Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seinen stellvertretenden Vorsitzenden Mag. Albin Larcher über die Berufung des Herrn M. H., wohnhaft in XY vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. G. K., Dr. H. T., Mag. M. W., XY, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 7.6.2004 zur Zahl VK-238-2004 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen , da es im Spruch des Straferkenntnisses bei der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z 1 VStG) statt ?auf dem Zufahrtsweg zum Haus XY? nunmehr ?neben dem Zufahrtsweg zum Haus XY? und statt ? um 02.50 Uhr? nunmehr ? gegen 02.50 Uhr? zu lauten hat.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 47,60 zu bezahlen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe am 19.7.2003 um 02.50 Uhr in der Gemeinde XY auf dem Zufahrtsweg zum Haus XY, ca 50 Meter östlich der Kolsassberger Landesstraße L 332, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen XY mit einem Verkehrsunfall mit Personenschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe nicht sofort die nächste Sicherheitsdienststelle verständigt.
Er sei mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt, da er es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht habe, seine körperliche und geistige Verfassung zum Unfallszeitpunkt festzustellen. Weiters habe er nach dem Unfall Alkohol konsumiert.
Dadurch habe der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung zu 1. gemäß § 4 Abs 2 2.Fall StVO und zu 2. gemäß § 4 Abs 1 lit c StvO begangen und wurde über ihn zu 1. eine Geldstrafe in Höhe von Euro 218,00 (60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und zu 2. eine Geldstrafe von Euro 220,00 (60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) unter gleichzeitiger Festsetzung der Verfahrenskosten jeweils gemäß § 99 Abs 2 lit a StVO verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben
In dieser Berufung bringt der Beschuldigte zum Einen vor, dass der Tatort im Straferkenntnis falsch wiedergegeben wurde. So habe sich der Unfall nicht auf dem XY Weg sondern im Böschungsbereich nördlich dieses Weges ereignet. In der Tatortbeschreibung in der Anzeige des Gendarmerieposten Wattens sei zwar der Zufahrtsweg zum Haus XY angeführt. Diese Tatortbeschreibung stehe mit der Tatbeschreibung im Widerspruch. Der Vorfall habe sich nicht auf Höhe des Hauses XY ereignet. Dieses Haus war ca 30 Meter vom angenommenen Tatort entfernt. Der Tatort sei darüber hinaus unzureichend angegeben, weil die Behörde vom Tatort ?Zufahrtsweg? ausgehe. Tatsächlich habe sich der Unfall nach Ansicht der Behörde auf dem XY Weg ereignet. Jeder Bestrafte habe Anspruch darauf, dass ihm innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG die Tat mit allen Tatbestandselementen, wozu insbesondere Tatort und Tatzeit gehören vorgeworfen werde. Diesem Erfordernis vermag die Tatortbezeichnung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zu genügen. Weder liege der Tatort auf dem XY Weg noch auf Höhe des Hauses Nr XY. Hier handle es sich um eine fiktive Annahme der Behörde, die durch die aufgenommenen Beweise nicht gedeckt sei.
Zum Anderen wurde vorgebracht, dass die Tatzeit mit 02.50 Uhr nicht richtig sei. Auch hier habe sich die Behörde mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht auseinandergesetzt. Aus dem Bericht des Gendarmerieposten Wattens ergebe sich, dass er sein Fahrzeug gegen 02.50 Uhr lenkte und nicht um 02.50 Uhr. In seiner Stellungnahme vom 26.3.2004 und vom 19.5.2004 habe er für die Richtigkeit seines Vorbringens seine Einvernahme, die Durchführung eines Augenscheines sowie die Aufnahme des kfz-technischen Sachbefundes beantragt. Die Behörde habe diese Beweisanträge nicht aufgenommen sondern aktenwidrig die Tatzeit mit 02.50 Uhr und nicht gegen 02.50 Uhr festgesetzt. Weiteres wurde gegen die Argumentation der Behörde, dass einem geschulten Organ der Straßenaufsicht zugebilligt werden müsse, derartige Übertretungen richtig feststellen zu können, argumentiert. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass kein Organ der Straßenaufsicht Tatzeuge war, sondern Gendarmeriebeamten erst nach dem ihm zur Last gelegten Unfall an der Unfallstelle eingetroffen seien. Darüber hinaus könne das Organ der Straßenaufsicht keine Angaben darüber machen, ob ihn ein Verschulden treffe. Die Behörde nehme Fahrlässigkeit an, ohne dies zu begründen. Hiezu habe der Beschuldigte ausgeführt, dass er keinen Verkehrsunfall bemerkt habe. Sollte er jedoch mit einem solchen tatsächlich in ursächlichem Zusammenhang stehen, so sei der Verletzte, der im Nahebereich seines PKW´ s in der Wiese gelegen sein müsse, für ihn nicht erkennbar gewesen, weil er von der Sitzposition des Beschuldigten aus im toten Winkel gelegen habe. Bei dem vom Beschuldigten gelenkten Kombinationskraftwagen, Marke XY, Type XY, handelt es sich um ein Geländefahrzeug mit erheblichem Vorbau, weshalb der Beschuldigte den Verletzten im Scheinwerferlicht nicht sehen konnte. Aus all diesen Gründen wurde die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafe beantragt.
Gegen den Beschuldigten behing aufgrund desselben Sachverhaltes auch ein Strafverfahren beim Landesgericht Innsbruck. Aus diesem Grunde wurde vom Landesgericht Innsbruck sowohl das Urteil zur Zahl 26 Hv 103/04g-20 als auch das Protokoll der Hauptverhandlung vom 28.7.2004 eingeholt. Weiters wurde auch die Rechtsmittelentscheidung des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 24.11.2004 eingeholt.
Weiters wurde in einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 6.12.2004 der Beschuldigte selbst gehört. Dieser machte dabei folgende Angaben:
?Wenn man von Kolsass Richtung Kolsassberg fährt, führt links die Abzweigung zur Schlossruine. Wenn man dieser Straße entlang fährt, dann befindet sich unmittelbar vor dem Schloss linker Hand ein Feld, das bei Veranstaltungen als Parkplatz benutzt wird. Ich bin damals mit meinem Fahrzeug einfach über den Straßenrand die Böschung hinunter gefahren und stehen geblieben. Bei meinem Fahrzeug handelt es sich um ein geländegängiges Fahrzeug der Marke XY.
Als ich nach dem Fest zu meinem Fahrzeug zurückkehrte, bin ich im Feld Richtung Landesstraße gefahren und erst einige Wagen später über die Böschung wieder auf den XY Weg aufgefahren. Bei der Einmündung in die L 332 musste ich verkehrsbedingt anhalten. Ca 20 Meter weiter habe ich dann in Richtung Kolsassberg meine Freundin einsteigen lassen. Ich kann mich erinnern, dass ich, als ich in mein Fahrzeug eingestiegen und weggefahren bin, das Licht eingeschaltet habe. Ich kann auch nicht mit Sicherheit sagen, dass es 02.50 Uhr war. Es kann auch etwas später so gegen 03.00 Uhr gewesen sein. Meines Erachtens war es gegen 03.00 Uhr, als wir gingen.?
In derselben öffentlichen mündlichen Verhandlung stimmt der Rechtsvertreter des Beschuldigten der Verlesung der gerichtlichen Protokolle und Urteile zu.
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol folgender Sachverhalt:
Am 18.7.2003 gegen 02.50 Uhr verließ der Beschuldigte ein Schlossfest in Kolsassberg (Schloss R.). Er begab sich zu seinem Fahrzeug, welches in einem Feld neben dem XY Weg stand. Der XY Weg führt abzweigend von der Kollsassberger Landesstraße L 332 zur Schlossruine. In Fahrtrichtung Schlossruine befindet sich linker Hand des XY Weges eine gemähte Wiese, welche anlässlich des Schlossfestes als Parkplatz benutzt wurde. Zum Unfallszeitpunkt war das Gras, welches eine ursprüngliche Höhe von ca 10 cm hatte durch mehrere bereits vorher abgefahrene Fahrzeuge und durch den Personenverkehr in diesem Bereich niedergetreten. Nachdem der Beschuldigte sein Fahrzeug in Betrieb genommen hat und ausgeparkt hatte, lenkte er dies in Richtung der Kolsassberger Landesstraße und befuhr die Wiese parallel zum XY Weg. In einem in Richtung Kolsassberger Landesstraße gelegenen leicht ansteigenden Böschungsabschnitt fuhr der Beschuldigte auf den XY Weg auf und in weiterer Folge vor zur Kolsassberger Landesstraße. Im Bereich der Auffahrt auf den XY Weg im dortigen Böschungsbereich lag zu diesem Zeitpunkt G. K. Dieser wurde vom Beschuldigten überfahren und dadurch verletzt. Der Beschuldigte setzte seine Fahrt jedoch unvermindert fort und entfernte sich vom Unfallsort. In weiterer Folge fuhr der Beschuldigte mit seiner Freundin C. E. zu einer Almhütte am Kolsassberg und konsumierte insgesamt zumindest 1,5 Flaschen Bier.
Dieser Sachverhalt ergibt sich aufgrund der Angaben in der Anzeige des Gendarmerieposten Wattens sowie der eigenen Aussagen des Beschuldigten vor der Gendarmerie bzw in der Verhandlung vor dem Landesgericht Innsbruck. Weiters stützen sich diese Feststellungen auf die glaubwürdigen Aussagen der Zeugen M. E. und G. E., welche verlesen wurden.
Die hier relevanten Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl Nr 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl I Nr 128/2002 lauten wie folgt:
§ 1
Geltungsbereich
(1) Dieses Bundesgesetz gilt für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.
(2) Für Straßen ohne öffentlichen Verkehr gilt dieses Bundesgesetz insoweit, als andere Rechtsvorschriften oder die Straßenerhalter nichts anderes bestimmen. Die Befugnisse der Behörden und Organe der Straßenaufsicht erstrecken sich auf diese Straßen nicht.
§ 4
Verkehrsunfälle
(1) Alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, haben
a)
wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten,
b)
wenn als Folge des Verkehrsunfalls Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen,
c) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.
(2) Sind bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden, so haben die im Abs 1 genannten Personen Hilfe zu leisten; sind sie dazu nicht fähig, so haben sie unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen. Ferner haben sie die nächste Polizei oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen. Wenn bei einem Verkehrsunfall, an dem ein Schienenfahrzeug oder ein Omnibus des Kraftfahrlinienverkehrs beteiligt ist, sich erst nach dem Wegfahren des Schienenfahrzeuges bzw des Omnibusses nach dem Unfall eine verletzte Person meldet, kann auch das Unternehmen, dem das Schienenfahrzeug bzw der Omnibus gehört, die Polizei oder Gendarmeriedienststelle verständigen.
§ 99
Strafbestimmungen
(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2 180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen,
a) der Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs 1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizei oder Gendarmeriedienststelle verständigt,
e) wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt anbringt, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden,
Zur Frage, ob eine Wiese welche als Parkplatz für eine Festveranstaltung dient als Straße mit öffentlichen Verkehr gilt, ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, der zu Folge eine Straße mit öffentlichem Verkehr dann vorliegt, wenn der Verfügungsberechtigte (Straßenhalter) darauf jeden allgemeinen, wenn auch unter Umständen auf bestimmten Personengruppen beschränkten Fahrzeug- und Fußgängerverkehr zulässt.
Unter ?Verkehr? ist jede Raumüberwindung von Personen, Fahrzeugen oder Tieren sowie das Abstellen von Fahrzeugen oder das Stehen bleiben von Personen oder Tieren, vor, nach oder während der Raumüberwindung, soweit die Raumüberwindung (im Gegensatz zu Sport und Spiel) im Vordergrund steht, zu verstehen. Bei dieser Beurteilung ist mangels irgendeines Anhaltspunktes in der StVO ohne Rücksicht auf den hinter der Raumüberwindung stehenden wirtschaftlichen oder ideellen Zweck vorzugehen. Der Begriff ?Verkehr? darf nicht zu eng ausgelegt werden und umfasst auch den ?ruhenden Verkehr? (VwGH vom 15.03.1965, Zl 1210/64).
Ob eine Straße eine Straße mit öffentlichem Verkehr ist, ist nach ihrer Benützung und nicht nach den Besitz und Eigentumsverhältnissen am Straßengrund zu beurteilen. Entscheidend ist die Bestimmung für den allgemeinen Gebrauch (VwGH vom 01.07.1971 sowie OGH vom 29.11.1962 zu Zl 11OS206/62).
Dies bedeutet, dass für den Verkehrsteilnehmer die äußeren wahrnehmbaren Verhältnisse entscheidend sind, nicht aber die für den Verkehrsteilnehmer nicht wahrnehmbaren Rechtsverhältnisse an einer Fläche (VwGH vom 12.09.1970, Zl 1074/77).
Auch eine vor einem Lokal befindliche, in Privateigentum stehende Grundfläche, die keine Abschrankung und auch keinen sonstigen für die Allgemeinheit ersichtlichen Hinweis darauf aufweist, dass sie nicht von jedermann als Abstellplatz benutzt werden kann, gilt als Straße mit öffentlichen Verkehr iSd § 1 Abs 1 StVO. Dass das Lokal ein entsprechendes Firmenschild und große Fenster aufweist und sich die relevante Fläche davor befindet bzw einige Blumentröge aufgestellt sind, vermag daran ebensowenig zu ändern wie der Umstand, dass die Beläge des Parkplatzes und der angrenzenden Straße eine unterschiedliche Färbung aufweisen (Hinweis E 9.9.1981, 81/03/0082, 0083).?
Insofern bestehen aus Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates keine Zweifel daran, dass es sich bei dem gegenständlichen Parkplatz um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handelt.
Feststeht, dass der Berufungswerber mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden hat.
Als Verkehrsunfall ist jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen oder Sachschaden zur Folge hat (vgl VwGH 12.7.1961, Zl 404/61, ua). Der ursächliche Zusammenhang ist dabei nach der Äquivalenztheorie zu beurteilen. Es ist also zu fragen, ob der Erfolg, so wie er eingetreten ist, also unter Berücksichtigung aller Kriterien (Zeit, Ort, Ziel der Handlung, Modus der Ausführung, auch wenn es sich um bloße Nebenumstände handelt), bei Hinwegdenken der auf ihre Ursächlichkeit zu prüfenden Handlungen entfiele. Jede Handlung, die auch nur das Geringste dazu beigetragen hat, dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt eingetreten ist, war auch für den Erfolg kausal (vgl VwGH 4.3.1983, 81/02/0253). Damit liegt nach der vorzitierten Rechtsprechung jedenfalls ein Verkehrsunfall vor. Auch der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Berufungswerbers und den Unfallsfolgen ist zweifelsfrei gegeben. Wie nun der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen ausgesprochen hat, umfasst die Mitwirkungspflicht an der Feststellung des Sachverhaltes gemäß § 4 Abs 1 lit c StVO 1960 insbesondere auch die Person des beteiligten Fahrzeuglenkers, so etwa, ob er zur Lenkung des am Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeuges berechtigt war und ob er äußerlich den Anschein erweckt hat, dass er sich körperlich und geistig in einem zur Lenkung eines Kraftfahrzeuges geeigneten Zustand befindet. Entfernt sich daher ein Unfallsbeteiligter während oder auch schon vor der Unfallsaufnahme vom Unfallsort, ohne seinen Namen mitzuteilen, so hat er, unbeschadet der Übertretung anderer Vorschriften, gegen die Mitwirkungspflicht verstoßen (vgl VwGH 28.06.1976, Zl 307/76 ua). Indem sich der Beschuldigte ohne Verständigung der nächsten Polizei und Gendarmeriedienststelle und vor Durchführung bzw Abschluss der entsprechenden Erhebungen von der Unfallstelle entfernt hat, hat er sohin den objektiven Tatbestand der ihr unter Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht.
Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Für das Verwaltungsstrafrecht gilt das Schuldprinzip; das heißt, eine Bestrafung ist nur bei Vorliegen eines schuldhaften Verhaltens möglich (VwGH vom 13.5.1987, Zl 85/18/0067).
Die für eine Bestrafung notwendige Fahrlässigkeit definiert der Gesetzgeber in § 6 StGB Im Falle der unbewussten Fahrlässigkeit verkennt der Täter zufolge Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt, dass er einen tatbildmäßigen Sachverhalt verwirklichen könnte.
Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass der hierfür geltende Maßstab ein objektiv normativer ist (VwGH vom 28.10.1980, Slg 9710A). Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt, zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwGH vom 12.6.1989, Slg 12947A).
Die objektiven Sorgfaltspflichten legen immer nur das Mindestmaß der anzuwendenden Sorgfalt fest. In atypischen Situationen wird von einem einsichtigen und besonnenen Menschen in der Lage des Täters ein erhöhtes Maß an Sorgfalt verlangt. Andererseits muss man sich hüten, die Anforderungen an die objektive Sorgfaltspflicht zu überspannen.
Bei der Wertung eines Verhaltens nach dem Gesichtspunkt des Verschuldens darf die Frage der Zumutbarkeit nicht außer Acht gelassen werden (VwGH vom 6.6.1966, Zl 1137/65).
Die Glaubhaftmachung fehlenden Verschuldens ist dem Beschuldigten aber nicht gelungen. Er hat keine Umstände vorgebracht, die ihm die Erfüllung der ihn treffenden Verhaltenspflicht gemäß §§ 4 Abs 1 lit c und Abs 2 2.Fall StVO 1960 verunmöglicht hätten. Wenn er in diesem Zusammenhang zunächst ausgeführt hat, dass er den Unfall nicht bemerkt habe und die von ihm überfahrene Person an einer für ihn nicht einsehbaren Stelle gelegen sei, so ist dem unter Hinweis auf die Aussagen der beiden Zeugen (M. E. S 12 und G. E. S 14/15 im Protokoll der HV v. 28.7.2004 Zl 26 Hv 103/04g) nicht zu Folgen. Bei gehöriger Sorgfalt hätte dem Beschuldigten die liegende Person im Gras auffallen müssen (so auch die Argumentation des LG Innsbruck bzw des OLG Innsbruck). Des weiteren muss es für den Beschuldigten erkennbar gewesen sein, dass er ein im Gras liegendes Hindernis überfahren hat (Siehe die Aussage des Zeugen M. E. der zufolge sich die Scheinwerfer des vom beschuldigten gelenkten Fahrzeuges hoben und senkten). Es wäre daher die Verpflichtung des Beschuldigten gewesen sich vom wahren Sachverhalt zu überzeugen und dementsprechend zu handeln.
Auf den gegenständlichen Sachverhalt bezogen bedeutet dies für den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol, dass der Beschuldigte das vorgeworfene Delikt in objektiver und subjektiver Hinsicht begangen hat.
Der Beschuldigte hat fahrlässig gehandelt, wobei sein Verschulden durch seine offensichtliche Sorglosigkeit nicht nur geringfügig ist.
Was die Strafbemessung anlangt, ist der Unrechtsgehalt der dem Berufungswerberin angelasteten Verwaltungsübertretungen durchaus erheblich. Die Beachtung der betreffenden Verhaltenspflicht soll sicherstellen, dass alle unfallsrelevanten Erhebungen rasch und vollständig durchgeführt werden können.
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens, Vermögens und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Hinsichtlich der Strafbemessung ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 99 Abs 2 lit a StVO Geldstrafen von 36 Euro bis zu Euro 2.180 verhängt werden können. Auch bei Kenntnis der Einkommens und Vermögenssituation des Berufungswerbers besteht die von der Erstbehörde ausgesprochene Strafe dennoch zu Recht. In Anbetracht des hohen Schutzinteresses der übertretenen Bestimmung sowie der offensichtlichen Sorglosigkeit des Berufungswerbers erscheint sie durchaus schuld und tatangemessen.
Gemäß § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
1)
die als erwiesen angenommene Tat,
2)
die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist,
3)
die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung,
4)
den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche,
5)
im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.
Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten, ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z 1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen lässt. Das an Tatort und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur zu Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein.
Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (VwGH 13.01.1982, 81/03/0203).
Das Erfordernis der Konkretisierung des Tatortes sowie der Tathandlung darf im Übrigen nicht isoliert gesehen werden sondern ist die Verbindung mit dem vorgeworfenen Delikt zu betrachten (VwGH vom 29.11.1989, Zl 88/03/0154).
Die im vorliegenden Fall gewählte Umschreibung des Tatortes war insofern ausreichend als der Beschuldigte durchaus in der Lage war sich ein konkretes Bild hinsichtlich des vorgeworfenen Deliktes zu machen und andererseits ein Doppelbestrafung wegen desselben Deliktes denkunmöglich ist.
Die Berufungsbehörde ist zu einer im Gegensatz zur unzulässigen Auswechslung der Tat rechtmäßigen ?Modifizierung der Tatumschreibung? berechtigt. Dies allerdings unter der Voraussetzung, dass jenes konkrete dem Beschuldigten durch den Strafbescheid der Berufungsbehörde zur Last gelegte Verhalten in konkretisierter Form bereits Gegenstand des Strafverfahrens erster Instanz war (VwGH vom 27.02.1995, Zl 90/10/0092).
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid (unter Bedachtnahme auf das im Verwaltungsstrafverfahren geltende Verbot der reformatio in peius) nach jeder Richtung abzuändern. "Sache" im Sinne dieser Gesetzesstelle ist immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat. Dies bedeutet für den Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens, dass die Berufungsbehörde trotz ihrer Berechtigung, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, doch auf die Ahndung der dem Beschuldigten im Strafverfahren I. Instanz zur Last gelegten Tat beschränkt bleibt, sodass sie ihn nicht für eine Tat schuldig sprechen darf, die ihm im Verfahren vor der I. Instanz gar nicht zur Last gelegt worden ist.
Ausgehend von der Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG war der Spruch des Straferkenntnisses daher spruchgemäß zu präzisieren.