Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Sigmund Rosenkranz über die Berufung des Herrn M. W., XY, Thüringen, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 28.07.2004, Zl VK-4097-2004, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die über den Beschuldigten zu Spruchpunkt 1. verhängte Geldstrafe in der Höhe von Euro 420,00 auf Euro 300,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 70 Stunden) herabgesetzt wird.
Dementsprechend wird gemäß § 64 Abs 2 VStG der Verfahrenskostenbeitrag in erster Instanz mit Euro 33,60 neu bestimmt.
Im Übrigen wird die Berufung zu Spruchpunkt 2. gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e VStG als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Beschuldigte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Geldstrafe, sohin zu Punkt 2. Euro 7,20, zu bezahlen.
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Tatzeit: 29.01.2004 um 09.03 Uhr
Tatort: Kundl, XY in Richtung Innsbruck (Westen)
Fahrzeug: Sattel-Kfz, XY /XY
1. Sie haben als Lenker das Fahrzeug in Betrieb genommen und haben sich vor Fahrtantritt nicht in zumutbarer Weise davon überzeugt, dass die Summe der Gesamtgewichte sowie die Summe der Achslasten nicht mehr als 38.000 kg, im Vor- und Nachlaufverkehr mit kranbaren Sattelanhängern 39.000 kg und mit Containern und Wechselaufbauten 42.000 kg beträgt. Durch die Beladung wurde das erlaubte Gesamtgewicht von 40.000 kg um 4.590 kg überschritten. Bei in einem EU-Mitgliedsstaat zugelassenen Kfz ist die Masse um 5 vH, gerundet auf volle tausend kg, zu erhöhen (40 Tonnen).
2. Sie haben als Lenker den Zulassungsschein für das von ihnen gelenkte Kraftfahrzeug auf der Fahrt nicht mitgeführt und einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen nicht zur Überprüfung ausgehändigt. Es wurde lediglich eine unbeglaubigte Fotokopie mitgeführt.?
Dem Beschuldigten wurde demnach eine Verwaltungsübertretung zu 1. nach § 102 Abs 1 iVm § 4 Abs 7a KFG sowie zu 2. nach § 102 Abs 5 lit b iVm § 82 Abs 3 KFG zur Last gelegt und wurden über ihn gemäß § 134 Abs 1 KFG Geldstrafen in der Höhe von 1. Euro 420,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 108 Stunden) sowie zu 2. Euro 36,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte fristgerecht Berufung erhoben und im Weiteren mit Schreiben vom 05.11.2004 vorgebracht, es sei ihm seinerzeit vor Fahrtantritt nicht möglich gewesen, sich vom zulässigen Gesamtgewicht zu überzeugen, da er das Fahrzeug am 29.01.2004 gegen 08.00 Uhr in Kiefersfelden übernommen habe. Er habe in der Zeit vom 26.01.2004 bis 30.01.2004 Urlaub gehabt, den er aus betrieblichen Gründen habe unterbrechen müssen. Es sei ihm jedoch versichert worden, dass die Ladung nicht über 22 Tonnen Gesamtgewicht hat. Dies hätte nicht den Tatsachen entsprochen und sei eine falsche Angabe des Versenders gewesen. Eine Schuld an der Übertretung könne ihm nicht gegeben werden.
Er bitte, von einer Strafe abzusehen, da dies eine hohe finanzielle Ausgabe für ihn sei und er von seinem durchschnittlichen Einkommen für zwei Kinder, eine Frau und sämtliche Kosten für den Lebensunterhalt aufkommen müsse.
Beigelegt wurden seitens des Berufungswerbers eine Bestätigung über den Urlaub sowie Gehaltszettel der Monate Juli 2004 bis September 2004.
Nachfolgender Sachverhalt steht aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens fest:
Der Berufungswerber hat am 29.01.2004 um 09.30 Uhr in Kundl auf der A12 Inntalautobahn bei km 24,3 in Richtung Innsbruck das Sattelkraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY/XY gelenkt, wobei das tatsächliche Gesamtgewicht 44.650 kg betragen hat und hat er als Lenker den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug auf der Fahrt nicht mitgeführt, sondern lediglich eine unbeglaubigte Kopie.
Die Übertretung wurde bei der Kontrollstelle Kundl festgestellt, wobei hinsichtlich der Bestimmung des Gesamtgewichts eine geeichte Brückenwaage verwendet wurde.
Der Berufungswerber bringt monatlich Euro 818,07 brutto ins Verdienen und ist sorgepflichtig für eine Ehegattin und zwei Kinder.
Diese Feststellungen konnten unbedenklich aus den im Akt befindlichen Urkunden getroffen werden.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen:
Gemäß § 102 Abs 1 KFG darf ein Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.
Gemäß Abs 5 lit b dieser Bestimmung hat ein Lenker auf Fahrten den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug und einem mit diesem gezogenen Anhänger mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.
Gemäß § 4 Abs 7a KFG darf bei Kraftwagen mit Anhängern ua die Summe der Gesamtgewichte sowie die Summe der Achslasten 38.000 kg nicht überschreiten. Bei einem in einem EU-Mitgliedsstaat zugelassenen Kraftfahrzeug sind diese Gewichte um 5 Prozent, gerundet auf volle 1.000 kg, zu erhöhen.
Gemäß § 82 Abs 3 KFG ist als Nachweis für die Zulassung im Sinn des Abs 1 dieser Bestimmung, wonach Kraftfahrzeuge und Anhänger mit ausländischen Kennzeichen von einem Mitgliedsstaat des Pariser Übereinkommens über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen, BGBl Nr 304/1930, des Genfer Abkommens über den Straßenverkehr, BGBl Nr 222/1955, oder des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr, BGBl Nr 289/1982, zugelassen sein müssen sowie Fahrzeuge ohne dauernden Standort im Bundesgebiet nur verwendet werden dürfen, wenn sie das ihnen zugewiesene Kennzeichen führen, ein nationaler Zulassungsschein oder dessen vor der Ausstellungsbehörde beglaubigte Fotokopie vorliegen.
Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Berufungswerber seinerzeit das Fahrzeug in Betrieb genommen hat, obwohl es ein Gesamtgewicht von 44.590 kg aufwies. Da das gegenständliche Sattelkraftfahrzeug in einem EU-Mitgliedsstaat zugelassen ist (Zugfahrzeug in Deutschland, Anhänger in Italien) ergibt sich eine zulässige Summe der Gesamtgewichte von 40.000 kg. Diese wurde mit dem gegenständlichen Transport um 4.590 kg überschritten.
In objektiver Hinsicht hat der Beschuldigte sohin den Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erfüllt.
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist anzuführen, dass es sich im gegenständlichen Fall um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handelt, bei dem der Beschuldigte mangelndes Verschulden nicht nur zu behaupten, sondern auch zu belegen hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dann, wenn eine Überladung eines Kraftfahrzeuges festgestellt wird, der Lenker nur dann straffrei, wenn er beweist, dass es ihm trotz einer vor Fahrtantritt durchgeführten und auch zumutbaren Kontrolle nicht möglich gewesen ist, die Überladung zu verhindern (VwGH 15.06.1983, Zl 82/03/0243; 19.10.1994, Zl 94/03/0222 ua). In diesem Zusammenhang genügt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, lediglich allfällige Frachtpapiere zu kontrollieren, sondern hat der Lenker davon unabhängig die Ladung nach einer allfälligen Überladung zu kontrollieren. Dass der Berufungswerber in diese Richtung Erhebungen durchgeführt hätte, ist dem Berufungsvorbringen nicht zu entnehmen. Wenn der Berufungswerber anführt, es sei ihm versichert worden, dass die Ladung nicht über 22 Tonnen Gesamtgewicht habe, so vermag er damit nicht darzutun, dass er die ihm zumutbaren Erhebungen durchgeführt hätte.
Hinzu kommt weiters, dass es sich im gegenständlichen Fall um eine erhebliche Überladung handelt, zumal die höchstzulässige Summe der Gesamtgewichte von 40.000 kg um mehr als 4,5 Tonnen überschritten worden ist.
Dem Berufungswerber ist somit jedenfalls fahrlässiges Verhalten anzulasten.
Hinsichtlich des Mitführens eines Zulassungsscheins lediglich in Form einer unbeglaubigten Fotokopie wurde seitens des Berufungswerbers nicht vorgebracht, weshalb da es sich auch hiebei um ein Ungehorsamsdelikt handelt, bei dem er sein mangelndes Verschulden nicht nur zu behaupten, sondern auch zu belegen hätte jedenfalls von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist. In objektiver Hinsicht ist der Tatbestand der ihm zur Last gelegten diesbezüglichen Verwaltungsüberübertretung ebenfalls erfüllt.
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens, Vermögens und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Da aufgrund der Feststellungen davon auszugehen ist, dass der Berufungswerber lediglich über ein Einkommen von brutto Euro 818,07 pro Monat verfügt und überdies Sorgepflichten für eine Ehegattin und zwei Kinder bestehen, war die zu Spruchpunkt 1. verhängte Geldstrafe angemessen herabzusetzen.
Gemäß § 134 Abs 1 KFG sind Verwaltungsübertretungen nach dieser Bestimmung mit Geldstrafen bis zu Euro 2.180,00, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen, zu bestrafen. Im Hinblick auf die Einkommens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten erschien sohin eine Herabsetzung der zu Spruchpunkt 1. verhängten Strafe auf den Betrag von Euro 300,00 als gerechtfertigt.
Eine weitere Reduzierung der Geldstrafe bzw ein gänzliches Absehen von der Strafe (§ 21 VStG) war jedoch mangels geringfügigen Verschuldens und auch wegen des nicht Vorliegens einer unbedeutenden Übertretung, da eine erhebliche Überladung vorgelegen ist, nicht geboten. Da die höchstzulässige Summe der Gesamtgewichte von 40.000 kg um mehr als 4,5 Tonnen überschritten worden ist, liegt ein erheblicher Unrechtsgehalt vor.
Hinsichtlich des zu Spruchpunkt 2. verhängten Geldstrafenbetrages ist weiters auszuführen, dass eine weitere Reduzierung dieses ohnehin am untersten Rand des erlaubten Strafrahmens gewählten Betrages nicht möglich erschien. Der Berufung war daher in diesem Umfang keine Folge zu geben.
Ingesamt erweisen sich die nunmehr verhängten Geldstrafen als aus spezial sowie generalpräventiven Gründen geboten, um einerseits den Berufungswerber und andererseits auch andere Lastkraftfahrer von derartigen Übertretungen in Hinkunft abzuhalten.
Da die Voraussetzungen des § 51e Abs 5 VStG vorlagen, musste eine mündliche Berufungsverhandlung nicht durchgeführt werden.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.