Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Theresia Kantner über die Berufung des Herrn M. M., wohnhaft in XY, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bernhard Haid, Universitätsstraße 3, 6020 Innsbruck, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 21.05.2004, Zahl VK-7549-2003, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 22,00, zu bezahlen.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe am 04.07.2003 um 19.45 Uhr im Gemeindegebiet von Gries am Brenner, auf der A 13 bei Strkm. 31.000 in Richtung Innsbruck als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen XY/XY, mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t trotz des beschilderten Überholverbotes für LKWs mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt.
Der Beschuldigte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 lit a Z 4c StVO begangen und wurde über ihn gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 110,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) unter gleichzeitiger Festsetzung der Verfahrenskosten verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung erhoben und darin zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschuldigte mit seinem Fahrzeug gegen 20.00 Uhr auf der Brennerautobahn in Richtung Innsbruck gefahren sei. Bei km 4,5 sei der Beschuldigte gegen 20.20 Uhr angehalten und einer Verkehrskontrolle unterzogen worden. Im Zuge dieser Kontrolle sei ein weiteres Dienstfahrzeug der Gendarmerie hinzugekommen und sei dem Beschuldigten vorgehalten worden, kurze Zeit vorher die verfahrensgegenständliche Übertretung begangen zu haben.
Bestritten wurde weiters, dass es dem Meldungsleger Rev Insp E. möglich gewesen sei, von der Gegenfahrbahn aus den angeblichen Überholvorgang des Beschuldigten zu beobachten und insbesondere das Kennzeichen abzulesen. Dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es zum gegenständlichen Tatzeitpunkt stark bewölkt gewesen sei, es geregnet habe und die Abenddämmerung bereits eingesetzt habe. Darüber hinaus wären sich die beiden beteiligten Fahrzeuge mit einer relativen Annäherungsgeschwindigkeit von 180 km/h begegnet, weshalb bestritten wird, dass es Rev Insp E. möglich gewesen sei, das Kennzeichen vollständig abzulesen. Auch sei das Kennzeichen des Anhängers offensichtlich erst anlässlich der Anhaltung am Zenzenhof notiert worden.
Weiters wurde in Abrede gestellt, dass aufgrund zeitlicher Unmöglichkeit das Fahrzeug des Beschuldigten notiert worden sei, da die gegenständliche Verwaltungsübertretung um 19.45 Uhr bei Strkm 31.000 festgestellt worden sei, angehalten sei der Beschuldigte sodann am Zenzenhof gegen 20.20 Uhr geworden, dies bei Strkm 4,5. Der Beschuldigte habe sohin eine Strecke von 26,5 Kilometern in 45 Minuten absolviert, was einer relativen Geschwindigkeit von ca 35 km/h gleichkommen würde. Da der Beschuldigte jedoch wesentlich schneller unterwegs gewesen sei, sei es nicht möglich gewesen, dass tatsächlich das vom Beschuldigten gelenkte Fahrzeug von den anzeigenden Beamten gesehen worden sei, zumal auch weitere Fahrzeuge der Firma G. auf der A 13 Richtung Innsbruck zum gegenständlichen Zeitpunkt gefahren sein könnten. Weiters wurde die mangelhafte Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses eingewandt und sodann beantragt, das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
In der mündlichen Verhandlung vom 20.01.2005 wurde weiters vorgebracht, dass zum Tatzeitpunkt mehrere LKWs der Firma G. auf dem Weg von Brenner kommend in Richtung Innsbruck auf der A 13 gefahren seien. Laut Angaben des Zeugen RI E. habe dieser die Übertretung um
19.45 Uhr beobachtet, aus der Aussage des Zeugen RI K. ergebe sich jedoch, dass er die Übertretung ?sicher 1 Stunde vor der Anhaltung? beobachtet habe. Die beiden Angaben der Meldungsleger würden sich um gut eine halbe Stunde widersprechen, wodurch die Übertretung mit der für die Bestrafung notwendigen Sicherheit nicht festgestellt werden könne, insbesondere da eine Verwechslung nicht ausgeschlossen werden könne.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erst und zweitinstanzlichen Akt, in das Schaublatt vom 04.07.2003 sowie das Sachverständigengutachten von Ing P. R. vom 12.10.2004.
Darüber hinaus fanden am 12.10.2004 und 20.01.2005 mündliche Berufungsverhandlungen vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol statt, anlässlich welcher Rev Insp D. E. und Rev Insp M. K. als Zeuge einvernommen wurden. Der Beschuldigte ist zu beiden Verhandlungen trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen.
Nachstehender Sachverhalt steht als erwiesen fest:
Der Beschuldigte fuhr am 04.07.2003 um 19.45 Uhr auf der A 13, Brennerautobahn in Fahrtrichtung Innsbruck und lenkte dabei das Sattelkraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY/XY. Bei dem vom Beschuldigten gelenkten LKW handelt es sich um einen solchen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t. Im gegenständlichen Bereich der A 13 besteht ein Überholverbot für LKWs mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t. Bei Strkm. 31.000 überholte der Beschuldigte auf der A 13 zumindest ein mehrspuriges Kraftfahrzeug. Gegen 20.20 Uhr erfolgte die Anhaltung des Beschuldigten am Zenzenhof bei km 4,5 auf der A 13 Brennerautobahn durch die Polizei. In der Zeit zwischen 19.45 Uhr und 20.19 Uhr legte der Beschuldigte eine Wegstrecke von 24 ? 26 Kilometer zurück.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aufgrund nachstehender Beweiswürdigung:
Die Feststellungen betreffend Tatort, Tatzeit, Lenkereigenschaft des Beschuldigten und Angaben des vom Beschuldigten gelenkten Fahrzeuges ergeben sich aus der Anzeige der Verkehrsabteilung, Außenstelle Schönberg i. St. vom 05.07.2003, Zahl A1/0000004705/01/2003, sowie der glaubwürdigen und nachvollziehbaren Aussage der Zeugen Rev Insp D. E. und Rev Insp M. K. Für die Behörde hat sich keine Veranlassung ergeben, die Richtigkeit dieser Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Zunächst ist es dem Meldungsleger als Organ der Straßenaufsicht zuzubilligen, dass er verwaltungsstrafrechtlich relevante Sachverhalte richtig und vollständig wahrzunehmen und wiederzugeben vermag. Es wäre auch unerfindlich, welche Umstände den Meldungsleger veranlasst haben sollten, den Berufungswerber in derart konkreter Weise falsch zu beschuldigen, zumal er im Falle bewusst unrichtiger Anzeigeerstattung mit massiven disziplinären und auch strafrechtlichen Folgen rechnen musste.
Der Meldungsleger Rev Insp E. bestätigte in seiner Einvernahme anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2004 nochmals, dass er das Kennzeichen des Sattelzugfahrzeuges einwandfrei ablesen konnte und dies unverzüglich seinem Kollegen Rev Insp K. mitteilte, welcher die Daten notierte, und gab der Zeuge ebenfalls glaubwürdig und nachvollziehbar an, dass er den Überholvorgang des Beschuldigtenfahrzeuges wahrnehmen konnte. Auch der Zeuge Rev Insp M. K. gab anlässlich seiner Einvernahme an, dass er den Überholvorgang selbst wahrnehmen konnte.
Dass die beiden Zeugen tatsächlich das vom Beschuldigten gelenkte Fahrzeug beim Überholen gesehen haben und nicht ein anderes Fahrzeug der Firma G. (wie vom Beschuldigten behauptet) ergibt sich zudem aus dem Gutachten von Ing P. R. Aus dem Gutachten, welches auf dem ausgewerteten Schaublatt vom 04.07.2003 basiert, ergibt sich einwandfrei, dass der Beschuldigte vom Zeitpunkt der gegenständlicher Verwaltungsübertretung (19.45 Uhr) bis zur tatsächlichen Anhaltung am Zenzenhof (20.19 Uhr) eine Wegstrecke von 24 bis 26 Kilometern zurückgelegt hat, was sich mit der Wegstrecke vom Tatort (km 31.000) zum Anhalteort (km 4,5) deckt. Auch aufgrund dieses Gutachtens bestanden für die Berufungsbehörde keinerlei Zweifel daran, dass der Meldungsleger das Fahrzeug des Beschuldigten und nicht ein anderes Fahrzeug der Firma G. beim Überholen beobachtet hatte.
Dem Vorbringen des Beschuldigten, dass am gegenständlichen Tag mehrere LKWs der Firma G. die Wegstrecke Brenner Innsbruck benützen würden und es sohin nicht auszuschließen sei, dass vom Meldungsleger ein anderes Fahrzeug als jenes vom Beschuldigten beobachtet hätte werden können, war jedoch als reine Schutzbehauptung zu werten, zumal dieses Vorbringen vom Beschuldigten in keinster Weise belegt oder hiezu Beweise angeboten wurden. Außerdem gab der Zeuge Rev Insp M. K. anlässlich seiner Einvernahme an, dass für den Fall, dass sie damals nicht sicher gewesen wären, dass es sich bei dem Fahrzeug, welches sie am Zenzenhof angetroffen hatten, nicht um jenes Fahrzeug gehandelt hat, welches sie beim Überholen beobachten konnten, eine Anzeigeerstattung gar nicht erst erfolgt wäre. Dass sich der Zeuge an den gegenständlichen Vorfall, insbesondere was das Aufschreiben des Kennzeichens betrifft, nicht mehr genau erinnern konnte, erscheint der Berufungsbehörde aufgrund des bereits verstrichenen Zeitraumes von rund eineinhalb Jahren verständlich, vermochte jedoch an der Glaubwürdigkeit der Angaben des Zeugen keine Zweifel erwecken.
Auch der vom Beschuldigten aufgeworfene angebliche Widerspruch betreffend der Zeitangaben der beiden Zeugen liegt nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht vor. Die Verwaltungsübertretung wurde um
19.45 Uhr begangen und erfolgte die Anhaltung des Beschuldigtenfahrzeuges um 20.20 Uhr durch Beamte der Polizei. Dieser Anhaltezeitpunkt ergibt sich aus dem Schaublatt. In der Anzeige ist sodann angeführt, dass gegen 20.30 Uhr die beiden Zeugen zum Zenzenhof gekommen sind. Auch wenn diese Angaben in der Anzeige mit der Angaben des Zeugen RI M. K. um ca eine Viertelstunde differieren, bestanden für die Berufungsbehörde keine Zweifel daran, dass tatsächlich der Beschuldigte die Verwaltungsübertretung begangen hat, da wie bereits oben ausgeführt aufgrund der glaubwürdigen und nachvollziehbaren Aussagen der beiden Zeugen, insbesondere der detaillierten Angaben des Zeugen RI E., und des vorliegenden Gutachtens mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden konnte, dass der Beschuldigte gegen das Überholverbot verstoßen hat.
Dass es sich beim vom Beschuldigten gelenkten Fahrzeug um ein solches mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t gehandelt hat und dass im Tatortsbereich ein Überholverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t besteht, ergibt sich aus der Anzeige und wurde von Seiten des Beschuldigten nicht bestritten.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:
Gemäß § 52 lit a Z 4 StVO 1960 ist das Überholen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten.
Aufgrund des oben angeführten Sachverhaltes steht fest, dass der Beschuldigte mit dem von ihm gelenkten Fahrzeug, bei welchem es sich um ein Sattelkraftfahrzeug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t handelt, ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt hat, obwohl dies im Tatortsbereich für LKWs mit einem höchstzulässigem Gesamtgewicht verboten war. Der Beschuldigte hat sohin tatbestandsmäßig gehandelt und die Verwaltungsübertretung in objektiver und subjektiver Hinsicht zu verantworten.
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens, Vermögens und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
§ 99 Abs 3 lit a StVO sieht Geldstrafen bis zu Euro 726,00, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen bis zu 2 Wochen, vor. Die Einkommens, Vermögens und Familienverhältnisse sind bei der Bemessung von Geldstrafen gemäß § 19 Abs 1 und 2 VStG zu berücksichtigen. Trotz Aufforderung hat der Beschuldigte jedoch über seine Einkommens, Vermögens und Familienverhältnisse keine Auskünfte erteilt und ist die Berufungsbehörde sohin im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren von durchschnittlichen Einkommens und Vermögensverhältnissen des Beschuldigten ausgegangen. Dem Beschuldigten ist jedenfalls ein fahrlässiges Verhalten anzulasten.
Unter diesen Voraussetzungen und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschuldigte nicht unbescholten ist, erscheint die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von Euro 110,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden), welche sich zudem im unteren Bereich des Strafrahmens bewegt, als durchaus schuld und tatangemessen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.