TE UVS Burgenland 2005/02/04 136/10/04013

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.02.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag Eder über die Berufung des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, vertreten durch die *** Rechtsanwälte OEG, etabl in ***, vom 30 09 2004 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 14 09 2004, Zl 333-4084/1-2004, wegen Bestrafung nach dem Bundesstraßen-Mautgesetz zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft Oberwart legte dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis zur Last, am 18 02 2004 um 09 02 Uhr als Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges bis 3,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht, nämlich des PKW Mazda mit dem Kennzeichen ***, die Mautstrecke im Gemeindegebiet von 7411 Loipersdorf auf der A2, Höhe Streckenkilometer 105,500, Autobahnraststation Loipersdorf, benützt zu haben, ohne die nach § 10 BStMG geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, weil er an dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht gehabt habe. Wegen Übertretung des § 10 Abs 1 iVm § 20 Abs 1 Bundesstraßen-Mautgesetz wurde über den Berufungswerber gemäß § 20 Abs 1 Bundesstraßen-Mautgesetz eine Geldstrafe von 450 Euro (im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden) verhängt.

 

In seiner rechtzeitig eingebrachten Berufung bestritt der Berufungswerber nicht die Autobahnraststation Loipersdorf zur fraglichen Zeit mit dem verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeug benutzt zu haben. Er habe das Fahrzeug am 18 02 2004 gegen 07 00 Uhr auf einem Parkplatz dieser Autobahnraststation bis etwa 17 00 Uhr abgestellt gehabt. Es sei auch richtig, dass am Fahrzeug keine gültige Vignette angebracht gewesen sei. Jedoch sei der Berufungswerber von Oberwart kommend über die Bundesstraße Richtung Loipersdorf gefahren. In weiterer Folge sei er vom Ortsgebiet Loipersdorf über einen Gemeindeweg (Güterweg) zur Autobahnraststätte zugefahren, wo er dann auf einem der Parkplätze sein Fahrzeug abstellte. Nach Ansicht des Berufungswerbers gehöre die Parkfläche bei der Autobahnraststätte "Rosenberger" nicht zum hochrangigen Autobahnnetz. Im Übrigen sei dieser Parkplatz bei der Autobahnraststätte, wenn man von Loipersdorf über den Gemeindeweg bzw Güterweg auf diesen Parkplatz zufahre nicht als mautpflichtige Bundesstraße (Mautstrecke) gekennzeichnet. Diese Kennzeichnung sei aber Voraussetzung für das Bestehen einer Mautpflicht.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat erwogen:

 

Der Berufungswerber lenkte am 18 02 2004 von Steinamanger kommend das Kraftfahrzeug PKW Mazda mit dem Kennzeichen ***, welches weniger als 3,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht aufwies, in Richtung Autobahnraststätte Loipersdorf. Er hatte zuvor mit einem Freund vereinbart, dass ihn dieser bei der Autobahnraststation Loipersdorf abholen sollte. Vor 07 00 Uhr des 18 02 2004 benutzte der Berufungswerber zur Zufahrt zur Autobahnraststätte Loipersdorf vom Ortsgebiet Loipersdorf kommend einen Gemeindeweg (Güterweg). Gegen 07 00 Uhr des 18 02 2004 stellte er das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug auf einem der Parkplätze neben der Autobahnraststätte ab, wo er es bis etwa 17 00 Uhr desselben Tages stehen ließ. Im Zuge der vom Berufungswerber benutzten Zufahrtsstrecke zum Parkplatz der Autobahnraststätte bestand keine Kennzeichnung, dass es sich um eine mautpflichtige Bundesstraße handelt. Am vom Berufungswerber abgestellten Fahrzeug war keine Mautvignette angebracht.

 

Von einem Mitarbeiter der ASFINAG (Mautaufsichtsorgan) wurde am 18 02 2004 um 09 02 Uhr am Kraftfahrzeug eine schriftliche Aufforderung hinterlassen, eine Ersatzmaut zu entrichten. Die Ersatzmaut wurde nicht gezahlt.

 

Diese Feststellungen ergaben sich aus den Angaben des Berufungswerbers im Zusammenhalt mit den von ihm vorgelegten Lichtbildern, den Angaben in der Anzeige der ÖSAG vom 05 04 2004 sowie den Ausführungen der erstinstanzlichen Behörde im angefochtenen Straferkenntnis.

 

Die Angaben des Berufungswerbers stellten sich als glaubwürdig und nachvollziehbar dar. Der Berufungswerber legte Fotos vor, die seinen Fahrweg belegen sollten. Den Ausführungen im Straferkenntnis war zu entnehmen, dass auch der erstinstanzlichen Behörde bekannt war, dass an der Rückseite der Autobahnraststation eine Gemeindestraße zu dieser und den dazugehörigen Parkplätzen führt. Diese Gemeindestraße sei jedoch laut erstinstanzlicher Behörde regelmäßig mit einem Schranken versperrt, zu dessen Schloss lediglich einige Zulieferer einen Schlüssel besitzen würden. Der Berufungswerber gab dazu allerdings glaubhaft an, für die *** GmbH tätig zu sein und für diese des Öfteren Zustellungen zum Restaurant der Autobahnraststätte durchzuführen. Aus diesem Grund sei ihm die Gemeindestraße bekannt, wobei er aufgrund seiner Tätigkeit auch die faktische Möglichkeit habe, zuzufahren. Die Angaben des Berufungswerbers, dass er die Fahrtstrecke über die Gemeindestraße am 18 02 2004 benutzte, stellten sich als glaubwürdig und nachvollziehbar dar. Aufgrund der vom Berufungswerber vorgelegten Bilderserie, die seinen Fahrtweg wiedergab, konnte auch festgestellt werden, dass bei der Zufahrt zur Autobahnraststätte eine Kennzeichnung als mautpflichtige Bundesstraße nicht vorhanden war. Bedenken hinsichtlich der vorgelegten Fotos sind nicht entstanden. Insbesondere gab es keine Bedenken dahingehend, dass diese Fotos vor der Vorlage als Beweismittel elektronisch manipuliert worden wären.

 

Dass am PKW keine Mautvignette angebracht war, gestand der Berufungswerber ausdrücklich zu. Er bestritt auch nicht, dass die Ersatzmaut nicht entrichtet wurde. Im Übrigen ergaben sich diese Umstände auch aus den unbedenklichen unbestritten gebliebenen Ausführungen in der Anzeige vom 05 04 2004.

 

§ 1, § 10 Abs 1, § 11 Abs 1, § 20 Abs 1 Bundesstraßen-Mautgesetz - BMStG, § 1 Abs 1, § 2 Abs 1 und § 3 Bundesstraßengesetz - BStG und § 5 VStG (jeweils in der am 18 02 2004 geltenden Fassung) lauten:

 

§ 1 BStMG (BGBl I Nr 109/2002):

"(1) Für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen ist Maut zu entrichten.

(2) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung Bundesstraßen oder Bundesstraßenstrecken, die den Anforderungen der Artikel 2 lit a und 7 Abs 2 lit a der Richtlinie 1999/62/EG, ABl Nr L 187 vom 20 Juli 1999, S 42, nicht entsprechen, von der Mautpflicht auszunehmen, sofern nicht eine Ausnahme gemäß Artikel 7 Abs 2 lit b dieser Richtlinie zum Tragen kommt.

(3) Mautpflichtige Bundesstraßen (Mautstrecken) sind deutlich und rechtzeitig als solche zu kennzeichnen."

 

§ 10 Abs 1 BStMG (BGBl I Nr 109/2002):

"(1) Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der zeitabhängigen Maut."

 

§ 11 Abs 1 BStMG (BGBl I Nr 109/2002):

"(1) Die zeitabhängige Maut ist vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten."

 

§ 20 Abs 1 BStMG (BGBl I Nr 109/2002):

"(1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis zu 4000 Euro zu bestrafen."

 

§ 1 Abs 1 BStG (BGBl Nr 286/1971 idF BGBl I Nr 50/2002):

"(1) Die in den einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Verzeichnissen angeführten Straßenzüge werden zu Bundesstraßen erklärt. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat die nähere Beschreibung der Strecke der in den Verzeichnissen enthaltenen Bundesstraßen, soweit sie bereits unter Verkehr stehen, durch Verordnung festzulegen. Diese Verordnung hat den Hinweis auf Planunterlagen zu enthalten, welche beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und beim Amt der Landesregierung des jeweiligen Landes zur Einsicht aufliegen."

 

§ 2 Abs 1 BStG (BGBl Nr 286/1971 idF BGBl I Nr 50/2002):

"(1) Die Bundesstraßen werden eingeteilt in

a) Bundesstraßen A (Bundesautobahnen), das sind Bundesstraßen ohne höhengleiche Überschneidung mit anderen Verkehrswegen, die sich für den Schnellverkehr im Sinne der straßenpolizeilichen Vorschriften eignen und bei welchen besondere Anschlussstellen für die Zu- und Abfahrt vorhanden sind, einschließlich der Zu- und Abfahrtsstraßen;

b) Bundesstraßen S (Bundesschnellstraßen), das sind Bundesstraßen, die sich nach ihrer Anlage für den Schnellverkehr im Sinne der straßenpolizeilichen Vorschriften eignen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen nach lit a gegeben sind; sofern besondere Anschlussstellen für die Zu- und Abfahrt vorhanden sind, gelten die Zu- und Abfahrtsstraßen als Bestandteile der Bundesstraßen S.

c) (Anm.: aufgehoben durch BGBl I Nr 50/2002)"

 

§ 3 BStG (BGBl Nr  286/1971 idF BGBl I Nr 50/2002):

"Als Bestandteile der Bundesstraße gelten neben den unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen, wie Fahrbahnen, Parkflächen, der Grenzabfertigung dienende Verkehrsflächen, auch bauliche Anlagen im Zuge einer Bundesstraße, wie Tunnels, Brücken, Durchlässe, Stütz- und Futtermauern, Straßenböschungen, Straßengräben, ferner im Zuge einer Bundesstraße gelegene Mautanlagen, wie Einrichtungen zur automatischen Entrichtung und Kontrolle der fahrleistungsabhängigen Maut, sowie Anlagen zum Schutz vor Beeinträchtigungen durch den Verkehr auf der Bundesstraße, insbesondere gegen Lärmeinwirkung, weiters im Zuge einer Bundesstraße gelegene, der Erhaltung und der Beaufsichtigung der Bundesstraßen dienende bebaute und unbebaute Grundstücke, Betriebsgrundstücke gemäß § 27 sowie der Grenzabfertigung und der Bemautung dienende Grundflächen."

 

§ 5 VStG (BGBl Nr 52/1991)

"(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte."

 

Nach dem Verzeichnis 1 Bundesstraße A (Bundesautobahnen) zum Bundesstraßengesetz ist die A 2 Südautobahn die Strecke "Knoten Wien/Inzersdorf (A 23, ehemalige B 17) - Knoten Wiener Neustadt (S 4) - Wechsel - Hartberg - Knoten Graz/West (A 9) - Pack - Klagenfurt - Knoten Villach (A 10, A 11) - Staatsgrenze bei Arnoldstein, einschließlich Graz/Ost - Graz/Liebenau (ehemalige B 73)". Die Parkplätze der Autobahnraststätte Loipersdorf liegen unbestritten neben dieser Fahrtstrecke.

 

Der Verwaltungsgerichtshof zieht in seiner Judikatur zum Bundesstraßenfinanzierungsgesetz (vgl VwGH 20 04 2004, Zl 2001/06/0120) zur Auslegung des Begriffs der Bundesstraße § 3 BStG heran. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes gibt es keine Hinweise dafür, dass der Gesetzgeber im BStFG auf einen anderen Begriff der Bundesstraße abstellen wollte. Dafür, dass dies der Gesetzgeber mit der Einführung des BStMG ändern wollte, gab es ebenfalls keinerlei Hinweise. In den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum BStMG (1139 d B, XXI GP) wurde ausdrücklich angeführt, dass das Bundesstraßen-Mautgesetz einerseits die notwendigen legistischen Voraussetzungen zur Einführung der fahrleistungsabhängigen Maut schaffen und diese andererseits mit den bestehenden Regelungen über die zeitabhängige Maut zusammen führen möchte. Es wurde dafür den Materialien zufolge ein neues Stammgesetz vorgeschlagen, weil das bisherige BStFG einen zu engen systematischen Rahmen bot und weil es im Gefolge von Novellierungen unübersichtlich geworden war. Hinsichtlich der Bestimmungen der zeitabhängigen Maut wurden die Bestimmungen des BStFG jedoch im Wesentlichen unverändert übernommen. Somit war davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den in § 1 Abs 1 BStMG enthaltenen Begriff der Bundesstraßen mit jenem Inhalt beibehalten wollte, den er bereits zur Zeit der Geltung des BStFG hatte.

 

Zum Begriff der "Bundesstraße" hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20 04 2004, Zl 2001/06/0120, ausdrücklich ausgesprochen, dass § 3 BStG unter anderem Parkflächen als unmittelbar dem Verkehr dienende Flächen einer Bundesstraße nennen, die als Bestandteil der Bundesstraße selbst gelten. Nun liegt die hier verfahrensgegenständliche Parkfläche unbestritten an der Bundesautobahn A 2 mit einer entsprechenden Zufahrt zu dieser. Der primäre und vorrangige Zweck muss aufgrund dieser Lage in ihrer dienenden Funktion für die A 2 gesehen werden. Dies ergibt sich im vorliegenden Fall auch daraus, dass, wie aus den vom Berufungswerber vorgelegten Fotos ersichtlich war, die Zufahrt der Raststätte über die Gemeindestraße regelmäßig durch einen Schranken versperrt wird, somit die Benutzung dieser Straße grundsätzlich nicht für jedermann möglich ist und normalerweise die Zufahrt zu den Parkplätzen der Autobahnraststätte nur über die A 2 (Südautobahn) erfolgen kann. Die A 2 selbst gehört gemäß § 1 Abs 1 BStMG iVm dem Verzeichnis zum BStG zu den mautpflichtigen Bundesstraßen. Somit war die hier verfahrensgegenständliche Parkfläche, ungeachtet des Umstandes, dass zu dieser Parkfläche nicht nur eine Verbindung zur A 2, sondern auch eine Verbindung zum übrigen Straßennetz besteht, als mautpflichtig anzusehen.

 

Der Berufungswerber brachte weiters vor, dass eine Mautpflicht deswegen nicht bestanden hätte, weil eine Kennzeichnung im Sinne des § 1 Abs 3 BStMG vom Gemeindeweg kommend nicht vorhanden war. Dem ist entgegenzuhalten, dass dies dem Wortlaut des § 1 Abs 3 BStMG nicht zu entnehmen war. In den Erl Bem zur RV zum BStMG (1139 d B, XXI GP) wurde zu § 1 ausdrücklich ausgeführt, dass die Mautpflicht bereits unmittelbar aufgrund des Gesetzes bestehe. Der in § 1 Abs 3 BStMG vorgesehenen Beschilderung kommt dem in den Materialien ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers lediglich deklarative Wirkung zu. Diesen Erläuterungen zufolge lässt selbst die Beschädigung oder Entfernung der Schilder die Mautpflicht unberührt. Dies könne den Materialien zufolge aber im Rahmen des § 6 (gemeint offensichtlich § 5) VStG von Bedeutung sein.

 

Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers war daher jener Ort, an dem er sein Kraftfahrzeug abstellte, Mautpflicht gegeben. Der Berufungswerber wäre verpflichtet gewesen, durch Anbringen einer Mautvignette die Maut zu entrichten. Der objektive Tatbestand der Übertretung des § 20 Abs 1 Bundesstraßen-Mautgesetzes war daher erfüllt. Es gab keinerlei Hinweise dafür, dass der Berufungswerber nicht in der Lage oder es ihm unzumutbar gewesen wäre, an dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug eine Mautvignette anzubringen.

 

Es war allerdings zu überprüfen, ob dem Berufungswerber seine Rechtsunkenntnis (nämlich der Irrtum darüber, dass der Berufungswerber dachte, der zur Raststätte gehörende Parkplatz unterliege wegen der fehlenden Kennzeichnung nicht der Mautpflicht), schuldhaft vorzuwerfen war.

 

Dem erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland ist bekannt, dass es - insbesondere auch in den Medien - vor der Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof immer wieder Diskussionen und die Wiedergabe divergierender Meinungen gab, ob für ein auf einem zu einer Autobahnraststätte gehörigen Parkplatz abgestelltes Kraftfahrzeug auch dann Mautpflicht besteht, wenn die Zufahrt nicht über die Autobahn, sondern einen anderen - nicht mautpflichtigen Zufahrtsweg - erfolgte. Die verfahrensgegenständliche Tat wurde vor der diese Rechtsfrage endgültig klärenden Entscheidung des VwGH vom 20 04 2004, Zl 2001/06/0120, nämlich am 18 02 2004 gesetzt. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber in § 1 Abs 3 BStMG  - im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage nach dem BStFG - ausdrücklich die Anordnung getroffen, mautpflichtige Bundesstraßen (Mautstrecken) deutlich und rechtzeitig als solche zu kennzeichnen. Wenngleich dieser Beschilderung lediglich deklarative Wirkung zukommen sollte, gab der Gesetzgeber selbst in den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu erkennen, dass das Fehlen der Beschilderung einen Grund darstellen kann, der das Verschulden in Zweifel ziehen könne. Zweck der Beschilderungspflicht nach § 1 Abs 3 BMStG kann nur sein, Zweifel über das Bestehen der Mautpflicht einer bestimmten Strecke hinantzuhalten. Infolge der Bestimmung des § 1 Abs 3 BStMG darf ein durchschnittlicher mit den rechtlichen Werten verbundener Kraftfahrzeuglenker darauf vertrauen, dass speziell an Orten, wo Zweifel über das Bestehen der Mautpflicht besteht, eine entsprechende Beschilderung vorhanden ist. Dass das Fehlen einer solchen Beschilderung zu mangelndem Verschulden an einer Verletzung der Mautpflicht führen kann, hat der Gesetzgeber in den Materialien ausdrücklich anerkannt.

 

Es wurde nun festgestellt, dass auf der vom Berufungswerber benutzten Zufahrtsstrecke keine Beschilderung im Sinne des § 1 Abs 3 BStMG vorhanden war. Die durchaus für juristische Laien nicht einfach zu lösende Rechtsfrage, ob ein Parkplatz einer Autobahnraststätte nun unter den Begriff der "Bundesstraße" zu subsumieren war, wurde den Veröffentlichungen des VwGH im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) zufolge letztlich erst mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20 04 2004, Zl 2001/06/0120, einer höchstgerichtlichen Klärung zugeführt.

 

Die vom Berufungswerber infolge seiner Rechtsunkenntnis begangene Tat war ihm daher nicht schuldhaft vorwerfbar, zumal das die Rechtsfrage klärende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes erst nach der hier relevanten Tatzeit erging.

 

Das Straferkenntnis war somit zu beheben und das zugrunde liegende Strafverfahren infolge unverschuldeter Rechtsunkenntnis einzustellen.

 

Der Berufungswerber wird allerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er nunmehr über die bestehende Rechtslage in Kenntnis gesetzt wurde, weshalb hinkünftig bei gleichartigen Sachverhalten nicht mehr von unverschuldeter Rechtsunkenntnis auszugehen sein wird.

 

Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid zu beheben war, war diese Entscheidung gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

Schlagworte
zeitabhängige Maut, Mautpflicht, Bundesstraße, Autobahnraststätte, Parkplatz, Autobahn, Raststätte, Beschilderung, Kennzeichnung, Rechtsunkenntnis
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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