Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag Latzenhofer über die Berufung vom 25 05 2003 der Frau *** , geboren am ***, wohnhaft in ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 12 05 2003, Zl ND-BA-107-647/3-9, betreffend Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage zu Recht erkannt:
Der in Berufung gezogene Bescheid wird gemäß § 13 Abs 8, § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) ersatzlos aufgehoben.
Frau *** (in der Folge Berufungswerberin) betreibt am Standort KG ***, Grundstück Nr ***, ein Heurigenrestaurant. Mit Schreiben vom 23 08 2002 ersuchte sie um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung ihrer Betriebsanlage durch Zubau einer Küche, einer Pergola und eines überdachten Fluchtweges. In den Beilagen zu diesem Ansuchen war vorgesehen, dass der Einbau eines Kompaktfettabscheiders ? Integral mit integriertem Schlammfang der Type SW-KFA7i-N mit einer Nenndurchflussleistung von 7 l/Sek erfolgen sollte (vgl Niederschrift über die Verhandlung vom 09 10 2002 sowie die dieser Verhandlung und dem Bescheid zugrunde liegenden Einreichunterlagen). Der Fettabscheider sollte der Behandlung der in der Küche anfallenden, fetthältigen Abwässer dienen, die zunächst über ein Pumpenwerk geführt und nach Behandlung in die öffentliche Kanalisation eingeleitet werden. Nachdem das Hauptreferat Wasserbau- und Abfallwirtschaft des Amtes der Landesregierung mit Schreiben vom 28 04 2003 den geplanten Einbau des Fettabscheiders und die zugrunde liegende Dimensionierungsberechnung aus wasserfachlicher Sicht positiv beurteilt hatte (vgl das zitierte Schreiben), erteilte die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See mit dem nunmehr in Berufung gezogenen Bescheid die gewerbebehördliche Genehmigung iSd § 359 b GewO für die beantragte Änderung der Betriebsanlage unter Zugrundelegung einer Betriebsbeschreibung, in der auf den vorgesehenen Einbau der Fettabscheideanlage mit einer Nenndurchflussleistung von 7 l/Sek hingewiesen wurde und in den ?Aufträgen? nähere Anordnungen über den Betrieb der Fettabscheideanlage getroffen wurden. Gegen diesen am 19 05 2003 zugestellten Bescheid erhob die Berufungswerberin mit Eingabe vom 25 05 2003, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft per E-Mail am 28 05 2003, Berufung, in der sie ausführte, dass ?im Bescheid der Einbau einer Fettabscheideanlage mit einer Mindestnenndurchflussleistung von 7 l/Sek vorgeschrieben worden sei?. Diese Größe sei nach Dafürhalten der Berufungswerberin um ein vielfach
es zu groß. Für ihren kleinen Betrieb könne diese Größe nicht richtig sein. Sie beantrage daher die Aufhebung des Bescheides, die Überprüfung der Angelegenheit durch einen zuständigen Sachverständigen, wenn möglich keinen Amtssachverständigen und das bescheidmäßige Festhalten des daraus resultierenden Ergebnisses. Über diese Berufung fand am 10 07 2003 eine mündliche Verhandlung beim Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland statt. In dieser Verhandlung führte der Vertreter der Berufungswerberin aus, dass die Berufungswerberin aufgrund der Zustimmungserklärung des Abwasserverbandes Seewinkel der Ansicht sei, dass die fetthältigen Abwässer ohne Vorbehandlung in die Abwasserbeseitigungsanlage eingeleitet werden dürften. Ferner führte er aus: ?Ich stelle klar, dass ich das ursprüngliche Ansuchen vom 23 08 2002 dahingehend abändere, dass ich bezüglich der eingereichten Fettabscheideranlage diesen Teil zurückziehe.? (vgl die Verhandlungsschrift vom 10 07 2003).
In seinem Gutachten vom 09 03 2004 führte der wasserbautechnische Amtssachverständige aus, dass ohne Einbau eines Fettabscheiders die Gefahr bestehe, dass im Fall einer restlosen Einleitung der fetthältigen Abwässer der für Indirekteinleiter vorgesehene Grenzwert für schwerflüchtige lipophile Stoffe von 100 mg/l nicht gewährleistet werden könne (vgl das bezogene Gutachten).
Die einzelnen Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die in Klammer angeführten Beweismittel.
Über diesen festgestellten Sachverhalt hat der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:
Für die Entscheidung waren folgende Rechtsvorschriften maßgeblich:
§ 13 Abs 8 AVG und § 66 Abs 4 AVG lauten:
§ 13 Abs 8 AVG:
?Der verfahrenseinleitende Antrag kann in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.?
?Außer dem in Abs 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.?
Die Berufungswerberin hat ihr Genehmigungsansuchen anlässlich der Berufungsverhandlung durch Abstandnahme vom ursprünglich vorgesehenen Einbau eines Fettabscheiders verändert. Zwar sind nach § 13 Abs 8 AVG Antragsänderungen in jeder Lage des Verfahrens, daher auch im Berufungsverfahren grundsätzlich zulässig, doch dürfen solche Änderungen nach Satz 2 dieser Bestimmung die sachliche Zuständigkeit der Behörden nicht berühren.
Die sachliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates als Berufungsbehörde ist gemäß § 66 Abs 4 AVG auf die ?Sache? beschränkt. Das bedeutet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Berufungsbehörde nicht über ein wesentlich anderes Projekt absprechen darf, als jenes, über das die Behörde der ersten Instanz entschieden hat (vgl Verwaltungsgerichtshof 09 05 2004, 2001/04/0007 zur ? wenn auch eingeschränkt ? weiterhin anwendbaren Rechtsprechung des VwGH zu den Grenzen der Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde). Änderungen des Genehmigungsansuchens sind daher nur insoweit zulässig, als sich das geänderte Ansuchen im Verhältnis zum ursprünglichen Ansuchen nicht als ein wesentliches verändertes Projekt darstellt. Ab welchem Ausmaß von Änderungen ein solches wesentlich verändertes Projekt vorliegt, sodass die Berufungsbehörde nicht mehr über dieselbe Sache wie die Behörde der I Instanz entscheiden würde, lässt sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur im Einzelfall beurteilen. Nach dieser Rechtsprechung und der dazu vorhandenen wissenschaftlichen Literatur wird eine solche, das Wesen der Sache abändernde Veränderung des Projektes jedenfalls dann anzunehmen sein, wenn durch die Projektsänderung wesentliche Schutzinteressen des Genehmigungsverfahrens beeinträchtigt werden könnten, die vor der Abänderung nicht der Gefahr einer solchen Beeinträchtigung ausgesetzt waren (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 Rz 47; Onz/Kraemmer, Recht der Umwelt 1999, 133, ?Projektänderung im Anlagengenehmigungsverfahren; Verwaltungsgerichtshof vom 4 9 2001, 2001/05/0154 zur Beeinträchtigung der Schutzinteressen (Nachbarrechte) als Maßstab für (un)zulässige Änderungen des Projekts im Berufungsverfahren im Baurecht nach Inkrafttreten des § 13 Abs 8 AVG auf Grund der AVG-Novelle 1998). Liegt jedoch eine solche Abänderung vor, die die Grenzen der Sache des Berufungsverfahrens überschreitet, ist von der Zurückziehung des ursprünglichen Genehmigungsansuchens auszugehen und tritt das
geänderte Ansuchen als ?neues Ansuchen? an dessen Stelle. In diesem Fall hat die Berufungsbehörde den erstinstanzlichen Genehmigungsbescheid, der über das ursprüngliche Genehmigungsansuchen erlassen wurde, mangels des erforderlichen Genehmigungsansuchens (dieses ist ja ?weggefallen?) ersatzlos aufzuheben (VwGH 29 10 1996, 95/07/0227; VwGH 1 7 1997, 95/04/0129). Das ?neue Genehmigungsansuchen? ist von der dafür zuständigen Behörde I Instanz zu behandeln bzw hat die Berufungsbehörde dieses Genehmigungsansuchen gemäß § 6 AVG an die zuständige Behörde weiterzuleiten.
Im vorliegenden Fall konnte aufgrund des ursprünglich vorgesehenen Einbaus des Fettabscheiders davon ausgegangen werden, dass es zu keiner Beeinträchtigung der örtlichen Abwasserkanalisation und in der Folge zur Beeinträchtigung des Grundwassers durch fetthältige Abwässer kommt. Aus dem Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen ergibt sich, dass nach ersatzlosem Wegfall des Fettabscheiders die Überschreitung der Grenzwerte für fetthältige Abwässer für Einleitungen in die Kanalisation droht und sohin die Beeinträchtigung der Kanalisation und in weiterer Folge die Beeinträchtigung des Grundwassers, sohin nachteilige Einwirkungen auf die Gewässer (vgl § 74 Abs 2 Z 5 GewO 1994) drohen. Die Abänderung des Genehmigungsansuchens lässt daher eine vorher nicht gegebene Beeinträchtigung wesentlicher Schutzinteressen des Genehmigungsverfahrens befürchten. Inwieferne diese Beeinträchtigung tatsächlich gegeben ist bzw. wie ihr entgegen getreten werden kann, ist für die Frage der Beurteilung der Zulässigkeit der Projektänderung nicht relevant. Dies ist vielmehr im Genehmigungsverfahren über den ?neuen? Antrag selbst zu prüfen. Der Verzicht auf den Fettabscheider ist daher eine Abänderung des Genehmigungsansuchens, die die Grenzen der zulässigen Abänderungen im Berufungsverfahren, wie sie oben dargestellt wurden, überschreitet.
Das ursprüngliche, dem erstinstanzlichen Bescheid zugrunde liegende Genehmigungsansuchen ist daher als weggefallen anzusehen. Der erstinstanzliche Bescheid war daher ersatzlos aufzuheben.
Das nunmehr vorliegende Genehmigungsansuchen der Berufungswerberin ist als neues Genehmigungsansuchen anzusehen, das gemäß § 6 AVG an die zuständige Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See weitergeleitet wird.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.