TE UVS Tirol 2004/12/06 2004/24/050-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.12.2004
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Monica Voppichler-Thöni über die Berufung des Herrn H. L., vertreten durch Dr. C. O., Rechtsanwalt, XY-Straße, I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 28.07.2004, Zl VK-15652-2004, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Geldstrafe, das sind Euro 14,40 zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber nachfolgender Sachverhalt vorgeworfen:

 

?Tatzeit: 19.05.2004 um 07.31 Uhr

Tatort: Innsbruck, vor der Amraserstraße HNr 75

Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY

 

1. Sie haben einem Fußgänger, der erkennbar einen Schutzweg benutzen wollte, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht.?

 

Der Beschuldigte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung § 9 Abs 2 StVO begangen und wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von Euro 72,00, Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden, sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verhängt.

 

Dagegen hat der Beschuldigte fristgerecht Berufung erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass er auf seine Angaben vom 26.07.2004 verweise. Es sei ungeklärt und ungeprüft geblieben, in welcher Weise die Übertretung stattgefunden haben soll, welche Straßenverhältnisse vorgefunden worden seien und welcher Anhalteweg zum Fußgänger in etwa bestanden haben soll; weiters von welcher Seite der Fußgänger die Straße überquert habe, ob er sich auf der Halteinsel der Straßenbahn aufgehalten habe oder ob er noch mit der Überquerung der Straße noch zugewartet habe. Er nehme sicher an, dass kein Fußgänger die Straße unmittelbar überqueren wolle, daher habe er seine Fahrt ungehindert und gefahrlos fortgesetzt. Die von der BPD-Innsbruck festgestellte Übertretung stimme nicht, genaue Angaben seien nicht mitgeteilt worden, sondern sei die Übertretung nur allgemein gehalten worden. Er habe keine Gelegenheit gehabt, sich zu den Angaben zu äußern. Er fühle sich daher ungerecht behandelt. Er sei unbescholten und habe außer seiner Pension kein Einkommen, sondern nur Schulden in Höhe von ungefähr ca Euro 11.000,00. Er beantrage das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, allenfalls die Strafe aufgrund seiner Einkommensverhältnisse zu ermäßigen oder ihm eine Ermahnung zu erteilen.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt. Weiters wurde aufgrund des Vorbringens des Berufungswerbers von der Berufungsbehörde mit Schreiben vom 14.09.2004 eine Stellungnahme vom Meldungsleger eingeholt. Im bezughabenden Bericht vom 07.10.2004 wurde folgendes mitgeteilt:

??

 

Der Beschuldigte L. hat am 19.05.2004 um 07.31 Uhr in I., Amraserstraße vor Nr 75 das Fahrzeug mit dem Kennzeichen XY (A) gelenkt. Das hat er selbst zugegeben. Im Zuge meiner Schulwegsicherung wurde er dabei bei der Begehung einer Verwaltungsübertretung beobachtet und zur Anzeige gebracht. (Ein Fußgänger wollte erkennbar die Straße überqueren).

Hätte er die Verwaltungsübertretung nicht begangen, hätte ich ihn auch nicht angezeigt. Aufgrund des lange zurückliegenden Zeitpunkts der Begehung der Verwaltungsübertretung kann ich keine Angaben bezüglich Straßenverhältnisse, Anhalteweg usw machen.?

 

Der Bericht wurde dem Berufungswerber zur Gelegenheit der Stellungnahme übersendet. Mit Eingabe vom 02.11.2004 brachte der Berufungswerber nunmehr durch seinen ausgewiesen Rechtsvertreter vor, dass die ergänzende Einvernahme des Meldungslegers nichts erbracht habe. Nachdem bereits in der ursprüngliche Anzeige entscheidungswesentliche Einzelheiten fehlen würden, aus denen erkennbar gewesen wäre, ob der Beschuldigte zumutbarerweise in der Lage gewesen wäre, zu erkennen, dass ein Fußgänger die Straße überqueren wolle und rechtzeitig anzuhalten, insbesondere wo sich der Beschuldigte mit seinem PKW zu diesem Zeitpunkt befunden habe (außerhalb oder innerhalb der 15 m Linie vor dem Schutzweg) usw und auch die ergänzende Einvernahme des Meldungslegers die erforderlichen Informationen nicht geliefert habe, werde aus Mangel an Beweisen das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen sein.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:

Aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse und Würdigung der Angaben des Meldungslegers sowie die des Berufungswerbers steht der von der Erstbehörde angenommene und dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde gelegte Sachverhalt als erwiesen fest.

 

Aus der Anzeige der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 04.06.2004, Zahl VK-15652-2004 ist ersichtlich, dass die in Rede stehende Übertretung dienstlich von Insp. C. K. im Zuge der Schulwegsicherung wahrgenommen wurde.

 

Dabei konnte er beobachten, dass der Berufungswerber am 19.05.2004 um 07.31 Uhr in Innsbruck vor der Amraserstraße Nr 75 das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY lenkte (unbestritten), wobei der Berufungswerber einem Fußgänger, der erkennbar einen Schutzweg benutzen wollte, das unbehinderte und ungefährderte Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht.

 

Für die Berufungsbehörde gibt es keinen Grund, an den Angaben der amtshandelnden Organe zu zweifeln. Für den Meldungsleger als ein unter Diensteid stehendes Organ gibt es keinen Grund, eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig zu belasten. Im Übrigen ist ein unter Diensteid stehender Meldungsleger verpflichtet, wahrheitsgetreu und emotionslos den tatsächlich vorliegenden Sachverhalt wiederzugeben, ansonsten er mit strafrechtlichen und auch disziplinarrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hat. Bemerkt sei, dass der Meldungsleger in erster Linie der Schulwegsicherung, mit der er nach der Aktenlage betraut war, nachzukommen hatte. Auch muss einem tätigen Beamten aufgrund seiner besonderen Schulung zugemutet werden, objektiv einen verwaltungsstrafrechtlich relevanten Sachverhalt feststellen zu können. Im Übrigen würde es geradezu widersinnig erscheinen, dass der Meldungsleger eine Anzeige erstatten würden, wenn nicht tatsächlich die gegenständliche Verwaltungsübertretung vom Berufungswerber begangen worden wäre.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daher Folgendes:

 

Gemäß § 9 Abs 2 Satz 1 und 2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, einem Fußgänger oder Rollschuhfahrer, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann, und er hat falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten.

 

Schutzwege geben dem Fußgänger gegenüber herannahenden Fahrzeugen den Vorrang. Es ist hiebei rechtlich ohne ausschlaggebende Bedeutung, ob es sich um Kinder oder Erwachsene, um eine oder mehrere Personen handelt. Zweck der Vorschrift ist vielmehr, einem solchen Fußgänger das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen (VwGH 30.4.1964, 1048/63, ZVR 1965/25). Der Vorrang des Fußgängers hängt nicht davon ab, dass dieser seine Absicht, die Fahrbahn zu überqueren, durch Zeichen zu erkennen gibt; es genügt, dass dessen Absicht objektiv aus seinem Gesamtverhalten erkennbar ist. Dabei ist der Umstand, dass ein Fußgänger auf dem Schutzweg stehen bleibt, um ein sich mit unverminderter Geschwindigkeit näherndes KFZ vorbeifahren zu lassen, den Lenker des KFZ nicht von der Verpflichtung enthebt, vor dem Schutzstreifen anzuhalten (VwGH vom 25.04.1980, 2/80). Ein erkennbares Benützen wollen liegt vor, wenn der Fußgänger auf den Schutzweg zugeht. Die Entfernung vom Schutzweg ist egal (Grundtner, Die Österreichische Straßenverkehrsordnung, Band 1, § 9 EB 94).

 

Angewendet auf den gegenständlichen Fall wurde vom Meldungsleger beobachtet, dass sich ein Fußgänger sich auf dem Schutzweg befunden hat bzw diesen erkennbar benützen wollte. Dabei hat der Berufungswerber ihm das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht.

 

Insgesamt steht daher fest, dass der Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs 2 StVO in objektiver Hinsicht begangen hat.

 

Was die subjektive Tatseite betrifft, ist auszuführen, dass die Bestimmung des § 9 Abs 2 StVO eine Ordnungsvorschrift ist, deren Verletzung ein Ungehorsamsdelikt darstellt. Ist - wie im gegenständlichen Fall - der objektive Tatbestand eines solchen Deliktes erfüllt, dann hat der Täter gemäß § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Dies ist es dem Berufungswerber nicht gelungen. Der Berufungswerber hat nur ein allgemein gehaltenes Vorbringen erstattet und stützt sich ausschließlich auf Vermutungen. Er kann sich an den Vorfall auch nicht erinnern. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang wiederholt die Auffassung vertreten, dass die Partei nicht von der Verpflichtung befreit ist, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen. Die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten im Strafverfahren erfordert es, dass der Beschuldigte seine Verantwortung nicht darauf beschränkt, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen Erhebungsergebnissen ebenso konkrete Behauptungen entgegen zu setzen und entsprechende Beweise anzubieten. Dies hat der Berufungswerber im gegenständlichen Fall unterlassen. Die Behörde ist nicht verpflichtet, aufgrund bloßer Behauptungen, die in keiner Weise näher konkretisiert sind, aufwendige Ermittlungen durchzuführen (VwGH vom 21.02.1991, Zl 91/09/9015).

 

Insofern hat der Berufungswerber auch das subjektive Tatbild der Verwaltungsübertretungen erfüllt.

 

Zur Strafbemessung:

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 726,00 zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Vorschriften verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

 

Diese verletzte Rechtsvorschrift dient im hohen Ausmaß der Sicherheit der Fußgänger im Straßenverkehr. Diesem Interesse hat der Berufungswerber in einem nicht unerheblichen Ausmaß zuwidergehandelt. In subjektiver Hinsicht ist zumindest von grober Fahrlässigkeit auszugehen.

 

Ein Milderungs- oder ein Erschwerungsgrund lag nicht vor. Aus dem erstinstanzlichen Akt ist ersichtlich, dass der Berufungswerber mehrfach wegen Übertretungen nach dem ParkAbG und der StVO bestraft wurde. Eine Unbescholtenheit ? wie der Berufungswerber darzulegen versucht ? liegt somit nicht vor.

 

Unter Bedachtnahme auf die oben angeführten Strafbemessungsregeln sind die verhängten Geldstrafen von Euro 72,00 bei einem möglichen Strafrahmen des § 99 Abs 3 lit a StVO von bis zu Euro 726,00 im untersten Bereich bemessen und sind jedenfalls schuld- und tatangemessen und zumindest erforderlich, um den Berufungswerber in Hinkunft von weiteren derartigen strafbaren Handlungen abzuhalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
die, Rede, stehende, Übertretung, dienstlich, im, Zuge, Schulwegsicherung, wahrgenommen, wurde
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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