Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn M. O., 1190 Wien, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H. und Partner, 4614 Marchtrenk, vom 17.09.2004 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 01.09.2004, Zahl SG-256-2004, betreffend Übertretungen der Gewerbeordnung wie folgt:
I.
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 wird hinsichtlich der Übertretung zu Spruchpunkt 2.) der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
II.
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 wird hinsichtlich der Übertretung zu Spruchpunkt 1.) die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 40,00, zu bezahlen.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden dem Beschuldigten folgende Übertretungen zur Last gelegt und wurde er dafür bestraft:
?Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und sohin als das nach außen hin vertretungsbefugte Organ der T.-Hartschaumerzeugung Gesellschaft mbH, FN 45575 y, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass
1.) seitens dieser Gesellschaft das Gewerbe ?Herstellung von Hartschaumerzeugnissen in Form eines Industriebetriebes" im Standort XY (RegNr 703 8611) bis zum 03.11.2003 gewerbsmäßig ausgeübt wurde, obwohl seit 02.09.1997 der bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer Herr V. H. aus der Firma ausgeschieden ist und sich seit dieser Zeit nicht mehr betätigt hat, das Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck jedoch nicht unverzüglich angezeigt wurde und entgegen der Bestimmung des § 9 Abs 2 GewO 1994 innerhalb der First von 6 Monaten nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers ein neuer gewerberechtlicher Geschäftsführer nicht rechtswirksam bestellt wurde und
2.) wie anlässlich einer am 03.11.2003 durchgeführten Feuerbeschau festgestellt wurde, die für die bestehende Betriebsanlage im oa Standort mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 18.04.1989, ZI 3-1891/1-Ü, unter Punkt 1/2 vorgeschriebene brandschutztechnische Auflage, wonach die Verbindungsöffnungen zwischen den Brandabschnitten brandbeständig (F90) zu verschließen bzw mit brandbeständigen Abschlüssen (T90) auszustatten sind, insoferne nicht erfüllt wurde, indem die produktionsbedingten Öffnungen, welche für Förderanlagen geeignet sind, nicht mit Brandabschlüssen versehen wurden und haben dadurch Verwaltungsübertretungen nach
zu 1.) § 367 Z 1 iVm § 9 (1) und (2) GewO 1994
zu 2.) § 367 Z 25 iVm § 79 GewO 1994
begangen.
Gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1994 werden daher über den Beschuldigten Geldstrafen in Höhe von zu 1.) Euro 200,00 und zu 2.) Euro 150,00 verhängt.
Im Falle der Nichteinbringlichkeit der Geldstrafen treten an deren Stelle Ersatzfreiheitsstrafen von zu 1.) 2 Tagen und zu 2.) 36 Stunden.
Der Bestrafte hat als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 (2) VStG zu 1.) Euro 20,00 und zu 2.) Euro 15,00 zu zahlen sowie die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.”
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Herr O. durch seine Rechtsvertreter im Wesentlichen vorbringt, dass er das Straferkenntnis vollinhaltlich anfechte, weil die Erstinstanz kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und keine Feststellungen dazu getroffen habe, weshalb die Bestellung von Herrn H. V. zum gewerberechtlichen Geschäftsführer den Anforderungen des § 39 Abs 2 GewO nicht entsprechen solle. Für die Annahme der Erstbehörde, dass Herr V. offensichtlich seit seinem Ausscheiden als handelsrechtlicher Geschäftsführer im gegenständlichen Betrieb nicht mehr tätig und deshalb auch als gewerberechtlicher Geschäftsführer seit dieser Zeit ausgeschieden sei, liegen keinerlei Beweisergebnisse vor. Der Vermerk auf einem Rückschein, dass Herr V. seit über 7 Jahren nicht mehr im Betrieb beschäftigt ist, wäre für eine Bestrafung des Beschuldigten nicht ausreichend, zumal der gewerberechtliche Geschäftsführer im gegenständlichen Fall nicht im Betrieb beschäftigt sein muss. Auch sein Ausscheiden als handelsrechtlicher Geschäftsführer sei rechtlich unerheblich. Dem Beschuldigten seien im Rahmen des Parteiengehörs keinerlei Beweisergebnisse hinsichtlich der brandschutztechnischen Auflagen des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 18.04.1989 zur Kenntnis gebracht worden. Dasselbe gelte für ein Protokoll über die Feuerbeschau oder ein Sachverständigengutachten. Auch diesbezüglich hätte die Erstinstanz den entscheidungswesentlichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen gehabt. Es wäre insbesondere notwendig gewesen, festzustellen, welche Brandabschnitte bestehen, ob und gegebenenfalls welche Öffnungen zwischen Brandabschnitten bestehen und wie diese verschlossen bzw abgeschlossen sind. Es werde deshalb beantragt, den Zeugen R. E. einzuvernehmen und den Akt der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zu Zahl 3-1891/1-Ü und den Akt betreffend die Feuerbeschau der Gemeinde Völs und das diesbezügliche Sachverständigengutachten beizuschaffen. Danach wolle der Berufung Folge g
egeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gegen den Beschuldigten eingestellt werden.
Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:
Beweis aufgenommen wurde in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 03.12.2004. durch die Verlesung der erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakten der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Zahlen SG-255-2004 und SG-256-2004, und der Akten des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol, Zahlen UVS-2004/25/142 und UVS-2004/25/143. Weiters verlesen wurden der Aktenvermerk vom 23.11.2004, aufgenommen mit H. V., samt Beilagen sowie die Akten der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Zahlen. 3.1-1592/04-A, 3.1-1593/04-A, 3.1-1592/04-B und 3.1-1592/04-Ü sowie der Akt der Marktgemeinde Völs, Zl 131-4/2003, betreffend Feuerbeschau 2003.
Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
Am 10.02.1982 wurde die Bestellung von H. V. zum gewerberechtlichen Geschäftsführer der Firma T.-Hartschaumerzeugung GmbH der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck angezeigt. Herr V. war seither durchgehend in der Firma T. als gewerberechtlicher Geschäftsführer angestellt. Die Löschung der Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer ist am 02.09.1997 beim Firmenbuch eingelangt und wurde am 06.09.1997 dort eingetragen. Herr V. übergab seine Agenden mit Wirkung vom 01. September 1997 an Ing. R. E. Zugleich mit dem Ausscheiden als handelsrechtlicher Geschäftsführer schied Herr V. auch als gewerberechtlicher Geschäftsführer aus der Firma T. aus. Sein Dienstverhältnis endete am 31.12.1997; auf Grund von nicht verbrauchten Urlaubes verschob sich der Pensionsantritt vom 01.01.1998 um 50 Tage. Seit dem Ende des Dienstverhältnisses hat Herr V. die Firma T. nicht mehr betreten und keinerlei Aufgaben für sie mehr ausgeübt. Mit Wirkung vom 01.09.1997 wurden M. O. und Ing. R. E. zu den handelsrechtlichen Geschäftsführern der Firma T. bestellt.
Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 18.04.1989, Zahl 3-1891/1-Ü, ist Herrn V. in seiner damaligen Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer zugekommen und wurde von ihm bei den Firmenunterlagen abgelegt. Hinsichtlich der Vorschreibung I/2. war die damalige Situation so, dass diese Produktionshalle in zwei Brandabschnitte geteilt war. Die Brandabschnitte waren durch ein Tor F90 verbunden. In der Halle und zwar durchgehend durch die beiden Brandabschnitte befand sich ein Förderband, auf welchem die Styroporblöcke (4 m mal 1 m mal 0,5 m) transportiert wurden. Es handelte sich dabei um eine Schneidstraße. Die Behörde verlangte dort den Einbau einer Brandschutzklappe. Herr V. versuchte damals der Behörde klarzumachen, dass der Einbau einer Brandschutzklappe hier sinnlos wäre, weil ein Schließen der Brandschutzklappe unmöglich ist, wenn sich gerade ein Styroporblock in diesem Bereich befindet. Die Herstellung so einer Klappe wäre auch nur von einem Unterländer Unternehmen angeboten worden, welches dafür einen unangemessenen Preis verlangt hätte. Diese Klappe wurde von Herrn V. nie installiert. Auch Dipl. Ing. F., der Liegenschaftseigentümer war, vertrat die Ansicht, dass diese Bandschutzklappe nicht umsetzbar wäre. Es wurden alle Auflagen des Bescheides vom 18.04.1989 umgesetzt bis auf die Brandschutzklappe bei der Schneidstraße. In der Zeit, als Herr V. Geschäftsführer war, wurde bei behördlichen Kontrollen das Fehlen dieser Auflage nicht mehr beanstandet und war die Anlage so abgenommen. Zu seiner Zeit hatte Herr V. als Geschäftsführer wegen des Fehlens dieser Brandschutzklappe keine Probleme mit den Behörden. Da Ing. E. der Nachfolger von Herrn V. wurde, hat Herr V. ihm die gesamten Unterlagen übergeben. Dies hat sich so abgespielt, dass jeder einzelne Ordner und alle Prüfbücher gemeinsam durchgegangen wurden. Die Übergabe war aber nicht derartig detailliert, dass Herr V. Herrn Ing. E. auf den Punkt I/2. der Bescheidauflage vom 18.04.1989 hingewiesen hätte. Herr Ing. E. wurde von Herrn V. so mit auch nicht darauf hingewiesen, dass die Auflage betreffend die Brandschutzklappe an der Schneidstraße nicht umgesetzt wurde.
Wie sich aus den Angaben und Unterlagen von Heinz V. ergeben hat, ist er mit seinem Ausscheiden aus der Firma T. Hartschaumerzeugung GmbH als handelsrechtlicher Geschäftsführer am 06.09.1997 aus dieser Firma auch als gewerberechtlicher Geschäftsführer im Sinn des § 39 Abs 2 GewO ausgeschieden. Somit ist er damals als gewerberechtlicher Geschäftsführer ausgeschieden, ohne dass der seit 01.09.1997 als handelsrechtlicher Geschäftsführer fungierende Berufungswerber diesen Umstand gemäß § 39 Abs 4 GewO der Behörde angezeigt hat. Die Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers wurde der Behörde bislang nicht angezeigt. Das Gewerbe wurde daher entgegen der Regelung in § 9 Abs 2 GewO länger als sechs Monate ohne neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer ausgeübt. Der Rechtsmittelwerber hat somit die ihm unter Faktum 1.) zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen.
Im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 18.04.1989, Zl 3-1891/1-Ü, wurde der Firma T.-Hartschaumerzeugung GmbH in der Auflage I/2 gemäß § 79 Abs 1 GewO der Auftrag erteilt, die Verbindungsöffnungen zwischen den Brandabschnitten brandbeständig (F90) zu verschließen bzw mit brandbeständigen Abschlüssen (T90) auszustatten. Anlässlich der Feuerbeschau am 03.11.2003 wurde festgestellt, dass die produktionsbedingten Öffnungen, welche für Förderanlagen geeignet sind, nicht mit Brandabschlüssen versehen sind. Somit wurde die obzitierte Bescheidauflage bis zu diesem Tag nicht umgesetzt. Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung war Heinz V. gewerberechtlicher Geschäftsführer und damit der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich. Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 18.04.1989, Zl 3-1891/1-Ü, enthält keine Erfüllungsfrist. Nach herrschender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet das Fehlen der Erfüllungsfrist zwar eine Rechtswidrigkeit, weil § 59 Abs 2 AVG eindeutig die Festsetzung einer angemessenen Frist vorschreibt, das Fehlen macht aber den Auftrag als solchen deshalb nicht rechtswidrig. Erwächst der Bescheid in Rechtskraft, so tritt die Fälligkeit eben mit Rechtskraft ein. Zu behördlichen Sanktionen gegen den Bescheidadressaten kann es jedoch erst kommen, wenn dem im Bescheid enthaltenen Auftrag nicht in angemessener Frist nachgekommen wird (vgl VwGH 18.01.1999, 98/10/0097). Es ist völlig unzweifelhaft, dass seit dem Jahr 1989 die angemessene Herstellungsfrist längst abgelaufen war. Seit dem Ausscheiden von Herrn V. als gewerberechtlicher Geschäftsführer ist ? mangels Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers ? die Verantwortung für die Erfüllung der gewerberechtlichen Vorschriften auf den Berufungswerber und Ing. E. übergegangen. Herr V. ist bei seiner Übergabe der Firmenunterlagen an Ing. E. mit diesem zwar jeden einzelnen Ordner durchgegangen, aber nicht so detailliert, dass er ihn darauf hingewiesen hätte, dass
Punkt I/2 der Bescheidauflage vom 18.04.1989 nicht umgesetzt wurde. Der Berufungswerber und Ing. E. konnten deshalb darauf vertrauen, dass sämtliche Vorschreibungen umgesetzt sind, weshalb ihm zu Spruchpunkt 2.) kein Verschulden nachzuweisen ist, zumal es auch keine Hinweise darauf gibt, dass es zwischen 01.09.1997 und 03.11.2003 diesbezüglich behördliche Beanstandungen gab.
Der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretung ist insofern erheblich, da juristische Personen einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt haben müssen, weil das Unternehmen sonst betrieben würde ohne eine natürliche Person, die die für das Gewerbe vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen erbringt. Der Berufungswerber hätte die Bestimmungen der §§ 39 Abs 4 und 9 Abs 2 GewO als handelsrechtlicher Geschäftsführer kennen müssen und hat durch deren Missachtung fahrlässig gehandelt.
Der gesetzliche Strafrahmen von Euro 2.180,00 wurde zu 9,17 Prozent ausgeschöpft. Die bisherige Unbescholtenheit ist damit ausreichend berücksichtigt.
Dem Vertagungsantrag vom 02.12.2004 für die mündliche Verhandlung am 03.12.2004 wurde nicht entsprochen, da es einer aus drei Rechtsanwälten bestehenden Kanzleigemeinschaft möglich sein muss, auch kurzfristig für den ausgefallenen bevollmächtigten Vertreter des Beschuldigten einen Partner aus der Kanzlei oder einen Substituten zur Verhandlung zu entsenden. Die gegenständliche Materie ist weder vom Aktenumfang noch von der rechtlichen Komplexität her so beschaffen, dass es nicht möglich wäre, sich kurzfristig in den Akt einzulesen. Die mündliche Verhandlung wurde deshalb in Abwesenheit des Berufungswerbers bzw dessen Rechtsvertreters durchgeführt.