TE UVS Steiermark 2005/01/12 30.14-78/2003

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Veröffentlicht am 12.01.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Merli über die Berufung des Herrn R U gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 07.10.2003, GZ.: 15.1 13247/2003, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als die Wortfolge in der Tatumschreibung zu Punkt 1.) sondern als Leichtmotorrad sowie die Wortfolge in der Tatumschreibung zu Punkt 2.) für Leichtmotorräder zu entfallen hat. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind ? 26,00 binnen vier Wochen nach Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu entrichten.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 30.06.2003, um 13.40 Uhr, in der Gemeinde Feldkirchen bei Graz, auf der B 67/Ortsgebiet, StrKm 62.8, 1.) das Kraftrad mit dem Kennzeichen gelenkt, obwohl mit dem als Motorfahrrad zugelassenen Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 81 km/h erreicht werden habe können. Die Geschwindigkeit sei mit einem Rolltester festgestellt worden. Das Fahrzeug gelte daher nicht mehr als Motorfahrrad, sondern als Leichtmotorrad und sei es daher nicht richtig zum Verkehr zugelassen; 2.) sei der Berufungswerber nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung für Leichtmotorräder gewesen. Wegen Übertretung der Rechtsvorschriften der §§ 36 lit a KFG (Punkt 1.), 1 Abs 3 und 2 Abs 1 Z 1 FSG (Punkt 2.) verhängte die belangte Behörde über den Berufungswerber wegen der nicht richtigen Zulassung des Fahrzeuges gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe von ? 50,00 (30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe), wegen des Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne gültige Lenkberechtigung gemäß § 37 Abs 1 FSG eine Geldstrafe von ? 80,00 (3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe). Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde dem Berufungswerber insgesamt ein Betrag von ? 13,00 vorgeschrieben. Die belangte Behörde gründete den Strafbescheid auf die Anzeige des Landesgendarmeriekommando für S, Verkehrsabteilung, vom 07.07.2003 und dem Umstand, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung vom Berufungswerber nicht bestritten worden sei. Den Einwendungen des Berufungswerbers, er habe kein Motorfahrrad, welches als Leichtmotorrad anzusehen gewesen wäre, gelenkt, es sei der Hubraum des Motorfahrrades von 50 Kubikzentimeter nie verändert worden und sei daher die Bestrafung in beiden Punkten nicht gerechtfertigt, hielt die belangte Behörde die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen, wonach ein Kraftrad, mit dem eine Geschwindigkeit von mehr als 45 km/h erreicht werden könne, als Leichtmotorrad anzusehen sei. Für das Lenken eines solchen Fahrzeuges sei auch eine Lenkberechtigung der Klasse A Vorstufe erforderlich (VwGH 91/18/0027 vom 05.06.1991). Dieser Rechtsprechung hätte sich auch der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark in seiner Entscheidung vom 14.02.1995 zu GZ.: angeschlossen. Seine fristgerecht erhobene Berufung begründete R U damit, die von der belangten Behörde zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei mit Eintritt in den Europäischen Wirtschaftsraum und Übernahme der EWG-Richtlinien obsolet geworden. Gemäß der Richtlinie 92/61 EWG könne das gegenständliche Kraftfahrzeug - ein Motorfahrrad - nur dann von einer Untergruppe in eine nächsthöhere Gruppe gestuft werden, wenn der Hubraum (Hubkolbenmotor) auf mehr als 50 Kubikzentimeter verändert worden sei. Beim genannten Motorfahrrad sei keine Veränderung des Hubraumes vorgenommen worden. Das gegenständliche Kraftfahrzeug sei typengemäß als Motorfahrrad zugelassen und besitze der Berufungswerber den zum Lenken des Fahrzeuges erforderlichen Mopedausweis. Einzige Ursache für die am Rollenprüfstand erreichte und gemessene Geschwindigkeit sei der betriebsbedingte Verschleiß im Auspuffendtopf gewesen. Das Motorfahrrad mit dem Kennzeichen sei nach der Kennzeichenabnahme und der Abnahme des Zulassungsscheines durch die Gendarmerie bei der Landesprüfhalle überprüft und für in Ordnung befunden worden. Vor dieser Überprüfung sei lediglich das betriebsbedingt verschlissene Dämmmaterial im Auspuffendtopf nachgefüllt worden. Ein Leichtmotorrad habe der Berufungswerber nie besessen und nie gelenkt. Nachdem der Berufungswerber keine der ihm vorgehaltenen Verwaltungsübertretungen begangen habe und im Straferkenntnis falsche Begriffe in den Beweismitteln verwendet worden seien (es sei der Begriff des Leichtmotorrades falsch zitiert worden:

Motorleistung von nicht mehr als 25 km/h sowie der Begriff Motorraum) werde um Einstellung des Strafverfahrens ersucht. Zu seinen Einkommensverhältnissen vermerkte der Berufungswerber, er verfüge als Bulme-Schüler über kein eigenes Einkommen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung, die aufgrund der Aktenlage im Rahmen einer rechtlichen Beurteilung zu treffen ist, von folgender Sach- und Rechtslage ausgegangen: Unstrittig ist, dass der Berufungswerber, ein 17-jähriger Jugendlicher, am 30.06.2003 an der schon näher bezeichneten Örtlichkeit ein als Motorfahrrad zugelassenes Kraftrad gelenkt hat, mit dem eine Geschwindigkeit von 81 km/h erreicht werden hat können. Weiters steht fest, dass der Berufungswerber im Besitz eines Mopedausweises, nicht aber im Besitze einer Lenkberechtigung für die Klasse A (Vorstufe A) gewesen ist. Zu Spruchpunkt 1.) Gemäß § 36 lit a KFG dürfen Kraftfahrzeuge - soweit hier maßgeblich - auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind. § 2 KFG definiert in seiner Z 4 das Kraftrad als ein Kraftfahrzeug mit zwei Rädern oder ein Kraftfahrzeug mit drei Rädern, mit oder ohne Doppelrad. Als Motorfahrrad gilt gemäß Z 14 leg cit ein Kraftrad mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 45 km/h, dessen Antriebsmotor, wenn er ein Hubkolbenmotor ist, einen Hubraum von nicht mehr als 50 Kubikzentimeter hat (Kleinkraftrad im Sinne der Richtlinie 92/61 EWG). Diese Richtlinie wurde ersetzt durch die Richtlinie 2002/24/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 18.03.2002, wobei sich dadurch an der Definition von Kleinkrafträdern im hier maßgeblichen Umfang nichts geändert hat. Als Motorrad gilt gemäß Z 15 leg cit ein nicht unter Z 14 fallendes einspuriges Kraftrad. Nach Z 15a leg cit ist ein Kleinmotorrad ein Motorrad, dessen Antriebsmotor, wenn er ein Hubkolbenmotor ist, einen Hubraum von nicht mehr als 50 Kubikzentimeter hat, nach Z 15b leg cit ein Leichtmotorrad ein Motorrad oder ein Motorrad mit Beiwagen mit a) einer Motorleistung von nicht mehr als 25 Kilowatt und b) einem Verhältnis von Leistung/Leergewicht von nicht mehr als 0,16 Kilowatt/Kilogramm. Mit dem vom Berufungswerber gelenkten Kraftrad wurde die vorgeschriebene Bauartgeschwindigkeit eines Motorfahrrades von nicht mehr als 45 km/h um mehr als zwei Drittel überschritten, weshalb schon aus diesem Grund - eine Veränderung des Hubraumes ist gar nicht erforderlich - das Kraftrad nicht mehr als Motorfahrrad im Sinne des § 2 Z 14 KFG, sondern als Kleinmotorrad im Sinne des § 2 Z 15a KFG zu qualifizieren ist. Daher wäre das Kraftrad nach § 36 lit a KFG als Kleinmotorrad zuzulassen und nach § 36 lit d KFG entsprechend zu versichern gewesen. Diese Rechtsansicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark bereits mit seiner von der belangten Behörde zitierten Entscheidung aus dem Jahre 1995 zum Ausdruck gebracht. Die belangte Behörde hat - und dafür bieten die von ihr zitierten Entscheidungen keine Grundlage - das Kraftrad unzutreffenderweise als Leichtmotorrad bezeichnet. Die unrichtige Begriffsverwendung - Leichtmotorrad anstatt Kleinmotorrad - ist im Hinblick auf § 44a VStG für den Tatvorwurf unbeachtlich, weil dem § 36 lit a KFG auch dann nicht entsprochen wird, wenn das Kraftfahrzeug - wie hier - nicht mehr zum Verkehr zugelassen ist. Durch die Erhöhung der Bauartgeschwindigkeit auf über 45 km/h gilt das Fahrzeug nicht mehr als zum Verkehr zugelassenes Motorfahrrad. Die Zulassung als Kleinmotorrad war nicht gegeben. Damit reicht der Tatvorwurf, das Fahrzeug gelte nicht mehr als Motorfahrrad und sei es daher nicht (richtig) zum Verkehr zugelassen. Die überflüssigen Wortfolgen waren von der Berufungsbehörde aus den Spruch des Bescheides zu entfernen. Gleichfalls können die in der Begründung des Strafbescheides enthaltenen unrichtigen Begriffsbestimmungen nicht zu einer Aufhebung des - richtigen - Tatvorwurfes im Spruch des Bescheides führen. Die Behauptung des Berufungswerbers, die am Rollenprüfstand gemessene Geschwindigkeit von 81 km/h sei ursächlich auf den betriebsbedingten Verschleiß im Auspuffendtopf zurückzuführen, ist technisch nicht nachzuvollziehen. Verschleißerscheinungen mögen den Widerstand der Abgase herabsetzen und den Geräuschpegel anheben. Die Auswirkung von betriebsbedingten Verschleißerscheinungen im Auspuffendtopf auf die zu erreichende Fahrgeschwindigkeit ist aber - so nachvollziehbar der Sachverständigendienst der Landesprüfstelle - im Hinblick auf die gravierende Überschreitung des zulässigen Grenzwertes von 45 km/h jedenfalls zu vernachlässigen. Allein der Umstand, dass es beim Kraftrad zum Zeitpunkt der Überprüfung durch die Landesprüfstelle nichts zu beanstanden gegeben hat, sagt naturgemäß nichts über seinen Zustand zum Zeitpunkt der Kontrolle aus. Zu Spruchpunkt 2.: Gemäß § 1 Abs 3 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges nur mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse, in die das Kraftfahrzeug fällt, erlaubt. Das Lenken eines Kleinmotorrades verlangt gemäß § 2 Abs 1 Z 1 FSG die Lenkberechtigung für die Klasse A, die der Berufungswerber zum Lenkzeitpunkt nicht besessen hat bzw aufgrund der fehlenden Voraussetzungen (ein Mindestalter von 18 Jahren) auch noch nicht erwerben hätte können. Daher trifft auch der Tatvorwurf der belangten Behörde, er sei nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung (für die Klasse oder Unterklasse, in die das Fahrzeug fällt) gewesen, im Kern zu, zumal der Berufungswerber über gar keine Lenkberechtigung verfügte. Hinsichtlich der unrichtigen Begriffsbezeichnung - anstatt den Begriff Kleinmotorrad verwendete die belangte Behörde auch hier den Begriff Leichtmotorrad - gilt sinngemäß das zu Spruchpunkt 1.) Gesagte. Zusammengefasst: Dem Berufungswerber wurden beide ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zurecht vorgehalten. Die in Rede stehenden Übertretungen sind nach ständiger Rechtsprechung getrennt zu verfolgen und zu bestrafen.

Zur Strafbemessung bleibt auszuführen: Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die belangte Behörde hat in beiden Punkten ein Strafausmaß gewählt, das noch im untersten Bereich des möglichen Strafrahmens (pro Delikt bis zu ? 2.180,00) liegt. Damit wurden alle strafmindernden Umstände, wie die Unbescholtenheit des Berufungswerbers und das fehlende eigene Einkommen, im Ergebnis ausreichend berücksichtigt. Die Strafen wurden entsprechend des objektiven Unrechtsgehaltes der Taten und dem Verschulden des Berufungswerbers gestaffelt bewertet. Sie müssen noch geeignet sein, den Berufungswerber in Hinkunft anzuhalten, grundlegende Bestimmungen des Kraftfahrrechtes einzuhalten. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die zitierte Gesetzesstelle. Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Zulassung Motorfahrrad Kleinmotorrad Leichtmotorrad Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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