TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/19 2000/02/0148

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Veröffentlicht am 19.10.2001
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des YL in S, vertreten durch Dr. Christian Leskoschek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19/17, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 19. April 2000, Zl. UVS- 03/P/43/2660/1999/8, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Zulassungsbesitzer, der Verein "I", eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Fahrzeuges wurde mit Schreiben der Behörde erster Instanz vom 12. Jänner 1998 zur Bekanntgabe aufgefordert, der Behörde Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug an einem näher bezeichneten Ort abgestellt habe, sodass es dort am 2. November 1997 um 21.45 Uhr gestanden sei.

Mit Schreiben vom 26. Jänner 1998 wurde bekanntgegeben, dass das Kraftfahrzeug von Y.B., wohnhaft in "8 L, CHINA", abgestellt worden sei. Ein von der Behörde erster Instanz an die genannte Person gerichtetes Schreiben vom 2. Februar 1998 des Inhaltes, zur Lenkereigenschaft Stellung zu nehmen, wurde mit dem Vermerk "unvollständige Adresse" (der Rücksendevermerk enthält diese Auskunft sowohl in chinesischen Schriftzeichen als auch in französischer Sprache) an die Behörde retourniert. Dies wurde dem zur Vertretung des Zulassungsbesitzers nach außen berufenem Beschwerdeführer vorgehalten. Er nahm hiezu mit dem Vorbringen Stellung, er sei "nach Überprüfung der Beilagen, vor allem der kopierten Briefumschläge", zur Überzeugung gelangt, dass eine Urkundenfälschung durch Manipulation vorzuliegen scheine, ohne diese Ansicht jedoch näher zu begründen.

Daraufhin erließ die Behörde erster Instanz das Straferkenntnis vom 6. Juli 1999, mit welchem sie den Beschwerdeführer schuldig erkannte, er habe es als Verantwortlicher und zur Vertretung des Zulassungsbesitzers des gegenständlichen Kraftfahrzeuges nach außen Berufener, nämlich als Obmann des Vereines I, unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 12. Jänner 1998, zugestellt am 22. Jänner 1998, mitzuteilen, wer das gegenständliche Kraftfahrzeug am näher bezeichneten Ort abgestellt habe, sodass dieses am 2. November 1997 um 21.45 Uhr dort gestanden sei. Er habe § 134 KFG iVm § 103 Abs. 2 KFG iVm § 9 Abs. 1 VStG verletzt. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 29 Stunden) verhängt.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass in der von Y.B. angegebenen Stadt möglicherweise kein einziger Einwohner "unsere" (gemeint: lateinische) Schriftzeichen verstehe. Da die Adresse im Schreiben der Behörde erster Instanz nicht in chinesischen Schriftzeichen angegeben gewesen und "daher auch für einen chinesischen Postbeamten unleserlich" sei, erübrige sich die im Straferkenntnis aufgeworfene Frage, "wer Interesse haben sollte, auf dem Rückschein unrichtige Angaben zu tätigen". Der auf dem retournierten Kuvert angebrachte Poststempel weise ebenso nur chinesische Schriftzeichen auf, es könne nicht behauptet werden, dass dieses Schreiben tatsächlich vom Postamt in Ciang zurückgesandt worden sei. Zudem sei es dem Verein unmöglich, die Richtigkeit der von den Gästen, welchen das Vereinsfahrzeug zum Lenken überlassen werde, angegebenen Adressen zu überprüfen.

Die belangte Behörde führte daraufhin eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Beschwerdeführer konnte zur gegenständlichen behaupteten Vergabe des Kraftfahrzeuges an Y.B. keine Aussage machen. Er behauptete die Führung eines Fahrtenbuches "im Computer" und legte Auszüge vor. Ein den Monat November 1997 betreffender Auszug wurde nicht vorgelegt. Eine an den Beschwerdeführer in der Verhandlung vom 19. November 1999 gerichtete Aufforderung, das (auch den gegenständlichen Abstellzeitpunkt betreffende) Fahrtenbuch vorzulegen, blieb im weiteren Verfahren unbeachtet.

In der erstreckten Verhandlung vom 20. Jänner 2000 wurde der Zeuge F. einvernommen, der das gegenständliche Fahrzeug an Y.B. vergeben habe. In dieser Verhandlung erklärte der Beschwerdeführer, Nachweise bezüglich des Aufenthaltes des Y.B. im Bundesgebiet "aufbringen zu wollen". Er teilte mit Schreiben vom 10. April 2000 mit, dass ein an Y.B. gerichtetes Schreiben weder beantwortet noch zurückgesendet worden sei.

Daraufhin erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. April 2000. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens kam die belangte Behörde zur Ansicht, dass die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe der Behörde die Adresse des Y.B. "richtig und vollständig mitgeteilt", nicht gefolgt werden könne. Es seien auch keine Beweismittel dafür vorgelegt worden, dass sich Y.B. zur Tatzeit überhaupt in Österreich aufgehalten habe.

Zu diesem Ergebnis gelangte die belangte Behörde auf Grund folgender Beweiswürdigung:

"Zu der zitierten Bestimmung" (Anm.: § 103 Abs. 2 KFG) "hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt, dass das Führen eines (korrekten und vollständigen) Fahrtenbuches eine Mindestanforderung darstellt. Wie nunmehr dem durchgeführten Ermittlungsverfahren entnommen werden konnte, wurde ein solches Fahrtenbuch nicht geführt, sondern gab es - lückenhaft geführte - Aufzeichnungen über die bestehenden Fahrzeuge und wurden die Fahrzeuge möglicherweise tatsächlich von mehreren Personen vergeben. Auch vertraute der Berufungswerber als Zulassungsbesitzer sowie der einvernommene Zeuge F. als Erfüllungsgehilfe des Berufungswerbers bei der Führung der Fahrtenbücher bedingungslos den Angaben der entlehnenden Personen und versuchten nicht, sich vor etwaigen Missbräuchen bei der Entlehnung der Fahrzeuge zu schützen. Auch wenn der Zeuge F. angab, er habe die Daten aus den Reisepässen der Entlehner nicht abgeschrieben oder die Reisepässe sogar kopiert, da diesfalls der Verein zu bestimmten Haftungen herangezogen werden könnte, so vermag der Unabhängige Verwaltungssenat Wien als erkennende Behörde dieser Verantwortung nicht zu folgen. Es ist nämlich nicht nachvollziehbar, welche Haftung gemeint sein soll, jedoch hätten Kopien der Reisepässe der vom Berufungswerber angegebenen Personen dazu geführt, diesen im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren zu exculpieren; aus den genannten Gründen ist es dem Berufungswerber sohin nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass sich Herr Y.B. zum Tatzeitpunkt überhaupt in Österreich aufgehalten hat."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Insoweit sich der Beschwerdeführer gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Die Beschwerdeausführungen lassen aber Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen. Denn es ergibt sich - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - aus seiner Aussage in Verbindung mit derjenigen des Zeugen F. und der (jedenfalls betreffend das Monat November 1997) unvollständig vorgelegten Auszüge aus dem Fahrtenbuch dessen "lückenhafte" Führung. So ist der Beschwerdeführer beispielsweise auf die Aussage des Zeugen F. hinzuweisen, warum betreffend ein als verliehen behaupteten Fahrzeuges am 21. Mai 1998 kein Vorgang aufscheine, dass dieses Fahrzeug ohne Wissen des Zeugen F. verliehen worden sei und "keinerlei Aufzeichnungen darüber vorhanden" seien. Ebenso unrichtig ist die Behauptung in der Beschwerde, der Beschwerdeführer habe zwei Zeugen dafür angeführt, dass sich Y.B. zur Tatzeit in Österreich aufgehalten habe. Denn der Beschwerdeführer hat sich hinsichtlich Y.B. nur auf den Zeugen F. berufen. Die Nominierung des zweiten Zeugen (gemeint wohl: der in der, betreffend mehrere Geschäftsfälle unter einem geführten Verhandlung vom 20. Jänner 2000 einvernommene Zeuge L.) erfolgte einerseits für einen anderen Geschäftsfall und andererseits machte dieser keine sachdienlichen Angaben zum gegenständlichen Fall. Hingegen entspricht die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung zur Gänze dem Akteninhalt.

Der Beschwerdeführer behauptet, die gegenständliche Bestrafung sei auch deshalb nicht zu Recht ergangen, weil am der Lenkeranfrage zu Grunde liegenden Tatort zum Anfragezeitpunkt keine Parkometerabgabe zu entrichten sei und deshalb überhaupt keine Verwaltungsübertretung vom Lenker dieses Kfz begangen worden sei. Dieses Argument ist schon deshalb verfehlt, weil sich aus dem Akteninhalt ergibt, dass die zu Grunde liegende Übertretung nicht die Nichtentrichtung einer "Parkometerabgabe" betraf, sondern das Abstellen des Kraftfahrzeuges "in zweiter Spur".

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. Oktober 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000020148.X00

Im RIS seit

06.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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