezieht sich lediglich auf Abbuchungsmodalitäten im Zusammenhang mit der elektronischen Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut, ?Go-Box?, ohne einen konkreten Tatvorwurf zu enthalten. Aber selbst für den Fall, dass dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 11.10.2004 auch die seitens der ÖSAG übermittelten Beweisbilder beigelegt waren (wofür es aus dem Akteninhalt jedoch keinerlei Ansatzpunkte gibt), wäre darin noch kein ausreichender Tatvorwurf zu erblicken. Diese Beweisbilder sind mit einer Zahlen- und Ziffernreihe beschriftet, aus der für einen mit dieser Datenangabe nicht Vertrauten kein ausreichender Tatvorwurf, insbesondere was den genauen Tatort betrifft, zu entnehmen ist.

 

Hier gilt auch zu bedenken, dass das subjektive Wissen des Beschuldigten um eine von ihm begangene Verwaltungsübertretung nicht ausreicht (VwGH 3.3.1982, 81/03/0055). Die für die Frage der Tatbestandsverwirklichung wesentlichen Gegebenheiten eines Tatortes müssen auch dann Gegenstand einer tauglichen Verfolgungshandlung sein, wenn die Kenntnis dieser Gegebenheiten beim Berufungswerber vorausgesetzt werden kann, weil sonst die Anforderungen an eine Verfolgungshandlung davon abhängig wären, welche Tatbestandsmerkmale beim Beschuldigten als bekannt vorausgesetzt werden dürfen. (VwGH 15.6.1984, 84/02/0126).

 

Gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG hat die Behörde die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Verfolgungshandlung, Schreiben, der, ÖSAG
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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